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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1. Augustheft
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Zobeltitz, Fedor von: Das Stammbuch des Heinrich von Offenberg
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Grautoff, Otto: Die Sammlung Platky in Leipzig
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0455

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Direktor des physikalischen Kabinetts Hemmer, der Hof-
astronom Pater Mayer und der Dramatiker Otto von
Gemmingen sind durch Autographen vertreten. Eine
Schweizer Reise schloß sich an und brachte Erinnerungs-
zeichen von Isaak Iselin, dem Verfasser der „Geschichte
der Menschheit“, von Salomon Gestner, den beiden
Füeßli, den Gebrüdern Lovater, Pestalozzi, dem alten
Bodmer, dem Landschaftsmaler Johann Heinrich Wüst
u. a. Im Februar war man in Italien; Pietro Palmieri,
Professor an der Kunstakademie in Parma, schenkte ihm
hier eine Landschaft und eine Tierstudie, der sardinische
Hofmaler Leonide de Marin eine Reitergefechtsszene.
Auf der Rückreise machte Offenberg nur in Dresden
halt, wo Anton Graff ihm das Porträt seines Schwieger-
vaters Sulzer in das Album zeichnete.

Eine zweite italienische Reise unternahm Offenberg
im Gefolge seiner herzoglichen Herrschaften. Über
Königsberg ging es zunächst nach Schwedt an der Oder,
wo der alte Markgraf Heinrich Friedrich von Branden-
burg mit seiner Heißgeliebten residierte, einer ehemaligen
Schauspielerin und späteren Baronin Stolzenberg, die
sich hier aber noch als Charlotte Carl, geborene Kra-
mann in das Album schrieb. In Berlin verehrte ihm
Bernhard Rode eine schöne, mit Sepia lavierte Feder-
zeichnung, in Leipzig Juliane Wilhelmine Bause, Tochter
des bekannten Kupferstechers, gleichfalls eine hübsche
Skizze. In Rom besuchte Offenberg zunächst das Ehe-
paar Zucchi, später auch Philipp Hackert (der eine
Sepiamalerei stiftete) und seinen Bruder Georg (römische
Landschaft mit dem Ponte Molle im Hintergrund). Bei
einer Vesuvbesteigung waren zwei Deutsche Begleiter,
ein Professor Becker und ein Herr Eberle, die wir im
Album wiederfinden: nämlich Wilhelm Gottlieb Becker,
den bekannten Belletristen, und Friedrich Eberle, den
bedeutendsten Vertreter der derzeitigen Wiener Volks-

dramatik. Römische Widmungen wiederum sind zwei
Zeichnungen von Friedrich Müller, dem „Maler-Müller“
der Literatur: ein Bacchanal und die Brustbilder des
Paris, der Helena und des Menelaos, sowie ein präch-
tiges Aquarell, der Golf von Neapel, von Albert Christoph
Dies aus Hannover. Auf der Rückreise trug in Florenz
sich noch der als Naturforscher bekannt gewordene Graf
Sigismund von Hohenwart ein, und der letzte Aufenthalt
in Deutschland brachte Offenberg die Autogramme
von Elisa von der Recke (nur „Elisa“ unterzeichnet),
Gleim, Friedrich Nicolai, Georg Zimmermann und
eine schöne Zeichnung nach Raphael von Wilhelm
Schadow.

Zweifellos ist das Stammbuch ein ungewöhnlich
reichhaltiges, die vielen Berühmtheiten scheinen auch zu
beweisen, daß Offenberg sich mit Vorliebe in künstle-
rischen Kreisen bewegt hat und daß er gesellschaftlich
eine sympatische Persönlichkeit gewesen sein muß. Ein
freundliches Denkmal setzte ihm 1809 in seinen „Male-
rischen Wanderungen“ sein Landsmann Ulrich von
Schlippenbach, der mit Offenberg, Fölkersam, Medern,
Recke u. a. die kurländische Gesellschaft für Literatur
und Kunst begründete.

Die Faksimile-Reproduktion des Insel-Verlags ist
außerordentlich gut gelungen. Die Wiedergabe der
Bilder in mehrfarbigem Lichtdruck besorgte vortrefflich
Albert Frisch in Berlin, der Einband imitiert rotes Maro-
quin, das in diesen teuren Zeiten schwer zu beschaffen
ist, aber die Nachahmung ist sehr geschmackvoll in
ihrer reichen Vergoldung mit dem verschlungenen An-
fangsbuchstaben des ehemaligen Besitzers auf blauem
Schilde. Der Schnitt ist gelb, das ganze Buch liegt in
einem grünen Karton. Der Begleittext von Otto Clemen,
dem ich hier manigfach gefolgt bin, verweist auf ein
umfangreiches Quellenmaterial.

Die Sammlung Platky in LetpEtg

oon

Otto Quautoff

Wenn heute ein wohlhabender Kunstfreund die Ab-
sicht haben sollte, eine Sammlung italienischer
Kunst aufzubauen, und er fachmännischen Rat erbäte, so
würde ihm gewiß von vielen Kunsthistorikern gesagt
werden, er komme zu spät. Alle Gemälde von Bedeu-
tung wären in festem Besitz. Was noch im Handel sich
befände, werde so teuer verkauft, daß ein Deutscher nicht
in der Lage sei mitzubieten. Im besten Falle könne der
Neuling vielleicht daran denken, ein halbes Dutzend
italienischer Bilder zu erwerben. Diese Binsenweisheit,
die in den letzten Jahren bis zur Ermüdung wiederholt
worden ist, hat der Leipziger Rauchwarenhändler Platky
Lügen gestraft. Er hat allerdings den Mut gehabt, auf
alle Perioden und Schulen von Masaccio bis Tintoretto
zu verzichten und hat nicht den üblichen Parvenuen-

ehrgeiz entwickelt, durchaus ein Bild von Botticelli oder
Tizian sein Eigen nennen zu wollen, sondern war von
vornherein von einem ernsten Sammlergeist erfüllt,
der etwas Besonderes haben wollte. Das intensive Kunst-
gefühl Platkys hat seine Sammlung nicht nur zu einer
besonderen, sondern auch zu einer charaktervollen er-
hoben. Das Erstaunlichste aber ist, daß er sie ohne
protzenhafte Geldverschwendung, sozusagen aus der
Erde gestampft hat. In kaum zehn Jahren hat er seinen
Bestand von sechzig Gemälden zusammengebracht.

Die italienische Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts
gehörte bisher nicht zum Hauptgebiet irgend eines
deutschen Museums. Das abstrakte Bildungsideal des
19. Jahrhunderts sah in der Malerei der italienischen
Renaissance die höchsten und reinsten Ausdrucksformen

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