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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Juniheft
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Rosenbacher, Paul: Über Closter Veilsdorfer Porzellan
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0403

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kauernde Venus her. Ich
weiß nicht, warum sie hier
als Limbacher Arbeit be-
zeichnet wird. Sollte sie
nicht in Veilsdorf entstanden
sein?

Wir haben es hier mit
einem Modelleur zu tun,
dessen Namen unter den
besten Modelleuren genannt
zu werden verdiente, wenn
man ihn wüßte.

Die Akten der Veilsdorfej
Fabrik sind leider so lücken-
haft erhalten, daß sie uns
keinen Aufschluß geben.

Wir müssen vorläufig darauf
verzichten, den großen Un-
bekannten zu nennen.

Hat er nun in Veilsdorf
gearbeitet? Ich glaube seine
Hand auch anderswo wieder-
zufinden und zwar in Fulda.

Richard Graul hat in
seinem Aufsatz über einige
Closter Veilsdorfer Figuren,

Cicerone Jahrgang I, zwar 1
nur ganz allgemein auf die
Ähnlichkeit zwischen Thü-
ringen und Fuldaer Figuren

hingewiesen, aber ich glaube die Identität der Hand, die
unsere Veilsdorfer Figuren schuf, mit der Hand, die ein
ganz bekanntes Werk der Fuldaer Fabrik modellierte,
annehmen zu dürfen.

Es ist die bekannte Fuldaer Ma- _

donna Immaculata, die unserer Figuren-
gruppe durchaus nahesteht.

Ich bilde nebeneinander ab:

Abb. 5. den Kopf der Fuldaer Madonna
nach der Ausformung im Ham-
burgischen Museum für Kunst
und Gewerbe und

Abb. 6. den Kopf der Pilgerin.

Es ist dieselbe niedrige Stirn, die-
selbe Frisur, die sich teilt. Ein Teil
des Haares über die Schulter gelegt,
der andere hängt rückwärts herunter.

Wir sehen dieselbe etwas preciöse Art
den Arm zu biegen, und vor allem
denselben nach vorn gelagerten dicken
Hals. Das alles kann kein Zufall sein.

Wenn man die Figuren selber neben-
einander stellt, ist der Gesamteindruck
ein so in jeder Hinsicht ähnlicher,
daß man nicht nur versucht wird
Modelleur, sondern auch an
glauben.

Auch den Schöpfer der Fuldaer Madonna kennen

Abb. 3. Länge 18 cm

Sammlung 0. Blohm, Hamburg

wir nicht. Die Madonna
läßt sich nicht einreihen in
das Werk irgend eines
Fuldaer Modelleurs. Wie
mir Herr Dr. Joosten freund-
lichst mitteilt, ist er der-
selben Ansicht.

Von den wenigen Mo-
delleurnamen der Fuldaer
Fabrik, die wir kennen,
kommt nur der Name Schu-
mann in Veilsdorf wieder
vor. Aber es paßt zeitlich
nicht, und Herr Dr. Joosten
teilt mir liebenswürdiger
Weise mit, daß Schumann
anscheinend nie von Fulda
fortgewesen war. Er müßte
aber längere Zeit in Veils-
dorf gearbeitet haben, denn
das Werk unseres Künstlers
ist zu umfangreich und zeigt
Rokoko und Louis seize.
Schumann ist es also nicht.
Vielleicht war es ein Künstler,
der nur kurze Zeit in Fulda
arbeitete und dann wieder
nach Veilsdorf, woher er ge-
kommen war, zurückging.
Für Veilsdorf war er jeden-
Bedeutung; das Beste, was dort

falls von großer
geschaffen wurde, stammt von ihm.

Ohne Zusammenhang mit dem heute besprochenen
Meister möchte ich, weil es sich um Veilsdorfer Gut
handelt, noch

ÄUCTUMNUS

Abb. 8.

Abb. 7. eine kleine Gruppe „Der Herbst“
und

Abb. 8. ihre Vorlage, Augsburger Nach-
stich nach Amiconi3)
aus der Folge der Vier Jahres-
zeiten abbilden.

Der Sommer derselben Folge diente
als Vorlage für die bei Graul & Kurz-
welly abgebildete Gruppe Tafel XXXV
Nr. 2, im Kunstgewerbemuseum in
Leipzig.

Amiconi scheint in Veilsdorf be-
liebt gewesen zu sein, denn auch
die im Berliner Kunstgewerbemuseum
bewahrte Gruppe der Türken mit dem
Tabaksballen ist nach Amiconis Stich
„Asia“ aus der Folge der vier Erdteile
gearbeitet.

an denselben
denselben Maler, zu

3) Derselbe Stich, wie auch sein Gefährte, Der Sommer,
ist auch in Frankenthal als Vorlage benutzt worden für die bei
Hofmann, Frankenthaler Porzellan unter Nr. 1 und unter Nr. 34
abgebildeten Gruppen.

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