Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0073
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Heft 2
DOI article:Stettiner, Richard: Der Fayencemeister L. S. und seine Werkstätte
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wie die Fayencdecßnik mit ißrer in die Ciefen fließenden 3inngiafur zuläßt, offenbar
aus ganz frifcßen Formen ausgedrückt. Diefe 3ierftücke keßren, und zwar zum größten
Ceil in genau gleicher Form, bei jener Gruppe von Steinzeuggefäßen wieder (vgl. z. B.
Äbb. 2). Diefes gilt vor allem von den Karyatiden. Für die kleineren 3ierftücke begegnen
fo zahlreiche Abwandlungen bei jenen „Kreußner“ Gefäßen, daß wir fcßon mit dem
Ergebnis zufrieden fein müffen, wenn wir einige genau gleich, die anderen nur mit
geringen Abweichungen feftftellen können.
Das unzweifelhafte Ergebnis ift: Der Cöpfer, der jene Fayenceflafcßen von 1618
herftellte, verfügte über denfelben Vorrat an Modeln, mit denen der Cöpfer der Stein-
zeuggefäße arbeitete. Beide Gruppen von Arbeiten ftammen aus derfelben Klerkftätte.
UI.
Klann, wo, von wem find diefe Steinzeuggefäße hergeftellt? Man nennt fie Kreußner.
Aber unter diefer Firma ift fo viel gelaufen und läuft noch heute fo viel, was ficßer
nicht nach Kreußen gehört — ich erinnere nur an die fogenannten Crauerkrüge, die
von Dinfeß mit Recht nach Freiberg i. S. verwiefen wurden —, daß wir jene Bezeich-
nung genau nachprüfen müffen. Es handelt P<h bei diefer Gruppe um Krüge und
Schraubflafchen aus einem im Innern des Scherbens bräunlichgrauem Steinzeug mit
bräunlicher oder brauner, mitunter ins Violette fpielender Epidermis und einer zumeift
ftumpfglänzenden Glafur. Der Schmuck ift zunächft ausfchüeßlid) ein plaftifcher: aus
Modeln gepreßte Conreliefs wurden auf dem lederharten Con mit Fjilfe von Confd)licker
in der bekannten Art befeftigt. Der Formenkreis ein ftiliftifcß eng begrenzter: Roll- und
Schweifwerk des ausgehenden 16. Jahrhunderts, in das fich in befcheidener (Ueife auch
bereits Knorpelwerk einmifcht; Karyatiden, Masken, hängende Cücßer, Frucßtbüfchel
kehren oft wieder. Cypifcßes fcßließt die Gruppe eng zufammen, wie z. B. die in Blatt-
ornamente übergehenden Masken auf den funkeln, an deren Stelle wir nur feiten und
dann zumeift bei ganz frühen Stücken einer Karyatide begegnen. Die 3aßl der plafti-
fhen 3ierftücke ift keine geringe, aber ihr Kreis, wie gefagt, doch in feiner ftiliftifchen
Eigenart fo eng, daß bei einiger Kenntnis über die 3uSc*)örigkeit zu diefer Gruppe
auf Grund jener Ornamente kaum ein 3weifel befteßen kann. Seit etwa 1622 tritt zu
dem plaftifcßen Schmuck in fteigendem Maße ein farbiger: in einem zweiten Brande
befeftigte Emaillefarben; ähnlich denen auf den bekannten deutfcßen bemalten Gläfern
des 16. und 17. Jahrhunderts. —
Man hat geglaubt, diese Gruppe von plaftifcß verzierten Steinzeugarbeiten, deren
genauere Befchreibung nicht hierher gehört, bis ins 16. Jahrhundert in ißren Anfängen
zurückdatieren zu können. Dem ift jedoch nicht fo. In Köln wurde 1893 ein Krug mit
der Bezeichnung „Äppalonia Ortlin 1611“ verfteigert, fein Verbleiben ift unbekannt,
die Richtigkeit der Jahreszahl, die zweifelhaft ift, läßt ficß fo nicht nacßprüfen. Einft-
weilen muß als ältefter bekannter Krug der von 1614 mit der Infcßrift „Frobenius
F. B. Secret“ (d. ß. fürftlicß Bayreutßer Sekretär) im Germanifcßen Nationalmufeum
gelten. 3weitältefter der „Georg Nurmberger“-Krug von 1617 in der Sammlung Schulz
in Leipzig. (Georg Nürnberger war Vogt in Kreußen.) Von 1618 zwei Krüge, der eine
früßer in der Sammlung Lanna, der andere früher in der Sammlung Paul. Von 1619
der „Banns Fjopffell“-Krug bei Dr. Lift in Magdeburg. Von 1620 wieder zwei Krüge,
der eine früßer in der Sammlung Minutoli, der andere mit der Bezeichnung „Abraham
Fjumbes 1620“ im Fjamburgifcßen Mufeum. Diefer letztere mit einem 3inndeckel, der
das Klappen von Kreußen als Marke hat. Von 1621 kennen wir bisher einen Krug, für
den Notar Georg Leutwein hergeftellt; er erfcßien auf verfcßiedenen Auktionen, fein heutiger
Aufenthalt ift mir unbekannt. Von 1622 find die erften bemalten Stücke datiert, die
auch unter den vierfeitig abgeflachten Scßraubflafcßen die älteften datierten find; die
eine befindet fich im Leipziger Kunftgewerbemufeum, die andere im Germanifcßen
Nationalmufeum. 3u diefen datierten Stücken kommen zahlreiche undatierte, die nach
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aus ganz frifcßen Formen ausgedrückt. Diefe 3ierftücke keßren, und zwar zum größten
Ceil in genau gleicher Form, bei jener Gruppe von Steinzeuggefäßen wieder (vgl. z. B.
Äbb. 2). Diefes gilt vor allem von den Karyatiden. Für die kleineren 3ierftücke begegnen
fo zahlreiche Abwandlungen bei jenen „Kreußner“ Gefäßen, daß wir fcßon mit dem
Ergebnis zufrieden fein müffen, wenn wir einige genau gleich, die anderen nur mit
geringen Abweichungen feftftellen können.
Das unzweifelhafte Ergebnis ift: Der Cöpfer, der jene Fayenceflafcßen von 1618
herftellte, verfügte über denfelben Vorrat an Modeln, mit denen der Cöpfer der Stein-
zeuggefäße arbeitete. Beide Gruppen von Arbeiten ftammen aus derfelben Klerkftätte.
UI.
Klann, wo, von wem find diefe Steinzeuggefäße hergeftellt? Man nennt fie Kreußner.
Aber unter diefer Firma ift fo viel gelaufen und läuft noch heute fo viel, was ficßer
nicht nach Kreußen gehört — ich erinnere nur an die fogenannten Crauerkrüge, die
von Dinfeß mit Recht nach Freiberg i. S. verwiefen wurden —, daß wir jene Bezeich-
nung genau nachprüfen müffen. Es handelt P<h bei diefer Gruppe um Krüge und
Schraubflafchen aus einem im Innern des Scherbens bräunlichgrauem Steinzeug mit
bräunlicher oder brauner, mitunter ins Violette fpielender Epidermis und einer zumeift
ftumpfglänzenden Glafur. Der Schmuck ift zunächft ausfchüeßlid) ein plaftifcher: aus
Modeln gepreßte Conreliefs wurden auf dem lederharten Con mit Fjilfe von Confd)licker
in der bekannten Art befeftigt. Der Formenkreis ein ftiliftifcß eng begrenzter: Roll- und
Schweifwerk des ausgehenden 16. Jahrhunderts, in das fich in befcheidener (Ueife auch
bereits Knorpelwerk einmifcht; Karyatiden, Masken, hängende Cücßer, Frucßtbüfchel
kehren oft wieder. Cypifcßes fcßließt die Gruppe eng zufammen, wie z. B. die in Blatt-
ornamente übergehenden Masken auf den funkeln, an deren Stelle wir nur feiten und
dann zumeift bei ganz frühen Stücken einer Karyatide begegnen. Die 3aßl der plafti-
fhen 3ierftücke ift keine geringe, aber ihr Kreis, wie gefagt, doch in feiner ftiliftifchen
Eigenart fo eng, daß bei einiger Kenntnis über die 3uSc*)örigkeit zu diefer Gruppe
auf Grund jener Ornamente kaum ein 3weifel befteßen kann. Seit etwa 1622 tritt zu
dem plaftifcßen Schmuck in fteigendem Maße ein farbiger: in einem zweiten Brande
befeftigte Emaillefarben; ähnlich denen auf den bekannten deutfcßen bemalten Gläfern
des 16. und 17. Jahrhunderts. —
Man hat geglaubt, diese Gruppe von plaftifcß verzierten Steinzeugarbeiten, deren
genauere Befchreibung nicht hierher gehört, bis ins 16. Jahrhundert in ißren Anfängen
zurückdatieren zu können. Dem ift jedoch nicht fo. In Köln wurde 1893 ein Krug mit
der Bezeichnung „Äppalonia Ortlin 1611“ verfteigert, fein Verbleiben ift unbekannt,
die Richtigkeit der Jahreszahl, die zweifelhaft ift, läßt ficß fo nicht nacßprüfen. Einft-
weilen muß als ältefter bekannter Krug der von 1614 mit der Infcßrift „Frobenius
F. B. Secret“ (d. ß. fürftlicß Bayreutßer Sekretär) im Germanifcßen Nationalmufeum
gelten. 3weitältefter der „Georg Nurmberger“-Krug von 1617 in der Sammlung Schulz
in Leipzig. (Georg Nürnberger war Vogt in Kreußen.) Von 1618 zwei Krüge, der eine
früßer in der Sammlung Lanna, der andere früher in der Sammlung Paul. Von 1619
der „Banns Fjopffell“-Krug bei Dr. Lift in Magdeburg. Von 1620 wieder zwei Krüge,
der eine früßer in der Sammlung Minutoli, der andere mit der Bezeichnung „Abraham
Fjumbes 1620“ im Fjamburgifcßen Mufeum. Diefer letztere mit einem 3inndeckel, der
das Klappen von Kreußen als Marke hat. Von 1621 kennen wir bisher einen Krug, für
den Notar Georg Leutwein hergeftellt; er erfcßien auf verfcßiedenen Auktionen, fein heutiger
Aufenthalt ift mir unbekannt. Von 1622 find die erften bemalten Stücke datiert, die
auch unter den vierfeitig abgeflachten Scßraubflafcßen die älteften datierten find; die
eine befindet fich im Leipziger Kunftgewerbemufeum, die andere im Germanifcßen
Nationalmufeum. 3u diefen datierten Stücken kommen zahlreiche undatierte, die nach
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