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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0114

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Zur Kunstgeschichte Münchens im 17. Jahrhundert.

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aus Weilheim (480 fl.) und Peter Candid (500 fl.),
aber er sah sich dennoch oft genöthigt, den Herzog nm
Erhöhung seines Gehaltes und außerordentliche Zuschüsse
zu ersuchen, und schied 1631 gänzlich aus dem Hofdienst
aus, um sich durch Privatarbeit ein höhereS Einkommen zu
erwerben. Jm Jahre 1618 arbeitete er gerade an seinem
edelsten Meisterwerk, dcm kostbaren, zur Aufbewahrung
ter herzoglichm Münzensammlung bestimmten Schranke.

Der Bericht Widmann's lautet:

Durchleichtigister Fürst,

Genedigister Herr!

Dero genedigisten Bevelch gemeß, was der welsche
Fontanier >) ein Zeit hero verdient und was wegen der
neuen angefangenen Arbait mit ime accordirt worden,
berichte E. Frstl. Dchl. ich hiemit in underthenigister
gehorsamb, daß ime anfangs die zween Prünnen bei den
vier großen Schäffen im Eingang E. Dchl. fürstl.
Palasts pcr 200 fl, dann die vier Grotten in dero
neuen fürstl. Gartten mit E. Dchl. genedigsten Vorwissen
per 500 fl verdingt worden.

Für die neuen Foutancn in dem Gartten bci dero
Fstl. Residentz, darin der Peer ist, hat er 120 fl begert,
wür sein aber der underthenigisten Mainung, daß er
die 20 fl Abbruch wol leiden möge, inmassen ich inie
bedeitt; für die jetzige Arbait, daß er den Gang zwischen
den obbesagten vier Grotten mit clainen Stainen besetzt,
begert er für jede geviertte Claffter, deren 26 sein, 8 fl,
das treffe 208 st. Weiln wir es aber für ain Ubermaß
gehalten, also habcn wir ine auf E. Fstl. Dchl. geNe-
digiste Ratification auf 150 fl herabgebracht. Er be-
gert zwar, das Spritzwerk, weil er dasselb, wie E.
Durchl. ime selbst genedigist bevolchen, gantz verendert
unv sowol vorher alß zurück und umb nnd umb richtcn
soll, ime absonderlich zu bezahlen und dafür 30 fl, wir
haben ime aber gar nicht einwilligcn wellen, bis wür
sehen, wie es rsusmr- und E. Frstl. Dchl. genedigist
gefellig, auch was für ein Bestand dabei.

Wegen des Christoph Angermairs hab ich, so vil
mir yber der Pildhauer beschehne Clag ze thuen müglich
gewest, Erfahrung eingeholt, befinde sovil, daß er einen
Brudern bei sich, der auch von Helffenbain arbaiten kan,
wie er dann ein Zeit her Todtenköpfl, ain per 1 fl, und
Engeln, ains zu 7, 8, 9 und 10 fl geschnitten und
solche an underschidliche Ortt, alß dcm Lindelo-), in

1) Der Namen des „welschen Fontanier" ist auch in
der Hofzahlamtsrechnung nicht aufgeführt, sondern nur gesagt,
daß der Gartenmeister Elias Paur „für mehrerlei Unkosten
und Ausgaben, was Anno 1618 über die fürstlichen Hof-
gärten erloffen", 2345 fl. erhielt.

2) Thimon von Lintlo, herzoglicher Reiterobrist, aus
einem friesischen Edelgeschlecht abstammend.

die Reglhäuser i), gen Anger^), item der Freilin von
Mäxlrain^) in E. Dlch. fstl. Frauenzimmer verkaufst,
aber es solte ein groffer Underschid sein zwischen seinen
und seincs Bruedern Hand. Zu disem seinem Bruedern
helt er stets noch ainen Gescllen, mit denen er alle Arbait
verrichtet, so ime in der Statt under die Hand konibt,
dardurch ein Handwcrch der Bildhauer beschwert wirdet-
Das er aber von seiner selbst Hand etwas in die Statt
oder andern gemacht hatte, kan ich nit erfahren, ausstr
E. Frstl. Dlcht. geliebtesten Herrn Vattern^, deme ec
ein oblong geträetcs Postamentl mit ainem Engelköpst
und zwai daranhangenden Gewächslen geziert- Dasicniü^
Stuck, so der Füll °) von ime erkaufft, hat er ebenmessts
für E. Dlcht. geliebtesten Herrn Battern, alß er noch st*
Fridperg gewcst, gemacht, so aber hechsternannt Jrec
Dlcht. nit gefellig gewesen. Jch hab auch die Arba't
so er in feiner Werckstatt bei Handen hat, in E. Frftl^
Dlcht. Camerdiners, des Urspringers ^), Zimmer abgehokk
und dieselbe durch den Sattler^), Krieger^), Candid")
und dero Panmaister") besichtigen lassen, die haltt»
darfür, daß sie wol dergleichen fleissige Arbait in Jtalia,
von Bassorilevo aber so hoch erhebt niemals gesehcn,
vermainen auch nit, daß dcrgleichcn ainicher Potentat ir>
Europa habe, künde also dise Arbait mit Gelt nit be-
zalt werden, ainhellig darfür haltent, daß sie ausser der
andern Arbait allein die zwai onntsn auf 1000 Thaler
leichtlich bringen wolten, erscheint also, daß er Anger-
mair in E. Frstl. Dchlcht. Diensten sein Besoldung g»r

1) Die Pütrich- und Riedler-Negelhäuser in Münchew

2) Das St. Clara-Kloster am Anger.

3) Fräulein Veronika von Mäxlrain, dis in der Hofzahl
amtsrechnung von 1618 unter den „FrauenzimmerpersoneN,
so die Lüferung zu Hof haben", aufgeführt wird.

4) Herzog Wilhelm V., der schon am >5. Oktober löd"
zu Gunsten seines Sohnes Maximilian die Regierung niede^
legte, gewöhnlich im Schloß zu Schleißheim wohnte und a»'
17. Februar 1626 starb.

5) Vermuthlich Franziskas Füll von Windach, Mitgli^
des inneren Rathes zu München (1610 geadelt).

6) Andre Urspringer, des Herzogs erster Kammerdienev

7) Raphael Sadeler der Aeltere, seit 1602 im Austraü
des Herzogs gemeinsam mit seinem Sohn Raphael mit de»'
Stich der Abbildungen zu Rader's Lavaria saneta ot p'"
beschäftigt.

8) Paul Krieger, der für den bayerischen Hof gewöh"'
lich die Juwelierarbeiten lisfsrte.

9) Der berühmte Peter de Witte, der in München, 'r"'
er seit 1578 in Diensten der bayerischen Herzoge, den Naw^
Pietro Candido, den er sich während des früheren Aufentha^
in Jtalien beigelegt hatte, beibehielt. Von ihm rühren d>
meisten Zeichnungen und Entwürfe zur ornamentalen
plastischen Ausschmückung der Bauten Maximilian's 1. h^'

10) Wahrscheinlich ist Heinrich Schön, der Baunwist^
der seit 1611 im Bau begriffenen Residenz, gemeint.
 
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