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Nr. 9
kunft. In zu vielen Fällen blieben ſolche Roffnungen
aber unerfüllt, und dieſe Erſtlingswerke, denen es an
künſtleriſcher Vollendung gebricht, bieten jetzt, fünfzehn
Jahre nach ihrem Entſtehen, kaum noch ein hiſtoriſche
Intereſſe. Chantrey aber hat ſeinen Fonds keineswegs
nur zur Ermuthigung hoffnungsvoller Anfänger geſtiftet.
Und daß die aus demſelben beſtrittenen Anſchaffungen
der letzten 20 50 Jahre die beſte zeitgenöſſiſche Kunſt
Englands repräſentiren, wird ſchwerlich Jemand be-
haupten. Da jedoch nach Chantrey's Beſtimmungen
die Akademie nun einmal mit der Verfügung über den
Fonds betraut iſt, ſo konnte die Kommiſſion ſich nur
darauf beſchränken, eine Meinung abzugeben und einige
praktiſche Maßregeln zu empfehlen, wie die Reduzirung
des über die Ankäufe entſcheidenden Kollegiums jeweilig
auf drei, die aus dem Plenum in regelmäßiger Ab-
wechslung zu wählen wären. In Folge dieſer Modi-
fikation, wie auch unter dem moraliſchen Eindruck der
ganzen Unterſuchung, wird hoffentlich bald der Weg
zu der ſo nöthigen Reform eingeſchlagen werden. Und
der Akademie liegt dann ob, den Schaden, den ihr
Preſtige ohne Sweifel erlitten, wieder gut zu machen,
indem ſie ſich mit mehr redlichem Eifer der Ausübung
eines nationalen Vertrauensamtes widmet.
0 etzthin veranſtalteten die Uunſtgewerbevereine von
Kiel und Lübeck eine Ausſtellung in der Seeburg
S zu Hiel. Der Erfolg war nicht befriedigend, denn man
hatte auf eine weit größere Fahl von Beſuchern und Käufern
bezw. Auftraggebern gerechnet. Mualitativ bot die Ausſtellung
theils Beachtenswerthes, aber ſicherlich nichts, was beſonderes
Aufſehen erregt hätte. Neben guten Verſuchen, eine bürger-
liche Wohnungskunſt von einer beſcheidenen oder anſpruchs-
volleren Prägung zu entwickeln, begegnete man Erzeugniſſen
der verſchiedenſten Gebiete. Das Lübecker Himmer mit einer
praktiſch eingerichteten Uinderſpielecke fand viel Beachtung,
und von den übrigen Ausſtellern hatte ſich Frl. Greve-Meldorf
(Berlin) mit ihren vom Goldſchmied Kohlſaat in Heide an-
gefertigten Filigranarbeiten der größten Gunſt des Publikums
zu erfreuen. Dieſe Silberdrahtarbeiten fanden und finden noch
heute ihre Pflege hauptſächlich in den unteren Elbmarſchen, an
der Weſtküſte Schleswig⸗Holſteins, auf den Halligen und den
frieſiſchen Inſeln. Frl. Greve hat dieſen Schmuck anmuthig
weiter ausgebildet und namentlich Halsſchmuck, Ketten und
Broſchen geſchaffen.
Jüngſt hatte man im Thaulow⸗Muſeum zu Kiel eine
Ausſtellung von 74 Plakat Entwürfen der Schifferer-
Brauerei veranſtaltet. Dieſes Unternehmen führte dem Muſeum
die größte Beſucherzahl zu, die es jemals aufzuweiſen hatte.
Das Preisrichter⸗-Hollegium, in dem auch erſte Künſtler ver-
treten waren, entſchied ſich für eine ganz eminent einfache
Arbeit. Frl. Mathilde Satz, die Tochter des Glücksburger
Hotelbeſitzers, gewann den erſten Preis. Durch ihre keramiſchen
Arbeiten hat ſich die Dame bereits einen Namen gemacht.
Ihr Entwurf zeigt auf einer ziegelrothen Fläche in der Mitte
zwiſchen zwei ſchwarzen Ornamenten von Kandelaberform
einen graublauen Steinkrug mit dem überſchäumenden Gerſten-
ſaft und unten mit einem blauen Bande, das ſich aus den
quadratiſch geformten Schutzmarken der Brauerei zuſammen-
ſetzt. Oben befindet ſich die Schrift in ſchwarzen Lettern.
Ein ſo einfacher Entwurf dürfte wohl ſelten mit einem ſo
hohen Preiſe von 800 M. ausgezeichnet ſein. Man ſieht, daß
Einfachheit der Idee und der Ausführung noch am ſicherſten
zum Siele führen. ; 1
Die Beſtrebungen, die Erzeugniſſe kunſtgewerblicher Be-
thätigung älterer Seiten den Muſeen einzuverleiben, werden
von den Muſeumsdirektionen der Provinz mit Eifer verfolgt.
Bekanntlich ſpielte die Holzſchnitzkunſt hier eine Bauptrolle.
Das Beſtreben iſt darauf gerichtet, möglichſt ganze Innen-
räume zuſammenzuſtellen und ſo Aulturbilder zu ſchaffen, die
jeden Empfänglichen auf das Lebhafteſte intereſſiren. Für
das Kieler Thaulow-Muſeum liegen in dieſer Hinſicht wegen
des Raummangels die Verhältniſſe ungünſtig. Ein Er-
weiterungsbau bezw. Neubau wird daher ernſtlich in Er-
wägung gezogen.
R. H.
Ferrliner Nunstschau.
D. Ausſtellung im Sale Schulte gehört diesmal
den Münchnern. Außer den großen Samm-
lungen von Heinrich Sügel und Adolf Hengeler
ſieht man noch Bildniſſe von Eruſt von Flotow und
Bilder und Studien aus Japan und China von
Karl Wuttke, die ja ſehr zeitgemäß kommen und nicht
bloß auf die glänzende und intime Malweiſe, ſondern
auch auf das Stoffliche und Kurioſe hin mit Eifer be-
trachtet werden. In der Saiſon der Riviera-Expreßzüge
findet auch Willy Stöwer's maleriſche Mittelmeerreiſe
eine freundliche Theilnahme. Stöwer, deſſen zierliche
und elegante Marinen in Sport- und Seglerkreiſen ſehr
geſchätzt ſind, war bekanntlich im vorigen Jahre im
Gefolge des Kaiſers auf der Erholungsfahrt in den
Breiten des ſüdlichen Vorfrühlings. Aus der ſonnigen
er 21 Aquarelle zur Strecke, Reiſenotizen, Impreſſionen
und Marinen, ſaubere und flotte Bilderchen, die von
einer Verfeinerung und Steigerung der maleriſchen
Mittel des Künſtlers Seugniß ablegen. Auch des
Dresdners Georg Einbeck mag hier Erwähnung gethan
werden. Tauchen jetzt neue Malersmänner auf, ſo
möchte man ihnen auf den Kopf zuſagen, daß ſie in
Dresden geſchult ſind; es iſt wirklich überraſchend, in
welchem Aufſchwung das maleriſche Mitteldeutſchland
ſeit einigen Jahren begriffen iſt. Einbeck zeigt 12 Werke
aus einer römiſchen Studienzeit, Landſchaften und
Figurenbilder, in denen die Glorie der ſüdlichen Sonne
und der myſtiſche Sauber der Nacht überſchwänglich
angeſungen werden. Der Künſtler hat ſehr viel Eignes
und in ſeinen Farben und Vontraſtexerzitien bekundet
ſich ein ſtarker Pathos, ähnlich wie in den Impreſſionen
Leſſer Urys.
Daß der Karikaturenzeichner Adolf Bengeler ein
tüchtiger und fleißiger Maler iſt, iſt ja wohl bekannt.
Er ſtellt regelmäßig in der Sezeſſion aus und auch nach
Man erſieht
aus den zwanzig ausgeſtellten Gemälden und Studien,
Schwelgen und Wühlen in den Farben ein wahrhaftiges
Papierfläche gebannte Auge begehrt naturgemäß Er-
kommt es von ſelber, daß der malende Seichner die
Farben ſehr ſtark, auch wohl ſchreiend aufträgt, in
Stärken und Tiefen ſich ereifert und wenn er, der
trockenen Linien ſatt, auch leidenſchaftlich zum Dekorativen
neigt. Manche Bilder von Hengeler könnte man ohne
Weiteres in den heute modiſchen Biedermeier oder
Bauernbarock⸗Interieurs in die Chürfüllungen, in die
bewegt ſich, dem Suge der Seit folgend, in den ſenti-
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kunft. In zu vielen Fällen blieben ſolche Roffnungen
aber unerfüllt, und dieſe Erſtlingswerke, denen es an
künſtleriſcher Vollendung gebricht, bieten jetzt, fünfzehn
Jahre nach ihrem Entſtehen, kaum noch ein hiſtoriſche
Intereſſe. Chantrey aber hat ſeinen Fonds keineswegs
nur zur Ermuthigung hoffnungsvoller Anfänger geſtiftet.
Und daß die aus demſelben beſtrittenen Anſchaffungen
der letzten 20 50 Jahre die beſte zeitgenöſſiſche Kunſt
Englands repräſentiren, wird ſchwerlich Jemand be-
haupten. Da jedoch nach Chantrey's Beſtimmungen
die Akademie nun einmal mit der Verfügung über den
Fonds betraut iſt, ſo konnte die Kommiſſion ſich nur
darauf beſchränken, eine Meinung abzugeben und einige
praktiſche Maßregeln zu empfehlen, wie die Reduzirung
des über die Ankäufe entſcheidenden Kollegiums jeweilig
auf drei, die aus dem Plenum in regelmäßiger Ab-
wechslung zu wählen wären. In Folge dieſer Modi-
fikation, wie auch unter dem moraliſchen Eindruck der
ganzen Unterſuchung, wird hoffentlich bald der Weg
zu der ſo nöthigen Reform eingeſchlagen werden. Und
der Akademie liegt dann ob, den Schaden, den ihr
Preſtige ohne Sweifel erlitten, wieder gut zu machen,
indem ſie ſich mit mehr redlichem Eifer der Ausübung
eines nationalen Vertrauensamtes widmet.
0 etzthin veranſtalteten die Uunſtgewerbevereine von
Kiel und Lübeck eine Ausſtellung in der Seeburg
S zu Hiel. Der Erfolg war nicht befriedigend, denn man
hatte auf eine weit größere Fahl von Beſuchern und Käufern
bezw. Auftraggebern gerechnet. Mualitativ bot die Ausſtellung
theils Beachtenswerthes, aber ſicherlich nichts, was beſonderes
Aufſehen erregt hätte. Neben guten Verſuchen, eine bürger-
liche Wohnungskunſt von einer beſcheidenen oder anſpruchs-
volleren Prägung zu entwickeln, begegnete man Erzeugniſſen
der verſchiedenſten Gebiete. Das Lübecker Himmer mit einer
praktiſch eingerichteten Uinderſpielecke fand viel Beachtung,
und von den übrigen Ausſtellern hatte ſich Frl. Greve-Meldorf
(Berlin) mit ihren vom Goldſchmied Kohlſaat in Heide an-
gefertigten Filigranarbeiten der größten Gunſt des Publikums
zu erfreuen. Dieſe Silberdrahtarbeiten fanden und finden noch
heute ihre Pflege hauptſächlich in den unteren Elbmarſchen, an
der Weſtküſte Schleswig⸗Holſteins, auf den Halligen und den
frieſiſchen Inſeln. Frl. Greve hat dieſen Schmuck anmuthig
weiter ausgebildet und namentlich Halsſchmuck, Ketten und
Broſchen geſchaffen.
Jüngſt hatte man im Thaulow⸗Muſeum zu Kiel eine
Ausſtellung von 74 Plakat Entwürfen der Schifferer-
Brauerei veranſtaltet. Dieſes Unternehmen führte dem Muſeum
die größte Beſucherzahl zu, die es jemals aufzuweiſen hatte.
Das Preisrichter⸗-Hollegium, in dem auch erſte Künſtler ver-
treten waren, entſchied ſich für eine ganz eminent einfache
Arbeit. Frl. Mathilde Satz, die Tochter des Glücksburger
Hotelbeſitzers, gewann den erſten Preis. Durch ihre keramiſchen
Arbeiten hat ſich die Dame bereits einen Namen gemacht.
Ihr Entwurf zeigt auf einer ziegelrothen Fläche in der Mitte
zwiſchen zwei ſchwarzen Ornamenten von Kandelaberform
einen graublauen Steinkrug mit dem überſchäumenden Gerſten-
ſaft und unten mit einem blauen Bande, das ſich aus den
quadratiſch geformten Schutzmarken der Brauerei zuſammen-
ſetzt. Oben befindet ſich die Schrift in ſchwarzen Lettern.
Ein ſo einfacher Entwurf dürfte wohl ſelten mit einem ſo
hohen Preiſe von 800 M. ausgezeichnet ſein. Man ſieht, daß
Einfachheit der Idee und der Ausführung noch am ſicherſten
zum Siele führen. ; 1
Die Beſtrebungen, die Erzeugniſſe kunſtgewerblicher Be-
thätigung älterer Seiten den Muſeen einzuverleiben, werden
von den Muſeumsdirektionen der Provinz mit Eifer verfolgt.
Bekanntlich ſpielte die Holzſchnitzkunſt hier eine Bauptrolle.
Das Beſtreben iſt darauf gerichtet, möglichſt ganze Innen-
räume zuſammenzuſtellen und ſo Aulturbilder zu ſchaffen, die
jeden Empfänglichen auf das Lebhafteſte intereſſiren. Für
das Kieler Thaulow-Muſeum liegen in dieſer Hinſicht wegen
des Raummangels die Verhältniſſe ungünſtig. Ein Er-
weiterungsbau bezw. Neubau wird daher ernſtlich in Er-
wägung gezogen.
R. H.
Ferrliner Nunstschau.
D. Ausſtellung im Sale Schulte gehört diesmal
den Münchnern. Außer den großen Samm-
lungen von Heinrich Sügel und Adolf Hengeler
ſieht man noch Bildniſſe von Eruſt von Flotow und
Bilder und Studien aus Japan und China von
Karl Wuttke, die ja ſehr zeitgemäß kommen und nicht
bloß auf die glänzende und intime Malweiſe, ſondern
auch auf das Stoffliche und Kurioſe hin mit Eifer be-
trachtet werden. In der Saiſon der Riviera-Expreßzüge
findet auch Willy Stöwer's maleriſche Mittelmeerreiſe
eine freundliche Theilnahme. Stöwer, deſſen zierliche
und elegante Marinen in Sport- und Seglerkreiſen ſehr
geſchätzt ſind, war bekanntlich im vorigen Jahre im
Gefolge des Kaiſers auf der Erholungsfahrt in den
Breiten des ſüdlichen Vorfrühlings. Aus der ſonnigen
er 21 Aquarelle zur Strecke, Reiſenotizen, Impreſſionen
und Marinen, ſaubere und flotte Bilderchen, die von
einer Verfeinerung und Steigerung der maleriſchen
Mittel des Künſtlers Seugniß ablegen. Auch des
Dresdners Georg Einbeck mag hier Erwähnung gethan
werden. Tauchen jetzt neue Malersmänner auf, ſo
möchte man ihnen auf den Kopf zuſagen, daß ſie in
Dresden geſchult ſind; es iſt wirklich überraſchend, in
welchem Aufſchwung das maleriſche Mitteldeutſchland
ſeit einigen Jahren begriffen iſt. Einbeck zeigt 12 Werke
aus einer römiſchen Studienzeit, Landſchaften und
Figurenbilder, in denen die Glorie der ſüdlichen Sonne
und der myſtiſche Sauber der Nacht überſchwänglich
angeſungen werden. Der Künſtler hat ſehr viel Eignes
und in ſeinen Farben und Vontraſtexerzitien bekundet
ſich ein ſtarker Pathos, ähnlich wie in den Impreſſionen
Leſſer Urys.
Daß der Karikaturenzeichner Adolf Bengeler ein
tüchtiger und fleißiger Maler iſt, iſt ja wohl bekannt.
Er ſtellt regelmäßig in der Sezeſſion aus und auch nach
Man erſieht
aus den zwanzig ausgeſtellten Gemälden und Studien,
Schwelgen und Wühlen in den Farben ein wahrhaftiges
Papierfläche gebannte Auge begehrt naturgemäß Er-
kommt es von ſelber, daß der malende Seichner die
Farben ſehr ſtark, auch wohl ſchreiend aufträgt, in
Stärken und Tiefen ſich ereifert und wenn er, der
trockenen Linien ſatt, auch leidenſchaftlich zum Dekorativen
neigt. Manche Bilder von Hengeler könnte man ohne
Weiteres in den heute modiſchen Biedermeier oder
Bauernbarock⸗Interieurs in die Chürfüllungen, in die
bewegt ſich, dem Suge der Seit folgend, in den ſenti-