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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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11. Heft
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Gurlitt, Cornelius: Dresdener Waffenschmiede: nach Auszügen aus dem königlichen Staatsarchive zu Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0284

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266

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

I. Band.

nein Bruder. Am 6. November 1580 schrieb der
Kurfürst abermals an den Rath zu Dresden, Baltha-
sar Drechsler habe so viel für ihn zu thun gehabt,
dass er sein Meisterstück nicht hätte fertigen können,
der Rath solle bewirken, dass das Büchsenmacher-
handwerk ihn auch ohne Meisterstück als Meister
aufnehme, weil aus seiner Arbeit seine Tüchtigkeit
zu ersehen sei (Cop. 456 fol. 172). Aber das Hand-
werk der Schlosser, Büchsenschmiede, Sporer und
Uhrmacher bat den Fürsten, keinen Präcedenzfall
zu schaffen, und wenn Drechsler von den drei Stücken
auch nur eines mache, was in vier Wochen geschehen
könne. August befiehlt nun, Balthasar solle diesen
Wunsch erfüllen, weil er «hiebeuor seinem Bruder
vorgeworffen, das er ein eingebettelter Meister
wehre» (22. November 1580, Cop. 456 fol. 188).
Sichtlich haben beide Meister dauernd in der Gunst
ihrer Fürsten gestanden. Am 19. September 1582
ward Christof die Rückgabe des Geldes erlassen, wel-
ches ihm zum Ankauf von Werkzeug geliehen wurde
(Cop. 476 fol. 98). Am 30. October erhielt er eine
neue Wohnung angewiesen (Cop. 476 fol. 339), am
21. Dezember 1586 wurde er als Büchsenschmied
mit 100 fl. jährlich angestellt (Best. 1586, Loc. 33342
fol. 649). Am 4. September 1587 erhielt er 200 fl.
geliehen (Cop. 543 fol. 287), am 14. Januar 1590
erhielt er 114 fl. 6 Groschen «aus.'Gnaden» auf dem
Neujahrsmarkt zu Leipzig, am 4. October 1590 er-
hielt er abermals, «obgleich er sich zunächst mit
einer Begnadigung gedulden könnte», wie es in dem
Schreiben heisst, 100 Thaler (Cop. 565 fol. 245).
Am 17. Dezember 1590 wurde ihm ein Flaus am
Zeughaus zu Dresden übergeben (Cop. 533 fol. 112).
Balthasar erhielt dagegen am 18. März 1579 Guss-
eisen für seine Arbeiten (Cop. 449 fol. 71—Cop. 448
fol. 90), am 15. April 1586 50 fl. Vorschuss für seine
Arbeiten (Cop. 535 fol. 205). Im Allgemeinen aber
erfahren wir wenig über die Art ihrer Thätigkeit
während der Regierungszeit Kurfürst August’s.
Die erste nachweisbare Bestellung sind wieder
Pürschbüchsen. Der Herzog Wilhelm von Braun-
schweig hatte um solche gebeten. August sendete
ihm am 3. August 1587 von Balthasar gefertigte
(Cop. 543 fol. 193). In das Jahr 1592 fällt aber
eine wichtige Erfindung. Der Kuradministrator Her-
zog Friedrich Wilhelm frag am 25. September an,
ob Christof eine fünf läufige, auf einem Karren lie-
gende Büchse machen könne, wie sie Herzog Johann
Friedrich von Pommern bestellt habe (Cammersachen
1591—-1592 III. Theil, Loc. 7297 fol. 270). Am
19. November 1593 wendet er sich an Balthasar mit
einem Verweis, warum diese Büchse für den be-
freundeten Fürsten nicht fertig sei (Cammersachen
1593 Th. IV, Loc. 7299 fol. 236). Dieser antwortet,
er könne kein Gesinde bekommen, müsse Alles allein
machen und sei vier Wochen krank gewesen (21. No-
vember 1593, ebendas, fol. 238). Aber auch im
folgenden Jahr ist die Büchse nicht fertig. Am
27. März 1594 berichtet der Oberzeugmeister Büch-

ner, Balthasar habe wenig an ihr gearbeitet, obgleich
ihm schon 60 fl. Vorschuss darauf gezahlt seien.
Weil sein Bruder nicht in Dresden sei, der ihm »mit
einratten» helfe, wisse er das Werk nicht zu vollenden
(Cammers. 1594 Th. II, Loc. 7300 fol. 315). Da
wird denn der Kuradministrator sehr unwillig. Er
befahl am 30. März 1594, Balthasar solle die Büchse
machen oder in den Thurm gesperrt werden. Ob
dies letzte geschah, weiss ich nicht zu sagen. Am
6. Februar 1595 berichtet Büchner wieder, Christof
sei wieder in Dresden eingetroffen und fragt an, was
er zu thun habe. Umgehend, am 8. Februar, kam
der Befehl, bei Leibesstrafe ihn zur Arbeit anzu-
halten (Cammers. 1595 Th. I, Loc. 7302 fol. 262, 263).
Gut Ding will aber Weile haben. Der pommersche
Herzog scheint seine fünfröhrige Büchse nicht er-
halten zu haben, denn bald nach seiner Rückkehr
machte Christof Drechsler dem Kuradministrator in
dieser Angelegenheit neue Anerbietungen.
Er schrieb ihm am 3. Juli 1595, er habe eine
«Kunst» erfunden zu Nutze des Vaterlandes, die ihm
fast sein ganzes Vermögen gekostet habe. Es seien
dies fünf Rohre, die auf einem leichten Karren lie-
gen, so dass ein Mann sie leicht regieren könne.
Bei einer Schussweite von 2 — 300 Schritt sei dies
Geschütz für Batterien beim Ausfall und in Wagen-
burgen besonders geignet. Der Karren gewähre ein
sichereres Zielen als die Gabel der Schützen. Christof
wollte grössere Trappenmassen mit seiner «Kunst
ausstatten. Er berechnet, dass bei 500 Büchsen in
der Stunde 75 000 Schuss abgegeben werden können.
Dazu brauche man 50 Centner Pulver und 100 Cent-
ner Blei; ein Mann, besser freilich zwei, könnten
das Geschütz bedienen, welches 70 Thaler koste.
Sein Geheimniss wollte er verkaufen gegen 2000
Thaler Begnadung, Rückerstattung seiner Kosten
und lebenslängliche Anstellung. Werde er abschlägig
beschieden, so müsse er sich an fremde Herrschaf-
ten wenden (Cammers. 15955 Thl. III fol. 209).
Schon am 5. Juli erhielt der Oberzeugmeister
Büchner Befehl, das Werk zu besichtigen. Er gab
am 11. Juli Bericht: Christof Drechsler sei von Gott
mit sonderlichen Gaben gesegnet, die er «allezeit
mit anwendung seines vermugens in künstlicherarbeit,
darauf er gar grosse mühe vleiss vnd vnkosten
gelegt vnd gewendet, dermassen geiibet, das sol-
ches von ihme woll zu rühmen, auch ilime ein büch-
ssenmacher in Dcutzschlande nicht leichtlich nach-
thun wirdt.» Das Werk selbst habe ihn der Erfinder
aber nicht sehen lassen, er nehme aber an, dass
5000 lebende Musketierer billiger seien, als 500 je-
ner Büchsen, doch wolle er die Arbeit nicht schmä-
lern, die wohl jener bei Drechslers Bruder Balthasar
bestellten ähnlich sein werde.
Was aus dem Werk wurde, ist nicht aus den
Acten ersichtlich. Aber auch Balthasar stellte seine
Büchse nicht fertig. Noch 1598 mahnte der Herzog
von Pommern, so dass der Kuradministrator am 18. Feb-
ruar ein sehr ergrimmtes Schreiben an Büchner we-
 
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