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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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Guerrard, Charles: Der Salon von 1877, [1]
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C. C. Newton's Bericht über die Schätze von Mykenä, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0275

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C. T. Newton's Bericht über die Schätze von Mykenä.

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"Aitäten des Malers. Sein Thema: „Der öster-
^chische Generalstab betrauert den gefallenen Marceau",

^ heutzutage, wo Frankreich wicder republikanisch ge-
^'orden ist und nach den letztcn Kriegsergebnissen sich
^ alten Heldenthaten zu erinnern alle Ursache hat,
^i'stverständlich sehr ansprechend; zu allem Uebersluß
^iirt der Katalog den offiziellen Bericht über den
deldentod des juugen republikanischen Generals, worin
vergessen ist, daß selbst der österreichische Erzherzog
gefallenen Feinde die letzte Ehre persönlich erwies.
Komposition ist wohl abgewogen uud geordnct, die
^'uppirung belebt und einheitlich und der Ausdruck der
^auer um den gefallenen Helden, bei aller Mannig-
^ligkeit, in jeder einzelnen Figur wirksam und wahr
^ Anschauuug gebracht. Das Bild hält sich von jener
^^Ueiiden Deklamation und melodramatischen Ueber-
^'jtheit, welche man an anderlei patriotischenDarstellungen
^ häufig fiudet, vollkommen frei; es spricht eme reine
^Ud vornehme tragische Prosa. Leider HLlt sich das
sulorii nicht auf der Höhe der Zeichuung und Kompo-
l'lion; xs ist trocken und hart, von schreienden, mit ein-
^Uder schlecht harmonirenden Farbentönen erfüllt, und
diotet das Bilv mehr den Reiz einer hervorragenden
^Hustration als den eines ausgeführten Gemäldes.

Das weisc Maßhaltcn des eben erwähnten Künstlers
^>chnet die anderen Historienbilder im Salon nicht aus.
^chrere Maler haben sich mit Enthusiasmus in die
^uume ungeheurer Rahmen gestürzt, ohne die Krast, sie
durchdringen. Ein Beispiel dieser Art ist das viel
^uchtete Bild von Alfred Roll, „Die Ueberschwemmuug
^'uu Toulouse 1875", in welchem wohl Kraft, Schwuug
^Ud Energie hervortreten, aber im Uebermaß und häufig
gauz verkehrler, unglücklicher Anwendung. Bor dem
^Usesselten Elemente hat sich ein armes Bauernweib auf
aus den Fluthen noch hervorragende Dach einer
Histte geslüchtet; die Unglückliche hält auf dem eiuen
ihren Säugling, mit dem andcrn zieht sie krampf-
^ft ihren ertrunkenen Knaben empor, um wenigstens
^neu Leichnam zu retten, während ein kleines, halb-
^dtes Mädchen sich an die nassen Gewänder der Mutter
^uniuiert. Der Vater liegt halbnackt, platt hingestreckt
^u und trachtct, das von drei kräftigen Ruverern ge-
^hrie Rettungsboot zu erreichen, welches bereits ein
^ulberstarrtes Weib und dcn Leichnam eines Ertrunkenen
^Ufgenvmmen hat. Die Komposition erinnert direkt an
^Us bekannle Meisterwerk von Gsricault im Louvre,
"Daz F^oß dcr gestrandeten Fregatte Medusa", dessen
^'ustnst fich auch im Kolorit und in einzelnen kühn
^usgeführten Details dcs Bildes verräth. Allein der
^uchahmende Künstler hat die meisterhaflen Eigenschaften
ll'Nes Vorbildes überbieten wollen und ist hinter deni-
^lben zurückgeblieben; aus Mangel an Geschmack hat
^ den Ausdruck übertrieben und verzerrt, wodurch der-

selbe an Wirkung einbüßte, und im Bestreben nach
breiter Durchführung hat er viele Details flüchtig und
falsch behandelt, worunter die Kompositiou im Ganzen
leidet. Uebertreibung ist auch der Hauptfehler des
Bildes von Lehoux, „Der heil. Stephan", das sich
in gewaltsamen Körperbewegungen, heftigen Gesten und
angeschwollenen Muskulaturen gefällt und jegliche Zu-
sammenfassung und Einheitlichkeit sowohl in der Kom-
position als im Kolorit vermissen läßt.

Von den eben getadelten Mängeln hält sich Bou-
guereau selbstverständlich fern. Diescr Künstler hat
in der jüngstcn Zeit hauptsächlich dadurch von sich reden
gemacht, daß er bei der Bewerbung um den Sitz in
derAkademie durch großePersonalkenntuisse überBounat
den Sieg*) davontrug; wenn er auch dergestalt seine
Garderobe durch den palmengestickten Frack bereicherte,
so ist sein Talent durch den Sitz in der Akademie eben
nicht größer geworden. Scine diesjährigen Bilder,
„Jugend und Liebe" und „Die tröstcnde Zuugfrau",
bilden die reinste Verkörperung der srostigen, manierirten,
ganz unpersönlichen Malweise, in welche unsere „Akade-
miker" so leicht verfallen. Keine Spur von Geist und
Feuer erwärmt diese mit voller Kenntniß der Form und
reifer Technik sehr geschickt und größtcntheils mit Ge-
schmack hingemalten Figuren; die Trauer auf dem einen
Bild läßt uns so kalt wie die Jugendherrlichkeit auf
dem anveren, und sogar Cupido's Flammenpfeile scheinen
in der das Bild erfüllenden Kälte kraftlos geworden zu
sein.

Paris, Mai 1877. Charles Guerrard.

E. T. riewton s Üericht über die Schiitze von
Mqkenä.

(Schluß.)

„Der engbegrenzte Raum nöthigt mich, meine Be-
schreibungen fast ausschließlich auf Stücke aus kostbaren
Metallen zu beschränken; für den Archäologen sind aber
verschiedene Gegenstände aus andern Stoffen
nicht minder interessant. Jch möchte ganz besonders
folgende Stücke der Beachtung empfehlen:

„1) Eine Anzahl kleiner Neliefs mit Hunden, in
Holz geschnitzt, wclche als smblvmutu auf einer glat-
ten Fläche von gleichem Stoffe befestigt sind. Der
Grund besteht anscheinend aus Eichenholz.

„2) Zwei alabasterne Trinkgefäße, eines davon
merkwürdig wegcn der kraftvollen Bicguugen seiner
Volutenhenkel. Diese Henkel sind am Bauch des Ge-
fäßes bcfestigt, wahrscheinlich mit Drahlstiften. Das

*) Vergl. Berggruen's Aufsatz über Bomiat iu den
„Mittheilungen der' Gesellschaft für oervielfältigende Kunst"
(Nr. 2 und 3, vom 15. März 1877, Sp. 39).
 
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