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Die Kunst-Halle — 10.1905

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Nummer 18 (15. Juni 1905)
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Rapsilber, Maximilian: Grosse Berliner Kunstausstellung 1905, Die Berliner, [2]
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Wien: Die letzte Jahressitzung des österreichischen Kunstrathes
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https://doi.org/10.11588/diglit.66262#0320

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278


Nr. 18

von dem ſchweren Salzgehalt der Unterelbe. Be-
ſchließen möchte ich den erſten Rundgang vor Karl
Wendel's „Dorfaltem“, der gewichtig aus einem
Seitenſaal in die Mittelflucht hereinſchaut. Das iſt ein
uralter, breiter Fachwerkkirchthurm, der gegen die Wetter-
ſeite mit Brettern verſchalt iſt. Der plumpe Geſelle
iſt von Moosgrün überſponnen und ſein ungeſchlachtes
Weſen wird ſo recht fühlbar gemacht durch den Kinder-
reigen, der ſich zu ſeinen Füßen im Graſe tummelt.
Dem originellen Motiv entſpricht auch die friſche, kecke
Malerei und der ländliche Frieden in der Runde.

M. Rapſilber.

Wien:
Die letzte Jahressitzung des österreichischen
Kunstrathes.

28 iſt im hohen Grade intereſſant und genußreich, auf

den Jahresverſammlungen jener oberſten Kunſt-
behörde, die in dem befreundeten Nachbarreiche
die Kunſtangelegenheiten leitet, regelt und unterſtützt, außer
der einleitenden Rede des Unterrichtsminiſters (Dr. von
Bartel), den ſich daran ſchließenden Jahresbericht des
Kunſtreferenten und die Diskuſſion der Mitglieder des
Kunſtrathes zu vernehmen. Auf der letzten Sitzung, die
am 20. Mai im Wiener Unterrichtsminiſterium ſtattfand,
ſprach der Vorſitzende der Verſammlung, Exzellenz von
Hartel, ein ſchönes Wort aus, indem er u. a. ſagte:
„Das Gedeihen der Kunſt hängt zunächſt von den
Künſtlern, ihrer Begabung, ihrer inneren Bildung, die
keine gelehrte zu ſein braucht, ihrer ſelbſtloſen Hin-
gebung, von ihrer Fähigkeit, ſich zu begeiſtern und Be-
geiſterung zu wecken, von den Suſtänden innerhalb
der Künſtlerſchaft ab; es hängt ab von denen, für die
die Kunſtwerke geſchaffen ſind, von ihrer Fähigkeit, auf
die Intentionen der Künſtler willig einzugehen, von
ihrer Kunſtbildung und dem dadurch hervorgerufenen
Bedürfniß nach Kunſt, alſo von den geſunden Be-
ziehungen zwiſchen Künſtlern und Vichtkünſtlern oder,
wenn Sie lieber wollen, zwiſchen Kunſtproduzenten und
Kunſtkonſumenten. Denn jenes Polythryleton unſerer
Tage „Die Kunſt den Künſtlern“, ſo laut es verkündet
werden mag, wird durch die Geſchichte der Kunſt
gründlich widerlegt und könnte, wenn es mehr als
Dhraſe ſein wollte, eine geſunde Kunſtentwicklung nicht
aufkommen laſſen. Und in dieſem Sinne iſt auch der
Kunſtrath zuſammengeſetzt aus ausübenden Künſtlern, die
wir mit Stolz zu den beſten zählen, aus Kunſtkennern
und Kunſtfreunden, die für die Förderung der Kunſt
mit Wort und That einſtehen, und Beamten als Ver-
tretern der Unterrichtsverwaltung, die es als ihre Pflicht
erkennen, aus Ihrem Gedankenaustauſch zu lernen und
hier empfangene Anregungen ſo gut wie möglich durch-
zuführen.“
Nunmehr ging der ſtaatliche Kunſtreferent Freiherr
v. Eſchenburg die einzelnen Begebenheiten durch, die


zu verzeichnen hatte, wobei auch vielfach die für die
Sukunft beſtimmten Pläne und Bemühungen der Kunſt-
verwaltung geſtreift wurden. So bei Erwähnung einer
eigenen Schule für künſtleriſche Reſtaurirungen, in

welcher beſonders der Freskotechnik ein breiter Spiel-
raum zugewieſen werden ſoll. Ueber die definitive
Aufſtellung der Modernen Gallerie konnte noch
keinerlei Suſicherung gegeben werden, da weder die
Stadt Wien noch der öſterreichiſche Staat vorläufig an
einen eigenen Galleriebau denkt.

Weiter läßt ſich der Jahresbericht über die letzten
Kunſtankäufe bezw. die ſtaatlichen Aufträge an Künſtler
des Näheren aus, indem er zunächſt — nach der
Wiener „Seit“ — das bei Prof. K. Pochwalski beſtellte
Porträt des Freiherrn v. Gautſch, für den Gberſten
Rechnungshof beſtimmt, den Caſtaliabrunnen Hellmer's
für die Univerſität und mehrere andere Werke nur er-
wähnt. Ein neuer Kunſtauftrag wurde dem in Rom
lebenden Künſtler Benes-Rnüpfer, andere dem Maler
Pochwalski (Porträt des Miniſters Saleski) und Krämer
(Porträt des Sektionschefs v. Sichel) ertheilt. Ferner
wurden mehrere Büſten für die Arkaden der Univerſität
beſtellt. Sodann werden aus der Fülle der Ankäufe
die bedeutendſten Erwerbungen hervorgehoben: fünf
Porträts von Waldmüller, ferner die Gemälde „Gratu-
lation“, „Gebirgslandſchaft“, „Gardaſee“ dieſes Künſtlers;
Kuehl, „Artushof in Danzig“; Uhde, „Kinder aus einem
holländiſchen Dorfe“; Schindler, „Garten aus Weißen-
kirchen an der Donau“; Stuck, „Landſchaft, Abend-
dämmerung“; Pettenkofen, „Pußta“, „Ungariſches
Bauerngehöft“, Bruſtbild eines Sigeuners“ und „Un-
gariſches Bauernmädchen“, die Kartons zu dem Trip-
tychon Segantini's; Liebermann, „Bauernhaus in EKdam“;
Schwind, „Erlkönig“ und „Porträt ſeiner Tochter“;
Böcklin, „Das Bildniß Lenbach's“, ferner die beiden in
der Modernen Gallerie befindlichen Frauenköpfe Leibls
und das Gemälde Segantini's, „Frühlingsweide“.

Der Referent berichtet nun über die Inſtitution
des Wandermuſeums, die ſich ſehr bewährt habe, über
die Herausgabe von Künſtlermonographien, von denen
ſolche für Schwind, Pettenkofen, Waldmüller, Makart,
Schindler und Alt ins Auge gefaßt ſind, und über die
Betheiligung der öſterreichiſchen Kunſt an internationalen
Ausſtellungen. Hierbei beklagte es der Referent, daß
ſich die Sezeſſion an der Weltausſtellung in St. Louis
nicht betheiligt habe. Dabei bot ſich dem Referenten
Anlaß, von der Affäre Klimt zu ſprechen. Klimt
habe mit Unrecht in der Ablehnung des Ausſtellungs-
projekts der Sezeſſion eine abfällige Kritik ſeines Wirken
erblickt. Dieſe Verſtimmung dürfte die Urſache zu ſeiner
bekannten Erklärung ſein. Schließlich glaubte auch die
Unterrichtsverwaltung dem Begehren des Künſtlers nur
zu entſprechen, indem ſie ihm die betreffenden Gemälde
gegen Rückzahlung des Honorars, jedoch unter Betonung
des formell unanfechtbaren Beſitzſtandes des Miniſteriums,
alſo auf ſeinen ausdrücklichen Wunſch überließ.

Der Referent geht nunmehr auf das Kapitel
Denkmalſchutz über und erwähnt zunächſt die Maßregeln
zur Erhaltung des diokletianiſchen Palaſtes in Spalato,
ſodann die umfangreichen Maßnahmen zur Erhaltung
und Beſtaurirung zahlreicher alter Kunſtdenkmäler in
allen Theilen der Monarchie. Sum Schluß wurde der
nothwendigen Neuorganiſirung der Kunſtakademie
gedacht und zugleich vorgeſchlagen, daß im Kunſtrathe
zur Berathung dieſer Frage ein Komits gebildet werde.

Ueber die einzelnen Punkte des Jahresberichtes
entſpann ſich eine lebhafte Debatte. Bezüglich der
Frage der Unterbringung der Modernen Gallerie bringt
Graf Lanckoronski eine Reſolution ein, in der für den
Fall der Nichterbauung des Muſeums der Stadt Wien
im Laufe der nächſten Jahre die Begierung aufgefor-
dert wird, zur Herſtellung eines ſtaatlichen Gallerie-
gebäudes Maßnahmen zu treffen. Prof. Sturm bemerkt,
 
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