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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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C. C. Newton's zweiter Bericht über die olympischen Entdeckungen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0293

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57?

C. T. Newton's zweiter Bericht über die olympischen Entdeckungen.

578

Päonios im Lichte stehen bei cinem Vergleiche mit
des Alkamenes; denn hier sind die Gestalten meistens
^ Gruppen vereinigt, deren Motiv wegen der Heftig-
der dargestellten Handlung leichter zu entziffern ist,
überdies hat sich eine Anzahl Köpfe erhalten.

„Aber selbst wenn ich dies zu Gunsten der Kom-
^sitivn des Päonios in Anschlag bringe, halte ich doch
^ Skulpturen dcs Westgiebels für weitaus die schöneren
^ter den beiden, sowohl der Ersindung als auch der Aus-
^hrung nach. Frcitich lciden die Gewänder meistcntheils
dersclben schweren und plumpen Bchandlung, welche
^>nen so empfindlichen Mangel der Skulpturen aus dem
^stgiebel bilven; aber diese Uuvollkommenheit wird durch
nieisterhafte Ausführung der nackien Thcile, nament-
^ch an den Köpfen, aufgewogen. Die allgemeine lleber-
^nstinimuug in der Gewandbehandlung bci beiden Giebel-
leldern macht es wahrscheinlich, daß sowohl Alkamencs als
nuch Püonios die Ausführuug ihrcr Entwürfe bei Neben-
^guren und Einzelheiten den elischen Küustlern über-
^ßen, daß dagegen bei den Köpfen und nackten Theilen
Meister selbst die letzte Hand anlegte. Sodanu
^'rstn wir nicht vergesscn, daß wir diese Fragmcnte
^Uter sehr ungünstigen Verhältnissen vor uns sehen.
sind bestimmt, in einer gewissen Höhe auf das Auge
wirken, und die Farbe muß wesentlich zu ihrcr
^eutlichkcit beigetragen habcn. Jn der gewöhnlichen
''Ugenhöhe betrachtet, entfalten sie nicht den Reiz und
Zauber der Giebelskulpturcn vom Parthenon, bci
?nen die Großartigkeit der Gesammtwirkung durch die
^berall in der Ausführung zu Tage tretende vollkommene
E'errschaft über den Stoff noch gesteigert wird. Aber
^ure es nicht möglich, daß Alkamenes' Skulpturen an
^ Stclle, für welche sie bcstimiut waren, vielleicht
wirksamer und klarer waren als die Parthenon-
^ulpturen unter den gleichen Bevingungen? Es würde
belehrend sein, einmal Abgüssc beider Skulptur-
^hen in ihrer ursprünglichen Höhe in Giebelfeldern
^Ufzustellen; doch würde der Bersuch schwerlich ein be-
s/uinites Resultat ergeben ohne eine Ergänzung der
^urben, welche sich einst mit dcm Chiaroscuro untcr
^Ui griechischen Himmel vereinten, und ohne die feinen
, °Utraste und Gegensätze in der Gruppirung, welche
'u der Originalkomposition die verschiedenen Gruppen
Uud Gestalten zu einem harmonischen Ganzen ver-

"uuden.''

Ätb

Auf eine Beschreibuug der hinlänglich bekänntcn

T'Uasriietope folgt eine Notiz über das später gefundene
^uchstück ejuer andern Metope von der östlichen Vor-
„Athena stehend, die liuke Hand auf ihren auf-
stehenden Schild gelegt. Jhr Haupt ist rechtshin
^Wendet, gleichsam um Herakles Muth einzuflößen.
trägt einen Helm mit Busch, aber keine Aegis.
Figur ist wegen der strengen, architektonischen

i Schönheit ihrer Linien bemerkenswerth. Der Rest der
Metope, zu der sie gehörte, hat sich noch nicht gefunden."
Ferner bemerkl Newton, daß dieStelle der von Mummius
geweihten goldenen Schilde „zwischen den Triglyphen"
uoch deutlich an den Umrissen zu erkennen sei*).

Weitere Bemerkungen beziehen sich auf einige Jn-
schriften, besonders die der Basis des von den Eretriern
gewidmeten, von Philesios gefertigten ehernen Stieres,
dessen vier Fußspuren noch auf der Basis sichtbar seicn,
von welchem selbst aber nur ein (sehr schönes) Ohr
und ein Horn sich gcsunden hätlen. Endlich schließt
Newton mit ciner Würdigung des ganzeu Unteruchmeiis
und seiner Leiter, welche in dem Munde des fremden
Gelehrten und iu ähnlichen Arbeiten rühmlichst erprobten
Forschers doppelt gewichtig ist:

„Der Dienst, welchen die deutsche Nation Europa
durch dies Unternehmen leistet, wird schwerlich gehörig
gcwürdigt werden, ehe cinmal die Ergebnisse ihrer uu-
eigennützigen und unermüdlichen Bemühuiigeu sorgfältigcr
studirt sein werden. Jeder Tag Arbeit iu der Altis
bringt irgend eine ueue Thatsache für die Archäologie
der Zukunft an's Licht. Die Kosten der Ausgrabungen
siiid groß, namentlich in dieser Jahreszeit, wo der Tage-
lohn in Griechenland sehr hoch ist, alleiu das Volk,
welches dieses edle Werk zum Besten der ganzen gebil-
deten Welt unteruommen hat, wird vor den Kosten nicht
zurückscheuen. Die Uebcrwachung so umfasscnber Ar-
beiten verlangt unausgesetzte Anstrengung, unermüdliche
Wachsanikeit und reife Erfahrung; das olympischc Klima
ist ini Sommer tödtlich und zu jcdcr Jahreszeit an-
greifend für diejcnigen, welche dort wohnen müssen.
Aber Deutschland hat ein Geschlecht von Gelchrtcn,
dercn vorgängige Erziehung ihuen gerade die fürOlympia
erforderlichen Eigenschaften gewährt, welche harluLckige
Beharrlichkeit mit unauslöschlicher Begeisterung' ver-
einigeu, deren Gelehrsamkeit immer zur Stelle ist, um
bie durch die Ausgrabungen zu Tage geförderten neuen
Erscheinungen zu beleuchten und zu erklären, und deren
scharfe Beobachtung oftmals aus einer verwirrten Masse
von Einzelheiten, welche dem ungeübten Auge gleichgiltig
und unbedeutend erscheinen, den Faven zu werthvollen
Entdeckungen herausfindet. Ich hatte bei diesem zwejten
Besuch in Olynipia das besondere Glück, Professor
Curtius zum Führer durch die Ausgrabungen zu haben,
und ebenso genoß ich den Vortheil vieler werthvollen
Belehrung von Seiten der Herren Weil und Stein-

*) Lstivsvn tk>s tri»Izipb8. Danach würde man an die
Metopen der Außenseite, welche bekanntlich keine Reliefs ent-
hielten, denken, jedoch läßt sich die von Pausanias über-
lieferte ungrade Zahl 21 schwer mit der graden Zahl der
Metopeu, zwölf an der Vorderseite, oereinigen. Die gewöhn-
liche Annahme sucht die Schilde auf dem Epistyl (r^? uTrxx,
rwv xrönion xara ro ^xrör); sollte

bslow statt bstvrsoii zu lesen sein?
 
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