Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923
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Heft 2
DOI article:Schröder, Hans: Lüneburger Terrakotten der Renaissance
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Doppelplatte diefes Nordgiebels trägt ein gotifcl) empfundenes Laubornament, es ift ein
fd)led)t verftandener Äkanttjus. Das Baus ließ der Börgermeifter Biarik II. Garlop er-
bauen1 2. Bei der Nad)forfd)ung des Erbauungsjahres ergaben die Lüneburger Sd)loß-
regifter für das Jahr 1552 folgende Eintragung: ßer ßinrik garlop 2 l)uss. Diefe Ein-
tragung „2 ßuss“ kommt in den Vorjahren nicht vor. Auch bleiben die Nachbarn in
den voraufgehenden und folgenden Jal)ren die gleichen, fo daß es fick) um keinen
Kauf eines Nacßbarßaufes handeln kann. ÖUir haben vielmehr einen Neubau auf dem
großen Gartengrundftück anzuneßmen, zumal der Soßn des Erbauers, ^inrik III. Garlop,
an diefer Stelle neben feinem Vater neu eingefcßoben wird. (Denn aber das Baus
Anfang des Jahres 1552 fd)on bewohnt wurde, wird es mindeftens im Fjerbft 1551
fertiggeftellt gewefen fein3. Der Beginn des Bausbaues ift aber bei den damals lang-
wierigen Bauzeiten etwa auf 1548/49 anzufetjen. Damit ergibt fid) für die norddeutfcße
Cerrakottenbaukunft :der Renaiffance, befonders in Rückfid)t auf die beßerrfcßenden
mecklenburgifdjen Bauten, die intereffante Catfache, daß diefe Bauart nur von Lüne-
burg ihren Äusgang genommen haben kann, denn die dismarer Terrakotten können
erft 1554 eingefetjt fein. Die Behauptung Sarres, daß das Lüneburger Renaiffanceßaus
auf Anregung von dismar her entftanden ift, dürfte widerlegt fein. Nur Baupt3 hat,
wohl aus ftiliftifd)en Gründen, dies Baus als einen Vorläufer des dismarer Fürften-
hofes bezeichnet, ohne aber eine genaue Datierung geben zu können. (Dir bezweifeln
auch den deg, den nach ihm die Cerrakottenbaukunft in Norddeutfd)land genommen
haben foll, denn der Einfluß der Lüneburger derkftätte auf die Tätigkeit des Statius
von Düren ift unmittelbar erfolgt, er wird um 1550 vor fiel) gegangen fein.
Es ift nun intereffant, den Stil diefer Lüneburger Terrakotten mit denen des Fürften-
hofes zu vergleichen. Der Stil in Lüneburg ift nod) nicht ausgeprägt, wir fühlen ein
Ringen mit den neuen Formelementen. So erfeßeinen z. B. auf einer Platte (Äbb. 16)
Formelemente aus beiden Stilperioden, ein gotifcl) gebildetes deutfeßes deinblatt und das
Äkanthusblatt der Renaiffance. diederum finden fiel) fein modellierte figürliche Orna-
mente im ftrengften Stil der italienischen Frührenaiffance. die fid) der Einfluß Lüne-
burgs auf dismar geftaltet haben kann, foll fpäter erörtert werden.
Der gleiche Bürgermeifter Blank Garlop ftiftete feiner Vaterftadt bei feinem 1553
erfolgten Tode fed)s Bäufer für „Ratsverwandte“. Sein Sohn ließ aber neun Bäufer,
die noch heute erhaltenen „Garlopenwohnungen“, errichten. An diefen dohnungen
1 Lifd) nimmt Gabriel von Aken als Baumeifter an. Diefer Baumeifter konnte im Lüneburger
Archiv nid)t gefunden werden. Nur ein Cafpar von Aken wird zu diefer 3eit erwähnt.
2 In Garlops Ceftament vom 28. März 1552 wird gleichfalls der vollzogene Neubau des Baufes
erwähnt.
3 A. Baupt, Gefchicbte der Renaiffance in Deutfchland. Bd. II, S. 314. A. Bsupt, Backfteinbauten
der Renaiffance. Caf. XXI und Text.
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