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giebt, hat mich ordentlich verblüfft. Aber es ſcheint nun ein-
mal in allen unſeren ernſthaft ſtrebenden jüngeren Münſtlern
eine geheimnißvolle Triebkraft zu ſein, die ſie gebieteriſch an-
treibt, auf ihre Art mitzugrbeiten an der Erforſchung der
Lebensräthſel und in die geheimnißvollen Tiefen
zuſteigen. Ach, nicht alle kehren wieder mit goldenen Eimern,
in denen ſie den e ee en Inhalt wundereigener Lebens-
weisheit tragen.
Es iſt eine ganz andere, e freiere Welt, die in
Fritz Balberg-Urauß' luſtigen Studien ſich kundthut. Es
iſt, als träten wir aus einer ſchwülen, von ſeltſamen Parfümen
durchwehten Atmoſphäre hinaus in die köſtlich weite deutſche
Waldnatur. Ein Jahr lang iſt der rüſtige, junge Münſtler
mit dem Ränzel auf dem Rücken durch die Wälder und gelder,
durch die Thäler und über die Höhen gezogen. Wo er was
wiſſen feierlichen Ernſt auf. So ſind vom Januar bis zum
Dezember eine ganze Reihe bald kleinerer, bald größerer
Studien entſtanden, die der Hünſtler nun an die Wände ſeines
Ateliers hing und zu deren Betrachtung er alle die einlud,
die an den Bekenntniſſen einer ſchönen und treuherzigen
Hünſtlerſeele ihre helle Freude haben. Ich bin mit ehrlicher
Freude vor dieſen Bildern geſtanden. Gewiß, hier ſprach kein
Pfadfinder und Neuerer zu mir, da war kein verblüffendes
Kunſtſtückchen und keine blendende Technik — aber ein auf-
richtiger, ganzer Menſch redete mit mir, einer, der noch mit den
klaren, ſich beſcheidenden Augen der alten Meiſter in die Land-
ſchaft hineinſieht und den Vorfrühling ſo ſchlicht und
wahr malt, wie den melancholiſchen Blätterfall des Berbſtes
oder den erſten Schnee, der ſich über die erſchreckten Felder
lagert. Ich bin ſelber viel draußen aus der dumpfen Stadt
und freue mich zu allen Jahreszeiten der Schönheiten der
Natur, und ſo glaube ich den jungen Künſtler wohl verſtanden
zu haben, der in ſeinen hundert Bildern und Studien ein
jauchzendes Glaubensbekenntniß an die reine immer ſchöne
Natur ablegt. —
Bei Urauſe, in dem kleinen Uunſtſalon, zeigt Mathilde
Ade ein gut Stück ihres Lebenswerkes. Es ſind liebliche,
echt frauenzimmerliche Arbeiten. Voll Anmut, Humor, Milde
und Beiterkeit. Theilweiſe ſind es Vorlagen zu Illuſtrationen,
zu Bilderbüchern und Exlibris, theilweiſe Bilder als Selbſt-
zweck. Man müßte die Geſchichtchen, die die Künſtlerin ſo
luſtig in hübſchen trauten Oertlichkeiten, in freundlichen Gärten
oder auf blumenbeſäeten Wieſen ſich abſpielen läßt, erzählen,
wenn man einen Begriff von all der heiteren Anmuth, die in
ihnen wohnt, geben wollte. Es ſind kindlich-maive Bieder-
meiereien: Unaben und Mädchen und Schäfchen und verliebte
Pärchen und zierliche Dämchen, die im Menuettſchritt gar ver-
ſchämt einherhüpfen. Uurzum: es iſt das poetiſche Philiſter-
thum, das hier in der liebenswürdigen Münſtlerin eine auch
durch reſpektables techniſches Können ausgezeichnete Kepräſen-
tantin gefunden hat. }
Georg Jacob Molf.
W
N
In Sachen
der „Musstellung der Landschaft“.
ie „Ausſtellung der Landſchaft von 1800 bis 1870“, die
wir in Nr. 6 als einen Plan des Berrn J. Meier-
Graefe ankündigten, findet alſo in der Kal. National-
gallerie nicht ſtatt. Und das dürfen wir als das raſch er-
folgte Ergebniß unſerer Veröffentlichung betrachten. Ob das
gekennzeichnete Unternehmen nun überhaupt nicht oder an
einer andern, nicht offiziellen Stelle in Berlin künftig einmal
das Licht der Oeffentlichkeit erblicken wird, muß abgewartet
werden. Wir denken in der Sache indeß nicht ſo peſſimiſtiſch
wie Herr Meier-Graefe, der uns dieſer Tage in einer Suſchrift,
unter Berufung auf das Preßgeſetz mittheilte, daß unſere
Meldung „in allen Punkten erfunden“ und es der
Wahrheit ferner entgegen ſei, daß er „mit dieſer Ausſtellung
ſezeſſioniſtiſche HMunſt⸗ und Geſchäfts-Rückſichten verfolge“.
Eigentlich wäre wohl die letztere Verſicherung des Herrn über⸗ -
flüſſig geweſen, da doch angeblich Alles rund und nett „er
funden“ ſein ſoll. Jedeufalls unterlaſſen wir nicht, auf die
nicht ganz eindeutige Erklärung zu bemerken, daß es in
unſerer Abſicht keineswegs lag, die Beſtrebungen des verehrten
Mannes, ſoweit ſie ſich auf einem Allen zu Recht geöffneten
Boden zu bethätigen wünſchten, zu ſchädigen. Es wäre uns
vielmehr ſehr lehrreich, zu ſehen, wie ſich ganz „anders als
ſonſt in Menſchenköpfen“ in dieſem Kopf die Welt der Land-
ſchaftsentwicklung von 1800 bis 1870, im Rahmen jener ge-
planten, chronologiſch geordneten Bilderausſtellung, ausnehmen
würde. Unſer Zweck war lediglich ein Projekt zu verhindern,
das, mit zum Glück nicht ausreichenden Mitteln der Vorſicht
und Heimlichkeit vorbereitet, darauf abzielte, einer — Speku-
lation von noch unabſehbarer Tragweite einen Platz ſozuſagen
an der Sonne zu uſurpiren, was ohne Frage zu unerquicklichen
Auffaſſungen und Mißverſtändniſſen geführt hätte. Indem
wir unſere pflicht erfüllten, waren wir doch darauf gefaßt,
daß man auf der Gegenſeite mit dem Verzicht zugleich den
Verſuch nicht ſcheuen würde, die Dinge einfach abzuſtreiten.
Si fecisti nega. .
In der Geſchichte der Dementis bleibt trotzdem dieſe un-
erſchrockene Entgegnung eine der kurioſeſten. Glaubten wir
doch aus einer Quelle zu ſchöpfen, die an Lauterkeit nichts zu
wünſchen übrig ließ Sie erſchien ſo zweifelsohne, daß wir
ſelbſt den Widerſpruch des Bauptbetheiligten nicht zu fürchten
brauchen. Dieſe Quelle iſt nämlich Herr J. Meier-G Graefe
ſelbſt, der ſich unſern verſchiedenen Gewährsmännern genau
übereinſtimmend mit den fachlichen Angaben jenes Artikels
geäußert hat. Der Herr hätte alſo nur dann Recht, wenn er
ſich ſelbſt desavouirte. Wir aber bekennen uns nur zu einer
einzigen, verzeihlichen Schuld; wir vergaßen zu melden, daß
Herr Meier-Graefe bereits von der Leitung des Pariſer Kunft-
hauſes „La maison moderne“ zurückgetreten iſt. Frau