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Die Kunst-Halle — 10.1905

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Nummer 19 (1. Juli 1905)
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Thomas, Bertha: Die Londoner Ausstellungen
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Brosch, L.: Venedig: VI. Internationale Kunstausstellung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.66262#0336

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292


Nr. 19

einzig intereſſante Darbietung: eines gefeierten Hunderf-
jährigen Bildniß gemalt von ſo einem berühmten
Künſtler. Sargent's Beiträge abgerechnet, iſt die
Porträtmalerei nicht beſonders intereſſant vertreten.
Großen Beifall erfreut ſich Luke Fildes' Bild der
Königin Alexandra im Krönungsanzug, ein Prachtſtück
in der That. Unendliche Mühe hat der Künſtler auf
die altgoldfarbene Robe, den Purpurmantel und rothen
Seſſel, den Reichthum an Perlen und Brillantſchmuck
verwandt. Ihre Majeſtät ſieht auch am ſchönſten in
ſolchem Glanz aus, der Maler war des Schmeichelns
überhoben, und die Wirkung des Ganzen iſt durchaus
gelungen. A. S. Cope's lebensgroßes Porträt des
deutſchen Kaiſers in der Uniform ſeines Ehrenranges
eines britiſchen Feldmarſchalls darf nicht unerwähnt
bleiben. Was man auch immer gegen das Bild ein-
wenden mag, ſo trifft wenigſtens der an Porträts ge-
krönter Häupter oft gerügte Umſtand, daß es wohl
Darſtellungen der Kleider und des Ranges, nicht aber
des Menſchen ſeien, bei dieſem nicht zu. Von dem
Bildniß unſeres Monarchen freilich, gemalt von Rar old
Speed iſt Beides nicht einmal zu ſagen. Der zweifel-
los tüchtige Künſtler hat ſein hohes Modell weder
königlich, noch charakteriſtiſch erfaßt. Hubert Rer-
komer's „Sitzung des Gemeinderaths von Landsberg
in Bayern“ mit den dreißig großen Figuren auf einer
koloſſalen Leinwand wird ſich entſchieden in dem Ver-
ſammlungsſaal, für den das Bild beſtimmt iſt, günſtiger
präſentiren, als hier in der Akademie zwiſchen all den
kleineren Nompoſitionen eingepfercht, deren Nachbar-
ſchaft ihm ſo wenig zum Vortheil gereicht, wie umge-
kehrt ihnen ſelbſt.

Die Landſchaften ſind in dieſem Jahr überaus
zahlreich vorhanden, aber obwohl darunter viele anziehend
und von angenehmer Wirkung ſind, ſo iſt doch nur
wenigen beſchieden, einen Platz über der Menge zu
behaupten. Su dieſen gehört indeſſen unbedingt
Clauſen's „Ein Morgen im Juni“, ein kühner Ver-
ſuch, einen jener herrlichen Sommereffekte wiederzu-
geben, die zu vollkommen, zu zauberiſch ſchön ſind, um
ſich aus der Wirklichkeit auf die Leinwand bannen zu
laſſen. Doch iſt es ein entſchiedener Erfolg für den
Maler, der uns nie enttäuſcht und deſſen Ruhm noch
im Steigen begriffen iſt. Swan, unſer jüngſt er-
nanntes Akademiemitglied, deſſen Wahl allgemeine Be-
friedigung erregt hat, ſandte ein prächtiges Bild „Auf
einem Eisblock im Polarmeer treibende Eisbären“, das
ſich durch jene von Kraft getragene Schönheit und
Grazie auszeichnet, woran die Hand des echten Künſtlers
zu erkennen iſt.

Ein hübſches Motiv hat F. Bramley ſich ge-
wählt, „Das Binſentragen von Grasmere“. Ein reiz-
volles, ſehr ſchön gemaltes Bild, das eine maleriſche
ländliche Sitte ſchildert. Sie ſtammt aus der alten
Seit, da alle Jahre einmal ein mit friſchen Binſen ge-
fülltes großes Leinentuch in Prozeſſion durch das Dorf
bis zur Kirche getragen wurden, den Eſtrich zu be-
ſtreuen. Dies lokale Feſt wird noch heute gefeiert,
nachdem das Binſenſtreuen längſt zu einer bloßen Form
geworden iſt. Jetzt halten Kinder das Leinen, während
andere, die den Zug vervollſtändigen, Blumengebinde
von allerlei emblematiſcher Form tragen. Eine ſchwer
zu löſende Aufgabe im Großen ausgeführt und ſo
glänzend gelungen, daß das Werk den Ruhm des
trefflichen Künſtlers mehren wird, deſſen früheres nord-
engliſches Bild „Schafſchur in Weſtmorland“ in Italien,
wo es vor einigen Jahren ausgeſtellt war, Aufſehen
gemacht hat und vom König Humbert ſ. S. gekauft
worden iſt. Bertha Thomas.

venedig:

VI. Internationale Kunstausstellung.
Von L. Broſch, Venedig. ;

N. beginnen den Bericht über die internationale

Ausſtellung mit der deutſchen Sektion. Die

zwei Säle derſelben ſind thatſächlich die auf's
Schönſte und Einfachſte dekorirten, enthalten auch zahl-
reiche ſehr gute Bilder. Die Ausſtattung, von Prof.
Em. Seidl geleitet, verlieh den Wänden des einen
Raumes eine Bekleidung aus röthlichem Seidenſtoff.
Im zweiten Saal wirkt die roſafarbige Wandbekleidung
noch vornehmer; perlengraue oder rothe Fauteuils ſtehen
neben Statuetten herum. Das Oberlicht bricht durch
eine weiße Blende gedämpft herein.

Als Stürmer und Dränger tritt Ludwig Herterich
mit ſeinem Bilde „Simmerleute“ auf. Energiſch und
breit iſt die Pinſelführung, während die Form als etwas
Selbſtverſtändliches erſcheint. Man muß es als ein
koloriſtiſch eminentes Stück bezeichnen und ſpeziell be-
wundern, wie die ſchwer zu malenden Robelſpäne mit
Leichtigkeit und Verve hingeworfen ſind. An ihn reiht
ſich Zügel mit vielen kleinen Bildern an. Auch bei
ihm geräth Alles ins Breite und Farbige, Luft und
Licht vibriren auf die Thiere hernieder, ſeine Palette
iſt geiſtreich, nirgends ein überflüſſiger Strich oder eine
öde Stelle. Weiter eine kleine Landſchaft von Dill,
welche fein und breit wirkt. Das größte Bild in der
Sektion iſt das bekannte von Uhde „Die Modellpauſe“,
von welchem nichts Neues zu berichten iſt, außer daß
es am erſten Ausſtellungstag nach Frankfurt a. M. ver-
kauft wurde. Sehr lebhaft wirkt auch hier Stuck's
„Saharet“, die ſehr weich im Kontur aufgefaßt iſt und
Dettmann's farbiges Bild „Das Frieſiſche Lied“. Des
Weiteren feſſelt Slevogt's „Der Cavalier“, Alles iſt
hier genau abgewogen und ſehr ſolid, wie auf einen
Wurf hingeſchrieben.

Was einen guten Eindruck in der deutſchen Ab-
theilung macht, ſind einige friſch koloriſtiſche, der Natur
abgelauſchte Stücke, die auf auf jeden Formalismus
verzichten. Sine geſunde, kernige Anſchauung weht
aus dieſen Leinwanden, d. h. ein direkter Einfluß der
Natur. Das ſogenannte Altmeiſterliche, was immer als ein
Zeichen des Mangels an ſelbſtändigem Farbenſinn gelten
kann, iſt hier nicht zu ſuchen. Daher iſt es erfreulich,
ſolch objektiven Beſchauern der Natur auf ihrer farben-
ſymphoniſchen Palette nachzugehen: Leo Putz läßt über
einen fein nuancirten Park, in deſſen Vordergrund er
eine Geſtalt ſetzt, den zarten Bauch eines fahlen Sonnen-
ſcheins gleiten; Winternitz beleuchtet vortrefflich ſein
Interieur, in das durch grüne Vorhänge goldenes Licht
ſtimmungsvoll bricht; Piepho hat eine vor einen Bach
geſtellte Dame in Weiß luftig gemalt; Candenberger
zeigt in einem Raum ganz nett im Ton ſeine „Kom-


Danzig“ (grün angethan und mit weißen Schürzen ver-
ſehen) hat es verſtanden, das Räumliche mit beſtem
Gelingen zu ſchildern. Sehr lebendig in der Auffaſſung
iſt auch Robert Breyer's Porträt des Malers Klein
und ein Porträt von Heilemann. Noch muß ich Nie-
meyer erwähnen, der ein maleriſch ſolides Bildchen
ausſtellt; Jank's ſchöne ſaftige Skizze, auf der kräftig
bewegte Reiter dargeſtellt ſind; Schramm - Sittau’s
Gänſe ſind wie immer famos, und zuletzt ſei noch ein
Akt von Münzer, fleiſch⸗froh und fein im Ton, ge-
nannt.

Was die Bildhauerei betrifft, kämen eigentlich nur
 
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