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Die Kunst-Halle — 10.1905

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Nummer 13 (1. April 1905)
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Berliner Kunstschau
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Unsere Abbildung
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.66262#0233

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Nr. 13


201

Berliner Kunstschau.

Lie bibliſchen Landſchaften von Prof. Albert Hertel

im kaiſerlichen Treppenhauſe des neuen Domes

2 ſind inzwiſchen fertig und der Beſichtigung zu-
gänglich gemacht worden. Der Meiſter hat in
dieſen landſchaftlichen Bildern, die das Leben Chriſti
ſchildern, die Paſſion nur berührt; die Hauptſache
wollen frei komponirte, idylliſche Szenerien ſein, ge-
geben mit dem vollen Sauber, den wechſelnden Reizen
des ſüdlichen Naturlebens. Der ſtarken Lichtfülle des
Treppenhauſes ſind die in Temperafarben flott herunter-
gemalten, dekorativ wirkſamen Darſtellungen auf Cein-


die Formen und Farben der Vegetation und des
Nimmels wie die buntgekleideten Figuren lebhaft, oft
leuchtend von dem hellen Untergrund der Bilder ab.
Die „Kindheit Chriſti“ auf dem erſten der 9 Gemälde
iſt ein rechtes anmuthiges, von Bergen umſchloſſenes,
ſonnig warmes Idyll, wo zwiſchen Hütte und Simmer-
mannswerkſtatt, zwiſchen Sichen, Ginſter, blühenden
Nollunderbüſchen und kleinen Thiergruppen ſich die
Jugend Chriſti ſtill und harmoniſch abſpielt. Bild 2
führt an einem ſchwülen Scirocco-Abend den frommen
beſchaulichen Jüngling auf den „Berg der Verſuchung“;
ihn ſcheint hier aus einer phantaſtiſchen Wolkenmaſſe
die Geſtalt des Böſen zu locken. Dann folgt eine
abendliche Predigt am See Genezareth; Chriſtus, be-
gleitet von Petrus und Johannes, hat ein Schifflein
am Hafen beſtiegen und viel Volk, Groß und Klein, iſt
herbeigeeilt, um ſeine eindringlichen Worte zu ver-
nehmen. Die beiden anſchließenden Szenen führen uns
nach Samaria und Bethanien, und hier berückt aber-
mals der einſchmeichelnde Reiz friedlich ſonniger Land-
ſchaftsidylle. Erſt das große, wundervoll gelungene
Nauptgemälde der Folge, die gleich beim Eintritt ins
Treppenhaus hoch oben ſichtbare Oelbergſzene mit
ihren tiefen vollen Farbentönen, aus welchen neben dem
Fernblick auf Judäa und Jeruſalem, neben den bizarren
Formen einiger geſpaltener Olivenbäume die hoheit-
volle rothgewandete Geſtalt Chriſti wie ein Fanal
herausleuchtet, enthält einen tragiſchen Accent, der ſo-
dann in dem ſchwermüthigen Nachtbilde des Gartens
von Gethſemane einen wuchtigen maleriſchen und ge-
danklichen Ausdruck findet. Der Beſchauer wohnt dem
inbrünſtigen Gebete des Verlaſſenen vor ſeiner Gefangen-
nahme bei, und damit beginnt und endigt zugleich in
dieſer Folge die Paſſion. Denn die beiden letzten
Szenen ſchildern den freundlichen Oſtermorgen bei der
Auferſtehung in einem zerfallenen Garten, jenes Iyrifch
bewegte noli me tangere, mit welchem der eben Auf-
erſtandene die knieende Magdalena abwehrt, und —
im koloriſtiſchen Gegenſatz hierzu — den rührend
ſchönen pathetiſchen Schluß des Evangeliums Johannis,
das den Beſchauer an eine einſame Stelle am Meer
verſetzt, wo den fiſchenden Apoſteln die Viſion des
Neilands am Strande zu Theil wird . . . Uebrigens
fehlen an ſämmtlichen Wandflächen noch die geplanten
Bibelſprüche und auch die vier Griſaillen an der Decken-
voute, mit denen erſt die wohlgelungene künſtleriſche
Ausſchmückung dieſes Treppenhauſes vollendet ſein
wird. }
GG
* . *

Die Beſprechung der Ad. von Menzel-Aus-
ſtellung in der Vationalgallerie mußte, des be-
ſchränkten Raumes wegen, zurückgeſtellt werden.

Unsere Abbildung.

Seiner Gallerie von Bildniſſen berühmter Seit-
genoſſen, der wir ſchon früher einige Proben entlehnten,
hat der Berliner Porträtmaler Anton Schöner neuer-
dings auch den ausdrucksvollen Kopf Meiſter Lenbach's,
welchen wir in einer Reproduktion dem vorliegenden
Nefte beilegen, hinzugefügt.

Kunstchronik.

Verlin Moderne Kunſtkritik, Im Preußiſchen
Abgeordnetenhauſe theilte kürzlich Abg. Dr. v. Dirkſen die
folgenden, uns bereits bekannten Geſchichten zum Thema: „Wie
Hritik gemacht wird“ mit: „Ein ſüddeutſches Blatt, welches
hier einen Kunſtberichterſtatter hat, entband dieſen von der
Pflicht der Berichterſtattung über die Einweihung des Muſeums,
weil die Redaktion wußte, daß er ein Anhänger des Muſeums-
baues war, und übertrug die Berichterſtattung einem Gegner
des Muſeums . . . Der Berichterſtatter eines hieſigen Blattes
bat einige Tage vor Eröffnung des Muſeums um die Erlaub-
niß der Dorbeſichtigung; er habe den Auftrag, das Muſeum
abfällig zu kritiſiren und wolle ſich doch vorher die Sachen an-
ſehen. Ich glaube, das genügt als Probe für die Art, mit
der ein Theil der deutſchen Preſſe verfahren iſt.“

Berlin. Sur Hochzeit des Uronprinzen haben die
Städte 410 000 M. geſammelt Ueber das Geſchenk iſt noch
nichts Näheres bekannt. Dagegen will der Verein Berliner
Hünſtler einen ſilbernen Becher ſpenden, wozu ein Wettbewerb
ausgeſchrieben wurde. Prof. O. Leſſing gewann den J. Preis.
— Prof. W. Friedrich hat jetzt die beiden neuen Wandbilder
für den Sitzungsſaal des Niederbarnimer Ureistages vollendet.
Das eine ſtellt „Friedrich den Großen in dem von ihm ge-
gründeten Ort Friedrichshagen“, das zweite „Schloß Friedrichs-
felde mit dem Prinzen Louis Ferdinand von Preußen“ dar.

Charlottenburg ⸗-Berlin. Die reiche Reſidenz mit
einer Einwohnerzahl von ca. / Million gab im Jahre 1905 / 0
für öffentliche Kunſtzwecke ganze 500 M. aus; Nannover hatte
in demſelben Jahre 77 759 M. für Aunſtzwecke ausgeworfen.

* Bremen. In der Kunſthalle ſind die letzten Neu-
ankäufe zu beſichtigen. Die Plaſtik-Abtheilung wurde durch
die Lenbachbüſte von Beermann und eine Replik von Tuaillon's
„Amazone“, die Gallerie durch Werke von Ludwig Richter,
H. von Marées, F. von Uhde, L Simon und G. Shannon
vermehrt. Beſonders die in Oel gemalte Landſchaft L. Richter's
beanſprucht Intereſſe.

Budapeſt. Der Präſident des Patentamtes Dr. Lud-
wig Ballai hat, um auch in Ungarn die künſtleriſche Aus-
führung der Schutzmarken zu fördern, verfügt, daß der amt-
liche Anzeiger für Schutzmarken, der die Heichnungen der aus-
ländiſchen regiſtrirten Schutzmarken enthält, dem kunſtgewerb-
lichen Muſeum, der Geſellſchaft für bildende Künſte und der
Kunſtgewerbeſchule zugeſendet werden.

Dresden Sur Künſtlerhausfrage. Die hieſige
Hunſtgenoſſenſchaft hat unter ihren Mitgliedern ein neues
Preisausſchreiben erlaſſen, an dem ſich eine Anzahl namhafter
Dresdner Architekten betheiligte. Sie hat auch einen günſtig
gelegenen Bauplatz von der Stadt erworben, Ecke der Albrecht-
und Grunger Straße, in nächſter Nähe des ſtädtiſchen Aus-
ſtellungspalaſtes. Der Bau ſoll nicht mehr als 250 000 M.
koſten, während für den Bauplatz an die Stadt Dresden
150 000 M. bezahlt wurden.

Danzig. Für die Techniſche Hochſchule hat eine An-
zahl Männer ein Porträt des Politikers Heinrich Rickert ge-
ſtiftet.

Florenz. Im Anſchluß an den Artikel über Marcheſe
Ridolfo Peruzzi dei Medici's Sammlung von Werken
der Schmiedekunſt dürfte es intereſſiren, daß der genannte
junge Edelmann einen Lichtbilder-Vortrag über „Die antike
toskaniſche Schmiedekunſt vom 15. bis 18. Jahrhundert“ kürz-
lich in dem Florentiner Heim unſerer Mitarbeiterin Helen
 
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