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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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687

Sammlungen und Ausstellungen.

688

Außer diesm größeren zusammenhängenden Auf-
nahmen finden wir noch einzelne interessante Blätter,
wie die hübsch getheilte und profilirte Thüre am Bap-
tisterium zu Pistoja, das bekannte deutsche Renaissance-
portal im Schloßhof zu Tübingen, mehrere schmiede-
eiserne Gitter aus Graz und Jnnsbruck, endlich n. A.
auch noch die Grundrisse des in einem früheren Jahr-
gang erschienenen, hiermit vervollständigten Projektes für
die k. k. Museen des Oberbauraths v. Hansen- Ein
kurzer Text auf einem Blatt desselben Formats giebt
einige erwünschte Erläuterungen zu den Aufnahmen.

Daß noch immer etwas zu wünschen und zu ver-
bessern übrig bleibt, z. B. die Gleichmäßigkeit des
Papiers, ferner entsprechendere Wahl des Maßstabs der
Verjüngung imVerhältniß zum dargestelltenObjekt u.a.m.
— das ist gewiß dem thätigen Vorstand ebeufalls nicht
entgangen nnd dürfte für die Zukunft möglichst berück-
sichtigt werden.

Somit hat in diesem ersten Jahre der neuen Aera
der „Wiener Bauhütte" der Berein wiederum seiner
Aufgabe vollkommen und sehr befriedigend Rechnung
getragen, der Aufgabe, „die zahlreichen Kunstdenkmale,
die eine alte glanzvolle Vergangenheit auf dem Boden
Oesterreichs zurückgelassen hat, zu publiziren und dadurch
nicht nur vielen Architekten und Archäologen werthvolles
Material an die Hand zu geben, sondern auch den Be-
weis zu liefern, daß selbst durch die einsamen Thäler
unserer Heimat der Genius der Kunst gezogen."*)

Noch sei erwähnt, daß zur Förderung dieser Zwecke
das k. k. Unterrichtsministerium dem Verein eine ange-
messene Subvention zukommen ließ, und zwar mit der
Bedingung, daß die Redaktion der Publikationen unter
Aufsicht der Herren k. k. Oberbauräthe v. Ferstel,
v. Hansen und Schmidt erfolge — „einer Bedingung,
welcher sich der Verein um so lieber unterwirft, als
ihm ja dadurch der Rath und die wirksame Unter-
stützung der genannten Capacitäten gewissermaßen zuge-
sichert wird."

Wir können diesen Bericht nur mit der Erwar-
tung schließen, daß durch das neue frische Leben in der
Vereinsthätigkeit das Interesse der Theilnehmer wieder
geweckt werde und erhalten bleibe, und daß der Verein
auch in weitern Kreisen immer mehr Freunde und theil-
nehmende Mitglieder gewinne. H.

*) Jahresbericht des Vereins für 1876, S. 4.

Sammlmigen und Ausstellnngen.

4V. Kasseler Kunstverein. Es ist bezeichnend für die
herrschende Richtung auf das Genrehafte, daß man sogar
Thierbilder in dieser Weise auffatzt, sehr im Gegensatz zu
den alten Meistern, welche sich meist damit begnügten, die
einfache Natur in schlichter Weise wiederzugeben. Der Ge-
schmack des Publikums findet keinen Gefallen mehr daran,
chjchafe, Kühe, Pserde einfach dargestellt zu sehen, wie ste
fich geben, es mutz irgend ein kleiner und wo möglich komischer

Effekt dabei angebracht werden, damit nur das Bild untes
zahllosen Nachbarn auf der Ausstellung die Aufmerksamkelt
der Besucher auf einen Moment fesseln kann. Jn der Regel
ist freilich auch die Ausführung nicht der Art, um eines solchen
Nebenreizes, womit der Künstler den Blick von der
Hauptsache hinweg auf Nebendinge zu lenken sucht, entbehren
zu können. Letzteres findet indeffen keine Anwendung auj
das Gemälde, welches uns zu obiger Betrachtung Anlaß
gab, und das bei seiner trefflichen malerischen Behandlung
der künstlichen Motivirung keineswegs bedurft hätte. Es
ist ein Bild von O. Gebler in München, „Ein Besuch ün
Stall" betitelt. Die äußere Situation ist hier damit g^-
geben, daß sich ein kleines Kind mit seinem Spielzeug nn
Schafstall uiedergelaffen hat, das Treiben junger KanincyeN
beobachtend, während es selbst den Gegenstand der Neugierde
für die umstehenden Schafe bildet. Letztere sind mit ge^
wohnter Virtuösität gemalt, nur scheinen leider die Originale
in bedenklichem Gräde räudig gewesen und vom Schäfer
selbst weniger gut behandelt worden zu sein als im Bilde
vom Künstler. Auf obigen Besuch im Stall, d. h. auf das
Kind, hätten wir aber üm so lieber verzichtet, als dasselbe
am wenigsten gut gelungen ist. Wir fügen noch hinzu, vaß
das Gemälde für eine namhafte Summe in den Besitz eines
hiesigen Kunstfreundes und Sammlers übergegangen >st'
Die Zahl der Ankäufe von Kunstwerken, welche seit vorigew
Herbst von Seite des Vereins theils für eigene Rechnung,
zum Zweck der Verloosung, theils für Private abgeschloffe»
wurden, ist damit auf 26 gestiegen (darunter 21 ZLerke aust-
wärtiger Künstler): in jetzigen Zeiten gewiß ein sehr befrie-
digendes Resultat. Auch das landschaftliche Fach war während
der letzten Monate in unserer permanenten Ausstellung vor-
züglich gut vertreten. Vor allem nahm ein größeres Bild
von C. Triebel in Berlin, „Aus dem Mühlthal bei Wev
nigerode" durch schöne Ausführung unser Jntereffe in Am
spruch. Bei ziemlich großen äußeren Dimensionen ist das
Motiv an sich.ein immerhin einfaches, so daß sich die Kunst
des Malers um so glänzender bewährt. Aber man deukt
vor dem Bilde zunächst gar nicht an die Kunst, sondern ha>
qewissermahen den Eindruck der Natur selbst, und das geradc
ist das beste Zeugniß für daffelbe. Wie im Epos der Dichtet
hinter seinem Werk zurücktreten muß, wenn wir eineu
reinen Genuß davon haben sollen, so ist es ähnlich auch j"
der Landschaftsmalerei. Man will doch nicht immer an die
Palette erinnert sein, wie es bei der Mehrheit der virtuoö
gemalten, oft berühmte Namen tragenden Bilder, deneN
man heute auf unseren Ausstellungen begegnet, in der Rege>
der Fall ist. Wahr und schlicht in der Behandlung des
Formen wie der Luft, kann das Gemälde in jeder Hinsistst
als eine sshr tüchtige Leistung bezeichnet weroen. Dasselbs
galt von einem „Haidebild" von E. Neumann hier, welched
seinen Platz gegen jenes Gemälde mit Glück behauptete und
durchaus nicht dagegen abfiel. Es ist aber dieses Verdienst
um so höher anzuschlagen, als sich der genannte Künstlos
erst in neuerer Zeit und zwar unter ersichtlichem Einfluß
der Schule von Bromeis die völlige Beherrschung der kolo-
ristischen Mittel zu eigen gemacht hat. Diesen Arbeiten reihk
sich eine schöne Landschaft von T. Kotsch in Münchest-
„Sägemühle", würdig an. Eine hübsche Landschaft n>st
Eichen aus dem benachbarten, durch seins uralten Bauist^
riesen bekannten Reinhardswald hat auch F. Grebe >u
Düffeldorf ausgestellt. Außerdem ist im landschaftlichen Fach
noch ein kleineres stimmungsvolles Bild, „Sonnenuntergang
von A. Sommer in Altona und eine Schweizerlandschäst
von P. F. Peters in Stuttgart, „Am Glärnisch", zu nenneu-
Gustav Kadner in Blasewitz bei Dresden hat ein Genre-
bild mittelalterlichen Charakters, „Fahrende Schüler z>st
Reformationszeit", ausgestellt. Wir sehen drei dieser vagu
renden Scholaren, die sich bekanntlich auf ihren Kreuz- uud
Querzügen nicht immer darauf beschränkten, milde GabeU
in Empfang zu nehmen, wie sie fich eben mit einer cffs
stohlenen Gans auf die Flucht begeben und von den wüthestj
den Bauern, bei denen sie den Disbstahl ausführten, mst
Knütteln und Steinwürfen verfolgt werden. Zwei der
Schüler stürzen getroffen zu Boden, während der dritte nosb
mit seinem Raub zu entkommen sucht. Das Bild ist sowobj
im landschaftlichen wie im figürlichen Theil, hier mit AuS-
nahme einer mißrathenen Verkürzung bei der Figur eist^
der zu Boden gefallenen Knabsn, die nicht geringe Schwierig
 
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