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Die Kunst-Halle — 10.1905

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Nummer 17 (1. Juni 1905)
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Neisser, Artur: Der Salon der "Société nationale", [1]
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Dworaczek, Wilhelm: Wien: XXXII. Jahresausstellung im Künstlerhaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.66262#0300

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260


Nr. IC

quickung des Figürlichen mit der Landſchaft, alle drei
meiſterliche Konterfeis, aus dem Aermel geſchüttelt,
flott, und doch nicht zu den reifſten Sachen des größten
ſpaniſchen Malers gehörend.

Nun d Und die großen dekorativen Schauſtücke, die
Paradebilder des „Salons“? Denen der „Société
nationale“ kann ich beim beſten Willen keinen Geſchmack
abgewinnen. Besnard's für das „Theatre frangais“
beſtimmtes Deckengemälde „Apollo und die 24 Stunden“
3. B. iſt von einem entſetzlichen Schwulſt. Vor lauter
Wolken ſieht man den Himmel oder gar die Perſonen
überhaupt nicht. Es iſt richtiger Vuliſſenſtil, kon-
ventionellſter franzöſiſcher Klaſſizismus. Beſſer, weil
wenigſtens ſorgfältiger in der Detailbehandlung und
nicht blos oberflächlich dekorativ iſt B. Bouvet's
vom Seine- Departement in Auftrag gegebenes, für die
Decke im Rathhaus zu Asnières beſtimmtes Gemälde
„Die Stadt Asniéres empfängt die Schätze der Seine“.
Künſtleriſch höher zu werten iſt Albert Dagnaur'
dekoratives Panneau, das für das Mädcheninſtitut in
Fénélon beſtimmt iſt und das italieniſche Dichterwort
illuſtrirt: „O Frühling, Jünglingsalter des Jahres!
© Jugend, Frühling des Lebens!“ Es liegt ein ım-
endlich zarter, reiner Duft, wie Frühlingswind über
dieſer Schaar lieblicher junger Mädchen, die ſich im
Reigentanze ergehen. Man fühlt auf dieſem Gemälde
die ſichtliche Liebe des Malers zu ſeinem Stoff, der ihn
offenbar ſehr anſprach. Ganz äußerlich aber iſt
Guillaume Dubufe's Deckengemälde, das für den
Salon des franzöſiſchen Pavillons bei der Ausſtellung
von St. Louis beſtimmt war. Auch Gillot's Gemälde,
„Die Neapolitaniſche Nacht zu Ehren Loubet's“ dar-
ſtellend, verleugnet ſeinen Staatsauftrag in der nüchternen
Malweiſe nicht. Und doch ſind mir dieſe Prunkſtücke
noch ſympathiſcher als die zahlloſen ſüßen Allegorien,
von denen es in der Ausſtellung der „Société nationale“
einen ſchrecklichen Ueberfluß giebt. Sie erſcheinen mir
als Ganzes betrachtet nicht anders als vergrößerte
kolorirte Photographien aus Seitſchriften im Stile des
„Le Nu au Salon“. Mit Kunſt haben derlei Dinge
wahrlich nichts zu thun!

Wien:
XXXIl. Jahresausstellung im Künstlerhaus.

n Schluß).

F048 Hiſtorienbild iſt zahlreich vertreten. Da iſt
9 i vor allem eine Reihe der bedeutendſten Gemälde
ö

Saſcha Schneider's, die hier in Wien zum erſten
Male zu ſehen ſind. Die harte Kraft, der große Zug
dieſes denkenden Künſtlers, ſprechen aus allen Bildern —
freilich überraſcht nebenher zuweilen die Saloppheit der
maleriſchen Behandlung, zeitweilig ſogar die manierirte
Stpliſirung in der Seichnung. Das übergroße Bild
„Phalanx des Starken“, das ich nicht zu des Künſtlers
beſten Arbeiten zählen möchte, läßt in einigen der
Figuren faſt an HBodler'ſchen Sinfluß denken. Dagegen
iſt die „Vibelungenſchlacht“ von virtuoſer Durchführung
in der Nompoſition, außerordentlich natürlich in der
Bewegung der Geſtalten und bei alter al kresco-
Stiliſirung doch von unmittelbar wirkender Kraft.
Auch die ſehr vornehm gedämpften und in ihrer ſtumpfen
Wirkung fein abgetönten Kolorite ſind ſehr wirkſam.

Su den beſten und in Gedanken tiefſten Bildern des
Künſtlers zählt ſein „Hohes Sinnen“, das nicht nur
in der beherrſchenden Hauptgeſtalt, ſondern auch in
der ſich ihr tief zu Füßen breitenden Küſtenlandſchaft
von meiſterlicher Durchführung und ſtärkſter Stim-
mung iſt.

Trotz des heiligen Vorwurfs recht realiſtiſch un-
mittelbar aufgefaßt iſt Sd. v. Gebhardt's „Andächtige
Suhörer bei der Bergpredigt“, das in der Nompoſition
ganz meiſterlich entworfen, namentlich in den vor-
züglich charakteriſirten Geſichtern ſehr lebhaft bewegt
und frei durchgeführt iſt. Sine Chriſtus⸗Legende be-
handelt auch Peter Janſſen's „Mein Joch iſt ſanft
und meine Laſt iſt leicht“, gleichfalls mit markiger
Durchbildung charakteriſtiſcher Sinzelheiten und glück-
licher Beherrſchung des ſeeliſchen Ausdrucks. Nicolaus
Schattenſtein's, Habemus papam“, die Begeiſterung der
Menge auf dem Peterplatz nach der Papſtwahl ſchildernd,
beſitzt gleichfalls vorzügliche zeichneriſche Gualitäten,
namentlich in der ſehr ſicher erfaßten Augenblicks
wirkung des phyſiognomiſchen Ausdrucks. Joſef
v. Mencina-Krzeſz „Jeſuskindestraum“ iſt bis auf da
glühende Kreuz in den Lüften, und einige nicht recht
motivirte Lichtwirkungen ein vortreffliches Galleriebild,
gut entworfen und mit ſorgfältiger Beherrſchung des
Techniſchen ausgeführt. Albert Ritzberger's „St.
Magdalena“ iſt ein vortrefflicher Akt, der durch den un-


ruft. Julius Schmid's Franzesca da Rimini wird in
Reproduktionen glücklicher wirken, als im Griginal, da
die zeichneriſchen Qualitäten die maleriſchen entſchieden
überragen. Ein ſehr ſtimmungstiefes Bild von poe-
tiſcher Wirkung iſt Joſef Jungwirth's „Heimatlied“.
Sehr flott durchgeführt, mit entzückender Verve be-
handelt iſt Ludwigs Koch's „Wiener Luft“, das die
friſcheſte Praterfrühlingsſtimmung athmet. Beſondere
Erwähnung verdienen Iſidor Naufmann's ſehr
feine Judenbilder, die ja eine einzigartige Spezialität
des Künſtlers bilden, und deren ſubtile Beobachtung
und Charakteriſirung man immer wieder bewundert.

Bon Jehudo Spſtein iſt eine kleine Kollektion vor-
handen, die den Saal X füllt und die ſatte, kräftige,
breithingeſtrichene Manier des Rünſtlers zeigt, der
immer auf das Weſentliche losſteuernd, doch in der
lapidaren Ausdrucksweiſe ſeiner Technik ſtets Stimmung
feſtzuhalten weiß, und Eigenartiges charakteriſtiſch zu
geſtalten vermag. Er hat in ſeinen Studien und Bil-
dern aus Holland auch etwas von der Eigenart hol-
ländiſcher Kunſt in ſich aufgenommen. So iſt beiſpiels-
weiſe Israels nicht ohne Einfluß für ſeine Art
geweſen. f

Sum Schluß möchte ich noch des Porträts er-
wähnen, das diesmal recht zahlreich und auch in ſel-
tener Güte vertreten iſt. Da giebt es prächtige Stücke!
Allerdings diesmal gerade nicht von unſeren allererſten
Meiſtern. So iſt Läszl“ recht konventionell geworden.
Freilich mit ſouveräner Beherrſchung alles Techniſchen. —
Und das entzückende Köpfchen der „Comteſſe Lariſch“
zeigt in dem faſt unerreichbaren Charme, der un-
definirbaren Unmittelbarkeit des perſönlichen Eindruckes
den Meiſter auf voller Böhe. Ihm zunächſt kommt
ein Frauenporträt von Paul Ivanowits, ſehr vor-
nehm aufgefaßt und mit energiſchem Elan durch-
geführt. Dictor Stauffer's Porträt des Grafen
Metternich muß ſeiner ſicheren Charakteriſirung und
ungezwungenen Auffaſſung halber beſonders hervor-
gehoben werden. Meiſterlich iſt auch ein Frauen-
Porträt von Heinrich Rauchinger, das durch die
Vobleſſe der Erſcheinung und die ſubtile Abtönung
 
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