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nach und das ſo gründlich, daß Josza ſelber gar nicht
zu Sigenem gekommen iſt. — Des Weiteren ſehen wir
zwei Kollektionen von Landſchaften, gleichfalls Berliner
Herkunft. Ein beachtenswerthes Talent bekunden die
Bilder von Arthur Segal. Ein Abend im Gebirge,
das Land und die Berge dunkel gegen den gelbver-
glühenden Himmel, iſt wohl ein dankbares Thema
wegen des koloſſalen Nontraſtes, nur fehlt es hier an
der rechten Größe und Stimmung. Geiſtreich in
Seichnung und dekorativem Kolorit iſt dagegen eine
Burgruine, welche gegen die Berge ſchaut. Nach be-
rühmten Muſtern glücklich geſtaltet, berührt ein Wald-
interieur mit alten grauen Tannenſtämmen gegen das
märchenraunende Dunkel recht poetiſch. Franz Türke
endlich hat eine ganze Hand voll Trümpfe: ein hollän-
diſches Fiſcherdorf in kecken friſchen Farben, eine Land-
ſchaft im Nebel von feiner Stimmung, ein ſchleſiſches
Kloſter gleichfalls im Nebel, aber erheblich mehr, daß
es wie ein Geſpenſt ausſchaut und ſchließlich eine durch
Baumzweige erſchaute Havellandſchaft, die den Künſtler
zu einem findigen Motivenjäger ſtempelt. Im Ganzen
Bat die neue Wertheim-Ausſtellung mehr Inhalt als
ihre Vorgängerinnen.
R
Im Salon der Amelang'ſchen Kunſthandlung zu
Charlottenburg debütirt eine junge Künſtlerin, Siſi Fiſcher-
Schneevoigt, die auf dem Gebiete der modernen Photographie
ganz hervorragende Leiſtungen aufzuweiſen hat. Die zwiſchen
Kunſt und Photographie geſchlagene Verbindungsbrücke wird
mit Recht als eine bedeutſame Errungenſchaft unſerer Seit be-
trachtet. Der Künſtler-Photograph hat, von techniſcher Virtuo-
ſität ganz abgeſehen, feine Empfindungsorgane vonnöthen, den
Blick für Licht- und Conſchönheiten und die Fähigkeit, durch
beſondere Poſen und Beleuchtungen den darzuſtellenden Cha-
rakter und Seele abzufordern und abzulocken, mit dem ſo-
genannten guten Geſchmack und der Routine allein iſt es hier
wahrlich nicht gethan. Siſi Fiſcher-Schneevoigt dürfte unter
Ihresgleichen einen Ehrenplatz beanſpruchen, ihre Porträts,
die in der Technik dem Gummidruck ähneln, machen zum
Cheil den Eindruck von alten Schabkunſtblättern, ſo weich und
ſo zart abgeſtuft ſind die wundervollen Tönungen, die ins
Kühle und ins Warme, ins Marmorplaſtiſche und ins
duftig Gehauchte je nach Art des Motivs hinüberſpielen. Da
ſieht man recht anmuthige Kinderaufnahmen, die wohlthuender
Weiſe nicht in die übliche Genregrimaſſe verzerrt ſind, ferner
in Aktaufnahmen die Schönheit des weiblichen Körpers decent
und plaſtiſch und völlig bildmäßig ins Licht gerückt. Brünette
und blonde Damen mit aufgelöſtem Haar, ein weiblicher
Profilkopf im zarteſten Helldunkel und namentlich Köpfe, die
bei wechſelnder Stellung und Beleuchtung die reizvollſten
Varianten ergeben, mögen weiterhin hervorgehoben werden.
Porträts intereſſiren durch eigenartige Kontraſtwirkungen. Ich
halte dieſe kleine Ausſtellung entſchieden für eine Sehens-
würdigkeit.
2
M. R.
Z IT
Kunstchronik.
Avignon. Im alten Papſtpalaſt ſoll ein Muſeum für
chriſtliche Kunſt eingerichtet 185 D ; 1 85
Berlin. Ugl. Nationalgallerie. Die letzten Neu-
erwerbungen ſind im III. Stockwerk zuſammengeſtellt.
Berlin. Die Agl. Akademie der Hünſte ſprach
dem Kaiſer ihren ehrerbietigen Dank aus für die hohen
kaiſerlichen Ehrungen Ad. Menzels. — Der neue Dom am
Luſtgarten, den Kaſchdorff Vater und Sohn nach zwölfjähriger
Bauzeit vollendeten, wurde am 27. Februar feierlichſt eingeweiht.
Berlin. Bei der letzten Sitzung der ſtädtiſchen Hunſt⸗Depu-
tation wurde Bürgermeiſter Dr. Keicke als Mitglied eingeführt.
Im Weſentlichen genehmigt wurde von der Deputation der
vom Bildhauer Lederer gefertigte Entwurf für eine Plakette,
wie ſolche den Stadtälteſten überreicht werden ſollen. Beifall
fand ferner das vom Bildhauer Stark entworfene Abzeichen
für die ſtädtiſchen Krankenſchweſtern. Weiter erklärte man
ſich mit den Zeichnungen einverſtanden, nach denen die möbel
des Trauzimmers im Standesamt an der Fiſcherbrücke gefertigt
werden ſollen. ;
Dresden. In der K, Gemäldegallerie wird das 81,2 em
hohe, ı2 em breite, auf Kupfer gemalte Bild „Wachtthurm“
von P. Brueghel dem Aelteren vermißt. : ;
Dresden. Menzeliana. Der Bauptvorftand der
Allgemeinen Deutſchen Kunſtgenoſſenſchaft ſandte an den-
Kaiſer folgendes Schreiben: „Das ruhmreichſte Mitglied der
Allgemeinen Deutſchen Kunſtgenoſſenſchaft Adolf von Menzel
ſchied dahin. Ew. Kaiſerliche und Hönigliche Majeſtät haben
bei Lebzeiten den großen Meiſter mit höchſten Gnadenbeweiſen
ausgezeichnet, die Trauerfeier mit Höniglichen Ehrungen um-
geben. Im Namen der Cauſende, welche das Band der All-
gemeinen Deutſchen Kunſtgenoſſenſchaft umſchließt, nahen wir
Ew. Majeſtät Thron und legen den Dank zu Füßen für
Ew. Majeſtät erhabene Geſinnung.“ 5
Frankenſtein i. Schl. Die Stadtverordneten beab
ſichtigen ein Bildniß des 7 Fürſtbiſchöflichen Kommiſſarius
Dr. Herrmann für ihren Sitzungsſaal im Rathhaus malen
zu laſſen. ; ; ;
Hamburg. Die Geſellſchaft hamburgiſcher Kunſtfreunde
veranſtaltete am Sonnabend Mittag in der Kunſthalle eine
Menzel⸗Feier.
Ludwigsburg. Die bekannten, von dem belgiſchen
Bildhauer Pierre François Lejeune in meiſterhafter Weiſe aus-
geführten Trophäen auf der Nordſeite des Arſenalplatzes haben
im Laufe der Seit ſo gelitten, daß ihre Erneuerung nicht
länger hinausgeſchoben werden kann, wenn die Aunſtwerke
nicht der Vernichtung anheimfallen ſollen. Es wurde hierbei
auch die Frage in Erwägung gezogen, ob nicht die Trophäen
in Bronzeguß hergeſtellt werden könnten; die Berechnung er-
gab aber, daß dies zu theuer käme. Swiſchen der Stadt-
gemeinde und der Militärverwaltung iſt nun nach längeren
Verhandlungen ein Uebereinkommen dahin getroffen worden, daß
die letztere zur Neuherſtellung in entſprechendem Steinmaterial
einen Beitrag von 6000 M. leiſtet und die Stadtverwaltung
für die weitere Summe von 5000 M. aufkommt.
Nürnberg. Der Magiſtrat beſchloß Künſtlerateliers
in einem Neubau an der Aunſtgewerbeſchule für hieſige und
fremde KHünſtler einzurichten. Zu dieſem Swecke wurden
40 000 Mk. bewilligt.
Paris. Die berühmte Uunſtſammlung R. Mann iſt
teſtamentariſch der Stadt Paris nach dem Tode des jetzigen
Beſitzers Maurice Hann, der ſie unlängſt von ſeinem Bruder
ererbte, zugedacht worden. ; .
Stockholm. Der hieſige Maler David Wallin will bei
einem Pariſer Trödler zwei echte Bilder von Corot für wenige
Franken gekauft haben; es ſind ſtimmungsvolle Landſchaften
in flotter Malweiſe mit der (echten d) Signatur des Meiſters.
Wien. Der frühere Hofkunſthändler Heinrich C. Neu-
mann hat eine Sammlung von 7s Aartons mit beiläufig 200
Blättern, Zeichnungen A. v. Pettenkofen's, die derſelbe auf
ſeinen Reiſen als Koſtümſtudien nach Gemälden alter Meiſter
angefertigt hat, für die Sammlungen der Akademie der bilden-
den Hünſte gewidmet und dem Unterrichtsminiſter Dr. Wilhelm
Ritter von Hartel zur Verfügung geſtellt, ;
un
nach und das ſo gründlich, daß Josza ſelber gar nicht
zu Sigenem gekommen iſt. — Des Weiteren ſehen wir
zwei Kollektionen von Landſchaften, gleichfalls Berliner
Herkunft. Ein beachtenswerthes Talent bekunden die
Bilder von Arthur Segal. Ein Abend im Gebirge,
das Land und die Berge dunkel gegen den gelbver-
glühenden Himmel, iſt wohl ein dankbares Thema
wegen des koloſſalen Nontraſtes, nur fehlt es hier an
der rechten Größe und Stimmung. Geiſtreich in
Seichnung und dekorativem Kolorit iſt dagegen eine
Burgruine, welche gegen die Berge ſchaut. Nach be-
rühmten Muſtern glücklich geſtaltet, berührt ein Wald-
interieur mit alten grauen Tannenſtämmen gegen das
märchenraunende Dunkel recht poetiſch. Franz Türke
endlich hat eine ganze Hand voll Trümpfe: ein hollän-
diſches Fiſcherdorf in kecken friſchen Farben, eine Land-
ſchaft im Nebel von feiner Stimmung, ein ſchleſiſches
Kloſter gleichfalls im Nebel, aber erheblich mehr, daß
es wie ein Geſpenſt ausſchaut und ſchließlich eine durch
Baumzweige erſchaute Havellandſchaft, die den Künſtler
zu einem findigen Motivenjäger ſtempelt. Im Ganzen
Bat die neue Wertheim-Ausſtellung mehr Inhalt als
ihre Vorgängerinnen.
R
Im Salon der Amelang'ſchen Kunſthandlung zu
Charlottenburg debütirt eine junge Künſtlerin, Siſi Fiſcher-
Schneevoigt, die auf dem Gebiete der modernen Photographie
ganz hervorragende Leiſtungen aufzuweiſen hat. Die zwiſchen
Kunſt und Photographie geſchlagene Verbindungsbrücke wird
mit Recht als eine bedeutſame Errungenſchaft unſerer Seit be-
trachtet. Der Künſtler-Photograph hat, von techniſcher Virtuo-
ſität ganz abgeſehen, feine Empfindungsorgane vonnöthen, den
Blick für Licht- und Conſchönheiten und die Fähigkeit, durch
beſondere Poſen und Beleuchtungen den darzuſtellenden Cha-
rakter und Seele abzufordern und abzulocken, mit dem ſo-
genannten guten Geſchmack und der Routine allein iſt es hier
wahrlich nicht gethan. Siſi Fiſcher-Schneevoigt dürfte unter
Ihresgleichen einen Ehrenplatz beanſpruchen, ihre Porträts,
die in der Technik dem Gummidruck ähneln, machen zum
Cheil den Eindruck von alten Schabkunſtblättern, ſo weich und
ſo zart abgeſtuft ſind die wundervollen Tönungen, die ins
Kühle und ins Warme, ins Marmorplaſtiſche und ins
duftig Gehauchte je nach Art des Motivs hinüberſpielen. Da
ſieht man recht anmuthige Kinderaufnahmen, die wohlthuender
Weiſe nicht in die übliche Genregrimaſſe verzerrt ſind, ferner
in Aktaufnahmen die Schönheit des weiblichen Körpers decent
und plaſtiſch und völlig bildmäßig ins Licht gerückt. Brünette
und blonde Damen mit aufgelöſtem Haar, ein weiblicher
Profilkopf im zarteſten Helldunkel und namentlich Köpfe, die
bei wechſelnder Stellung und Beleuchtung die reizvollſten
Varianten ergeben, mögen weiterhin hervorgehoben werden.
Porträts intereſſiren durch eigenartige Kontraſtwirkungen. Ich
halte dieſe kleine Ausſtellung entſchieden für eine Sehens-
würdigkeit.
2
M. R.
Z IT
Kunstchronik.
Avignon. Im alten Papſtpalaſt ſoll ein Muſeum für
chriſtliche Kunſt eingerichtet 185 D ; 1 85
Berlin. Ugl. Nationalgallerie. Die letzten Neu-
erwerbungen ſind im III. Stockwerk zuſammengeſtellt.
Berlin. Die Agl. Akademie der Hünſte ſprach
dem Kaiſer ihren ehrerbietigen Dank aus für die hohen
kaiſerlichen Ehrungen Ad. Menzels. — Der neue Dom am
Luſtgarten, den Kaſchdorff Vater und Sohn nach zwölfjähriger
Bauzeit vollendeten, wurde am 27. Februar feierlichſt eingeweiht.
Berlin. Bei der letzten Sitzung der ſtädtiſchen Hunſt⸗Depu-
tation wurde Bürgermeiſter Dr. Keicke als Mitglied eingeführt.
Im Weſentlichen genehmigt wurde von der Deputation der
vom Bildhauer Lederer gefertigte Entwurf für eine Plakette,
wie ſolche den Stadtälteſten überreicht werden ſollen. Beifall
fand ferner das vom Bildhauer Stark entworfene Abzeichen
für die ſtädtiſchen Krankenſchweſtern. Weiter erklärte man
ſich mit den Zeichnungen einverſtanden, nach denen die möbel
des Trauzimmers im Standesamt an der Fiſcherbrücke gefertigt
werden ſollen. ;
Dresden. In der K, Gemäldegallerie wird das 81,2 em
hohe, ı2 em breite, auf Kupfer gemalte Bild „Wachtthurm“
von P. Brueghel dem Aelteren vermißt. : ;
Dresden. Menzeliana. Der Bauptvorftand der
Allgemeinen Deutſchen Kunſtgenoſſenſchaft ſandte an den-
Kaiſer folgendes Schreiben: „Das ruhmreichſte Mitglied der
Allgemeinen Deutſchen Kunſtgenoſſenſchaft Adolf von Menzel
ſchied dahin. Ew. Kaiſerliche und Hönigliche Majeſtät haben
bei Lebzeiten den großen Meiſter mit höchſten Gnadenbeweiſen
ausgezeichnet, die Trauerfeier mit Höniglichen Ehrungen um-
geben. Im Namen der Cauſende, welche das Band der All-
gemeinen Deutſchen Kunſtgenoſſenſchaft umſchließt, nahen wir
Ew. Majeſtät Thron und legen den Dank zu Füßen für
Ew. Majeſtät erhabene Geſinnung.“ 5
Frankenſtein i. Schl. Die Stadtverordneten beab
ſichtigen ein Bildniß des 7 Fürſtbiſchöflichen Kommiſſarius
Dr. Herrmann für ihren Sitzungsſaal im Rathhaus malen
zu laſſen. ; ; ;
Hamburg. Die Geſellſchaft hamburgiſcher Kunſtfreunde
veranſtaltete am Sonnabend Mittag in der Kunſthalle eine
Menzel⸗Feier.
Ludwigsburg. Die bekannten, von dem belgiſchen
Bildhauer Pierre François Lejeune in meiſterhafter Weiſe aus-
geführten Trophäen auf der Nordſeite des Arſenalplatzes haben
im Laufe der Seit ſo gelitten, daß ihre Erneuerung nicht
länger hinausgeſchoben werden kann, wenn die Aunſtwerke
nicht der Vernichtung anheimfallen ſollen. Es wurde hierbei
auch die Frage in Erwägung gezogen, ob nicht die Trophäen
in Bronzeguß hergeſtellt werden könnten; die Berechnung er-
gab aber, daß dies zu theuer käme. Swiſchen der Stadt-
gemeinde und der Militärverwaltung iſt nun nach längeren
Verhandlungen ein Uebereinkommen dahin getroffen worden, daß
die letztere zur Neuherſtellung in entſprechendem Steinmaterial
einen Beitrag von 6000 M. leiſtet und die Stadtverwaltung
für die weitere Summe von 5000 M. aufkommt.
Nürnberg. Der Magiſtrat beſchloß Künſtlerateliers
in einem Neubau an der Aunſtgewerbeſchule für hieſige und
fremde KHünſtler einzurichten. Zu dieſem Swecke wurden
40 000 Mk. bewilligt.
Paris. Die berühmte Uunſtſammlung R. Mann iſt
teſtamentariſch der Stadt Paris nach dem Tode des jetzigen
Beſitzers Maurice Hann, der ſie unlängſt von ſeinem Bruder
ererbte, zugedacht worden. ; .
Stockholm. Der hieſige Maler David Wallin will bei
einem Pariſer Trödler zwei echte Bilder von Corot für wenige
Franken gekauft haben; es ſind ſtimmungsvolle Landſchaften
in flotter Malweiſe mit der (echten d) Signatur des Meiſters.
Wien. Der frühere Hofkunſthändler Heinrich C. Neu-
mann hat eine Sammlung von 7s Aartons mit beiläufig 200
Blättern, Zeichnungen A. v. Pettenkofen's, die derſelbe auf
ſeinen Reiſen als Koſtümſtudien nach Gemälden alter Meiſter
angefertigt hat, für die Sammlungen der Akademie der bilden-
den Hünſte gewidmet und dem Unterrichtsminiſter Dr. Wilhelm
Ritter von Hartel zur Verfügung geſtellt, ;
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