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monumentale Haus in der Prinz Albrecht⸗Straße ver-
mag auf die Dauer die Sammlungen alle nicht zu
faſſen. Jetzt wäre es an der Seit den ernſtlichen Vor-
ſchlag zu machen, das ganze Völkermuſeum in die
Es iſt kein Geheimniß, daß gerade dieſes Muſeum
nichts weniger als populär iſt oder gar einen volks-
erziehenden Einfluß ausübt, alſo auch keines prunk-
vollen Haufes bedarf, denn für die wenigen Gelehrten
und Liebhaber, welche die ethnographiſchen Samm-
lungen ernſtlich ſtudiren, wäre auch ein einfacherer Nutz ⸗
bau in Dahlem vollſtändig zweckentſprechend. Aber
das dann geräumte Haus würde für die Unterbringung
vielfacher Sammlungen von unſchätzbarer Bedeutung
ſein. Obwohl das Munſtgewerbe-Muſeum durch den
Neubau der Schule einen erheblichen Raumzuwach-
erhält, dürfte auf die Dauer, ähnlich wie es auf der
Muſeums-Inſel ſich ereignet hat, eine ganze Gruppe
von Baulichkeiten für die kunſtgewerblichen Sammlungen
erforderlich werden. Neuerdings hat der Staat das
Volkstrachten-Muſeum übernommen und muß nun für
ein Baus ſorgen, ferner ergiebt ſich die Nothwendigkeit
einer Sammlung techniſcher Kunſtwerke, ferner ventilirt
man die Frage eines orientaliſchen oder aſiatiſchen
Muſeums, und alle dieſe Neugründungen oder Er-
weiterungen, welche ja vom Kunſtgewerbe-Muſeum
reſſortiren, würden zuſammen mit dem Gips⸗Muſeum
in den Räumen des bisherigen Völker-Muſeums bequem
unterzubringen ſein. Die Anregung würde wohl
Beachtung verdienen, wenn man nicht blos die nächſte,
ſondern auch die fernere Zukunft ins Auge faßt.
Eine Forderung für ſich iſt es, die königlichen Gips-
ſammlungen, die gegenwärtig nach Leerung des Alten
Muſeums in einer Reorganiſation begriffen ſind, nicht
mit dem 17. Jahrhundert abſchließen zu laſſen, ſondern
auch über das 18. und 19. Jahrhundert hinweg zu
erweitern. Das bedarf gar keiner weiteren Motivirung,
und ebenſo klar iſt es, daß die neuen Gipsabtheilungen
internationale ſein müßten. Sin Ding für ſich iſt da-
neben das Berliner Gips-Muſeum, das wohl nicht in
den engeren Organismus der kgl. Muſeen hineingehört.
Schon vor neun Jahren hat Prof. Bans Semper-
Innsbruck in der „Kunſthalle“ den Gedanken eines
Gips⸗Muſeums des 19. Jahrhunderts im Allgemeinen
an Neugründungen in München, Dresden und Wien
gefehlt. Speziell Berliner Verhältniſſe hatte Semper
damals nicht ins Auge gefaßt. Aber hier hatte bereits
der unvergeßliche Kultusminiſter von Goßler den An-
fang zu einer modernen Gipsſammlung gemacht und
mehrere Stadtbahnbögen füllen laſſen. Dann kam der
ſchöne Gedanke ins Stocken, weil es an weiteren Unter-
bringungsräumen fehlte.
Ein Gipsmuſeum wäre in erſter Linie ein Kettungs-
werk und dazu berufen, Kunſtwerke von vergänglichem
Stoff, aber von unvergänglicher Schönheit vor unrühm-
lichem Untergang zu bewahren.
hältnißmäßig wenige Berliner, daß wir ein Kauch⸗Muſeum
beſitzen. Es ſteckt in einem fiskaliſchen Atelierbau in
der Kloſterſtraße und der dort ſtationirte kgl. Aufſeher
kann die Beſucher täglich an den Fingern herzählen.
unter der Stadtbahn trauernden Gipſen den Grundſtock
der Sammlung bilden. Als Bauch ſtarb, verhinderte
es die Pietät vor dem großen Meiſter, den Inhalt
ſeines Ateliers von dannen zu ſtoßen. Bleiben wir in
demſelben Hauſe, ſo finden wir da eine unſchätzbare
Sammlung von Entwürfen und Modellen des ſoeben
verſtorbenen Prof. Siemering und aus den Hauptftücken
des großen Nachlaſſes ließe ſich ein Siemering⸗Saal
formiren. Bei der Zerbrechlichkeit des Gipſes geht
jahraus jahrein eine Unſumme von werthvollem Kunſt-
beſitz verloren. Vicht jeder Künſtler verfügt über die
Räume, die erforderlich ſind, eine größere Anzahl von
Modellen zu beherbergen. Tritt gar ein Atelierumzug
ein, ſo wird mancher Bildhauer blutenden Herzens den
Nammer ſchwingen, ſich von dem geliebten Ballaſt zu
befreien. Gäbe es eine Sammelſtelle für Abgüſſe
moderner Plaſtik, ſo würde das liebe Gut in gedrängter
Fülle herbeiſtrömen, und man hätte nur die eine Sorge,
die Legionen der Kunſtwerke mehr oder weniger würdig
ein Gipsmuſeum als ein ödes und ſteifleinenes Ding
vorſtellen. Aber gewiß mit Unrecht. Da die meiſten
Werke für Ausſtellungen abgegoſſen werden, ſo erhalten
ſie zugleich durch Färbung, Tönung, Bemalung, Bron-
zirung ein anheimelndes Gepräge, und dann kann es
auch wohl kommen, daß Griginalmodelle, d. h. vom
urſprünglichen Thonmodell abgeformte Abgüſſe, künſt⸗—
leriſcher und feiner anmuthen als Marmorausführungen.
Dieſe werden gewöhnlich von italieniſchen Arbeitern in
konventioneller Glätte hergeſtellt, während jene Modelle
die Handſchrift des Künſtlers in vollſtändiger Treue
wiedergeben und durch ihre unmittelbare Friſche ge-
fangen nehmen. Sogar die Bronzegüſſe bleiben unter
Umſtänden hinter den Modellen zurück. ;
Eine kleinere Sammlung von Originalſkulpturen
wird nun ja ein modernes Muſeum wie die National-
gallerie ſich aus eigenen Mitteln auch ferner wahren
müſſen. Worauf es hier aber ankommt, kann nur ein
Gipsmuſeum leiſten, nämlich eine erſchöpfende Fülle,
eine nach allen Richtungen orientirende Ueberſicht über
das Geſammtſchaffen der Berliner Plaſtik. Sollte man
ſich endlich wieder zum Sammeln von Modellen ent-
ſchließen, ſo würde man gut thun, nicht gleich nach
dem letzten Siel zu greifen, nicht gleich eine Monumental-
architektur ins Auge zu faſſen. Dann würde ſicherlich
nichts daraus. Im Gegentheil, die Umgehung aller
Koſten müßte zur Baſis des Unternehmens gewählt
werden. Fürs Erſte käme es darauf an, alle ſich dar-
bietenden Modelle von offenbarem Kunſtwerth in
Sicherheit und gleichviel wie und wo unter Dach und
Fach zu bringen, vorausgeſetzt, daß die Kunſtwerke ge-
ſchützt und zugänglich ſind. Vornehmlich hätte man
Ne. 15
monumentale Haus in der Prinz Albrecht⸗Straße ver-
mag auf die Dauer die Sammlungen alle nicht zu
faſſen. Jetzt wäre es an der Seit den ernſtlichen Vor-
ſchlag zu machen, das ganze Völkermuſeum in die
Es iſt kein Geheimniß, daß gerade dieſes Muſeum
nichts weniger als populär iſt oder gar einen volks-
erziehenden Einfluß ausübt, alſo auch keines prunk-
vollen Haufes bedarf, denn für die wenigen Gelehrten
und Liebhaber, welche die ethnographiſchen Samm-
lungen ernſtlich ſtudiren, wäre auch ein einfacherer Nutz ⸗
bau in Dahlem vollſtändig zweckentſprechend. Aber
das dann geräumte Haus würde für die Unterbringung
vielfacher Sammlungen von unſchätzbarer Bedeutung
ſein. Obwohl das Munſtgewerbe-Muſeum durch den
Neubau der Schule einen erheblichen Raumzuwach-
erhält, dürfte auf die Dauer, ähnlich wie es auf der
Muſeums-Inſel ſich ereignet hat, eine ganze Gruppe
von Baulichkeiten für die kunſtgewerblichen Sammlungen
erforderlich werden. Neuerdings hat der Staat das
Volkstrachten-Muſeum übernommen und muß nun für
ein Baus ſorgen, ferner ergiebt ſich die Nothwendigkeit
einer Sammlung techniſcher Kunſtwerke, ferner ventilirt
man die Frage eines orientaliſchen oder aſiatiſchen
Muſeums, und alle dieſe Neugründungen oder Er-
weiterungen, welche ja vom Kunſtgewerbe-Muſeum
reſſortiren, würden zuſammen mit dem Gips⸗Muſeum
in den Räumen des bisherigen Völker-Muſeums bequem
unterzubringen ſein. Die Anregung würde wohl
Beachtung verdienen, wenn man nicht blos die nächſte,
ſondern auch die fernere Zukunft ins Auge faßt.
Eine Forderung für ſich iſt es, die königlichen Gips-
ſammlungen, die gegenwärtig nach Leerung des Alten
Muſeums in einer Reorganiſation begriffen ſind, nicht
mit dem 17. Jahrhundert abſchließen zu laſſen, ſondern
auch über das 18. und 19. Jahrhundert hinweg zu
erweitern. Das bedarf gar keiner weiteren Motivirung,
und ebenſo klar iſt es, daß die neuen Gipsabtheilungen
internationale ſein müßten. Sin Ding für ſich iſt da-
neben das Berliner Gips-Muſeum, das wohl nicht in
den engeren Organismus der kgl. Muſeen hineingehört.
Schon vor neun Jahren hat Prof. Bans Semper-
Innsbruck in der „Kunſthalle“ den Gedanken eines
Gips⸗Muſeums des 19. Jahrhunderts im Allgemeinen
an Neugründungen in München, Dresden und Wien
gefehlt. Speziell Berliner Verhältniſſe hatte Semper
damals nicht ins Auge gefaßt. Aber hier hatte bereits
der unvergeßliche Kultusminiſter von Goßler den An-
fang zu einer modernen Gipsſammlung gemacht und
mehrere Stadtbahnbögen füllen laſſen. Dann kam der
ſchöne Gedanke ins Stocken, weil es an weiteren Unter-
bringungsräumen fehlte.
Ein Gipsmuſeum wäre in erſter Linie ein Kettungs-
werk und dazu berufen, Kunſtwerke von vergänglichem
Stoff, aber von unvergänglicher Schönheit vor unrühm-
lichem Untergang zu bewahren.
hältnißmäßig wenige Berliner, daß wir ein Kauch⸗Muſeum
beſitzen. Es ſteckt in einem fiskaliſchen Atelierbau in
der Kloſterſtraße und der dort ſtationirte kgl. Aufſeher
kann die Beſucher täglich an den Fingern herzählen.
unter der Stadtbahn trauernden Gipſen den Grundſtock
der Sammlung bilden. Als Bauch ſtarb, verhinderte
es die Pietät vor dem großen Meiſter, den Inhalt
ſeines Ateliers von dannen zu ſtoßen. Bleiben wir in
demſelben Hauſe, ſo finden wir da eine unſchätzbare
Sammlung von Entwürfen und Modellen des ſoeben
verſtorbenen Prof. Siemering und aus den Hauptftücken
des großen Nachlaſſes ließe ſich ein Siemering⸗Saal
formiren. Bei der Zerbrechlichkeit des Gipſes geht
jahraus jahrein eine Unſumme von werthvollem Kunſt-
beſitz verloren. Vicht jeder Künſtler verfügt über die
Räume, die erforderlich ſind, eine größere Anzahl von
Modellen zu beherbergen. Tritt gar ein Atelierumzug
ein, ſo wird mancher Bildhauer blutenden Herzens den
Nammer ſchwingen, ſich von dem geliebten Ballaſt zu
befreien. Gäbe es eine Sammelſtelle für Abgüſſe
moderner Plaſtik, ſo würde das liebe Gut in gedrängter
Fülle herbeiſtrömen, und man hätte nur die eine Sorge,
die Legionen der Kunſtwerke mehr oder weniger würdig
ein Gipsmuſeum als ein ödes und ſteifleinenes Ding
vorſtellen. Aber gewiß mit Unrecht. Da die meiſten
Werke für Ausſtellungen abgegoſſen werden, ſo erhalten
ſie zugleich durch Färbung, Tönung, Bemalung, Bron-
zirung ein anheimelndes Gepräge, und dann kann es
auch wohl kommen, daß Griginalmodelle, d. h. vom
urſprünglichen Thonmodell abgeformte Abgüſſe, künſt⸗—
leriſcher und feiner anmuthen als Marmorausführungen.
Dieſe werden gewöhnlich von italieniſchen Arbeitern in
konventioneller Glätte hergeſtellt, während jene Modelle
die Handſchrift des Künſtlers in vollſtändiger Treue
wiedergeben und durch ihre unmittelbare Friſche ge-
fangen nehmen. Sogar die Bronzegüſſe bleiben unter
Umſtänden hinter den Modellen zurück. ;
Eine kleinere Sammlung von Originalſkulpturen
wird nun ja ein modernes Muſeum wie die National-
gallerie ſich aus eigenen Mitteln auch ferner wahren
müſſen. Worauf es hier aber ankommt, kann nur ein
Gipsmuſeum leiſten, nämlich eine erſchöpfende Fülle,
eine nach allen Richtungen orientirende Ueberſicht über
das Geſammtſchaffen der Berliner Plaſtik. Sollte man
ſich endlich wieder zum Sammeln von Modellen ent-
ſchließen, ſo würde man gut thun, nicht gleich nach
dem letzten Siel zu greifen, nicht gleich eine Monumental-
architektur ins Auge zu faſſen. Dann würde ſicherlich
nichts daraus. Im Gegentheil, die Umgehung aller
Koſten müßte zur Baſis des Unternehmens gewählt
werden. Fürs Erſte käme es darauf an, alle ſich dar-
bietenden Modelle von offenbarem Kunſtwerth in
Sicherheit und gleichviel wie und wo unter Dach und
Fach zu bringen, vorausgeſetzt, daß die Kunſtwerke ge-
ſchützt und zugänglich ſind. Vornehmlich hätte man