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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 2
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Stettiner, Richard: Der Fayencemeister L. S. und seine Werkstätte
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0072

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EINEN FROMEN TYSEN DRVNCK. Auf der (Handung des Bechers: WER WIL
TRINCKEN DER HEW MCH AVF VND SETZE MCH NIDER TRINCKE MICH AVS
VND FVL MICH WIDER. Auf dem Deckel ift in der Mitte eine kleine runde Platte
mit plaftifcßem Palmettenrand — weißer gippger Con mit gelber Bleiglafur überzogen —
befeftigt. Hrfprünglicß befand pcß auf diefer Platte woßl nod) ein weiterer Schmuck,
Knopf oder Figur. — Das Monogramm und die Jaßreszaßl 1629 bepnden pcß auf dem
unteren Rande des Bechers.
Ein weiteres Stüde in der Sammlung Falcke in London, bezeichnet LS und 1618,
von Cheffers ohne Befchreibung in feinen „Marks and Monograms“ zitiert, ift ver-
zollen.
II.
Klas verraten uns diefe Stücke über ihre Herkunft? Da kommen in erfter Linie die
fünf Apotheker topfe in Betracht. Nach (Happen und Infcßrip deuten pe nach Sachfen.
Es kann als fießer gelten, daß pe aus der Hofapotheke der fäcßpfcßen Kurfürften ftammen.
Diefe ift 1581 unter Kurfürft Äuguft I. durch deffen heilkundige Gemahlin „Mutter-
Anna“ in Dresden gegründet und reich ausgeftattet worden. Aus Augsburg wurde ein
„Difturlirzeug“, aus Großalmerode von einem Meifter Gundelacß Bücßfen, aus Hoffen
Gläfer, die aber nicht genügend gut auspelen, aus Purfchenftein ebenfalls Gläfer, aus (Halden-
bürg große, mit blauem (Happen bemalte Sirupkrüge bezogen. Hedwig, die Gemahlin
Cßriftians II., ließ 1609 die Apotheke renovieren, eine Infchrift gab früher hiervon Kunde.
Hnter Cßriftians Nachfolger, Johann Georg I., pnd dann 1618 unfere Cöpfe für die
Apotheke hergeftelit worden. Da man aber, wie die angeführten Lieferungen zeigen,
aus aller (Heit bezog, fo pnd wir damit in der Kenntnis über den Urfprung noch nicht
weiter gekommen. Erft im Beginn des 18. Jahrhunderts wurden die von der Apotheke
benötigten Fayencen in Dresden felbft hergeftelit, in der von Eggebrecht geleiteten
(Uerkftätte, fpäter im Jahrhundert dann in der Hörifdhen (Herkftätte. Cöpfe mit dem
fächfifcß-polnifcßen Klappen, mitunter mit der Jahreszahl 1718, aus diefen (Herkftätten
kommen in verfeßiedenen Mufeen vor, einzelne pnd noch in der Apotheke vorhanden:
1857 wurde auf Veranlaffung einer „Reviponskommiffion“ fap vollftändig das Inventar
verschleudert, 182 Fayencetöpfe mit blauem fädjpfcß-polnifcßen (Happen wurden z. B.
für 1 Cßaler 6 Grofcßen verkauft. Damals kamen vermutlich auch die fünf LS-Cöpfe
in den Handel. —
Gibt uns fo die durch die Infcßriften feftgelegte urfprünglicße Beftimmung diefer
Cöpfe keinen Auffcßluß über ißren ürfprung, fo kommen wir doch weiter, wenn wir
ißre Formen und ißre Ornamentik befragen.
Die Form mit der vierfachen Abßacßung des Körpers ift eine eigenartige. Stengel
ßat feßon auf jene Gruppe von Steinzeuggefäßen ßingewiefen, die wir als Kreußener
bezeichnen und unter denen diefe Art von ScßraubPafcßen ßäupger vorkommt. Er ßat
dann aber die Bedeutung des Hinweifes wieder eingefeßränkt, weil die älteften bisher
bekannten datierten Stücke diefer Art erft von 1622 pnd.
Stengel ßat ferner auch bemerkt, daß die Infcßrift an dem Berliner Pokal ißn an die
Infcßripen an den „Kreußener“ Steinzeugen erinnere. Die Scßleswiger Flafcße, die Stengel
nod) nicht kannte, verftärkt diefe Beobachtung; denn der auf ißr bepndlicße ßübfcße
Sprud) kehrt mit unwefenflicßen Abweichungen in den lebten (Horten auf einem un-
datierten „Jagdkrug“ wieder, der 1916 in Berlin (Slg. Stern) verpeigert wurde.
Aber abgefeßen von der Form, auf die id) nod) zurückkommen werde, und von den
Infcßripen, geben aud) die bei jenen Apotßekergefäßen verwandten plaftifcßen Formen
einen Anßalt: Die Karyatiden in zwei verfeßiedenen Gepalten, die eine an der Ham-
burger Flafcße, die andere an der Dresdner, Nürnberger, Scßleswiger Flafcße; ferner
die kleineren 3ierftücke — Engelsköpfe, Rofetten, Satyrmasken —, Ausdrücke aus aeßt
verfd)iedenen Formen; endlich die Ketten. Alle Einzelheiten fo feßarf, als es nur irgend-

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