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Die Kunst-Halle — 10.1905

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Nummer 14 (15. April 1905)
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Galland, Georg: Die Menzel-Ausstellung in der Nationalgallerie
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Menzel - kein Amateur-Photograph
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Dworaczek, Wilhelm: Von Wiener Kunst: die Hagenbund-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.66262#0246

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212


Nr. 14

einigt zu finden. Darum kann auch wohl die Hoffnung
auf eine Vereinigung aller oder nur der Mehrzahl dieſer
Gemälde der gegenwärtigen Ausſtellung in einem Menzel-
muſeum nicht ernſthaft genommen werden, da gewiß
nur ſehr wenige Beſitzer ſelbſt zu einem ſo ſchönen
Swecke ſich ihrer Menzel'ſchen Originale entäußern
dürften. Weit einfacher und viel näher läge es, den
von uns früher ſchon gemachten Vorſchlag der Heraus-


Schöpfungen des Künſtlers in muſterhaften Repro-
duktionen enthalten müßte, in abſehbarer Seit zu ver-
wirklichen. } :

Den Melgemälden der Ausſtellung ſchließen ſich
im Haupt- und OGbergeſchoß der Vationalgallerie die
Aquarelle, Guaſchen und Paſtelle an, und in dieſer
umfangreichen und beſtrickend reizvollen Abtheilung
fallen zumal die rafffnirt graziös und prächtig aus-
geführten Adreſſen, die launigen Thierdarſtellungen für
ein Kinderalbum und die farbenſatten zehn Aquarelle
auf, die das 1829 zu Potsdam ſtattgehabte märchen-
artige Feſt der weißen Roſe (Beſitzer: der Naiſer von
Rußland) mit romantiſchem Ausdruck ſchildern. Einer
noch viel größeren Fülle und Mannigfaltigkeit des
Stofflichen begegnen wir unter den Seichnungen und
Entwürfen. Hier treten uns auch die überaus feſſelnden
Studien und Skizzen zu ſeinen Gemälden und be-
kannten Illuſtrationsfolgen aus der vaterländiſchen Ge-
ſchichte, vor allem zur Verbildlichung der friderizia-
niſchen Epoche, entgegen. Was hier an tauſend-
fältigen unerbittlich ſcharfen Beobachtungen des menſch-
lichen Lebens mit ſeinen Sitten, tragiſchen und komiſchen
Situationen, ſeinen Erzeugniſſen unermüdlicher Arbeit
und ſonſtigen Erſcheinungsformen durch eine unfehlbare
Hand künſtleriſch geklärt vor unſeren prüfenden und
ſtaunenden Augen niedergelegt iſt, gewährt ein ſo
wechſelvolles Kulturbild, wie wir es noch niemals im
Spiegel der Werke eines anderen Künſtlers kennen ge-
lernt haben. Wir müſſen daher verzichten, Alles das
in den Sätzen eines kurzen Berichts auch nur flüchtig
anzudeuten, was dem Beſucher dieſer einzigartigen
Menzel-⸗Ausſtellung ſo verſchwenderiſch dargeboten wird.

G. .
Gd

Menzel — kein Amafeur-Phokograph.

Herr Romain Talbot, Berlin C., ſchreibt uns:
wir ſandten vor einigen Jahren eine kleine Preisliſte auf
einer Poſtkarte hinaus, in der auch Vergrößerungen angeprieſen
wurden, die ſich zum Aquarelliren ꝛc. eignen. Unter Anderem
bekam auch Menzel dieſen Proſpekt. Er ſandte ihn zurück,
mit der Bemerkung verſehen: } ;
„Bitte keine weiteren Sufendungen, habe hie-
bei keine Thätigkeit.
7 Menzel.“
Noch heute exiſtirt dieſe Liſte mit der Aufſchrift und wird
als Hurioſum aufbewahrt. } )

Fon Wiener Kunst.
Die Hagenbund-⸗Ausſtellung.

ie diesjährige Frühjahrs⸗Ausſtellung des „Hagen-

bund“ hat ein etwas verändertes Gepräge. Man

vermißt altgewohnte Namen wie Kaſparides,
Suppantſchiſch, Wilt, Wilda u. A., die ſämmtlich wieder
in den Schooß der Künſtlergenoſſenſchaft zurückgekehrt
ſind. Die Ausſtellung, die dadurch ein wenig gelichtet
erſcheint, erhält ſich dennoch auf guter Höhe. Rud.
Konopa iſt diesmal mit einer ziemlich reichhaltigen
Kollektion vertreten, in deren Mittelpunkt ein Madonnen-
triptychon beſteht, das gute Qualitäten aufweiſt, aber
weder in der Auffaſſung noch in der techniſchen Durch-
bildung ſehr nach Vertiefung ſtrebt. Sine durchaus
tüchtige feinempfundene Arbeit, über der aber etwas
von Atelierfleiß liegt. Daneben ein paar guter Porträts
und Landſchaftliches von feinem Reiz und guter Stim-
mung. Beſonders prächtig durchgeführt ſind ein paar
Gouachen.

Auch ſonſt haben die Landſchafter des „Hagenbund“
wieder ihr gutes Können gezeigt: Hugo Baar (der
immer kräftiger wirkt), Rudolf Junk, Joſef Baper,
Guſtav Bamberger (der vortrefflich vertreten iſt).
Auguſt Roth, Hugo Böttinger, Otto Rerſchel, V. v.
Eckhardt, R. Germela, Raoul Frank, Ad. Luntz, Vans
v. Hayek u. A. haben ſehr anſprechende Arbeiten ge-
liefert. Auch einige Porträts, darunter das beſtdurch-
gebildete von A. D. Goltz, fallen angenehm auf. Be-
ſondere Beachtung möchte ich der Tempera „Auf der
Irrenburg“ von Rudolf Kriſer einräumen. Der noch
ſehr junge Künſtler, deſſen „Kranke Fürſtin“ ſchon bei
einer früheren Ausſtellung des „Bagenbund“ auffiel, iſt
zweifellos eines unſerer ſtärkſten jungen Talente. Ein
feiner Geſchmack in der Farbe eint ſich einem eminent
zeichneriſchen Gefühl. Dabei iſt die Rompoſition bei
ihrer tollen Phantaſtik voll Geiſt und brillanter Ein-
fälle. Man wird dieſe eigenartige Begabung, deren
überraſchendſtes Merkmal eine überaus ſichere und
intereſſante Perſönlichkeit iſt, nicht aus dem Auge ver-
lieren dürfen. Ich habe das Gefühl, als ob in dieſem
jungen Künſtler, der mit einer ſo ſouveränen Geſchick-
lichkeit das Techniſche handhabt, ohne dabei gedanklich
in ſpieleriſche Gberflächlichkeit zu verfallen, ein ganz
Großer heranwüchſe.

Julius Pascin hat eine Reihe keck erfundener
und mit grotesker Verve hingeſetzter Seichnungen aus-
geſtellt, die intereſſiren und anregen und von einem friſchen
künſtleriſchen Bumor zeugen. Voll poetiſcher Kraft, und
doch nicht häßlich und veraltet anmuthend, ſind Fah-
ringer's Märchenilluſtrationen zu Gerlach's Jugend-
bücherei, während mir deſſen militäriſch⸗patriotiſche
Soldatenbilder weit weniger zuſagen wollen. Von W.
V. Krauß ſind eine Reihe guter Radirungen zu er-
wähnen. Lud w. Ferd. Graf läßt in ſeinem großen
Gelbild „Stier und Mädchen“ alle Sauber ſeiner feinen
Kolorite auf dem Inkarnat eines weiblichen Aktes
ſpielen, Walter Hampel verleugnet auch diesmal nicht
die ſubtile Kunſt ſeines feinen und ſo altwieneriſch vor-
nehmen Pinſels. Franz Himon, Otto Tauſchek und
Adolf Kaspar haben ſich mit Radirungen, Emmerich
Simay mit vorzüglichen Kreidezeichnungen, deren
techniſche Eigenart ſchon kürzlich gewürdigt wurde,
eingeſtellt. 18 75 ; 1

Der künſtleriſche Schwerpunkt der Ausſtellung
ſcheint mir jedoch diesmal in der Plaſtik zu liegen. Da
iſt vor allem Joſef Neu's Blumenfigur, die ich für
den Clou der Ausſtellung halte. Die nackte Knaben
 
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