Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 10.1905

DOI issue:
Nummer 5 (1. Dezember 1904)
DOI article:
Münchner Kunstschau
DOI article:
Niessen-Deiters, Leonore: IV. Jahres-Ausstellung der Vereinigung Kölner Künstler
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.66262#0086

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext

Ar. 5

dann auch Schafe und Siegen mit eminentem Blick in
den Raum ſetzt; die brillante Technik ſeiner Kalt⸗-Warm-
Malerei iſt auch außerhalb Münchens zu bekannt, als
daß man ihr noch beſonders gedenken müßte.
Weniger hat mir gefallen, was Profeſſor Friedrich
Fehr aus Karlsruhe vorzeigt. Am eheſten mögen noch
jene Stücke gelten, in denen das Landſchaftliche über-
wiegt. Für zarte Naturſtimmungen fehlt dem Künftler
der feine, ſichere Blick keineswegs, und mit gutem Ge-
ſchmack ſchneidet er manches intime, liebliche Bild aus
der Landſchaft heraus. Um ſo mehr muß man ſich
über ſeine Figurenſtücke ärgern. Vicht etwa techniſch,
denn eine gediegene Mache iſt ihnen nicht abzuſprechen,
aber in der Auffaſſung. Dieſe Mädchen z. B., die
durch das Kornfeld gehen und die Bauernmädchen
vorſtellen ſollen, ſind eine recht verwäſſerte Karlsruher
Miſchung: von Ferdinand Keller haben ſie die große
Poſe mit dem leichten Stich ins Theatraliſche, von
Nans Thoma das Vaive, Uebernaive. Die Miſchung
giebt wahrhaftig keinen guten Klang. Von den
übrigen Figurenſtücken könnte man Aehnliches ſagen,
aber ich habe keine Abſicht das zu thun. Fehr hat
immerhin als Künſtler einen viel zu guten Ruf und
eine viel zu gefeſtigte Stellung, als daß er nicht bei
einiger Selbſtkritik und bei gutem Willen einſehen
könnte, was er da falſch gemacht. Wir haben ihn in
früheren Jahren, gerade in den Frühlingsausſtellungen
der Münchner Sezeſſion, zu denen er ſich gern zu Gaſte
lud, auf beſſeren Wegen geſehen als jetzt. Hoffentlich
findet der Künſtler wieder auf den rechten Pfad zurück.


Franz Boch an. Als einen Meiſter des Farben-
ſteindrucks kennt den tüchtigen Künſtler heute ſchon
jeder deutſche Kunſtfreund. Aber man wirft ſich nicht
ungeſtraft mit beſonderer Kraft auf ein Spezialgebiet
der Kunſt. Was bei Lithographien ein beſonderer
Vorzug iſt: das Maßhalten mit den Farben, das kann
bei einem Gemälde oft von böſem Einfluß ſein. Vor
ein paar Landſchaften Hoch's hat man denn auch
geradezu den Eindruck eines Dreifarbendrucks. Andere
Arbeiten dagegen, namentlich ein paar friſch herunter-
gemalte Skizzen, wirken unmittelbar und erhebend.
Noch gehört zu jener unermüdlichen Münchner Land-
ſchafterſchule, die den Reizen der Natur nachſteigt bis
auf Bergesgipfel hinauf und ihnen nachſpäht zu jeder
Jahreszeit. So gelingt es ihm, mit überzeugender
Treue einen ſonnenhellen Wintertag im Gebirg glaub-
haft zu malen, ja das Spiel violetter Schatten und
roſafarbener Sonnenreflexe auf dem Schnee ſtellt er
mit meiſterlicher Virtuoſität dar. Sonſt liebt er gern
die verglimmenden Stimmungen des Herbſtabends, aus
rothen Büſchen ſchaut ein Landhäuschen im Bieder-
maiergeſchmack, und auf den mählich gelb werdenden
Wieſen ſchießen Herbſtzeitloſe hervor. Nur ſelten, daß
er ſich anſchickt, die volle, ſatte Pracht des Hochſommer-
tages mit ihrer jauchzenden Luſt zu malen: er iſt im
Grund melancholiſch wie die meiſten unſerer jüngeren
Landſchafter.

In Krauſe's Salon ſieht man Bruchſtücke des
Werkes des verſtorbenen Nikolaus Gyſis. Wie ſie
der Sufall gerade zuſammenwürfelte, ſind in dem
kleinen Kunſtkabinet die Bilder und Seichnungen an
die Wände gehängt. Von der eigentlichen Bedeutung
Gyſis' können die Arbeiten keinen rechten Begriff geben.
Ein paar Genres ſind flüchtig und ohne jene Tiefe,
die den Kulturwerth eines Bildes ausmachen, einige
Porträts, theils in Oel, theils in Kohle und Paſtell,
ſind nur wenig über das Skizzenhafte hinaus entwickelt.
Sine Ausnahme macht nur ein kleines, feines Paftell-

köpfchen einer Südländerin von berückender Anmuth,
die namentlich durch die kaum merkliche Schiefſtellung
der Augen bedingt wird. Sonſt laſſen nur ein paar
griechiſche Volksſzenen und beſonders etliche Entwürfe
zu großen allegoriſchen Gemälden die Bedeutung dieſes
nach dem Vorden verſchlagenen Griechen annähernd
ahnen. Gyſis' Stärke und Kunſt beruhte im allego-
riſchen Bild größten Stils und größten Formats, wie
ſein „Triumph der Bavaria“ im Nürnberger Gewerbe-
muſeum erkennen läßt, und ſolche Bilder beizuſchaffen,
ſchloß ſich natürlich von vornherein aus. So kann alſo
die kleine Ausſtellung wohl dem Renner Gyſis'ſcher
Kunſt eine nicht unerwünſchte Ergänzung ſeiner Nennt-
niſſe bieten, aber den, der Gyſis noch nicht kennt, kann
ſie nur verwirren.

Georg Jacob Wolf.

IV. Jahres-Fusstellung der Vereinigung
Kölner Künstler.

rfreulich iſt auch in dieſem Jahre die Thatſache, daß die

Ausſtellung der Kölner Künſtler beim Publikum leb-

haftes Intereſſe findet, das ſich in eifrigem Beſuch und,
wie verlautet, in regem Ankauf kundgiebt. Und erfreulich iſt
es zumal, dieſes Unternehmen von Jahr zu Jahr zu verfolgen.
Das ſind auch ſogenannte „Moderne“, die durchaus ihren
Weg gehen und denen kein Menſch irgend einen Vorwurf
künſtleriſcher Rückſtändigkeit machen kann, aber ſie bieten dem
Publikum nicht gemalte Hünſtlerlaunen, ſondern gediegene und
ernſthafte Arbeiten.

Die Krone gebührt diesmal wohl Neven Du Mont.
Und von ſeinen zahlreichen Werken ſei zunächſt der „Pierrot“
genannt, weil der Künſtler ſich darin ganz von den ihm früher
auhaftenden engliſchen reſp. ſchottiſchen Einflüſſen befreit und
eigene Töne anſchlägt, die ſeine urſprünglichen Vorbilder ſtark
übertreffen. Pierrot ſteht im Dordergrunde des Bildes, das
Licht des Ballſaales fällt grell auf ſeinen weißen Anzug. Hinter
ihm, in einem Helldunkel, das neben dem brillant leuchtenden
hellen Pierrotkoſtüm ungemein ruhig und geſchloſſen wirkt,
flüſtert Columbine mit Harlequin. Das Bild erbietet in ſeiner
großen und geſchloſſenen Wirkung, mit ſeinen ebenſo geſchickt
wie vornehm abgewogenen Farbenwerthen den angenehmen
Beweis, daß auch ein dem breiteren Publikum verſtändliches
Werk vom rein künſtleriſchen Standpunkt bedeutend und ein-
wandfrei ſein kann. Vorzüglich iſt ferner desſelben Künftlers
Porträt des Grafen Hohenau. Ein Uniformporträt iſt an ſich
ſtets eine Aufgabe, die ihre ſcharfen Ulippen hat, wenigſtens
in künſtleriſcher Beziehung. Neven Du Mont hat dieſe Klippen
geſchickt vermieden und giebt ein ſehr vornehmes Bildniß des
hohen Militärs, indem er durch geſchickte Behandlung des
grauen Mantels zugleich dem Bilde das ſteif Konventionelle
nimmt und die Wirkung durchaus auf das Geſicht des Dar-
geſtellten konzentrirt. Vornehm iſt auch ein großes Damen-
porträt, das aber in der Farbe etwas trockener wirkt. Außer-
dem ſtellt er eine ganze Reihe von Werken aus, die, ohne
gleichwerthig zu ſein, noch manches Vortreffliche bieten.

Neben Du Mont hat Richard Vogts als Porträtiſt
 
Annotationen