Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923
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Heft 1
DOI Artikel:Escherich, Mela: Carl Philipp Fohr
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Mufeum beptjt auch ein Skizzenbud) aus der Familie Fohr, in dem der jüngere Bruder
Karl Philipps, der ebenfalls Maler wurde, Daniel Fohr (1801 — 62), 3eidrmungen von
fid) und feinem Bruder, Rottmann u. a. vereinigte.
Die ttliesbadener Äusftellung — auf deren Katalog fid) im nachfolgenden die Nummern
beziehen — brachte reiche Auswahl aus dem vorhandenen Material.
3unäd)ft Natureindrüdce aus der bjcimatlidtjen Landfdjaft: Odenwald und Schwarz-
wald. Eine aquarellierte Federzeichnung „Schloß Ofeberg im Odenwald“ (Nr. 39) trägt
das frühe Datum 1811; zwei Schwarzwaldmühlen (Nr. 40 und 41) find 1814 datiert.
Diefe frühen Arbeiten find peinliche Notizen, 3eugmffe fdjarf prüfender Beobachtung
und nicht wahllofer Naturhingabe; aber da, wo fiel) das Intereffe auf einen Eindruck
feftlegt, ftrenges Nachgehen der Erfcheinung bis in die kleinften ümftände. Als ted)-
nifd)es Mittel wird mit Vorliebe die Feder gewählt und Aquarellfarbe, die fid) dem
Stenogramm der koloriftifd)en Notizen anfdjeinend am willigften fügt.
Aus diefer 3^it ftammt wohl aud) die „Ü3aldfd)lucht“ (Nr. 30), bisher nod) un-
bekannt. Früher Verfud) in öl. Ein etwas trockenes Bild, das auf den erften Blick
an kolorierte Stahlftid)e erinnert. Die öltedjnik erweift fid) zunächft widerfpenftig.
Das ÜHaffer ift glaubhaft aber haft gemalt. Doch es brauft über die ßinderniffe und
das üemperament brauft mit. Schließlich muß man das Bild liebgewinnen. Es ift fo
viel feine Ad)tfamkeit für das Naturleben darin.
Ein kleines Ölbildd)en, „3wingenberg a. Neckar“ (Nr. 52), liebenswürdig naiv, im
Katalog vorpehtig mit einem „vielleicht“ aus dem engften Kreis gerückt, müßte im Ernft-
falle feßr früh angefetjt werden.
In die Darmftädter Jahre gehört die Bleiftiftfkizze „Architekt Köbel und Architekt
Heger“ (Nr. 49), eine meifterhafte Arbeit. Fohrs Kraft liegt durchaus nicht einfeitig in
der Landfd)aft. Das beweift aud) das Bildnis Löning (Abb. bei Schmidt, Rheinlande
1915) und das wal)rfd)einlid) gleichzeitige Selbftbildnis (Nr. 44), zwei Federzeichnungen.
Letzteres deckt {ich durchaus mit der Vorftellung, die wir uns nad) feinen merken von
dem Maler machen: ein von künftlerifchem Adel befeelter, ernfter Jünglingskopf mit
ftark nach innen gerichtetem glutvollem und zielfichcrm Blick. Der Cypus des Roman-
tikers, weltfremd aber ohne Sentimentalität, von jener fchwerblütigeri, tiefen Leidenfchaft
der Rheinlandsföhne, wie fie in der Mufik Beethovens lebt.
önd dabei fehlt nicht der Humor. Der „Nachtwächter“, die „Studenten beim Karten-
fpiel“ und die „Drei Heidelberger Studenten“ 1916 (Nr. 36—38) find von fd)mack-
hafteftem Hit* im Kontur.
Ein herrliches Bild ift der „Götj von Berlichingen, am 3igeunerlager vorüberreitend“
(Nr. 34), Federzeichnung mit Braun aquarelliert, vielleicht auch nad) 1816, eine höchft
phantaftifdje Kompofition in braufendem Cempo, deren ftürmifche figürliche ttlirbel in
flatternden (Holken nod) den Hintergrund füllen. .
Die nächfte, leider letzte Pl)afe fetjt in Italien ein. 1$17 entftehen die für Paffavant
gemalten „tüafferfälle von Civoli“ (Städelgalerie Frankfurt) und wohl um diefelbe 3eit
die „Romantifche Landfchaft“ (Nr. 30), beide auf verhältnismäßig kleinem Raum in
großem Ausmaß komponiert. Jede ein ftarker CHurf, nur nod) gehemmt durch eine
flackerige Farbengebung, was fid) befonders in der „Romantifd)en Landfchaft“ beun-
ruhigend fühlbar macht. Fohr fteht jetjt in feiner Sturm- und Drangperiode. Sein Hirn
ift von Ideen und Stoffen überfüllt und die Bilder werden zu Flußtälern, die das
ftürmende Hod)waffer feiner Ppantape kaum mehr aufnehmen können.
Aber fd)on beruhigt pd) der Drang und es kommt eine fo herrliche Schöpfung
zupande, wie die neuentdeckte „Ciroler Alpenlandfd)aft“ (Nr. 32). 3war weiß
die Koloriftik nod) Härten auf. Die Crinität von Braun, Grün, Gelbbraun in der Baum-
gruppe links drängt etwas unvermittelt vor; aber im übrigen erhebt fid) gerade hier
die Farbengebung zu hinreißender Kraft und das hinblißende Rot und Blau in der
Gewandung der ßgür!id)en Staffage wird zu Akzenten glutvoller Steigerungen. Hier
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Karl Philipps, der ebenfalls Maler wurde, Daniel Fohr (1801 — 62), 3eidrmungen von
fid) und feinem Bruder, Rottmann u. a. vereinigte.
Die ttliesbadener Äusftellung — auf deren Katalog fid) im nachfolgenden die Nummern
beziehen — brachte reiche Auswahl aus dem vorhandenen Material.
3unäd)ft Natureindrüdce aus der bjcimatlidtjen Landfdjaft: Odenwald und Schwarz-
wald. Eine aquarellierte Federzeichnung „Schloß Ofeberg im Odenwald“ (Nr. 39) trägt
das frühe Datum 1811; zwei Schwarzwaldmühlen (Nr. 40 und 41) find 1814 datiert.
Diefe frühen Arbeiten find peinliche Notizen, 3eugmffe fdjarf prüfender Beobachtung
und nicht wahllofer Naturhingabe; aber da, wo fiel) das Intereffe auf einen Eindruck
feftlegt, ftrenges Nachgehen der Erfcheinung bis in die kleinften ümftände. Als ted)-
nifd)es Mittel wird mit Vorliebe die Feder gewählt und Aquarellfarbe, die fid) dem
Stenogramm der koloriftifd)en Notizen anfdjeinend am willigften fügt.
Aus diefer 3^it ftammt wohl aud) die „Ü3aldfd)lucht“ (Nr. 30), bisher nod) un-
bekannt. Früher Verfud) in öl. Ein etwas trockenes Bild, das auf den erften Blick
an kolorierte Stahlftid)e erinnert. Die öltedjnik erweift fid) zunächft widerfpenftig.
Das ÜHaffer ift glaubhaft aber haft gemalt. Doch es brauft über die ßinderniffe und
das üemperament brauft mit. Schließlich muß man das Bild liebgewinnen. Es ift fo
viel feine Ad)tfamkeit für das Naturleben darin.
Ein kleines Ölbildd)en, „3wingenberg a. Neckar“ (Nr. 52), liebenswürdig naiv, im
Katalog vorpehtig mit einem „vielleicht“ aus dem engften Kreis gerückt, müßte im Ernft-
falle feßr früh angefetjt werden.
In die Darmftädter Jahre gehört die Bleiftiftfkizze „Architekt Köbel und Architekt
Heger“ (Nr. 49), eine meifterhafte Arbeit. Fohrs Kraft liegt durchaus nicht einfeitig in
der Landfd)aft. Das beweift aud) das Bildnis Löning (Abb. bei Schmidt, Rheinlande
1915) und das wal)rfd)einlid) gleichzeitige Selbftbildnis (Nr. 44), zwei Federzeichnungen.
Letzteres deckt {ich durchaus mit der Vorftellung, die wir uns nad) feinen merken von
dem Maler machen: ein von künftlerifchem Adel befeelter, ernfter Jünglingskopf mit
ftark nach innen gerichtetem glutvollem und zielfichcrm Blick. Der Cypus des Roman-
tikers, weltfremd aber ohne Sentimentalität, von jener fchwerblütigeri, tiefen Leidenfchaft
der Rheinlandsföhne, wie fie in der Mufik Beethovens lebt.
önd dabei fehlt nicht der Humor. Der „Nachtwächter“, die „Studenten beim Karten-
fpiel“ und die „Drei Heidelberger Studenten“ 1916 (Nr. 36—38) find von fd)mack-
hafteftem Hit* im Kontur.
Ein herrliches Bild ift der „Götj von Berlichingen, am 3igeunerlager vorüberreitend“
(Nr. 34), Federzeichnung mit Braun aquarelliert, vielleicht auch nad) 1816, eine höchft
phantaftifdje Kompofition in braufendem Cempo, deren ftürmifche figürliche ttlirbel in
flatternden (Holken nod) den Hintergrund füllen. .
Die nächfte, leider letzte Pl)afe fetjt in Italien ein. 1$17 entftehen die für Paffavant
gemalten „tüafferfälle von Civoli“ (Städelgalerie Frankfurt) und wohl um diefelbe 3eit
die „Romantifche Landfchaft“ (Nr. 30), beide auf verhältnismäßig kleinem Raum in
großem Ausmaß komponiert. Jede ein ftarker CHurf, nur nod) gehemmt durch eine
flackerige Farbengebung, was fid) befonders in der „Romantifd)en Landfchaft“ beun-
ruhigend fühlbar macht. Fohr fteht jetjt in feiner Sturm- und Drangperiode. Sein Hirn
ift von Ideen und Stoffen überfüllt und die Bilder werden zu Flußtälern, die das
ftürmende Hod)waffer feiner Ppantape kaum mehr aufnehmen können.
Aber fd)on beruhigt pd) der Drang und es kommt eine fo herrliche Schöpfung
zupande, wie die neuentdeckte „Ciroler Alpenlandfd)aft“ (Nr. 32). 3war weiß
die Koloriftik nod) Härten auf. Die Crinität von Braun, Grün, Gelbbraun in der Baum-
gruppe links drängt etwas unvermittelt vor; aber im übrigen erhebt fid) gerade hier
die Farbengebung zu hinreißender Kraft und das hinblißende Rot und Blau in der
Gewandung der ßgür!id)en Staffage wird zu Akzenten glutvoller Steigerungen. Hier
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