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Der Kunstfreund — Band 1.1874

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Der Verein Berliner Künstler und die Verloosung von Kunstwerken für den Bau eines Künstlerhauses
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Andrea del Sarto’schen Bildes durch den Maler Stübbe. „Eine massenhafte Okular-
Inspection des Vereins überzeugt denselben von der Gründlichkeit der Arbeit, und
lässt ihn bedauern, dass zu solcher Leistung’ nicht eine frische Leinewand genommen
wurde. Ueber eine Petition, dies für die Folge zu ermöglichen, geht das Abgeord-
netenhaus leider zur Tagesordnung über.“ Das Jahr 1869 brachte eine Ausstellung-
Ed. Hildebr andt’scher Bilder, welche durch ihren Reichthum die malerische Kraft
und die gewaltige Energie des Verstorbenen überraschend zur Anschauung bringt.
Ihr Reinertrag beläuft sich auf circa 1000 Thlr. In der oft besprochenen Frage:
Wo bleiben die Ueberschüsse, welche die akademischen Ausstellungen erzielen? zu
der der Verein mit einer bis heute angewachsenen Mitgliederzahl von nahe an 300
wohl berechtigt ist, indem aus diesen Elementen den Ausstellungen, was Berlin an-
betrifft, meist allein der eigentliche Fonds des Guten erwächst, bleibt trotz
einer Petition an das Ministerium der Verein, wie das Publicum, nach wie vor im
Dunkleln. Eine andere Petition an den Minister um Zulassung einer Lotterie zu
Gunsten eines Hausbaues wird abgeschlagen.
Am 11. Januar des Jahres 1870 bezieht der Verein endlich sein neues Local
in dem sogenannten Industriepalaste des Director Geber. Ein reges Leben be-
zeichnete die vorhergehende Zeit, eine Commission für Ausschmückung des neuen
Locals wird gewählt, die Kosten der Einrichtung werden durch eine Anleihe ge-
deckt. Einer anderen Commission wird die Herrichtung der beschlossenen perma-
nenten Ausstellung übertragen; Tische, Stühle, Schränke (zu denen das Ehrenmit-
glied Cahnheim das Holz geschenkt) werden beschafft, und Mitte December 1869
schon die Ausstellung unter zahlreichem Besuche des Publicums eröffnet. Für die
Ausschmückung der Wände liehen bereitwillig ihre Kräfte die Maler Prof. Steffeck,
Glez, Wisnieski, G. Spangenberg, L. Burger, Thomas, E. Ewald, A.
Heyden, Lulves, Breitbach, Körner, Hailatz, zur Strassen, v. Wieters-
heim, Benedix, Scheerenberg. Die Räume des neuen Locales bilden einen
Sitzungssaal, Kneipzimmer, Billardzimmer, Garderobe, Bureau- und Ausstellungs-
localität, alles zweckmässig und würdig ausgestattet mit denjenigen künstlerischen
Formen und Bedingungen, die dem Verein so reichlich zu Gebote stehen. Zu der
äusseren Umwälzung gesellte sich bald eine innere. Die Einrichtung eines Ver-
waltungsrathes und einer ausserordentlichen Mitgliedschaft fordert eine Aenderung
der Statuten, Bestimmungen über die Einführung von Gästen werden entworfen,
der Sonnabend wird zum Vereins-Kneipabend, der Sonntag zum Vereins-Familien-
abend gemacht. Ein solcher Familienabend versammelt auch die Frauen und Töchter
der Künstler in den geheiligten und profanen Räumen, und unter musikalischen,
ernsten und heiteren Vorträgen, herrscht hier ein freier, ungezwungener Ton, wie
in einem grossen Familienkreise, und ein improvisirter Tanz beschliesst oft in hei-
terster Stimmung den Abend.
Auf diesem behaglichen Standpunkt indessen hat sich der Verein keinesweges
der Ruhe und dem Genüsse hingegeben, es wird im Gegentheil rastlos gestrebt und
geschaffen — überall wachsen die Ansprüche, aber auch die Leistungen. Das Ma-
terial des Archivs hat sich bereichert, in erster Reihe durch ein reiches Geschenk
des ausserordentlichen Mitgliedes 0. Janke an die Bibliothek. Eine Petition an
den Reichstag, den betreffenden Zusatz zu §. 60 des Gesetzes über das geistige
Urheberrecht, der die Nachbildung von Kunstwerken an Werken der Industrie frei-
giebt, zu streichen, und eine Petition an das Kriegsministerium um Ueber-
lassung von Bekleidungs- und Bewaffnungsgegenständen der französischen Armee zu
künstlerischen Zwecken finden ihre dem Vereine günstige Erledigung.
An dem letzten Kriege war der Verein betheiligt durch eine Anzahl mit zu
Felde gezogener Mitglieder, andere besuchten den Kriegsschauplatz zu Studien-
zwecken. Für die Münchener Verloosung zu Gunsten der Invalidenstiftung sendete
der Verein 52 Bildwerke im Werthe von über 10,000 Thalern.
Die permanente Ausstellung erzielte gleich im ersten Jahre glänzende Re-
sultate: in der kurzen Zeit vom December 1869 bis zu Ende August 1870 hatte sie
von 782 ausgestellten Kunstwerken 102 im Gesammtwerth von über 27,000 Thalern
verkauft, sie hat fortlaufend ein Capital von 60,000 Thlr. gegen Feuersgefahr zu
versichern. Beim Verkaufe von Kunstwerken begnügt sich der Verein mit bedeu-
tend ermässigten Provisionen, da er nur das Goldagio als solche berechnet, wäh-
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