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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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103

Sammlungen und AuSstellungen, — Vermischte Nachrichten,

104

Ereigniß des Tages. Trotzdem, daß diese Blätter schon eine
ausführlichere Besprechung des Bildes brachten, kann man
nicht umhin, jetzt, da es in Wien ausgestellt ist, wieder darauf
zu sprechen zu kommen, Das Bild Semieradzki's ist an
Ehren reich nach Wien gekommen, die Akademie in Rom
zeichnete den Künstler mit einem goldenen Lorbeerkranze aus,
der König mit Orden, die Münchener Künstlerschaft zollte
dem Bilde Beifall; es ist also natürlich, daß das Wiener
Publikum und die Wisner Kritik dem Bilde mit den höchsten
Erwartungen entgegenkamen, letztere es mit dem größten Maß-
stabe maß, — Unter solchen Umständen ist es ein wirklicher
und großer Erfolg, daß das Bild die größte Achtung ein-
flößte, auch wo es nicht EnthusiasmuS hervorrief, daß es
die Künstlerwelt wirklich erfreute, — Das Bild Semieradzki's
ist das Werk eines ganz ungewöhnlichen Talentes, das Re-
sultat ehrlichen und energischen Schaffens, solider künstlerischer
Bildung, Jn seiner rechten Hälfte fällt es in Komposition
sowohl als Ausführung etwas ab und zeigt Spuren der Er-
müdung, begreiflich zwar, doch beklagenswerth, weil dies die
dem Jnhalte nach wichtigste Partis des Bildes ist. Zwar
sind die zwei sichtbaren Köpfe der christlichen Märtprer, des
Patriarchen und der ihn anblickenden Christin, sehr gut
charakterisirt »nd trefflich gerathen; auch hat der Künstler
alles vermieden, was unser Grauen zu erwecken im Stande
gewesen wäre, also etwas, was einen modernen Franzosen
gerade zur Darstellung gereizt hätte; — aber der ganze
rechte Theil des Bildes ist außer Gleichgewicht gegen den
linken größeren Theil, sowohl was Gruppirung, als was den
Jnhalt anbelangt; und das ist entschieden ein Fehler, welcher
selbst in der völligen koloristischen Harmonie keine AuS-
gleichung findet. Alles Lob, welches diesem sensationellen
Wcrke gespendet wurde, ist wohlverdrent, mancher Tadel klein-
lich und ungerechtfertigt; doch mag konstatirt werden, daß
man von Semieradzki eines weiteren Fortschrittes gewärtig
sein darf, und daß dieses so bedeutende Werk hoffentlich
noch keineswegs der Schlußstein ist in der Entwickelung des
genialen jungen Meisters, — Es wäre ungerecht behaupten
zu wollen, daß die übrigen ausgestellten Bilder neben
Semieradzki's Riesenleistun'g nicht besprochen und genossen
werden können; ein kleines lyrisches Gedicht kann ganz wohl
nach der größten dramatischen Arbeit gewürdigt werden,
Rathsam bleibt es freilich, zuerst die übrige Ausstellung zu
betrachten und dann Semieradzki'S Bild; man wird besser
gestimmt von dannen gehen und gegen die ausgestellten
kleinen Werke gerechter sein, Abgesehen vom Jnhalte, da im
Sinne des koniientionellen Eintheilungssystems das Stillleben
in die letzte Reihe zu stehen kommt, müssen wir, der
Qualität nach urtheilend, Hugo Charlemont mit seinen
drei Stilllsben in erster Linie nennen, Diese unter Makart'-
schem Einfluß entstandenen Stillleben vereinen alle kolo-
ristischen und technischen Vorzüge dieses Meisters mit einer
gewissenhaften, delikaten, Zeichnung, Einige Muscheln im
Netz sind etwas nachlässig, der Pelikan falsch behandelt; das
sind keine Federn — es ist ein Fell. Jm Uebrigen ist das
Stillleben mit dem Pelikan am glücklichsten gruppirt, —-
Der Trefflichkeit nach wird neben Charlemont Anton Koza-
kiewicz in München mit seinen zwei polnischen Genrebildern
zu nennen sein. Der junge Mann debutirte mit einigen sehr
schwach gerathenen Zofenbildern; er hat dissmal nicht nur
in der Wahl des Stosfes einen glücklicheren Wurf gethan,
sondern zeigt in Zeichnung und Technik einen so entschiedenen
Fortschritt, daß wir ihn nun zu den besten Malern der pol-
nischen Malerkolonie in München zählen dürfen, — E, Ber-
ninger aus Weimar debutirt mit vier Bildern und darf
mit dreien davon den Anspruch machen, unter die besten der
diesmaligen Ausstellung gereiht zu werden; eine Landschaft
mit Kühen ist Troyon nachempfunden; soll man das nicht
thun, so hat Berninger gefehlt, sonst nber ein treffliches,
sonniges Bild gemaU Berninger's „Titusbogen" ist dessen
viertes Bild, welches wir als nicht ganz gelungen bezeichnen
müssen; die Luft ist blechern uiitstschiver, die Architektur
trocken und poesielos — so kann's die Photographie auch!
Wenn die Kritik es sich herausnehmen darf, zu rathen, so
würde sie diesen talentvollen Landschafter vom Architektur-
malen abmahnen. — Mag man gegen Hans LudwigFisch er's
Architektur und Landschast mit Recht Einwendimgen machen,
Poesie ist entschieden darin. Unter den Einwendungen ist
die berechtigtsts die, daß der junge, sehr tnlentvolle Mann

seins Aufgaben in gar zu dekorativer Weise löst; in dieser
Hinsicht sind seine ausgestellten Studien geradezu bedenklich-
Eine Studie soll keine Stimmungsskizze sein, welche von
freundlichen Kollegen applaudirt wird, es soll darin wirk-
liches und ernstes Studium sein, Ein Gang durch die
Holzer-Ausstellung, welche gleichzeitig im Künstlerhause statt-
sindet, gäbe dem jungen "Künstler viel zu denken, Des
Weimarer E. Weichberger „Frühlingsmorgen" ist auch
ein Muster poetisch aufgefaßter, schön durchgeführter Land-
schaft, Ein duftiges, leuchtendes, sehr guteS Bild, welches
selbst neben R. v. Haanen gar trefflich besteht, — Dah ich-
von den besten Leistungen der Ausstellung sprechend, nicht
gleich Angeli's Porträt erwähnte, ist in meiner Ueber-
zeugung begründet, daß dieses Werk nicht eines der besten
Ves berühmten Meisters ist, Wie in allen Werken Angeli's,
ist auch in diesem die große Gewissenhaftigkeit der Zeichnung
hervorzuheben; die Farbe ist leuchtend, Graf Auersperg
ausnehmend gut getroffen, aber — es ist ein aber bci
diesem Porträt: der ganze Kopf ist viel zu hart, er ist Host,
Papiermache — alles eher als Fleisch, und das ist cin
Uebelstand bei dem Werke eines so bedeutenden Meisters,
wie Angeli. — Dis Arbeit von Angeli's Schüler, Probst,
welche in der Nähe placirt ist, theilt mit dem Bilde des
Meisters die Vorzüge, Wenn die Farbe auch keine so starke
Leuchtkraft hat, wie bei jenem, so hat Probst dafür die Klipps
umschifft, an der der Meister diesmal scheiterte; der Kopf m
viel weicher und fleischiger und mit reizender Naivetüt lst-
malt, Angeli als Lehrer hat den einen'Vorzug vor viclen
im Lehrfach Lerühmten Künstlern, daß er seinen Schülern
unverbrüchliche Gewissenhaftigkeit in derAusführung, Strenge
der Zeichnung einprägt; seine Schule ist noch nicht alt genug,
daß man beurtheilen könnte, ob auf die jugendliche -Naivetai
der Schüler nicht Aengstlichkeit statt künstlerischer Freihen
folgen wird, — Wenn vom Vorzüqlichen in der diesmaligen
Ausstelliiiig die Rede ist, so darf Äudolf Huber's Karavain'
nicht vergessen werden. Otto v. Thoren überrascht uns inn
zwei Figurenbildern, deren eines — im Meere badende
Damen — viele Liebhaber finden wird, — des GegenstaiideS
halber, Beide Bilder sind interessante koloristische Leistungen,
Rudolf und Franz Alt sind mit vier Nummern vertrete»,
die uns die altbewährte Tüchtigkeit beider Meister angenchni
in Erinnerung bringen. Franz Heinrich und Graf L-ecken-
dorf reichen an Beide nicht hinan trotz einiger achtban»
Arbeiten, Von H. Leys ist eine farbenkrästige Landschast,
von Marak sind gewissenhafte, aber sehr schwunglose Feder-
zeichnungen, von Schmitzberger ein sehr hübsches Thstr'
stück, von Ziermann in Weimar ein effektvolles, dem Ms
halt nach geistloses Genrebild ausgestellt. G ottlieb's Shyllsts
und Jessik'a ist eine sehr gute Schülerarbeit, Gustav Wcrs'
heimer versuchte sein Glück an einem Thema, welches st
das Machtgebiet des Gabriel Max gehört, an dessen LöweN;
braut man unwillkürlich erinnert wird bei der Verwandtschal
der Aufgabe, Solche Konkurrenz ist gesährlich. Wertheiinrr
kämpft seit Jahren mit anerkennenswerther Energie »nv
Ausdauer um den Lorber, doch hat er auch mit diesem Wern
ihn noch nicht errungen, Das ist ein gesundes, derksts
Mädchen, aber keine „Todte Blume", Wertheimer hat sN
starkes dramatisches Talent, wie es auch an der mit Unrrch
so herb gerügten „Agrippina" deutlich hervortrat; diestS
Talent, vereint mit dem ganz achtbaren Können Wertheimcr s,
wird unzweifelhaft bald reife künstlerische Früchte bringew
— Erwähne ich Joseph Brunner, Anna Peters, Engei.
mann, Hörmann, der eine merkwürdige Vorliebe für scüst
rechte Parallelen zeigt, Minigerode, gedenke ich pietätsvpn
Führich's und Marko's, die durch kleinere Arbeiten '
der Ausstellung vertreten sind, so glaube ich gerecht gewesev
zu sein; verschweige ich die Uebrigen — sogar 'barmherstg! "st
Jm Stiegenhause sind einige plastische Portrüts von ds>
talentvollen August Schwenzer, einem Schüler Hähnel s'
ausgestellt, ivelche sich durch Aehnlichkeit und feine Auffassü'"
auszeichnen.

Vrrmischle Nachrichten.

0. L, Die Zulassuna dcr Werkc der bildenden
zur Pariser Wcltaiisstcllung von 1878 wird nach ei»
Dekrets des Kultusmüiisters Waddington in solgen°
 
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