Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0110
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Heft 2
DOI article:Simon, Karl: Beiträge zur Geschichte der Keramik in Frankfurt a. M.
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Stück dod) als zu der gleichen Gruppe gehörig erfcßeinen. Etwas ferner ftet>t ilrjr fcßon
das Brud)ftück eines gleichfalls ovalen Medaillons der ürinität; wie das Ganze aus-
gefeßen hat, zeigt eine Ofenkachel (gleichfalls in Mainz), bei der unfere Darftellung das
Mittelftück ift. 3wifcßen Chriftus und Gottvater fcßwebend die Caube des heil- Geiftes
als Ausgangspunkt einer Strahlenflut. Unten tauchen in tüolken Engelsköpfchen auf.
Der Nimbus ähnlich wie bei den genannten Stücken, nur fparfamer, die Gewandbe-
handlung fließender, das Ganze eleganter (Äbb. 6).
Über die Herkunft der Mainzer Stücke ift leider nichts Näheres bekannt, doch
fpricht nichts dagegen, daß fie aus der Umgegend ftammen. Dafür fprid)t auch, daß
das Medaillon mit der „Mater dei“ und der „Ecce ßomo“ [ich als Mittelftücke von
zwei Kacheln im Naffauifcßen Landesmufeum in Wiesbaden finden, über deren Her-
kunft gleichfalls nichts Näheres feftzuftellen ift (Äbb. 7)1.
So bleibt als einzig Greifbares die Beziehung des Fayence-Medaillons zu Frankfurt,
und es ift durchaus nicht ausgefd)loffen, daß die Model hier entftanden find — um fo
weniger ausgefchloffen, als wir von einer Blütezeit der Hafnerei hier im Anfang des
17. Jahrhunderts wiffen, wo ein Meifter vom Range des Johannes Veft hier anfäffig
und tätig gewefen ift2.
Ein Stüde der Sammlungen des Hiftorifcßen Mufeums felbft gehört fießer noch zu
unferer Gruppe: eine oben halbrund [(fließende Kachel mit der ganzen Figur eines
fegnenden Chriftus, der in der halb erhobenen Linken die ttl eltkugel trägt. Am
Erdboden links und rechts je eine blühende Blume. Geßchtstypus und Haarbehandlung
entfpreeßen genau dem Ecce ßomo; nur der Nimbus ift etwas anders (Äbb. 8). Die
Infchrift: „Salvat or Munti“ in Majuskeln entfpricht gleichfalls genau denen der ge-
nannten Gruppe. Leider ift die Herkunft des Stückes nicht näher feftzuftellen; mög-
licherweife gehört es aber zu dem vor einigen Jahrzehnten in Sachfenhaufen in der
Nähe der Veftfchen CUerkftatt gemachten Kachelfunde3.
In welchem Verhältnis ftehen nun Model und Fayence zueinander? Beide fcheinen
zunächft völlig und in allen Einzelheiten übereinzuftimmen; es find aber doch Ver-
fchiedenheiten feftzuftellen, die es als unmöglich erfcheinen laffen, daß die Fayence
etwa einer Ausformung der Model entftammt; denn größer als die Model kann fie im
Brand nicht geworden fein. Die Fayence (Durchm. 36,2X27,1 cm) ift nun aber faft
2 cm größer als die Model, und demgemäß differieren auch die Einzelheiten in der
Größe.
Auf fonftige, freilich nur kleine Verfcßiedenßeiten foll nicht eingegangen werden;
aber anders ift u. a. die Form des Nimbus; die Strahlen find bei der Kachelform
plaftifd) erßaben oder eingeritjt, bei der Fayence auf das plaftifd) Äufgefeijte mit
Manganviolett aufgetragen. Auch die Formen der Buchrtaben in dem „Homo" find
anders, während die (Uiesbadener Kachel wieder der Fayence entfpricht, befonders
das O. So fteßt alfo die Fayence in keinem direkten Äbßängigkeitsverhältnis zu der
Model, wie es zunächft fcheinen könnte; aber beide haben natürlich eine gemeinfame
Quelle. Befand [ich diefer (fozufagen) „Archetypus“ in oder um Frankfurt, was wegen
der Begleitumftände anzunehmen naße liegt, fo liegt es weiter naße, anzunehmen, daß
er auch in oder um Frankfurt zur Fabrikation der Fayence benutzt wurde, und daß
die Marke F auf „Frankfurt“ (bzw. „Feßr“) zu beziehen iß. Damit würde ein interef-
fantes Stück für die Frankfurter Manufaktur gefiebert und zugleich die (Uecßfelwirkung
zwifeßen Ofentöpferei und Fayencefabrikation an einem lehrreichen Beifpiel naeßge-
wiefen fein.
1 Für freundliche Nacbforfcbungen und Überladung der Photographien bin id) den Herren
Prof. Neeb in Mainz und Direktor Dr. Ritterling in iüiesbaden zu herzlichem Dank verpflichtet.
2 Vgl. K. Simon: Johannes Veft von Kreußen in Frankfurt a. M. Monatshefte f. Kunftwiffenfcb.
1921. Band I, 3.
3 a. a. O. S. 61.
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das Brud)ftück eines gleichfalls ovalen Medaillons der ürinität; wie das Ganze aus-
gefeßen hat, zeigt eine Ofenkachel (gleichfalls in Mainz), bei der unfere Darftellung das
Mittelftück ift. 3wifcßen Chriftus und Gottvater fcßwebend die Caube des heil- Geiftes
als Ausgangspunkt einer Strahlenflut. Unten tauchen in tüolken Engelsköpfchen auf.
Der Nimbus ähnlich wie bei den genannten Stücken, nur fparfamer, die Gewandbe-
handlung fließender, das Ganze eleganter (Äbb. 6).
Über die Herkunft der Mainzer Stücke ift leider nichts Näheres bekannt, doch
fpricht nichts dagegen, daß fie aus der Umgegend ftammen. Dafür fprid)t auch, daß
das Medaillon mit der „Mater dei“ und der „Ecce ßomo“ [ich als Mittelftücke von
zwei Kacheln im Naffauifcßen Landesmufeum in Wiesbaden finden, über deren Her-
kunft gleichfalls nichts Näheres feftzuftellen ift (Äbb. 7)1.
So bleibt als einzig Greifbares die Beziehung des Fayence-Medaillons zu Frankfurt,
und es ift durchaus nicht ausgefd)loffen, daß die Model hier entftanden find — um fo
weniger ausgefchloffen, als wir von einer Blütezeit der Hafnerei hier im Anfang des
17. Jahrhunderts wiffen, wo ein Meifter vom Range des Johannes Veft hier anfäffig
und tätig gewefen ift2.
Ein Stüde der Sammlungen des Hiftorifcßen Mufeums felbft gehört fießer noch zu
unferer Gruppe: eine oben halbrund [(fließende Kachel mit der ganzen Figur eines
fegnenden Chriftus, der in der halb erhobenen Linken die ttl eltkugel trägt. Am
Erdboden links und rechts je eine blühende Blume. Geßchtstypus und Haarbehandlung
entfpreeßen genau dem Ecce ßomo; nur der Nimbus ift etwas anders (Äbb. 8). Die
Infchrift: „Salvat or Munti“ in Majuskeln entfpricht gleichfalls genau denen der ge-
nannten Gruppe. Leider ift die Herkunft des Stückes nicht näher feftzuftellen; mög-
licherweife gehört es aber zu dem vor einigen Jahrzehnten in Sachfenhaufen in der
Nähe der Veftfchen CUerkftatt gemachten Kachelfunde3.
In welchem Verhältnis ftehen nun Model und Fayence zueinander? Beide fcheinen
zunächft völlig und in allen Einzelheiten übereinzuftimmen; es find aber doch Ver-
fchiedenheiten feftzuftellen, die es als unmöglich erfcheinen laffen, daß die Fayence
etwa einer Ausformung der Model entftammt; denn größer als die Model kann fie im
Brand nicht geworden fein. Die Fayence (Durchm. 36,2X27,1 cm) ift nun aber faft
2 cm größer als die Model, und demgemäß differieren auch die Einzelheiten in der
Größe.
Auf fonftige, freilich nur kleine Verfcßiedenßeiten foll nicht eingegangen werden;
aber anders ift u. a. die Form des Nimbus; die Strahlen find bei der Kachelform
plaftifd) erßaben oder eingeritjt, bei der Fayence auf das plaftifd) Äufgefeijte mit
Manganviolett aufgetragen. Auch die Formen der Buchrtaben in dem „Homo" find
anders, während die (Uiesbadener Kachel wieder der Fayence entfpricht, befonders
das O. So fteßt alfo die Fayence in keinem direkten Äbßängigkeitsverhältnis zu der
Model, wie es zunächft fcheinen könnte; aber beide haben natürlich eine gemeinfame
Quelle. Befand [ich diefer (fozufagen) „Archetypus“ in oder um Frankfurt, was wegen
der Begleitumftände anzunehmen naße liegt, fo liegt es weiter naße, anzunehmen, daß
er auch in oder um Frankfurt zur Fabrikation der Fayence benutzt wurde, und daß
die Marke F auf „Frankfurt“ (bzw. „Feßr“) zu beziehen iß. Damit würde ein interef-
fantes Stück für die Frankfurter Manufaktur gefiebert und zugleich die (Uecßfelwirkung
zwifeßen Ofentöpferei und Fayencefabrikation an einem lehrreichen Beifpiel naeßge-
wiefen fein.
1 Für freundliche Nacbforfcbungen und Überladung der Photographien bin id) den Herren
Prof. Neeb in Mainz und Direktor Dr. Ritterling in iüiesbaden zu herzlichem Dank verpflichtet.
2 Vgl. K. Simon: Johannes Veft von Kreußen in Frankfurt a. M. Monatshefte f. Kunftwiffenfcb.
1921. Band I, 3.
3 a. a. O. S. 61.
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