225
Snmmlmigen und AnSstellungen.
226
Ner'-^2ch dem-Beschauer, das Bilv als Jllustration zu Wag-
Nusnxs^?,br zu adopttren. Das Meiste ist blos als Skizze
^mhrt m ftnden sich auch manchs ganz hübsch durch-
Und -olätter, so namentlich aus den „Meistersingern"
llUch '-Fliegenden Holländer". Gleiches Lob verdienen
voll^^A Künstlers Kartons zu „Tristan und Jsolde". Als
bezxjH ^ unreif sind dagegen die Arbeiten von Wagner zu
> kein technischer Vorzug beschönigt den Mangel
^Ueii R Gehaltes. Ebenso ablehnend müssen wir uns
lluch ,^tquarellen gegenüber verhalten, in denen sich übrigens
üu Br„ L^uubende Verzeichnungen finden. Wenn sich Elsa
ugemach Lohengrin'S mit netto vierzehn Kopflängen
ällnim» t,' su könnte nian eher Lohengrin die naive Frage
Dt. „Von welcher Art bist du?" — Wagner reicht
^/uarz mit seinen Oelbildern „Tannhäuser's Er-
die x, 8 und „Verlobung Lohengrin's mit Elsa" ebenbürtig
lluf Solche Gestalten würden selbst mit guter Stimme
stlba ^ Bühne nicht reussiren, auf dem Bilde ohne die-
shrx Ml? so weniger; lassen wir den Vorhang gnädig über
die Ni^ngel fallen. Ob vr. Hausegger, ais er zur Zeit
^llgen . 8vn-Skizzen entwarf,' an Richard Wagner dachte,
sr>ib^^ »icht W behaupten. Das Streben des leider
^iissten verstorbenen genialen Mannes wurde durch die
i ^ächt dieser Arbeiten seinen Freunden wieder in's
iriu „„»iß gerufen. Nur hätten wir gewünscht, daß auch
"»orh^ 7»erer Karton „Die Götterdämmerung" sich zu dem
^Uigb M»en gesellt hätte. — Es erübrigt uns nur noch
>>e dxr^rte über Hoffmann's „Dekorations-", oder, wie
'Oiihu ^ütalog nennt, „scenische Entwürfe" zu Wagner's
ll>ert^?sestspiel anzufügen. Es ist schon viel Rühmens-
särb/jj während der Festspiele in Bayreuth über diese
usbstu,,?. geschrieben worden, hier prnsentiren sie sich als
^2eiä,t ^ Wandbilder, und die heutige Beurtheilung mag
!sll,u^^ um so unbefangener sein. Die Bilder sind, was
!^Nek„j "ch die Landschaft anbelangt, mit viel Schwung und
ch g^„koinponirt und der große 'Stil Preller's ist in ihnen
^. >er Hinstcht gelungen weitergeführt, nur drängt sich
!>stv»,^ »u hier und da zu deutlich iii den Vordergrund, das
, Arb»?^" tst ?» wahrnehmbar. Jmmerhin sind aber
? ihxx,, UdN schätzenswerthe Leistungen und stiegen noch mehr
Nt'e» ? Werth, wenn sie ohne Staffagen wären. Letztere
»^son^llilen geradezu den Eindruck des Bildes. Die
zsistugj, Wagner's selbst betreffend fanden wir Lenbach's
,' Portrüt, eine Medaille zu „Ehren Wagner's" von
ubiNier eine mittelmäßige Büste, Wagner's Arbeits-
his tzou^ "^u^ufried", ein Facsimile deS Meisters u. dgl.
ri llgux^.o, ? übrigen Ausstcllungswerken im Anhange der
b.ftliuc, usstellung machte Prof. A. Menzel's „Die Linden
tu lligz ll'u Nachmittag des 3t. Juli 1870", die Abxeise des
t lllliebi,^ Armee, verdientes Aufsehen. Ein historisches
^istjx uchl Wahrheit der Darstellung und feiner Charak-
e 0. » einzelnen Typen.
, U Düffcldorf. Ein Bild von Bedeutung ist das jetzt
.llllldx „ U üer Herren Bismaier >L Krauß ausgestellte Ge-
so Schulz: „Verlorene Ehre". Die in der Neu-
d? ^tück ^8 verfochtene Nichtung, in der bildenden Kunst
e, > llleii,., ben wiederzugeben, aber auch weiter nichts als
u?llu tüni- " lline Photographie ohne Retouche, hat hier
u,llllrllst„?Meu Vertreter gefunden. Der Naturwahrheit und
»lUklikb, stuk darf sich das Bild rühmen, aber über die
U> ^ üein j üeht es nicht hinaus. Daher können wir uns
kjllUig' ibaurigen Vorgang, welchen es darstellt, ebenso
ffUei bj, se, wenn wir Ziischauer eines solchen im Leben sind,
sin^brass Wehmuth, einer Trostlosigkeit erwehren, ja eines
sni, llbe„ dem elenden menschlichen Dasein. Dies
Uinii"^^ üie Gefühle, welche ein Kunstwerk erregen
io„ lllt a,„,8anz unversöhnt darf es uns entlassen, sei sein
U,ll» ab„„^ uoch so traurig. Solch' ein Trost in Thränen
bki, llu „>,lluv durch das Schöne in der Kunst gegeben
h u, so'ut,,, udings nicht durch kalte, konventionelle Schön-
llU'llivuio s? durch eine warme belebte, durch eine reine
eE'llkuuä^^llV Ljff'j^^ d„»ch einheitliche' Gruppirnng und
st„ll»kh>' »urih ben rührenden, versöhnenden Ausdriick, sei
Hub^ 'u denä -?> kurz durch irgend einen Hoffnungs-
^Ui so „'".^uiikel des irdischen Schmerzenslabiirinthes.
- lllliua , schmachten wir hier nach einem solchen, als
lliternd'js, ^lls s'ch unsern Augen cntivickelt, tief
U' und eben in seiner Wirkung auf den Be-
schauer Zeugniß ablegt von der Kraft und Ausdrucksfähig-
keit des Künstlers. Wir sehen in einem Gefängiiißhof zwei
Angeklagte vor uns, die eben von einem Gensdarmen der
Behörde abgeliefert werden. Die Polizeibeamten, ausgediente
Militärs, sitzen hinter einem Tisch mit Schreibmatsrialien,
und während der eine es sich in seiner gesicherten Stellung
wohl sein läßt bei Tabak und Vier, hört der andere dem
Bericht des Gensdarmen mit Spannung zu, achtlos, welche
Qual derselbe dem einen Gefangenen erregt. Kein yrößerer
Gsgensatz ist denkbar als zwischen den beiden mit eineni
Strick an den Händen zusammengöfesselten Angeklagten.
Während der eine sich lange selbst anfgegeben hat und mit
Falstaff zu fragen scheint: „Was ist Ehre? kann Ehre ein
Bein ansetzen?" treibt den andern cben der Verlust dieser
Ehre zur Verzweiflung. Der kleine, rothe, dickliche Strolch
läßt sich die Sache nicht anfechten; in den edlen, scharfen
Zügen des großen, dunklen, sshnigen Mannes aber, defsen
Tracht ihn als Gebirgsjäger bezeichnet, arbeiten 'Wuth und
Schmerz. Der Hund, welcher zwischen seinen Füßen sitzt,
scheint alle Empfindungen des Herrn zu theilen. Wahr-
scheinlich lisgt hier eine Anklage auf Wilddieberei vvr; denn
eines schweren Verbrechens ist ein Mann, wie der vor uns
stehende, nicht fähig; was aber der Verlust seiner Ehre noch
aus ihm machen wird, das wagen wir nicht zu entscheiden,
und eben in dieser unheimlichen Ahnung, welche uns unwill-
kührlich beschleicht, liegt das tieftragische Moment des Bilves.
Die Kinder, welche im Hofe stehen und neugierig auf die
Scene blicken, bilden gleichsam das Publikum und werden
die Neuigkeit von dem Geschehenen bald überall hin ver-
breiten. Schade, d.aß hier das versöhnliche Element nicht
mehr hervorgehoben ist, aber der Ausdruck genügt nicht, und
außerdem sind einige Figuren verzeichnet, oder wie das
Kind im rothen Röckchen ganz formlos und störend in der
Farbe. Diese möchten wir überhaupt leuchtender und
weniger schwer wünschen. — O. Geertz, ein talentvoller
Künstler, welcher aber auch bis jetzt in der modernen trost-
losen Weltanschauung allzp sehr befangen war, hat mit seineni
letzten Bild, „Der Bettelpsennig", einen glücklicheren Weg
eingeschlagen. Ohne an Naturwahrheit, die das Fundameiit
jeder Kunst sein muß, einzubüßen, zeigt er uns diesmal ein
Bild der Kindheit, welches uns nicht ivie sonst so oft abstößt,
sondern mit Wohlgefallen erfüllt. Sollte der Fanatismus
des Häßlichen in der Kunst sich ausgelebt haben, sollte man
fortan das Häßliche nur malen, wo es als Gegensatz nöthig
ist, es aber nicht mehr als Zweck betrachten, sollte man
Häßlichkeit und Charakteristik wieder scheiden können, die
unauflöslich verwachsen schienen? Dieser Betteljunge liefert
den Beweis, daß Charakteristik und Anmuth sich sehr wohl
vertragen. Gern blickt man in sein hübsches Gesicht, freut
sich seiner Sorglosigkeit, seines Uebermuths, mit dem er die
erbettelten Pfennige in der Luft tanzen läßt. Die Armuth
dieses Knaben hat nichts Abstoßendes, seine zerrissenen Kleider
lassen hübsche, gesunde Glieder sehen, die Sonne bescheint
ihn, ja der zarte Schätten einiger Bäume auf der weißen
Mauer hinter ihm, beiläufig qesagt ein malerisches Virtuosen-
stück, lassen sogar eine liebliche Umgebung ahnen. Welche
Wohlthat, nachdem man in den letzten Jahren so viel Elend, so
viel poesielosen Jammer, so viel düstere Winkel, schmutzige
Straßen und was das Schlimmste ist, so viel welke und
verdorbene Kinder hat betrachten müssen! — Jn der per-
manenten Ausstellung des Herrn Schulte geben uns einige
treffliche Bildnisse die srohe Ueberzeugung, daß die gute
Porträtmalerei bei uns noch nicht gaiiz verloren gegangen
ist, ja daß Künstler, bei denen eine Abnahme sichtbar war,
einen neuen Aufschwung genoinmen haben. Den besten
Beweis dafür liesern das Bildniß eines älteren Herrn von
Prof. Röting, und das einer jungen blonden Dame vvn
Scheurenberg. Die Harmonie und Wirkung in letzterem,
das helle Kolorit, das lichte Haar, die zartrosa und weiße Ge-
wandung, zeugen von entschiedenem Farbensinn, und der
feins Aiisdruck des Gesichtes von sinniger Auffassung der
Natur. Gleichen Beifall können wir nicht den weiblichen
Köpfen in halber Lebensgröße von M. Wiegmann schenken,
ganz unkünstlerisch abcr crscheint das Familicnbild von
Prof. A. Bauer. Ebenso wenig dünkt uns das zweite Ge-
mälde desselbcn, eine Genrescene im griechischen Kostüm, des
Künstlers würdig, der srüher manche gute Werke qeliefert
hat. Es heißt überhaupt sich auf's Glatteis wagcii, wenn
Snmmlmigen und AnSstellungen.
226
Ner'-^2ch dem-Beschauer, das Bilv als Jllustration zu Wag-
Nusnxs^?,br zu adopttren. Das Meiste ist blos als Skizze
^mhrt m ftnden sich auch manchs ganz hübsch durch-
Und -olätter, so namentlich aus den „Meistersingern"
llUch '-Fliegenden Holländer". Gleiches Lob verdienen
voll^^A Künstlers Kartons zu „Tristan und Jsolde". Als
bezxjH ^ unreif sind dagegen die Arbeiten von Wagner zu
> kein technischer Vorzug beschönigt den Mangel
^Ueii R Gehaltes. Ebenso ablehnend müssen wir uns
lluch ,^tquarellen gegenüber verhalten, in denen sich übrigens
üu Br„ L^uubende Verzeichnungen finden. Wenn sich Elsa
ugemach Lohengrin'S mit netto vierzehn Kopflängen
ällnim» t,' su könnte nian eher Lohengrin die naive Frage
Dt. „Von welcher Art bist du?" — Wagner reicht
^/uarz mit seinen Oelbildern „Tannhäuser's Er-
die x, 8 und „Verlobung Lohengrin's mit Elsa" ebenbürtig
lluf Solche Gestalten würden selbst mit guter Stimme
stlba ^ Bühne nicht reussiren, auf dem Bilde ohne die-
shrx Ml? so weniger; lassen wir den Vorhang gnädig über
die Ni^ngel fallen. Ob vr. Hausegger, ais er zur Zeit
^llgen . 8vn-Skizzen entwarf,' an Richard Wagner dachte,
sr>ib^^ »icht W behaupten. Das Streben des leider
^iissten verstorbenen genialen Mannes wurde durch die
i ^ächt dieser Arbeiten seinen Freunden wieder in's
iriu „„»iß gerufen. Nur hätten wir gewünscht, daß auch
"»orh^ 7»erer Karton „Die Götterdämmerung" sich zu dem
^Uigb M»en gesellt hätte. — Es erübrigt uns nur noch
>>e dxr^rte über Hoffmann's „Dekorations-", oder, wie
'Oiihu ^ütalog nennt, „scenische Entwürfe" zu Wagner's
ll>ert^?sestspiel anzufügen. Es ist schon viel Rühmens-
särb/jj während der Festspiele in Bayreuth über diese
usbstu,,?. geschrieben worden, hier prnsentiren sie sich als
^2eiä,t ^ Wandbilder, und die heutige Beurtheilung mag
!sll,u^^ um so unbefangener sein. Die Bilder sind, was
!^Nek„j "ch die Landschaft anbelangt, mit viel Schwung und
ch g^„koinponirt und der große 'Stil Preller's ist in ihnen
^. >er Hinstcht gelungen weitergeführt, nur drängt sich
!>stv»,^ »u hier und da zu deutlich iii den Vordergrund, das
, Arb»?^" tst ?» wahrnehmbar. Jmmerhin sind aber
? ihxx,, UdN schätzenswerthe Leistungen und stiegen noch mehr
Nt'e» ? Werth, wenn sie ohne Staffagen wären. Letztere
»^son^llilen geradezu den Eindruck des Bildes. Die
zsistugj, Wagner's selbst betreffend fanden wir Lenbach's
,' Portrüt, eine Medaille zu „Ehren Wagner's" von
ubiNier eine mittelmäßige Büste, Wagner's Arbeits-
his tzou^ "^u^ufried", ein Facsimile deS Meisters u. dgl.
ri llgux^.o, ? übrigen Ausstcllungswerken im Anhange der
b.ftliuc, usstellung machte Prof. A. Menzel's „Die Linden
tu lligz ll'u Nachmittag des 3t. Juli 1870", die Abxeise des
t lllliebi,^ Armee, verdientes Aufsehen. Ein historisches
^istjx uchl Wahrheit der Darstellung und feiner Charak-
e 0. » einzelnen Typen.
, U Düffcldorf. Ein Bild von Bedeutung ist das jetzt
.llllldx „ U üer Herren Bismaier >L Krauß ausgestellte Ge-
so Schulz: „Verlorene Ehre". Die in der Neu-
d? ^tück ^8 verfochtene Nichtung, in der bildenden Kunst
e, > llleii,., ben wiederzugeben, aber auch weiter nichts als
u?llu tüni- " lline Photographie ohne Retouche, hat hier
u,llllrllst„?Meu Vertreter gefunden. Der Naturwahrheit und
»lUklikb, stuk darf sich das Bild rühmen, aber über die
U> ^ üein j üeht es nicht hinaus. Daher können wir uns
kjllUig' ibaurigen Vorgang, welchen es darstellt, ebenso
ffUei bj, se, wenn wir Ziischauer eines solchen im Leben sind,
sin^brass Wehmuth, einer Trostlosigkeit erwehren, ja eines
sni, llbe„ dem elenden menschlichen Dasein. Dies
Uinii"^^ üie Gefühle, welche ein Kunstwerk erregen
io„ lllt a,„,8anz unversöhnt darf es uns entlassen, sei sein
U,ll» ab„„^ uoch so traurig. Solch' ein Trost in Thränen
bki, llu „>,lluv durch das Schöne in der Kunst gegeben
h u, so'ut,,, udings nicht durch kalte, konventionelle Schön-
llU'llivuio s? durch eine warme belebte, durch eine reine
eE'llkuuä^^llV Ljff'j^^ d„»ch einheitliche' Gruppirnng und
st„ll»kh>' »urih ben rührenden, versöhnenden Ausdriick, sei
Hub^ 'u denä -?> kurz durch irgend einen Hoffnungs-
^Ui so „'".^uiikel des irdischen Schmerzenslabiirinthes.
- lllliua , schmachten wir hier nach einem solchen, als
lliternd'js, ^lls s'ch unsern Augen cntivickelt, tief
U' und eben in seiner Wirkung auf den Be-
schauer Zeugniß ablegt von der Kraft und Ausdrucksfähig-
keit des Künstlers. Wir sehen in einem Gefängiiißhof zwei
Angeklagte vor uns, die eben von einem Gensdarmen der
Behörde abgeliefert werden. Die Polizeibeamten, ausgediente
Militärs, sitzen hinter einem Tisch mit Schreibmatsrialien,
und während der eine es sich in seiner gesicherten Stellung
wohl sein läßt bei Tabak und Vier, hört der andere dem
Bericht des Gensdarmen mit Spannung zu, achtlos, welche
Qual derselbe dem einen Gefangenen erregt. Kein yrößerer
Gsgensatz ist denkbar als zwischen den beiden mit eineni
Strick an den Händen zusammengöfesselten Angeklagten.
Während der eine sich lange selbst anfgegeben hat und mit
Falstaff zu fragen scheint: „Was ist Ehre? kann Ehre ein
Bein ansetzen?" treibt den andern cben der Verlust dieser
Ehre zur Verzweiflung. Der kleine, rothe, dickliche Strolch
läßt sich die Sache nicht anfechten; in den edlen, scharfen
Zügen des großen, dunklen, sshnigen Mannes aber, defsen
Tracht ihn als Gebirgsjäger bezeichnet, arbeiten 'Wuth und
Schmerz. Der Hund, welcher zwischen seinen Füßen sitzt,
scheint alle Empfindungen des Herrn zu theilen. Wahr-
scheinlich lisgt hier eine Anklage auf Wilddieberei vvr; denn
eines schweren Verbrechens ist ein Mann, wie der vor uns
stehende, nicht fähig; was aber der Verlust seiner Ehre noch
aus ihm machen wird, das wagen wir nicht zu entscheiden,
und eben in dieser unheimlichen Ahnung, welche uns unwill-
kührlich beschleicht, liegt das tieftragische Moment des Bilves.
Die Kinder, welche im Hofe stehen und neugierig auf die
Scene blicken, bilden gleichsam das Publikum und werden
die Neuigkeit von dem Geschehenen bald überall hin ver-
breiten. Schade, d.aß hier das versöhnliche Element nicht
mehr hervorgehoben ist, aber der Ausdruck genügt nicht, und
außerdem sind einige Figuren verzeichnet, oder wie das
Kind im rothen Röckchen ganz formlos und störend in der
Farbe. Diese möchten wir überhaupt leuchtender und
weniger schwer wünschen. — O. Geertz, ein talentvoller
Künstler, welcher aber auch bis jetzt in der modernen trost-
losen Weltanschauung allzp sehr befangen war, hat mit seineni
letzten Bild, „Der Bettelpsennig", einen glücklicheren Weg
eingeschlagen. Ohne an Naturwahrheit, die das Fundameiit
jeder Kunst sein muß, einzubüßen, zeigt er uns diesmal ein
Bild der Kindheit, welches uns nicht ivie sonst so oft abstößt,
sondern mit Wohlgefallen erfüllt. Sollte der Fanatismus
des Häßlichen in der Kunst sich ausgelebt haben, sollte man
fortan das Häßliche nur malen, wo es als Gegensatz nöthig
ist, es aber nicht mehr als Zweck betrachten, sollte man
Häßlichkeit und Charakteristik wieder scheiden können, die
unauflöslich verwachsen schienen? Dieser Betteljunge liefert
den Beweis, daß Charakteristik und Anmuth sich sehr wohl
vertragen. Gern blickt man in sein hübsches Gesicht, freut
sich seiner Sorglosigkeit, seines Uebermuths, mit dem er die
erbettelten Pfennige in der Luft tanzen läßt. Die Armuth
dieses Knaben hat nichts Abstoßendes, seine zerrissenen Kleider
lassen hübsche, gesunde Glieder sehen, die Sonne bescheint
ihn, ja der zarte Schätten einiger Bäume auf der weißen
Mauer hinter ihm, beiläufig qesagt ein malerisches Virtuosen-
stück, lassen sogar eine liebliche Umgebung ahnen. Welche
Wohlthat, nachdem man in den letzten Jahren so viel Elend, so
viel poesielosen Jammer, so viel düstere Winkel, schmutzige
Straßen und was das Schlimmste ist, so viel welke und
verdorbene Kinder hat betrachten müssen! — Jn der per-
manenten Ausstellung des Herrn Schulte geben uns einige
treffliche Bildnisse die srohe Ueberzeugung, daß die gute
Porträtmalerei bei uns noch nicht gaiiz verloren gegangen
ist, ja daß Künstler, bei denen eine Abnahme sichtbar war,
einen neuen Aufschwung genoinmen haben. Den besten
Beweis dafür liesern das Bildniß eines älteren Herrn von
Prof. Röting, und das einer jungen blonden Dame vvn
Scheurenberg. Die Harmonie und Wirkung in letzterem,
das helle Kolorit, das lichte Haar, die zartrosa und weiße Ge-
wandung, zeugen von entschiedenem Farbensinn, und der
feins Aiisdruck des Gesichtes von sinniger Auffassung der
Natur. Gleichen Beifall können wir nicht den weiblichen
Köpfen in halber Lebensgröße von M. Wiegmann schenken,
ganz unkünstlerisch abcr crscheint das Familicnbild von
Prof. A. Bauer. Ebenso wenig dünkt uns das zweite Ge-
mälde desselbcn, eine Genrescene im griechischen Kostüm, des
Künstlers würdig, der srüher manche gute Werke qeliefert
hat. Es heißt überhaupt sich auf's Glatteis wagcii, wenn