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Die Kunst-Halle — 10.1905

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Nummer 13 (1. April 1905)
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Wolf, Georg Jacob: München: Frühjahrs-Ausstellung der Sezession
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Rapsilber, Maximilian: Leipziger Kunstbericht
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Günther, Julius: Dresdner Kunstbericht
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https://doi.org/10.11588/diglit.66262#0231

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Nr. 13


199

mit den drei Menſchen ſchließen. Alice Trübner hat
ein „Schloß Hemsbach“ ausgeſtellt, viel erfreuliche Selbſt-
ſtändigkeit! Eſſer und Winternitz, die beide Interieurs
malen, muß man unterſtreichen. Schade, daß ihre
Arbeiten ſo zerſprengt in den Sälen ſind. Eſſer nament-
lich hat in ſeinem „Hausflur“ und „Interieur“ (Nr. 52)
höchſt beachtenswerthe Helldunkel⸗Wirkungen heraus-
gearbeitet. Feldbauer zeigt die glänzenden Rückanſichten
von Pferden immer noch mit der alten Dirtuoſität,
Tooby bereichert ſeine bunte Menagerie um einen
Haſen, einen Auer- und Birkhahn. H. von Reyden
hat mir beſonders mit ſeinem „Garten der Circe“ ge-
fallen: Schweine im Freien. Auch hier beruht die
Hauptwirkung auf einem Farbenkunſtſtück: das Grün
des Raſens und der Bäume im Vontraſt mit dem
zarten Roſa der Schweinehaut. Purrmann hat mit
viel Tiefe eine Allee gemalt, feſt und hell in den
Farben, wenn auch für meinen Geſchmack ein wenig
zu ſehr nach Max Liebermann hinſchielend. Kaiſer,
Crodel, Hayek, Fehmann, Niemeyer, Senger, O. Graf,
Meper-⸗Baſel ſind als Landſchafter ſchon mehr oder
weniger bekannt, ſie zeigen ſich hier alle durchaus auf
bekannten Wegen; dagegen muß von Pietzſch, der
immer noch ſeine Motive aus dem Iſarthal bei Grün-
wald holt, geſagt ſein, daß er ſeine rauhe und grobe
Nandſchrift zu ſeinem Vortheil verfeinert hat.

Fuletzt ſei noch eines Todten gedacht, der durch
einen beſonderen Raum geehrt iſt: Moriz Weinholdt.
Er iſt nie viel genannt worden bei Lebzeiten, und er
hat zu früh geendet, als daß er uns etwas Ganzes
und Großes hätte geben können. Das hier ſind Ver-
ſprechen anf einen reichen Sommer. In der lebens-
großen Kohlezeichnung „Der Bogenſchütze“ und in
dem Karton „Schiffzieher“ ſteckt viel Kraft, derb, un-
gebrochen. Der Künſtler hätte noch viel an ſich
arbeiten müſſen, aber dann wäre ſicher etwas CTüchtiges,
Großes aus ihm geworden. Beſonders beweiſen mir
das die Handzeichnungen in Kohle und Rötel, die ganz
brillante Akte zeigen. —

In den Abtheilungen „Plaſtik“ und „Graphik“ der
Ausſtellung iſt nichts Beſonderes ſehen. Gehen wir
alſo, viel reicher ſind wir nicht geworden!

Georg Jacob Wolf.

Leipziger Runstbericht.

wei verſchieden geartete Kunſtereigniſſe fielen im

Meß⸗ und Frühjahrsmonat in das Leipziger

Leben ein und bewegten die Gemüther der
Kunſtfreunde lebhafter und tiefer als ſonſt die Aus-
ſtellungen, die da kommen und gehen im gemeſſenen
Einerlei. Im Kunſtverein war es das große Gruppen-
bild des Rathes der Stadt Leipzig von Eugen Urban
und bei Pietro del Vecchio eine Sonderausſtellung von
Friedrich Ernit Wolfrom. Das Rathsbild erregte be-
greiflicher Weiſe eine lokalpatriotiſche Senſation,
während im anderen Fall die hier ſeit länger als einem
Jahrzehnt konſolidirte Wolfrom-Gemeinde andächtig-
beſchaulich ſich in die Probleme maleriſcher Feinkultur
vertiefte. Vor einem halben Jahre ſchon iſt an dieſer
Stelle die Leiſtung Urban's eingehend gewürdigt worden
und Neues wäre kaum hinzuzufügen. Wolfrom giebt
in einer planvoll gruppirten Sammlung von I7 Werken

einen Ueberblick über die neueſte Phaſe ſeines Schaffens
und das ſind zum überwiegenden Theil Bilder, die
auch in Berlin noch nicht an die Geffentlichkeit ge-
treten ſind. Als Probe- und Meiſterſtücke einer zum
Aeußerſten gereiften Temperatechnik werden einige
Blumenmalereien vorgeführt, an welchen nicht nur der
Sauber der Blumenſeele geſtaltet, ſondern auch — und
das als ſpringender Punkt — der geniale Aufbau der
Farbenflecke, der rauſchende Akkord eines empfindungs-
reichen Kolorits in die Erſcheinung geſetzt wird. Eine
andere Skala ſeines Könnens und Geſtaltens rollt der
Künſtler in einer Reihe von idealen Frauenköpfen auf.
Gerade das iſt lehrreich und faszinirend, daß das Thema in
acht Variationen abgewandelt wird, in Hell und Dunkel,
in ſcharf pointirter Plaſtik und weichlich ſchmelzender
Lyrik, in ſchlichter Strenge und in dämoniſcher Farben-
glut. Da verſchweben die Töne in eine zarte Har-
monie, da lachen die Farben in Jugendfriſche oder ſie
blitzen wie ein Geſchmeide in der Sonne auf. Ueberall
hier iſt der Vollblutmaler an ſeinem zu letzten Sielen
fördernden Werk wie ein Phänomen zu betrachten, denn
an den Blumen wie an den Köpfen ſoll in erſter Linie
gezeigt werden, was die Farben hergeben, wie ſie zu
vergeiſtigen und zu verſinnlichen ſind. Daß ſich bei ihm
auch die Blumen zu Symbolmalereien fügen, mag man
erſehen an dem Bilde der Vanitas. Von einem myſtiſchen
Dämmerungsblau umfangen, ſcheinen die dichtgedrängten
Blüthen mit ihrem Duft auch die Seele zu verhauchen
und langhin ringelt die kalte Schlange durch den ab-
ſterbenden Farbenflor. Auch auf Blau abgeſtimmt iſt
eine Madonna mit dem Kind, wie denn das überhaupt
die heilige und göttliche Farbe iſt, aus dem einen
Grunde ſchon, weil alle irdiſchen Farben zu ihrer
höchſten Wirkung erſt unter dem unbewölkten und
ſonnigen Himmel geſteigert werden. Im Vebrigen
zeigt die Ausſtellung Bilder aus dem antiken Mythus.
Der Herkules am Scheidewege, der bräunliche Ephebe
vor dem im Licht weißgleißenden und dem im Schatten
violett überhauchten Weibe, ſoll wohl vor allem des
Künſtlers eminente Fähigkeit der Aktzeichnung darlegen.
Als Nompoſition ſodann iſt die Erziehung des Herkules
bemerkenswerth. Hier ſind die Uebergänge aus dem
Dunkel ins Lichte virtuos geſtaltet. Die Illuſion höchſter
Himmelshöhen hat man auf dem Bilde des Ixion, der,
von Amor genasführt, die Wolkengeſtalt umarmt. Und
endlich mit einer wundervoll dekorativen Haltung iſt
ein Bild der heiligen Roſſe des Achill begabt. Natür-
lich iſt das nur ein kleiner Ausſchnitt aus Wolfrom's
Schaffen, das neuerdings mit merkwürdig ſtarken Pulſen
ſich in aufſteigender Linie vorwärts bewegt.

M. Rapſilber.

Dresdner Kunstbericht,
J. Sächſ. n die von langer Hand

vorbereitete und mit Spannung erwartete Aus-

ſtellung der „Münchener Sachſen“ zur That
geworden. Einer gewiſſen Klique zum Trotz, die Alles,
was der Kunſtverein unternimmt, oft ungeſehen be-
mängelt und verkleinert, zu Gunſten der privaten Aus-
ſtellungen, die eine feinere Witterung für den gerade
wehenden Wind haben, muß feſtgeſtellt werden, daß
die in München lebenden Sachſen einen ſehr guten
Erfolg mit ihrem Unternehmen haben und ihn auch
verdienen. Minderwerthiges iſt nur in ganz wenigen
 
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