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Die Kunst-Halle — 10.1905

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Nummer 6 (15. Dezember 1904)
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Kiesling, Ernst: Prof. Ostwald's Untersuchungen für Pastellmalerei
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Berliner Kunstschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.66262#0105

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Die käuflichen Stifte hält Oſtwald für unzuverläſſig, da
die unbeſtändigen Anilinfarben hier beſonders verwendet zu
werden ſcheinen. Deshalb ſchlägt er vor, daß ſich jeder
Hünſtler, dem es auf die Dauer ſeiner Produkte ankäme, ſich
ſeine Paſtellſtifte ſelbſt machen ſolle, und zwar aus den rohen
Farben, wie ſie jeder Tüncher brauche. Das Verfahren
ſchildert er, wie folgt: Man braucht zunächſt eine Reibſchale
von 12 bis ı5 em Durchmeſſer und einen Vorrath von gewöhn-
licher weißer Schlemmkreide. Dann werden 10 g Tragant-
gummi mit einem halben Liter Waſſer in die Wärme geſtellt;
über Nacht iſt das Ganze zu einer gallertartigen Maſſe ge-
worden, die als Bindemittel dient. Für die an Kreide reichen
Stifte, d. h. die meiſten, die man macht, iſt dies Bindemittel
zu ſtark; man verdünnt einen Theil davon mit zwei bis drei
Theilen Waſſer; dagegen iſt die unverdünnte Maſſe für
Metallfarben (Chromgelb, grünen Sinnober u. dergl.) gerade
recht. OGckerfarben brauchen ebenſo viel wie Kreide; Frank-
furter Schwarz desgleichen. Da aber die unter gleichem
Namen verkauften Farben oft recht verſchieden ſind, ſo wird
man einige Vorverſuche machen müſſen, ehe man ſein Material
ganz befriedigend erhält.

Um die Sache kennen zu lernen, macht man ſich zuerſt
einige weiße Stifte. Man bringt etwa 50 g Hreide (roh mit
der Briefwaage gewogen) in die Reibſchale, gießt von der ver-
dünnten Tragantlöſung etwa 13 bis 15 cem dazu und ver-
arbeitet beides mit dem Hiſtill zu einem Teig von der Weich-
heit des Glaſerkitts. Iſt die Maſſe zu dünn, ſo daß ſie fließt,
ſo ſetzt man Ureide zu, im anderen Fall Bindemittel; nach
einigen Minuten hat man eine gleichförmige Maſſe, die man
hernach nur zu formen braucht. Dies kann durch Ausrollen
mit der Hand auf einer Unterlage von Seitungs- oder Löſch-
papier geſchehen. Schönere Stangen aber erhält man, wenn
man den Teig aus einer Art Spritze mit etwa bleiſtiftweiter
Oeffnung preßt. Ich habe mir meine Spritze aus einer dienſt-
freien Radfahrluftpumpe gemacht und damit Tauſende von
Stiften gepreßt. Die erhaltenen Würſte läßt man trocknen,
und zwar iſt es gut, wenn dies unter mäßiger Erwärmung
geſchieht, und zerbricht ſie dann in fingerlange Stücke.

Jetzt wollen wir uns eine Reihe abgeſtufter Farbſtifte,
3. B. Ultramarin, machen. Hierzu wird zunächſt in der be-
ſchriebenen Weiſe eine größere Menge des weißen Areideteiges
auf Vorrath gemacht. Dann nehmen wir 50 g Ultramarin
und machen unter Fuſatz eines mittleren Bindemittels (1 Cheil
Tragantlöſung, 1 Theil Waſſer) die Maſſe für die dunkelſten
Stifte Sind dieſe geformt, ſo ſtellen wir die gleiche Menge
der Maſſe nochmals her, nehmen ſie aus der Beibſchale und
theilen ſie nach dem Augenmaß in zwei gleiche Theile. Die
eine Hälfte kommt in die Reibſchale zurück; hierzu fügt man
eine gleiche Menge der weißen Maſſe und verarbeitet nun
beide ſo lange, bis alle Streifen und Flecken verſchwunden
ſind, was auch nur wenige Minuten beanſprucht. Die Maſſe
wird in Stifte geformt und bildet den zweiten, helleren Ton.
Von dem Reſt der Ultramarinmaſſe nimmt man wieder die
Hälfte und fügt ſo viel weiße Maſſe dazu, daß wieder die
gleiche Geſammtmenge entſteht, d. h. Ultramarin bildet ein
Viertel, die Ureide drei Viertel der Menge. Dies giebt nach
dem Vermiſchen den dritten Ton. So fährt man fort, indem
man immer die Hälfte des noch übrigen Ultramarins nimmt
und ſie mit Weiß auf 50 g ergänzt. Swiſchen dem ſiebenten
und zehnten Tone wird man die Färbung der Maſſe ſo gering
finden, daß eine weitere Verdünnung den Farbſtoff nicht mehr
erkennen läßt; dann iſt die Arbeit beendet. In gleicher Weiſe

verfährt man mit allen Farben, die man anwenden will.“
Zum Malen mit dieſen Stiften verwendet Gſtwald das Pyra-
midenkornpapier Nr. 3 von Schäuffelen in Heilbronn.

Der Uebelſtand, daß ein unfixirtes Paſtellgemälde empfind-
lich gegen die leiſeſte Berührung, wie der Farbenſtaub eines
Schmetterlingsflügels, iſt, oder durch das Fixiren mehr oder
weniger in ſeinem urſprünglichen Eindruck verändert wird,
darf wohl als die ſtörendſte Beigabe der Paſtelltechnik bezeichnet
werden. Für die Erzielung eines möglichſt zweckentſprechenden
Fixirmittels hat Prof. Dr. Oſtwald mannigfache Verſuche an-
geſtellt und empfiehlt nachſtehend als das bisher von ihm als
das Beſte erkannte:

„Man übergießt 50 g käufliches Kafein mit einem halben
Liter Waſſer, in dem 20 g kohlenſaures Ammoniak aufgelöſt
worden ſind, und ſtellt die Maſſe nach ordentlichem Umſchütteln
in mäßige Wärme. Das Kafein zergeht bald zu einer trüben
Flüſſigkeit. Iſt das geſchehen, ſo ſetzt man ein halbes Liter
gewöhnlichen Weingeiſt dazu. Wenn man den Geruch nicht
ſcheut, kann man denaturirten Brennſpiritus nehmen; andern-
falls nimmt man reinen Weingeiſt. Man ſetzt den Spiritus
in einzelnen kleinen Mengen zu und ſchüttelt jedesmal ordent-
lich um, damit ſich das Kaſern nicht in Ulümpchen wieder aus-
ſcheidet. Damit iſt das Fixirwaſſer fertig. Beim Aufbewahren
entſteht meiſt ein weißer Niederſchlag. Man gießt die darüber-
ſtehende Flüſſigkeit für den Gebrauch ab, ohne den Abſatz zu
berühren. Für die Anwendung wird etwas davon mit der
gleichen Menge Waſſer verdünnt und auf das fertige Bild mit
dem Zerftäuber aufgetragen Man hat gut Acht zu geben,
daß ſich nirgends Tropfen bilden, welche die Gberfläche entlang
fließen. Wo dazu Gefahr vorhanden iſt, nimmt man die
Flüſſigkeit durch Aufdrücken von Löſchpapier fort.“

Ich muß geſtehen, daß dies von Prof. Otwald zuſammen-
geſtellte Fixirmittel weitaus das beſte iſt, das ich bisher kennen
zu lernen Gelegenheit fand, denn es verändert vor Allem die
Tonwerthe nur in ganz geringem Maße, geſtattet ein mehr-
maliges Ueberarbeiten des Bildes und wiederholtes Fixiren und
bietet eine Haltbarkeit, daß es ſelbſt gegen Waſſer feſt ge-
worden iſt. Späterhin gedenkt Oſtwald auch ein Mittel für
Malgrund anzugeben.

Man braucht die Ueberzeugung Gſtwald's, im Paſtell die
beſtmögliche maleriſche Technik zu ſehen, nicht zu theilen, da
aus dieſem Urtheil weit mehr der Liebhaber, als der Künſtler
ſpricht, der da weiß, daß es am letzten Ende beim Gemälde
viel weniger auf das Material, als auf das Wie der Dar-
ſtellung ankommt; trotzdem verdienen die Oſtwald'ſchen Ver-
ſuche rückhaltloſe Anerkennung. Auch ſeine Malereien, die vor
einiger Seit bei Del Vecchio ausgeſtellt waren, ſind, obgleich
ihr dilettantiſches Maß nicht zu überſehen iſt, von Intereſſe,
denn breite, ſatte Tonmaſſen bringen die Erſcheinung vortreff-
lich, mitunter ſogar ganz überraſchend zur Geltung. Ohne
Zweifel hat der Künſtler alle Urſache, dem Gelehrten für ſeine
eingehenden Unterſuchungen auf techniſchem Gebiet aufrichtig
daukbar zu ſein. Ert Riesling.

H

Berliner Xunstschau.

J. Der Bau Wertheim. 2. Kunfijalons.

Y er neue Wertheimbau in der Leipzigerſtraße
i muthet wie ein phantaſtiſches Bild aus 1001 Nacht
} an. Mit der verwirrenden Sahl ſeiner Räume,
der verſchwenderiſchen Pracht ſeiner Marmorhöfe, dem
 
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