Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0124
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Heft 2
DOI article:Schröder, Hans: Lüneburger Terrakotten der Renaissance
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fucßen ßaben. Dann i^ättc er bis etwa zum Jaßre 1550 in der älteren Lüneburger
tüerkftatt gearbeitet und fich in diefem Jaßre im benachbarten Lübeck [elbftändig ge-
macht. 1550 fcßeint ja auch Fßafe Lüneburg verlaffen zu ßaben oder geftorben zu
fein, ferner der Mitarbeiter Crifogon an feine Stelle getreten zu fein. (Denn wir aber
bedenken, daß Statius von Düren nur der Name für eine (üerkftätte ift1, fo wird es
möglich fein, in diefer den „Lüneburger Meifter“ näßer zu beftimmen. Der Lübecker
Unternehmer müßte dann, als er 1551 durch den Bau des (ilismarer Scßloffes größere
Aufträge erhalten ßatte, fleh nach tüchtigen Mitarbeitern umgefeßen und fich den
„Renaiffancemeifter“ der Lüneburger (Uerkftatt verfeßrieben ßaben, der dann Lüne-
burger Formen nach Lübeck mitbraeßte.
Eine dritte Möglichkeit könnte in der umfangreichen Tätigkeit eines norddeutfeßer*
Formenfcßneiders befteßen, der fowoßl für Lüneburg als auch fpäter für Lübeck arbeitete2.
Solcße Formenfcßneider konnten ja für Lüneburg arcßivalifcß feftgelegt werden. Der
Tätigkeit der Formenfcßneider der Renaiffance müßte ein größeres Studium gewidmet
werden. Ißre Bedeutung erfeßeint für die Entwicklung des Kunftgewerbes des 16. und
17. Jaßrßunderts weit größer, als bisßer angenommen wurde. Immer wieder wird vor-
neßmlicß beßauptet, daß die Formenfcßneider nach Stießen ißre Modelle gefeßaffen
ßätten. Das mag zuweilen zutreffen. Viel meßr als bisßer müffen wir in den Formen-
feßneidern durchaus felbftändig arbeitende Künftler feßen, die oßne Vorlage feßufen und
außerordentlich mit den Möglichkeiten des Kunftßandwerks vertraut waren. Die Orna-
mentfteeßer ßaben Ornamentfticße oft nur naeß folcßen Formen für weniger felbftändige
Kunftßandwerker gefeßaffen, oßne die Vorlagen felbft erfunden zu ßaben. Diefes Ver-
ßältnis der Formenfehneider zu den Ornamentftecßern zu unterfueßen, ißre Tätigkeit
genau abzugrenzen und den Formenfcßneidern die gebüßrende Stellung im Kunftßand-
werk befonders im 3eitalter der Renaiffance einzuräumen, wäre eine notwendige Aufgabe.
Faffen wir unfere Ausfüßrungen zufammen, fo ergibt fich, daß es fich bei den Lüne-
burger Terrakotten der Renaiffance um ßöcßft gediegene Arbeiten ßandelt, die, z. T.
feßon ein Jaßrzeßnt vor Statius von Düren auftretend, eine reizvolle plaftifcße Ent-
wicklung neßmen. Sie geßen aus einer bodenftändigen niederdeutfeßen ttlerkftatt ßer-
vor, fteßen anfänglich unter gotifeßem Einfluß und näßern fich allmäßlicß, vermutlich
unter Mitßilfe eines füdländifcßen Kunftßandwerkers, ausgezeichneten Arbeiten italieni-
^ feßer Renaiffance, tragen aber eine ftarke deutfeße Empßndung zur Schau. Sie feffeln
uns ungleich meßr als die Arbeiten der Lübecker füerkftatt durch eine leucßtkräftige
farbige Glafur, die dort überhaupt mcßt verwendet wird. Die Lüneburger Terrakotten
neßmen fomit einmal wegen ißrer Farbigkeit, zum andern auch desßalb, weil von ißnen
die norddeutfeße Terrakottenkunft im Stile eines Statius von Düren ißren Ausgang
genommen ßaben muß, innerhalb des Kunftßandwerks der deutfeßen Renaiffance eine
beachtenswerte Sonderftellung ein.
1 Diefe Feftftellung über Statius von Düren ift von F>errn cand. pßil. Eimers gemacht worden,
von dem eine eingehende Arbeit hierüber erfeßeinen wird.
2 Seljr beachtenswert ift der Modelleur des fog. Lübecker Brömetalers von 1537 mit dem
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tüerkftatt gearbeitet und fich in diefem Jaßre im benachbarten Lübeck [elbftändig ge-
macht. 1550 fcßeint ja auch Fßafe Lüneburg verlaffen zu ßaben oder geftorben zu
fein, ferner der Mitarbeiter Crifogon an feine Stelle getreten zu fein. (Denn wir aber
bedenken, daß Statius von Düren nur der Name für eine (üerkftätte ift1, fo wird es
möglich fein, in diefer den „Lüneburger Meifter“ näßer zu beftimmen. Der Lübecker
Unternehmer müßte dann, als er 1551 durch den Bau des (ilismarer Scßloffes größere
Aufträge erhalten ßatte, fleh nach tüchtigen Mitarbeitern umgefeßen und fich den
„Renaiffancemeifter“ der Lüneburger (Uerkftatt verfeßrieben ßaben, der dann Lüne-
burger Formen nach Lübeck mitbraeßte.
Eine dritte Möglichkeit könnte in der umfangreichen Tätigkeit eines norddeutfeßer*
Formenfcßneiders befteßen, der fowoßl für Lüneburg als auch fpäter für Lübeck arbeitete2.
Solcße Formenfcßneider konnten ja für Lüneburg arcßivalifcß feftgelegt werden. Der
Tätigkeit der Formenfcßneider der Renaiffance müßte ein größeres Studium gewidmet
werden. Ißre Bedeutung erfeßeint für die Entwicklung des Kunftgewerbes des 16. und
17. Jaßrßunderts weit größer, als bisßer angenommen wurde. Immer wieder wird vor-
neßmlicß beßauptet, daß die Formenfcßneider nach Stießen ißre Modelle gefeßaffen
ßätten. Das mag zuweilen zutreffen. Viel meßr als bisßer müffen wir in den Formen-
feßneidern durchaus felbftändig arbeitende Künftler feßen, die oßne Vorlage feßufen und
außerordentlich mit den Möglichkeiten des Kunftßandwerks vertraut waren. Die Orna-
mentfteeßer ßaben Ornamentfticße oft nur naeß folcßen Formen für weniger felbftändige
Kunftßandwerker gefeßaffen, oßne die Vorlagen felbft erfunden zu ßaben. Diefes Ver-
ßältnis der Formenfehneider zu den Ornamentftecßern zu unterfueßen, ißre Tätigkeit
genau abzugrenzen und den Formenfcßneidern die gebüßrende Stellung im Kunftßand-
werk befonders im 3eitalter der Renaiffance einzuräumen, wäre eine notwendige Aufgabe.
Faffen wir unfere Ausfüßrungen zufammen, fo ergibt fich, daß es fich bei den Lüne-
burger Terrakotten der Renaiffance um ßöcßft gediegene Arbeiten ßandelt, die, z. T.
feßon ein Jaßrzeßnt vor Statius von Düren auftretend, eine reizvolle plaftifcße Ent-
wicklung neßmen. Sie geßen aus einer bodenftändigen niederdeutfeßen ttlerkftatt ßer-
vor, fteßen anfänglich unter gotifeßem Einfluß und näßern fich allmäßlicß, vermutlich
unter Mitßilfe eines füdländifcßen Kunftßandwerkers, ausgezeichneten Arbeiten italieni-
^ feßer Renaiffance, tragen aber eine ftarke deutfeße Empßndung zur Schau. Sie feffeln
uns ungleich meßr als die Arbeiten der Lübecker füerkftatt durch eine leucßtkräftige
farbige Glafur, die dort überhaupt mcßt verwendet wird. Die Lüneburger Terrakotten
neßmen fomit einmal wegen ißrer Farbigkeit, zum andern auch desßalb, weil von ißnen
die norddeutfeße Terrakottenkunft im Stile eines Statius von Düren ißren Ausgang
genommen ßaben muß, innerhalb des Kunftßandwerks der deutfeßen Renaiffance eine
beachtenswerte Sonderftellung ein.
1 Diefe Feftftellung über Statius von Düren ift von F>errn cand. pßil. Eimers gemacht worden,
von dem eine eingehende Arbeit hierüber erfeßeinen wird.
2 Seljr beachtenswert ift der Modelleur des fog. Lübecker Brömetalers von 1537 mit dem
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