Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

DOI Artikel:
Die akademische kunstausstellung in Berlin, [6]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0091

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
t7z

Die ak>idi?mische Kunstausstellung in Berlin,

174

' e von seltener Harmonie, Diese Mischnng in vem
kchtvollen Kopfe, ja, man darf ohne Hpperbel sagen,
1 an vxx mii höchstcr Vollendung gemalten Hand zum
usdruck zu bringen, ist dcm Künstler überraschcnd gc-
^gen. Einx solche Hand sindet sich nur noch ein Mal
l der ganzen Ausstcllung wiedcr, und das ist die Hand

tverk

lteinen Mannes, welche daS großarlige Eisenwalz-
R ^ ^lid die „Modernen Cyklopen" geschaffen, und die
k'nhold Begas in Stein nachgebildet hat. Es ist nicht
^ Jnteresse, die Händc dieser beiden Naturalisten zu
gteichen und zu sehen, wie Richter durch seinc unver-
^ ^chlichx Kunst die Natur veredelt, ohne ihrc Inten-
. "en im geringsten zu verwischen, während Begas mit
etvunderungswürdiger nachbildender Kraft der Natur
^ tschafft, ohne über ihre Grenzen hinauszugehen. —
zweite Porträt Richter's ist das einer hiesigen
^llguiersfrau, die sich in ganzer Figur hat malen lassen.

Fürst Ptest erscheint stehend, nur bis zu den Knieen.
^ Dame liegt in ihrem Lehnstuhle lang ansgestreckt
„Nialerisch hingegossen" ist der bezeichnende, technifche

b^°^uck für die Positur, — den Kopf nicht leicht,
wahi^, sondern mit vollem Gewicht auf den bloßen,
^'s^igen Arm gestntzt, der in das weiche Polstcr des
^^ljels dringt. Das entzückend gemalte, rosenfarbcne
. nWxjch pas mit zarten, weißen Spitzen garnirt ist,
cng die schöne Füllc der Glieder an
^ Uerlejht dem üppigcn Körpcr das nöthige Relief,
Hals und die Arme sind bloß. Zwar schaut die
etwas blasirt und gelangweilt drein, aber auf
2 ^.^ippe sittert eine frische, naiv sinnliche Lebensfreude.
dx^ beiden Porträts, dem des Aristokraten und dem

Errich

unguiersfrau, hat der Blaler eine Scheidewand

an pxx, ^jcht iiur sein feines, fast ironisches
wi ^^^^^risirungstalent, sondern auch sein virtuoses Mal-
»rt^ 'uitgearbeitet haben, welches für die verschieden-
ttzPersonen auch eine verschiedenarlige malerische
iim ^^^ug gefunden hat. Das dritte Bild zeigt cine
^üdchenblüthe, die verwundert in die Welt hinein-
hiin Fränlein steht im hellblaucn Seidcnkleide

^istg kunstvollen Gitter einer Treppe, die zu einer

sch , EUiporführt, als wollte sie eben die Stufen hinauf-
gx-,,/"- Die heitere, klare Stirn hat noch kcin Schatten
Und ' ^'rr war nicht viel Charaktcristik zu verwerthen,
^'isck"^ sich der Maler mit einem Abdruck der

fröhlichen Persönlichkeit begnügt. Richter
Besucher der Kunstausstellung schr genau über

den

dix ^undheitszustand seiner Kinder zu unterrichten,
^NM gewöhnlich in xnris nnturnlibus vorführt.
Enäbi^r lehrt uns das unverhüllte Abbild eines
Nnd daß es bei ihm zu Hause recht gut geht,

^weck ^ben diese gemalten Wohlseinsatteste keinen

^rch ^üchst Richter fesselt Biermann das Jnteresse
prächtig und mit großer Stoffkenntniß gemalten

Roben, in denen die zwci Damen stecken, welche ihre
Köpfe hcrgegcben haben, um als Abschluß dieser Robcn
zu dienen. Wenn es dem Beschaner gelingt, seine Augen
von diescm stofflichen Glanz, der durch die reichc Aus-
stattung des Fonds, dnrch Spiegel,',Kamine, Prunkgcräthe
nnd herabfallendePortiären noch erhöht wird, loszureißen,
so entdeckt er in dcn Köpfen manchen feinen, geistreichen
Zug, cine zarte und doch plastische Modellirung, zugleich
aber einen kalten, kreidigen Ton, der den umnittelbarcn
Eindruck des Lebens erheblich schwächt. Das Porträt
des Ministers Delbrück ist einc tüchtige, geschickte Arbeit
ohne augenfällige Vorzüge. Als Dritter im Bunde ge-
sellt sich zu Richter und Biermann ein liomo novus,
der bisher in Genrebildern und Landschaften cxperimentirt
hat und auf der diesjährigen Ausstellung auch mit ein
paar guten Genrebildern vertreten ist, Carl Breit-
bach (Berlin). Sein Porträt des Generalintcndanten
der kgl, Schauspiele, dcs Herrcn von Hülscn, ist eine
nahezu vollendete Meisterleistung, der auch die kleinc
goldene Medaille zu Theil geworden ist, Freilich ist
Herr v. Hülsen ein ungemein dankbarer Vorwurf für
einen Porträtmaler: cine imponirende Persönlichkeit,
ein feiner geistreicher Kopf — man denke sich einen noch
nicht blasirten Gardeoffizier in grauen Haaren, um sich
einen oberflächlichen Eipdruck von dem Manne zu ver-
schaffen, der zugleich das Musterbild eines vollendeten
Hofmanns, eines Kavaliers vom Scheitel bis zur Sohle
ist, Die Malweise Breitbach's hat elwas von der
delikaten Noblesse Richler's und etwas von der gesunden
Kraft v. Angeli's; man kann sich denkcn, daß diese Ver-
bindung einen guten Klang abgeben muß. Gustav
Graef, der sonst hinter Richter rangirt, ist sehr be-
scheidcn mit einem fein getönten, vornehmen Brustbilde
einer alten Dame und mit seinem eigenen in Renaissance-
kostüm vertreten. Eine größere Kindergruppe ist so
flach und ausdrucksloö, daß ich wünschen niuß, Graef
hätte sic lieber nicht gemalt. Fr. Kanlbach, der
schnell emporgeblüht, theilt das Mißgeschick der Bäume,
die schnell wachsen: er ist schwach und kränklich geworden.
Scine zweiDamcnporträts leiden crsichtlich an der Bleich-
sucht, von der die Originale sicher nichts wissen, Dieser
merkwürdige, wachsbleiche Teint ist nur ein schwächliches
Surrogat für dic Vornehmheit, die Kaulbach bei weitem
nicht so zu charakterisiren weiß wie Richter. Hummel
ist auch in den Hintcrgrund getreten, ebenso der sonst
tüchtige Ziegler, der sich auf Experimcnte vcrlegt hat,
und der gediegene Plockhorst. Ein Kaiserbildniß
Steffeck's sei der Merkwürdigkeit halber erwähnt. Der
ernste, düstere Ausdruck entspricht nicht dem heiteren
Wesen des immer geistesfrischen und jovialen Monarchen.
Das Porträt des Geh. Raths I>r. Fischer, welches
I. Schrader für das Wallraff-Richartz-Museum in
Köln gemalt hat, ist eine solidc tüchtige Leistung, Solid
 
Annotationen