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Die Kunst-Halle — 10.1905

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Nummer 10 (15. Februar 1905)
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Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.66262#0179

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Ne. 10

bildete er eine anheimelnd ſchöne Welt, die uns mit
ſtillem Hauber ergreift und uns erzählt, daß das Leben
eine Luſt und das freie Schaffen nach des Herzens Sug
den Gottesſegen auf dieſer Erde darſtellt.

In den regſamen Wochen, da die großen deutſchen
Jagdherren ihre Trophäen zur Schau ſtellen und neuer-
dings auch die erkluſiven Automobiliſten in ihren neuen
Uniformen, in hohen gelben Stiefeln und Schlapphüten,
paradiren und bankettiren, in dieſen unvergleichlich
wichtigen Seitläuften tritt auch die bekannte Künſtler-
gruppe „Jagd und Sport“ im Salon Schulte an
die Geffentlichkeit, um von dem mehr oder minder
guten Einvernehmen zwiſchen Kunſt und Sport Seugniß
abzulegen. Swar ſind es in erſter Linie die ſchönen
Augen der ſportlichen Fachleute, denen die korrekte
Sportmalerei zu gefallen trachtet, aber ſie appelliren
auch mit Erfolg an weitere Kreiſe, denen die Kunſt
näher als der Sport liegt. Es iſt erfreulich, daß die
maleriſche Kultur in dieſer Gruppe von Jahr zu Jahr
im Steigen begriffen iſt und daß einige der ehemals
ſchwächeren Mitglieder ſich nachgerade zu tüchtigen
Malern in der Chierdarſtellung und beſonders auch im
Landſchaftlichen ausgewachſen haben. Heinrich Sper-
ling, der beliebteſte Vollblutmaler, hält ſich ſtereotyp
auf der Höhe ſeiner präziſen und korrekten Routine.
Es genügt zu ſagen, daß er heuer die glatten Bildniſſe
des Fuchshengſtes „Verflixt I“ und des berühmten
Rennpferdes „Ard Patrik“ zur Strecke gebracht, dazu
natürlich auch eine Reihe von Vorſtehhunden, Terriers,
Teckels und anderer ſtammbaumgewaltiger Votabilitäten.
Richard Frieſe malte einen 28-Ender, den der Kaiſer
in den Forſten von Bominten erlegt hat, und ein
exotiſches Meiſterſtück, einen Löwen darſtellend, der auf
ein Rudel Säbelantilopen anſpringt. Hans Bohrdt hat
ſich vorzugsweiſe dem großen Segelſport gewidmet und
Bilder aus der Kieler Woche gebracht. Georg Koch ſodann
malte Szenen von Parforcejagden und Pferdemärkten
mit der ihm eigenen ſchönen Sicherheit. Wiederum eine
Wilderer⸗Szene, einen konfiszirten Kerl in alter Eiche
ſitzend, bringt Wilhelm Simmler, und ein ſehr ſchönes
Waldgebirgsbild. Ueberhaupt ſtehen alle dieſe Malereien
auf reſpektabler Höhe. Die übrigen Künſtler befaſſen
ſich mit dem Thierleben des Waldes. Landſchaftlich
hervorragend iſt der Brunſtplatz an der pommerſchen
Küſte von Ernſt Otto, das feſſelnde Bild der kämpfen-
den Hirſche von Karl Wagner, und C. Simmermann's
Wildfütterung im Winter reiht ſich würdig an. Die
plaſtiſchen Darſtellungen ſtehen nicht auf dieſer Höhe,
annehmbar ſind nur die kleinen Thierbronzen von
Norbert Pfretzſchner und Richard Ruſche. Im Uebrigen
präſentirt der Salon Schulte eine Vollektion von den
bekannten Monotypien von Karl Kappſtein, eine Reihe
anſcheinend ſchnell gemalter Damenbildniſſe von Ernſt
Neilemann, zwei intereſſante, großſtiliſirte Schweizer
bilder von Fans Thoma, das hiſtoriſch berühmte und
wirklich ergreifende Bild des blinden Mädchens im
blühenden Mohnfelde von Bruno Piglhein und endlich
eine größere Sammlung des Düſſeldorfers Heinrich
Hermanns, enthaltend Kircheninterieurs und Szenen
aus den Niederlanden, Kunſtwerke von gut Düſſeldorfer
Art, womit eigentlich Alles geſagt iſt.

Der Salon Jacques Casper wartet mit der üblichen
zweiten Serie auf. Man weiß, daß es ſich hier immer
um ein auserwähltes internationales Enſemble handelt,
in welchem die geliebten Franzoſen die erſte Geige
ſpielen. Natürlich fehlen auch die Deutſchen nicht,
darunter treten ſogar weniger marktgängige Namen
auf, wie A. Wolmark, Fr. Wolff, G. Wolf, H. Rumpelt,
FF„ß ü ũ Diuhle, 9 Peterſen. Im Uebrigen


notire ich eine ſilbertönige holländiſche Kanalſzene von
Andreas Achenbach von 1805, welche Anklänge an des
Meiſters früheſte Seit aufzuweiſen hat, eine fein beob-
achtete Caféſchilderung von modernem Chic von Franz
Skarbina, eine ſtrenge Landſchaftszeichnung von L. Hoy,
ein farbenſtarkes Danziger Interieur von A. v. Brandis,
zwei Bilder von L. Dettmann, ein Herbſtbild in echteſter
Stimmung und ein merkwürdig ſchwergepatztes Park-
bild. Unter den franzöſiſchen Bildern befinden ſich
einige Bauptſtücke von Monet und Sisley aus der viel-
bemerkten, aber kurzlebigen Weihnachtsausſtellung und
einige Meiſterwerke und Raritäten, denn Gemälde des
Karikaturiſten B. Daumier ſind wirkliche Seltenheiten.
Ganz wundervoll iſt ein Waldbild von N. Diaz. Von
heiligem Dunkel iſt der alte Forſt umfangen, Geheim-
niſſe tauchen durch die tiefe Dämmerung und auf einem
jäh einbrechenden Sonnenſtrahl ſcheinen die Elfen zu
gaukeln. Endlich macht ſich auch ein Manet bemerk-
bar, und zwar je nach der Parteirichtung angenehm
oder unangenehm. Der Künſtler hat dem halbfertigen
Damenbildniß eine fürchterliche Viſage angeſchmiert, es
kam ihm nicht auf ein Bildniß an, ſondern auf den
Kontraſt des grünen Hintergrundes und des Schwarz
der Kleidung, und der iſt allerdings von ſtärkſter
Wirkung.

Die Franzoſen triumphiren auch in H. Birſchwald's
Hohenzollern-Hunſtgewerbehauſe. Da ſieht man nicht
weniger als 126 Bildwerke, die ſämmtlich von dem
Gießer Hebrard im Wachsausſchmelzungsverfahren ge-
goſſen ſind. Alles iſt neueſte Richtung, impreſſioniſtiſche
Mache und, ein Dutzend Werke etwa ausgenommen,
der offenbarſte Kitſch. Die aufs Gerathewohl zu-
ſammengekneteten Dingerchen, an denen eben gerade das
Bewegungsmotiv angedeutet, alle Form aber der
Laune des Sufalls anheimgegeben iſt, berühren geradezu
komiſch. Natürlich wird man in Berlin die Dummen
finden, die das aus Frechheit und Unfähigkeit zuſammen-
gekitſchte Heug bewundern werden, weil es ausländiſch und
modern iſt. Dazwiſchen thront rieſengroß der Denker
von Rodin, jene Bronzeſtatue, welche das Pantheon
zu zieren berufen iſt. Es ſteckt in dieſer ſitzenden nackten
Männergeſtalt eine merkwürdig erſchreckliche Wucht und
vehemente Koloſſalität, aber keine Größe oder Monu-
mentalität. Eine komiſche Sorte von Denker iſt der
plumpe Ackersknecht, der naturaliſtiſche Akt, der eine
ganze Muſterkarte von Deformitäten aufzuweiſen hat.
Eine Verfehlung oder Entgleiſung des Meiſters iſt das
Werk nun gerade nicht; was er wollte, hat er ge-
meiſtert, aber das Motiv iſt ſo ſcheußlich, daß man dem
Pantheon zu der zugedachten Verzierung nur Glück
wünſchen kann.

M. Rapſilber.

Kunstchronik.

* Altenburg. Das am . Febr. am frühen Morgen
ausgebrochene Feuer im herzoglichen Schloſſe hat be-
ſonders den ſog. Kirchenſaal mit mehreren koſtbaren Ge-
mälden zerſtört.

Berlin. Eine Münchner Abordnung, der J. Bürger-
meiſter von Borſcht und der Vorſteher des ſtädtiſchen Kol-
legiums Sepboth, überreichte kürzlich dem Uaiſer ein künſt-
leriſches Pathengeſchenk für den Kreuzer „München“. Hierbei
wurde bekannt, daß die Preußiſche Regierung einen monu-
mentalen Neubau ihres Geſandtſchaftsgebäudes und einen
ſolchen der Schack-Gallerie in München beabſichtige.
 
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