Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

DOI Heft:
1./2. Juliheft
DOI Artikel:
Aus der Museums- und Sammlerwelt / Das staatliche Bauhaus in Weimar / Kunstausstellungen / Kunstauktionen / Aus der Künstlerwelt / Schweizerische Kunstchronik / Londoner Kunstschau / Aus dem Pariser Kunstleben / Neuerscheinungen des Büchermarktes / Seltene Autographen / Ein Archiv für Ärztebriefe / Fünf Andersen-Manuskripte aufgefunden / Entwicklung der deutschen Bücherei / Zwei Rembrandt der Sammlung Six in Amsterdam versteigert / Das deutsche Buch auf der finnländischen Messe / Die Hagia Sophia in Gefahr / Moderne Graphik / Neues vom Kunstantiquariat / Der Hamburger Künstlerrat an dem Reichstag / Der Kunstsammler Fritz von Gans † / Kleine Kunstnachrichten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0433

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kunftausfiellu ngeru

Bet?Unet? Künftleebaus. - Sa(on Caflivev. ~
lungc tßbccbonotüakißbß Malet?.

Wenn man nach einem Jahr angenehmer und unangenehmer
Kunstwanderungen endlich wieder „reinste“ Natur genossen hat,
nichts als flimmernde Luft und flutende Sonne, wird man an-
spruchsvoller. Man sucht alle die Spiegelungen, die uns draußen
reizten, in den Bildern wieder, die uns jetzt die Berliner Sommer-
ausstellungen bieten, und freut sich doppelt, wenn aus dem
Riesenkomplex der Farben, die draußen auf uns einstürmten, aus
irgend einer Bilderecke bloß ein paar echte Flecken uns entgegen-
leuchten.

So langweilig aber ist die Natur wahrhaftig nicht, wie sie
die meisten Maler darstellen, die die Veranstaltung „Deutsche
Städtebilder“ im Berliner Kiinstlerhause beschickt haben.
Natur und Kunst sind eben immer noch zwei Dinge, die zusammen-
gehören. Ohne die Natur hat die Kunst keine Daseinsberechtigung.
Und Oelmalerei ist nicht immer Kunst. Man muss schon seine
Sinne gehörig anspannen, um aus dieser Ausstellung das richtige
herauszuholen. Der kleine „Abend im Städtchen am Main“ von
Curt Agthe wäre so ein Bild nach meinem Gefühl oder
(wenigstens halbwegs) das „Lübeck“ des Ernst Kolbe oder der
lebendig erfaßte „Bahnhof Friedrichstraße“ von Martin Frost
oder der sehr feine, impressionistische Landschaftsausschnitt von
Haase-Jastrow. Das ist zwar wenig, aber immerhin etwas.. .

Bei Cassirer: eine Kollektion von Bildern des Martin Bloch,
der lange in Spanien lebte. Sie wirkt ermüdend, weil sie z u
groß ist. Eine Auswahl wäre nicht schwer gefallen. Und diese
Auswahl von etwa einem Dutzend (ich nenne: die „Kaffeehausszene
in Sevilla“, die „Gewitterstimmung“, die„Weinlaube“, den „dunklen
Park“, der hier ein Hauptstück ist, das „Stilleben" mit der rot-
gemusterten Decke usw.) also diese Auswahl hätte dargetan, daß
Martin Bloch die Technik der französischen Meister-Impressio-
nisten bis zu der expressionistischen Schneidigkeit eines Matisse
elastisch-virtuos zu nutzen weiß.

Neben der Kollektion Bloch hängen Aquarelle von Auguste
von Z i t z e w i t z. Akte und Landschaften sind sicher gesehen
(oft durch die Brille Slevogts, aber durchaus nicht zum Schaden
der Blätter) und in bewegungskräftige Umrisse gebracht. Im Land-
schaftlichen wird nur die notwendigste Farbe betont, und das mit
künstlerischem Geschmack. Unter den Aktzeichnungen und Figuren
fällt das apart fixierte Bildchen eines „Kindes“ auf.

Schließlich sind bei Cassirer noch Gemälde von Willy Nowak
(Prag) ausgestellt. Hier revoltiert ein Malertemperament. Starker
Hang zur Farbe paart sich mit intensivem Empfinden für seelische
Momente. Für diese Vorzüge sprechen besonders das Porträt der
Frau Stein-Däubler von 1919 und die reizvollen „drei Mädchen“
von 1920, die auf die Art des Pragers Preisler zurückgehen, der
sich aber wieder von Ludwig von Hofmann beeinflussen ließ.

Uud aus Prag kommen auch vier Maler, die man im Gra-
phischen Kabinett Neumann sieht. Vertreter der
jüngsten tschechoslowakischen Kunst. Sie heißen: Capek

Hofmann, Späla, Zrzavy. Und geben sich halb kubistisch, halb
expressionistisch. Am meisten interessiert mich Vlastislav
Hofmann, einer, der wenigstens in seiner Graphik (in seinen
Köpfen Dostojewsky usw.) reife Ausdruckfähigkeit zeigt In seiner
Malerei liebäugelt er noch zu heftig mit der „Richtung“, aber
man hat doch das Empfinden, daß er in der „weinenden Madonna“,
oder in seinem „Christus“ Wege geht, die an Subtilität der
vibrierenden Farbe künstlerisch weit über das hinausragen,
was etwa Max Pechstein in seinen Glasfenster-Entwürfen gewollt
haben mag. Daß Vlastislav Hofmann in der Darstellung eines
bolschewistischen Redners auch die Konturen der Augen usw. rot
anlegt, ist allzu schreierische Plakatmache. Trotz alledem: hier
strebt vielleicht eine künstlerische Persönlichkeit empor, die sich
der Führer-Reihe in der tschechoslowakischen Kunst (Antonin
Hudeöek, Max Svabinsky) einmal wird anschließen können.

Zrzavy, der zweite unter den vier Neu-Tschechen, hat gleich-
falls kultiviertes Farbenempfinden. Er glättet die Farben und

stuft sie ab ä la Feininger, doch die Figuren die er malt, sind
Puppenkarikaturen. Ein Beispiel: in dem Bilde „die Witwe“
behandelt er Hände, Hut und Schleier als geometrische Ornamente.
Das ist gewiß amüsant, aber es ist nichts als ein Atelierkunst-
stück; Kunst ist das nicht. Auch Joseph Capek malt geometrische
Bildnisse, aber er setzt sie kalt hin und nicht so klug, wie es
Zrzavy macht. Und Väclav Spala ringt heute noch zu sehr nach
dem Ausdruck. Vorläufig sieht er alles in unruhigen roten und
blauen Flecken.

Adolph Donath.

*

In der neuen Abteilung des Kupferstichkabinetts
im neuen Museum zu Berlin ist eine Gedächtnisausstellung für
Max K 1 i n g e r eingerichtet worden.

Zum Gedächtnis des Meisters veranstalten auch A m s 1 e r
und Ruthardt eine Klinger-Ausstellung.

*

Im Künstlerhause folgt auf die Juli - Ausstellung
„Deutsche Städtebilder“ im August eine Ausstellung des
Illustratoren-Verbandes. Für den September wird
eine allgemeine Ausstellung des Vereins Berliner Künstler
vorbereitet, für den Oktober eine Kollektivausstellung Kurt L e y d e.
Im November findet wie wir hören, als Nachfeier des 60. Ge-
burtstages Hans von Volkmanns eine Kollektivausstellung
seines bisherigen Lebenswerkes statt.

Bcaunlebiußtg.

Im August findet hier eine retrospektive Ausstellung Braun-
schweiger Bauten statt. Sie wird anläßlich der 45. Abge-
ordnetenversammlung des Verbandes deutscher Archi-
tekten und Ingenieure veranstaltet, die vom 28. bis
30. Agust in Braunschweig tagen, und sich neben der Angelegenheit
der Fragebogen in Bauordnungs-, Wohnungs- und Siedelungs-
wesen, mit der Fortführung des vor dem Kriege begonnenen
Werkes über das deutsche Bürgerhaus beschäftigen wird.

Bt?eslau.

Die Kunstausstellung Breslau 1920 im Poelzig’schen
Ausstellungshaus in Scheitnig, die vom Künstlerbund Schlesien
gemeinschaftlich mit dem Museum der bildenden Künste und der
Breslauer Akademie für Kunst und Kunstgewerbe veranstaltet ist,
wurde kürzlich durch den neuen Oberpräsidenten von Schle-
sien Zimmer, in Vertretung des am Erscheinen verhinderten
Kultusministers, eröffnet, nachdem Prof. v. Gosen, der
Vorsitzende des Künstlerbund Schlesien, die geladenen Gäste
begrüßt und die Tendenz der Ausstellung in einer kurzen An-
sprache dargelegt hatte. Der Ausstellungsleitung ist es gelungen,
eine gedrängte eindrucksvolle Schau der deutschen Kunst der
Gegenwart von Hans Thoma-Liebermann Slevogt-Corinth-Trübner
bis Kokoschka - Heckei - Pechstein - Kirchner - Oskar Moll-Otto
Mueller - Purrmann - Schmidt - Rottluff zu geben. Die Plastik ist
vertreten durch Gaul - Kolbe, v. Gosen - Lehmbruck - Margarete
Moll-Edwin Scharf-Milly Steger; ferner wurde der Veranstaltung
eine Kunstgewerbe -Abteilung vorwiegend mit Arbeiten von
Prof. Wislicenus und Wanda Bibrowicz angegliedert, desgleichen
eine A r c h i t e k t u r - Abteilung mit Entwürfen des Breslauer
Stadtbaurates Max Berg, der Architekten Effenberger, Endeil,
Poelzig u. a. Zuletzt sei noch erwähnt eine aus Breslauer
Privatbesitz der Ausstellungsleitung zur Verfügung gestellte
Sammlung der schönsten graphischen Blätter von Edward M u n c h.

Dt?esdcn.

Bei Emil Richter wurde soeben eine umfassende
Ausstellung der Gemälde von Franz D o m s c h e i t und eine
Kollektion Bilder von Paul Bürck veranstaltet. Gleichzeitig
wurden Aquarelle und Zeichnungen des Wiener Malers L a s k e
und eine graphische Kollektion von Lene Schneider-Kainer
veröffentlicht.

429
 
Annotationen