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Kunstliteratur,
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erhebenden Belvedere bei Nymwegen, und im Dritisli
^Iussuw fand ich unter Nr. 91 eine Zeichnung mit
der Ueberschrift: Eltenberg, Kleef (Cleve) Hülm Neni-
brandt 1648. Rcmbrandt haltc schou in jüngeren
Jahren in seinen historischen Radirungen der Land-
schaft einen großen Spielraum gelassen, wie z. B. in
dem barmherzigen Samariter, B. 90, vom Jahre 1633,
sowie in der Verkündigung an die Hirten B. 44. Jch
bin aber überzeugt, daß er vor dem Jahre 1640 keine
ausschließlich landschaftliche Radirung gemacht hat, und
glaube, daß die älteste (B. 210) die Ansicht von
Amsterdam ist. Vosmaer's Meinung, daß die Land-
schaft mit der von Planken umgebenen Hütte, B. 232,
vom Jahre 1632, die Strohhütte mit der Schaafheerde,
B. 224, und der Milchmann, B. 213, vom Jahre
1636 datirt werden müssen, erscheint mir unhaltbar;
B. 232 ist vom Jahre 1642 und B. 224 und B. 213
fallen in das Jahr 1650. Demnach sind die große
Auzahl dieser herrlichen Landschaften, die vollkommen in
der Ausstellung vertreten waren, sämmtlich zwischen
1640 und 1652 entstanden.
Nicht minder vollständig und vollkommen traten
die Porträts auf; das des „altcn Haaring" in 4 vor-
trefflichen Exemplaren, wie es deren höchstens 20 in
der Welt giebt, des I. Six 3. Mal in gleicher Güte,
das des Anslo in wirklich erstem, äußerst seltenem Zu-
stande (lM. die in der pariser, berliner und amsterdamer
Sammlung als erster Zustand ausgegebenen Exemplare
sind der vierte), Tolling, Ephr. Bonus im ersten Zu-
stande, von dem es nur 3 Exemplare giebt, u. s. w.
Endlich fehlten nicht Rembrandt's Kapitalblätter:
„Das Hundertguldenblatt" zweimal im ersten — es
existiren davon nur 8 Exemplare — und zweimal in
ausgezeichnetem zweiten Zustande, das Loos Iiowo in der
Breite, B. 76, und die drei Kreuze, B. 78, beide
zwcimal in höchst seltenem ersten Zustande, sowie end-
lich der heil. Franziskus, B. 107, zweiter Zustand,
die den Beweis liefern, daß Rembrandt in seiner
Schvpfungskraft durch seincn finanziellen Ruin unbe-
rührt blieb.
Der Besuch der Ausstellung entsprach den Erwar-
tungen des Komito's. Zur Ehre der Engländerinneu
muß ich bemerken, daß die Zahl der studirenden Damen
nicht geringer in der Ausstellung war als die der Herren,
cine Beobachtung, die ich schon im Jahre 1857 bei der
Kunstausstellung in Manchester hatte machen können.
Da Radirungen nicht dekorativ wirkcn, so ziehe ich
daraus den Schluß, daß in Betrefs der Kunstliebe die
Engländerinnen die Damen des Kontinents über-
treffen.
Aachen, im August. vr. Sträter.
Lunstliteratur.
Das Ncttionalmuscum zu Münchcn, dessen hohe Be-
Leutnng und scine derzeitige Verwaltung. Fedcr-
skizze mit Arabesken von Joseph Maillingc^
München, C. Fritsch. 1877. 8.
« Wie der Titel erkennen läßt, enthält diese
Schrift in stark persönlich gefärbter pamphletistischer
Form einen Angriff auf die gegenwärtige Verwal-
tung des bayerischcn Nationalmuseums. Da der
Verfasser sich mehrmals im Verlaufe seiner Dar-
stellung auf Angaben und Urtheile von Bericht-
erstattern dieser Zeitschrift beruft, glauben auch wir nüt
unserm Urtheil über seine Leistung nicht zurückhalten
zu sollen. Jn Kurzem gesagt, halten wir dieselbe für
kein Meisterstück der polemischen Schriftstellerei, glaubcn
aber, daß mancher Vorwurf, den Hr. Maillinger gegen
die jetzige Verwaltung des bayerischen Nationalmuseums
erhebt, von der Direktion einer ernsten Beachtung ge-
würdigt werden sollte.
Wenn der Verfasser den hochvervienten Direktor
von Hefner-Alteneck als „Professor der kostümologischen
Eisenblech- und Schnittwaarenkunde" lächerlich machen
will, indem er ihm die Ausstattung des Trcppenhauses
des Museums in einem Stil, der „etwas an den ange-
borncn Jnstinkt irgend eines Rittergutbesitzers eriuncrt",
in die Schuhe schiebt, so ist das unsres Erachtens nicht
sehr geschmackvoll. Auch derartige „Arabeskcn", wie der
Angriff auf den ersten Konservator, der das Museum
„alle Monate nur Einmal, nämlich am Tage der Ge-
haltsauszahlung" besucht haben soll, und was dergleichen
mehr ist, hätte Hr. Maillinger lieber in der Feder
lassen sollen. Eine gewisse Bedeutung hat es dagcgen,
wenn er im Vorwort unverblümt sagt, daß „die Ver-
waltung des Museums nicht nach objektiven Normen
gehandhabt wird, sondern der Laune persönlicher Lieb-
haberei und der subjektiven Regellosigkeit des Direktors
anheimgegeben ist." Jm Verlaufe der Schrift siud es
besonders folgende Punkte, welche der Verfasser zur Er-
härtung dieses Verdikts vorbringt:
Erstens die Zerstörung der früheren Ordnung des
Museums. Diese war eine kulturhistorische. Hefner-
Alteneck hat sie theilweise durch eine fachliche ersetzt, so
daß die Arbeiten einer bestimmten Kunstindustrie, z. B-
der Schmiedeisenarbeit, in ihrer Gesammtentwickelung
für sich studirt werden können. Hieraus möchten wir
dem Direktor keinen so großen Vorwurf machen. Nur
sollte allerdings die Wahl der Fachindustrien, die man
auf diese Weise von der großen Masse der Museums-
objekte ausscheidet, nicht nach subjektivem Belieben,
sondern nach dem Stande der Gewerke an dem Orte,
wo sich das Museum befindet, getroffen werden. Die
Eiuwirkung Les MuseumS auf cinzelne Zweige der Jn-
Kunstliteratur,
788
erhebenden Belvedere bei Nymwegen, und im Dritisli
^Iussuw fand ich unter Nr. 91 eine Zeichnung mit
der Ueberschrift: Eltenberg, Kleef (Cleve) Hülm Neni-
brandt 1648. Rcmbrandt haltc schou in jüngeren
Jahren in seinen historischen Radirungen der Land-
schaft einen großen Spielraum gelassen, wie z. B. in
dem barmherzigen Samariter, B. 90, vom Jahre 1633,
sowie in der Verkündigung an die Hirten B. 44. Jch
bin aber überzeugt, daß er vor dem Jahre 1640 keine
ausschließlich landschaftliche Radirung gemacht hat, und
glaube, daß die älteste (B. 210) die Ansicht von
Amsterdam ist. Vosmaer's Meinung, daß die Land-
schaft mit der von Planken umgebenen Hütte, B. 232,
vom Jahre 1632, die Strohhütte mit der Schaafheerde,
B. 224, und der Milchmann, B. 213, vom Jahre
1636 datirt werden müssen, erscheint mir unhaltbar;
B. 232 ist vom Jahre 1642 und B. 224 und B. 213
fallen in das Jahr 1650. Demnach sind die große
Auzahl dieser herrlichen Landschaften, die vollkommen in
der Ausstellung vertreten waren, sämmtlich zwischen
1640 und 1652 entstanden.
Nicht minder vollständig und vollkommen traten
die Porträts auf; das des „altcn Haaring" in 4 vor-
trefflichen Exemplaren, wie es deren höchstens 20 in
der Welt giebt, des I. Six 3. Mal in gleicher Güte,
das des Anslo in wirklich erstem, äußerst seltenem Zu-
stande (lM. die in der pariser, berliner und amsterdamer
Sammlung als erster Zustand ausgegebenen Exemplare
sind der vierte), Tolling, Ephr. Bonus im ersten Zu-
stande, von dem es nur 3 Exemplare giebt, u. s. w.
Endlich fehlten nicht Rembrandt's Kapitalblätter:
„Das Hundertguldenblatt" zweimal im ersten — es
existiren davon nur 8 Exemplare — und zweimal in
ausgezeichnetem zweiten Zustande, das Loos Iiowo in der
Breite, B. 76, und die drei Kreuze, B. 78, beide
zwcimal in höchst seltenem ersten Zustande, sowie end-
lich der heil. Franziskus, B. 107, zweiter Zustand,
die den Beweis liefern, daß Rembrandt in seiner
Schvpfungskraft durch seincn finanziellen Ruin unbe-
rührt blieb.
Der Besuch der Ausstellung entsprach den Erwar-
tungen des Komito's. Zur Ehre der Engländerinneu
muß ich bemerken, daß die Zahl der studirenden Damen
nicht geringer in der Ausstellung war als die der Herren,
cine Beobachtung, die ich schon im Jahre 1857 bei der
Kunstausstellung in Manchester hatte machen können.
Da Radirungen nicht dekorativ wirkcn, so ziehe ich
daraus den Schluß, daß in Betrefs der Kunstliebe die
Engländerinnen die Damen des Kontinents über-
treffen.
Aachen, im August. vr. Sträter.
Lunstliteratur.
Das Ncttionalmuscum zu Münchcn, dessen hohe Be-
Leutnng und scine derzeitige Verwaltung. Fedcr-
skizze mit Arabesken von Joseph Maillingc^
München, C. Fritsch. 1877. 8.
« Wie der Titel erkennen läßt, enthält diese
Schrift in stark persönlich gefärbter pamphletistischer
Form einen Angriff auf die gegenwärtige Verwal-
tung des bayerischcn Nationalmuseums. Da der
Verfasser sich mehrmals im Verlaufe seiner Dar-
stellung auf Angaben und Urtheile von Bericht-
erstattern dieser Zeitschrift beruft, glauben auch wir nüt
unserm Urtheil über seine Leistung nicht zurückhalten
zu sollen. Jn Kurzem gesagt, halten wir dieselbe für
kein Meisterstück der polemischen Schriftstellerei, glaubcn
aber, daß mancher Vorwurf, den Hr. Maillinger gegen
die jetzige Verwaltung des bayerischen Nationalmuseums
erhebt, von der Direktion einer ernsten Beachtung ge-
würdigt werden sollte.
Wenn der Verfasser den hochvervienten Direktor
von Hefner-Alteneck als „Professor der kostümologischen
Eisenblech- und Schnittwaarenkunde" lächerlich machen
will, indem er ihm die Ausstattung des Trcppenhauses
des Museums in einem Stil, der „etwas an den ange-
borncn Jnstinkt irgend eines Rittergutbesitzers eriuncrt",
in die Schuhe schiebt, so ist das unsres Erachtens nicht
sehr geschmackvoll. Auch derartige „Arabeskcn", wie der
Angriff auf den ersten Konservator, der das Museum
„alle Monate nur Einmal, nämlich am Tage der Ge-
haltsauszahlung" besucht haben soll, und was dergleichen
mehr ist, hätte Hr. Maillinger lieber in der Feder
lassen sollen. Eine gewisse Bedeutung hat es dagcgen,
wenn er im Vorwort unverblümt sagt, daß „die Ver-
waltung des Museums nicht nach objektiven Normen
gehandhabt wird, sondern der Laune persönlicher Lieb-
haberei und der subjektiven Regellosigkeit des Direktors
anheimgegeben ist." Jm Verlaufe der Schrift siud es
besonders folgende Punkte, welche der Verfasser zur Er-
härtung dieses Verdikts vorbringt:
Erstens die Zerstörung der früheren Ordnung des
Museums. Diese war eine kulturhistorische. Hefner-
Alteneck hat sie theilweise durch eine fachliche ersetzt, so
daß die Arbeiten einer bestimmten Kunstindustrie, z. B-
der Schmiedeisenarbeit, in ihrer Gesammtentwickelung
für sich studirt werden können. Hieraus möchten wir
dem Direktor keinen so großen Vorwurf machen. Nur
sollte allerdings die Wahl der Fachindustrien, die man
auf diese Weise von der großen Masse der Museums-
objekte ausscheidet, nicht nach subjektivem Belieben,
sondern nach dem Stande der Gewerke an dem Orte,
wo sich das Museum befindet, getroffen werden. Die
Eiuwirkung Les MuseumS auf cinzelne Zweige der Jn-