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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 1
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Escherich, Mela: Carl Philipp Fohr
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0033

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Ein Studienblatt war mir beforiders intereffant; eine mit verfdjiedenartigem Bufcßwerk
bewachfene Felswand, an deren Fuß in der Ciefe ein Bad) fich zwifdjen Geftein hin-
durcßdrängt und dadurch ganz eigentümliche Ringe und Strudel zieht, was mit ganz
befonderem Fleiß djarakterißert iß. Es war mir jedesmal, als l)öre man da unten
zwi[d)en Fels und Büfdjen das unheimliche Gurgeln, Raufdjen und Plätfdjern des {Gaffers
herauftönen, Klänge und Cöne, welche oftmals dem einfam CGandernden wie fdjwafeende
Menfdjenftimmen klingen. Itjn Ratten jedenfalls diefe wunderlichen Glafferwirbel zur
genauen Nachbildung angezogen im Gedanken an das Nibelungenlied, mit dem er fld)
fo vorzugsweife befdjäftigte. Seine leßfe 3eid)nung ftellte vor, wie Hagen die (naßer-
nixen befragt. Er machte diefelbe für Frau von Humboldt. Ermüdet von der Ärbeit
geht er nach der Ciber, fid) zu baden, und fie zogen ihn da wirklich tynab, die un-
heimlichen (Llaffergeifter, den 3weiundzwanzigjäl)rigen. Nach meinem Gefühle hätte er
der Landfchaftsmalerei eine neue, höchfte Richtung geben können, die Elemente dazu
waren vollftändig vorhanden.“
Die Aufzeichnung ift zwiefach wertvoll: einmal als Kritik, in der Richter, wie des
öfteren, einen das 3eiturteil überleitenden (LIeitblick offenbart und zum andern als
verlebendigende Schilderung der befchriebenen Lüerke.
Das fchon am Beginn der Entwicklung abgeriffene Lebenswerk Fohrs mußte natur-
gemäß troh der (LIertfd)äßung des römifchen Künftlerkreifes der Vergeffenheit anheim-
fallen; troß auch einer liebevollen Biographie, die der heffifche Kunftfreund Dieffenbach
1823 (Neudruck 1918) über den Frühverftorbenen fchrieb. Erft unfere 3ßiL die auch
das Fragmentarifche ehrt, fud)t das Vergeffene und Verftreute wieder zu fammeln. Es
war die fo manchen Coten weckende Jahrhundertausftellung 1906, die zuerft an Fohrs
Gruft pochte, ihr aber nur die große „Romantifche Landfchaft“ (Privatbefife Darmftadt)
enthob, welche gleich danach in Langewiefches „Stillem Garten“ veröffentlicht und fo-
mit den weiteften Kreifen zugänglich gemacht wurde, Cfd)udi nennt fie in feinem Cext
zu der Publikation der Anstellung „eine große, etwas theatralifd) aufgebaute und hart
kolorierte, aber perfönlich gefehene Landfchaft“.
Es ift das Verdienft Dr. (LI. Cohens, daß er der Romantik-Ausftellung, Herbft 1922 in
(LIiesbaden in der Vorführung einer Anzahl von (LIerken Fohrs einen anziehenden
Mittelpunkt gab. (üir gewinnen jetjt überblick über das leider jäh abgebrochene Schaffen.
Carl Philipp Fohr ift am 26. November 1795 als Sohn eines Lehrers in Heidelberg
geboren. Noch in den Schuljahren erhielt er von Rottmann d. Ä. 3eichenunterricht. Dann
kam eines Cags dasSdjickfal inGeftalt des jungen Malers Iffel, der Fohr, eine 3eid)nung
des Fünfzehnjährigen fchend, beredete, mit ihm nach Darmftadt zu gehen. Dort fand
er in Profeffor Dieffenbach einen Freund, der ihm die für fein Leben entfcheidende
Bekanntfchaft mit Lüilhelmine von Baden, fpäterer Großherzogin von Heffen vermittelte*
Die kunftfirmige Prinzeffin fetjte Fohr ein Jahresgehalt aus, nahm ihn 1814 als ihren
Gaft nach Baden-Baden mit und fandte ihn 1815 auf die Akademie nach München. So
weit fich aus den erhaltenen 3eid)nungen fd)ließen läßt, brachte der Badener Aufenthalt
mehr Gewinn als der Münchener. Die Sd)warzwaldtannen und -bäcbe waren größere
Offenbarungen als die trockenen Cheorien der Akademie.
Aber 1815 wanderte Fohr nach Rom und t)ier entfaltete fid) die Knofpe zur Blüte.
Das Cemperament entfeffelt fich- Auch winken bereits äußere Erfolge. Der Kronprinz
von Bagern, der fpätere König Ludwig I., wird auf ihn aufmerkfam und zugleich kommt
ein Auftrag von Karoline von Humboldt für eine größere Arbeit. Der Beginn der
Laufbahn geftaltet fich glücklich, nach außen und innen. Da muß ein blöder 3ufall
alles vernichten. Fohr badet mit Freunden im Ciber, die Strömung reißt ißn weg und
er ertrinkt.
Nun blieb fein (üerk, zuerft von den Freunden pietätvoll bewahrt, fpäter verftreut,
heute zum Ceil verfchollen. Die meiften 3eichnungen und Aquarelle fanden ßd) fcijließ-
lid) in den Mufeeti zu Heidelberg und Darmftadt wieder zufammen. Das kurpfälzifche

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