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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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11. Heft
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Sixl, P.: Entwickelung und Gebrauch der Handfeuerwaffen, [7]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0298

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28o

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

I. Band.

tirt wurden, und dass die Erkenntniss von der kriegs-
mässigen Brauchbarkeit der Handbüchsen das Be-
streben äusserte, die Wirkung der neuen Waffe ähn-
lich wie bei Bogen und Armrust, mit der Schnellig-
keit des Pferdes zu verbinden.
Bei der Verwendung zu Pferde waren natürlich
schon des Gewichtes wegen alle grösseren Kaliber
ausgeschlossen; war das Pferd in der Bewegung, so
musste die eine Hand das Pferd führen und für die
Handhabung der Waffe blieb nur eine Hand frei.
Interessant ist, dass nach der Abbildung in Füg. 42
das Pferd im Galopp, nach jener in Fig\ 43 jedoch
stehend dargestellt ist; in Fig. 44 führt die linke
Hand das Pferd, die rechte hält ausgestreckt die
Handbüchse.
Die Abbildungen lassen ferner entnehmen, dass
Ross und Reiter, gänzlich oder theilweise, in Panzer
und Harnisch gerüstet sind. Der Codex lat. 7239
enthält hierzu die ergänzende Bemerkung: es sei
dies nothwendig, damit Reiter und Pferd durch die
brennende Lunte oder durch das Pulver nicht verwun-
det werden-. Weiter wäre hervorzuheben, dass im

Kaiserhauses zeigt die Abbildung einer Kammer für
Hinterladung, jedoch für Feuerwaffen grösseren Ka-
libers. (Fig. 45.)
Diese Kammer wurde an das rückwärtige offene
Ende des Rohres angesetzt und zumeist durch Ein-
schieben eines Keiles festgehalten.
Fave bringt nach einem Manuscripte aus der ers-
ten Plälfte des 15. Jahrhunderts die Abbildung eines
Hinterlad-Geschützes, bei welchem die Lade, in wel-
cher das Rohr befestigt ist, rückwärts in einen recht-
winkelig angesetzten Plolzblock endigt. Die Kammer
wurde, ähnlich wie oben, an das rückwärtige offene
Ende des Rohres angeschoben und durch einen läng-
lich breiten Keil, welcher zwischen Rückwand der
Kammer und den rechtwinkelig angesetzten Holzblock
eingetrieben wurde, festgehalten (F'ave, fitudes, pl. 6,
Fig. 6—8). Dass die Hinterladung auch bei Feuer-
waffen kleineren Kalibers angewendet wurde, ist aus
der oben citirten Rechnung der Herzoge von Bur-
gund zu ersehen, in welcher zum Jahre 1431, Cou-
leuvrines erwähnt werden, welche mit beweglichen
Kammern versehen waren.


Fig. 45. Kammer fiir Hinterladung aus dem
Codex 34 der kunsthist. Sammlungen des
A. H. Kaiserhauses zu Wien.


Fig. 46. Hinterlade-Handbüchse aus dem Codex ms. 1390 der kgl. Universitäts-
Bibliothek zu Erlangen. 1500.

cod. 1. m. 197 als Geschosse «lapis bombardarum»,
im cod. 1. 7239 jedoch «pillulae plumbeae» genannt
werden. In der letzteren Handschrift ist auch noch
folgende Anmerkung beigefügt: Im Sattel soll der
Reiter Taschen und Säcke haben für Pulver und
Bleikugeln, wenn es aber am Pulver, Feuer oder
Kugeln fehle, so könne der Reiter sich vertheidigen
oder den Feind angreifen mit dem Schwerte.»
Eine neue Erscheinung in der Entwickelung der
Handfeuerwaffen enthält der cod. lat. 1390 der Kgl.
Universitäts-Bibliothek zu Erlangen (1500); derselbe
bringt die Darstellung einer Handbüchse mit Hinter-
ladung und ist schon aus diesem Grunde wichtig
und bemerkenswerth.
Die umständliche Ladeweise, welche aus Dar-
stellungen und Angaben, insbesondere aus der Mün-
chener Handschrift, zu entnehmen ist, die Anwen-
dung des mehligen oder staubförmigen Pulvers, bei
welchem nach gemachten Schüsse die Rückstände
an den Wänden des Rohres haften blieben, und end-
lich die zunehmende Länge des Laufes bei gleich-
bleibendem Kaliber, welche das Laden noch schwie-
riger gestaltete, mussten schon frühzeitig zur Hinter-
ladung führen, welche eine natürliche und nothwen-
dige Abhilfe dieser Uebelstände bewirken sollte.
Schon der Codex 34 der kunsthist. Sammlg. d. A. FI.

> Der Codex ms. 1390 (Erlangen) zeigt endlich
die Hinterladung bei einer Handbüchse (Füg. 46).
Dieselbe ist offenbar ganz aus Metall, wahr-
scheinlich Eisen, und hat in dem rückwärtigen Lauf-
ende eine gehäuseartige Verstärkung, in welcher ein
rechteckiger Ausschnitt, von oben nach unten, durch-
geht. Die Kammer bestand aus einer kurzen, am
rückwärtigen Ende geschlossenen Röhre, deren Ab-
messungen sowohl mit der Seele des Laufes als auch
mit dem Ausschnitte übereinstimmen mussten; unter-
halb dieser Röhre (Kammer) war ein durchlochter
Zapfen, welcher bei eingeladener Kammer über die
untere Laufwand Vorstand und daselbst offenbar ver-
riegelt wurde, um die Kammer während des Schusses
in dem Ausschnitte fcstzuhalten.
Derselbe Codex enthält noch eine zweite Ab-
bildung einer von dieser verschiedenen Hinterlad-
Construction, dieselbe kann jedoch wegen ungenauer
Zeichnung nicht näher beurtheilt werden.
Die Vortheile der Hinterladung waren infolge
mang-elnder Technik nicht so gross, als man nach
den heutigen Erfahrungen glauben konnte, und blie-
ben ohne jede Bedeutung.
Die Kammerstücke mussten für ein und dieselbe
Handbüche vollkommen gleich gearbeitet sein und
genau in den Ladeausschnitt passen; für eine Hand-
 
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