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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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9. Heft
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Sixl, P.: Entwickelung und Gebrauch der Handfeuerwaffen, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0242

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224

Zeitschrift für historiseche Waffenkunde.

I. Band.

war der Schaft leicht und billig zu ersetzen. Man
bleibt bei der Beschreibung dieses Bestandtheils zu-
meist auf die Abbildungen in den Handschriften an-
gewiesen, da die Zeichnung unverändert blieb.
Aehnlich verhält es sich mit den Visier- und
Entzündungseinrichtungen.
Die Beurtheilung der Handfeuerwaffe muss
endlich auch die Einzeln - Schussleistung in sich
schliessen, weil von dieser die Verwendung im
Felde abhängig ist und letztere wieder die Con-
struction und die Technik der Erzeugung beein-
flusst.

Burg Bioule hervorgeht, weit unter den Schuss-
leistungen damaliger Fernwaffen, da selbst die
grösseren Feuerwaffen noch hinter der Armrust und
der Schleuder rangierten.
Einen Fortschritt in der Entwickelung der Fland-
feuerwaffen zeigt nun die Abbildung auf Bl. 104b
des cod. ms. phil. 63 der Universitäts-Bibliothek zu
Göttingen; — das berühmte Kriegsbuch «Bellifortis»,
welches Konrad Kyeser als Verbannter in den böh-
mischen Wäldern anfertigen liess1) (1396—1405)
Die Abbildung zeigt einen Schützen, welcher
eine auf eine Gabel aufgelegte grössere Handfeuer-
waffe abfeuert (Fig. 14). Die Handfeuerwaffe be-
steht nach der Zeichnung aus Lauf und Schaft.
Der Lauf ist anscheinend aus Eisen, aussen
polygon, wahrscheinlich sechseckig, und mit fünf
Ringen verstärkt; die Seele scheint cylindrisch zu
sein; das Zündloch befindet sich oberhalb, zwischen
dem dritten und vierten Ringe. Rückwärts endet


Kg. 14. Schütze mit Handfeuerwaffe, aus dem Codex ms. phil. 63 der kgl. Universitäts-
bibliothek zu Göttingen (1395—1405).

A. Handschriften.
Die Münchener Handschrift gestattete nur die
Unterscheidung in grössere und kleinere Feuerwaffen,
welche auf massiven Holzgestellen mittelst Metall-
bändern befestigt waren.
Die Abbildung im cod. ms. 55 der kunst-
historischen Sammlungen des A. H. Kaiserhauses zu
Wien (Fig. 4) zeigte eine kurze becherartige Büchse
-— den Lauf -— eine hölzerne plumpe Handhabe —
den Schaft — in welchen die Büchse zur Flälfte
eingelassen war; zur Verbindung von Lauf und
Schaft dienten zwei Metallbänder — Laufringe; eine
Entzündungsvorrichtung war nicht vorhanden, das
Abfeuern musste aus freier Hand mittelst Lunte,
Holzspahn oder Loseisen besorgt werden. Die
Einzeln-Schussleistung stand, wie aus der oben mit-
getheilten Instruction über die Vertheidigung der

der Lauf in eine Tülle oder Flülse, in welche der
stangenartige Schaft eingesteckt ist; der Lauf ist schein-
bar gegen die Mündung hin verstärkt. Der Schaft
ist augenscheinlich aus Holz und hat an seinem
unteren Ende eine metallene Schutzkapsel. Eine
Entzündungsvorrichtung fehlt, die Büchse wird vom
Schützen mittelst eines rechtwinkelig abgebogenen
Drahtes oder Glimmeisens abgefeuert. Die Waffe ist
auf eine hölzerne Gabel aufgelegt, wobei das untere
Ende des Schaftes am Boden aufsteht. Die Gabel
x) Vgl. über diese Bilderhandschrift: v. Eye: «Beiträge zur
Kunst- und Kulturgeschichte vom Beginne des 15. Jahrhunderts»
im «Anz. f. K. d. d. V. 1871». — Essenwein: Quellen zur Ge-
schichte der Feuerwaffen 1872; 15 ff. u. 7. A. XI. — Jähns: G.
d. K. I. 258fr. — Köhler: Die Entwickelung des Kriegswesens
und der Kriegführung, 1887, III. 1. — A. Schulz: Das höfische
Leben, 1889 II. — v. Romocky: Geschichte der Explosivstoffe,
1895, I, cap. V. «das Feuerbuch» in Konrad Kyesers «Bellifortis».
 
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