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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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Die kunsthistorische Ausstellung zu Köln, [4,1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0031

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Die kunsthistorische Ausstellung zu Köln.

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/nks von togirten Figuren umgebenenen Engeln, welche
^ einern Lorbeerkranze das Kreuzsymbol emporheben
Stein), namentlich aber ein Reliquienkästchen des
- aiitener Domcs mit paneelartig vertieften, von stern-
^'erzierten Bandstreifen umgebenen, viereckigen Reliefs
gewappneten Kämpfern in den verschicvensten Stel-
""gen als hoch bedeutcnd zu vermerken sind. Ver-
Ichiedene Elfenbeindcckel von Evangeliarien, die aber
'^gesammt in Schattcn gestellt werden durch die von
E»ier reich geschmückten getriebeneu Goldblecheinfassung
^»>rahnite Mittelplatte cines Evangelienbuches der Aeb-
Theophanu, Enkclin Otto's 11. (1039), aus der
?(»ftskirche zu Essen mit drei übereinander befindlichen
urstellungen der Geburt, Kreuzigung und Himmelfahrt
. ^risti nnd den schreibenden Evangclistcn in dcn Ecken,
^unschanlichen demnächst in Verbindung mit cinzelncn
^ utten in Akanthusblattumrahmungen und mit Heiligen-
^guren unter Nkundbogenarchitektur die Kunstweise des
,1'' 12. und 13. Jahrhunderts. Es gehören auch
^rhin drei höchst wundersame Elfenbeinkämme, der
^usekrationskamm des Erzbischofs Anno von Köln
1075) niit phantastischen Thierreliefs (Kirche zu
^gburg) und zwei Kämme des Kölner Museums mit
Akn, iu der Mitte geschwungenen Handhaben, deren
^ ^ dieKreuzigung, in theilweise durchbrochener akanthus-
u»artiger Reliefornamentation, die andere zwei ein-
^^r abgekehrte, mit Laubwcrk geschmückte Nilpferde
^rstellt. Von der Grenze des 14. Jahrhunderts bis
die Halfte des 15. hinein finden wir dann in den
^^gfachsten Formen und Abstufungen der künstlerischen
u^führung jene Diptychen und Triptychen ausgcstellt,
chr, ähnlich wie die Grnbenschmclzarbeitcn, eines der
's verbreitetsten und hochberühmtesten Erzeugnisse des
'^rlalterlichen Kunstmarktes der Rhcinmetropole ab-
di Plastischen Darstcllungen sind fast immer

^stlben und mit Vorliebe aus dem Leben Christi und
^r,ä gegrifjen; die Behandlung, namentlich in Bezug
V ^'UzelneDarstellungen, so typisch wie die der russischen
die ^reliquiare, in welchen bis auf den heutigen Tag
fort bines starren Byzaminismus immer wieder

»Nr ^^^°ducirt worden. Es mögen daher hier auch
vi ^gen der ausuahmswcise feineu Durchführung ein
Zuschlagaltärchen mit Heiligenfiguren unter
HvBaldachinen zu beiden Sciten einer schlanken
Trjh°""^statuette (Frhr. A. v. Oppenheim) und zwei
Dars. eine mit einer doppelten Reihe von

dvn ^"^3en aus der Leidcnsgeschichte des Herrn unter
v, Säulen gctragencn Laubbaldachinen (Gen.

^Ue '^^ud), das andere mit ähnlichen Reliefs, in
ljst^ °^uinrahmung eingelassen und von Maaßwcrk-
miniirten Apostelfiguren unterbrochen
Und ^'usterdam), verzeichnet werden. Die originellste
^'gleich künstlerisch bcdeutsamste Leistung auf dieseni

Gebiete dcr rcligiösen Kunst ist aber unstreitig ein
bcreits dem 15. Jahrhundert angehörendes Votivaltärchen
in zweiflügeligcm Holzgehäuse, das eine zierlich bemalte,
von vergoldetem Metallrankenwerk bekrönte Elfenbein-
gruppe mit dcr heil. Familic eiuschließt, vor der links
cin Bischof kniet, den die herabhängenden Wappen-
schildchen als Georg II. von Hcrru-Chiemsee bezeichncn
(Fürst von Hohcnzollcrn). Zwei vortrefflichc Elfen-
beinkruzifixe, das eine den Gckreuzigten in van Dyck'-
scher Behandlung (Steinmeyer), das andere denselben
in der Auffassung des D. da Volterra (Flammersheim)
wiedergebend, vertreten dann endlich zusammt eiuem
Kreuzbilde in Buchs, von gleich vollendeter Arbeit und
dem Sachs zugeschrieben (C. Stein), die letzten Aus-
läufe der Reuaissance. Fast in demselbcn engen Formen-
kreise der Diptychen und Zuschlagaltärchcn bewegen sich
die Gestaltungen der mittelalterlichen Profantünst, wie
wir sie als Minneapotheosen an dcn glcichzeitigen Ge-
räthen wahrnehmen. Als Typen derselben figuriren in
der Kölner Ausstellung ein konvexes Relief mit einem
Minneturnier (Frhr. A. v. Oppenheim), eine Spiegel-
rückseite mit Liebespaar (v. Frankenberg, Münster), vor-
nehmlich aber aus der Kirche von St. Ursula iu Köln
ein Schmuckkästchen niit dreizehn verschiedenen köstlich
naiven und sinnigen Episodcn aus einem Minnegedicht,
die in ihrem Zusammenhange einen Liebesroman zum
Abschluß bringen. Die reizvolle Behandlung der Figuren
und die gothischen Silberbeschläge mit Lilienausläufen,
welche das seltene Schaustück garniren, weisen auf den
Schluß des 14. Jahrhunderts hin. Den Durchbruch
des von der Schablone sich befreienden schaffenden Ge-
dankens in Verbindung mit dem hoch entwickelten Formen-
verständniß der Renaissance verkörpern danu recht lebcn-
dig die Statuette einer Venus Anadyomene in Gestalt
einer wuuderhübschen Niederländerin mit elegantem Kopf-
putz ohne jegliche klassische Prätension (Becker, Amster-
dam) und dic Elfenbeinreliefs mehrerer Trinkbecher,
unter denen insbesondere eine Silberkanne des Herrn
Felix von Leipzig mit einem entzückenden Kinderfries
hervorzuheben ist. Auch ein Reitergefecht auf einem
ähulichen Becher des Grafen Fürstenberg mit Kostüm-
figuren aus dem Schlusse des 17. Jahrhunderts in
bewcgtester Aktiou ist eine höchst bemerkenswerthe Arbeit.
Endlich zeigen einzelne kleinere Geräthe, wie beispiels-
wcise zwei Besteckgriffe mit Kindergruppen (Graf von >
Fürstenberg) und ein Messerheft mit Venus und Amor
(Milani) reizende künstlerische Motive. Die kleine
Plastik in anderem Material als Holz und Elfenbein
ist schwach vertreten und soll aus dem Vorhandenen nur
ein Wachsmedaillon des Andreas Jmhof, das Vollbild
desselben in sprechendster Naturwahrheit wiedergebend,
(Milani) hier nicht unerwähnt bleiben.

(Fortsetzung folgt.)
 
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