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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 3
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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0176

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Sammlungen

Ein neues Mufeum ruffifdjer
Kirdjenkunft
Rußland bleibt nach wie vor das Land der
Kontrafte und unerwarteten Möglichkeiten. Qnter
den jetzigen Verßältniffen, wo Privatinitiative bei
Mufeumsgründungen ganz ausgefcßloßen fcßeint,
entfteßt aus privaten Mitteln in einem entlegenen
ödinkel des Gouvernements Nowgorod, diefer
tüiege altruffifcßer monumentaler Kircßenkunß,
ein fpezielles Mufeum für die Erzeugniffe der-
felbenl
Der Gründer diefes Mufeums, 5en Eugen
Rachlin-Rumjanbew, trug pcß lange mit
feiner Idee, fammelte eifrig Objekte, vorwiegend
lokaler Fjerkunft, und begann 1916 auf feinem
Gut Rjutino (Gouvernement Nowgorod, Kreis
Cüaldaj) den Bau eines Gebäudes, das im Stil
der alten Kirchen Nowgorods und Pfkows ge-
halten, jefet als Mufeum endgültig arrangiert ift.
Dasfelbe wird nunmehr vom Mufeumskomitee des
Gouvernements Nowgorod verwaltet und fogar
ein kurzer Führer, von N. F. Romantfchenko
verfaßt, ift bereits erfebienen.
Das Mufeum zerfällt in vier Hauptabteilungen.
Die erfte umfaßt eine Sammlung von mehreren
Hunderten von Mefpngkreuzen und kleinen
Heiligenbildern aus gleichem Metall, in glatt
zifelierter oder getriebener Arbeit, oft auch mit
Email verziert, — 3eugniffe einer Kunßindußrie,
welche in Rußland feit dem 12. Jahrhundert und
auch feßon früher exißiert hat und bis in die
Mitte des vorigen Jahrhunderts, ohne pilißifch
park zu evolutionieren, fortlebte. In der zweiten
Abteilung pnd die gemalten Ikonen (117 N. N..J
konzentriert, wobei die Hauptfchulen Nowgorod
und Moskau fowie die meißen Provinzialfchulen
mehr oder weniger voll vertreten pnd. Eine
dritte Abteilung bildet die Sammlung verfeßieden-
artigfter Kirchengeräte und Devotionalien — alfo
Arbeiten in gefcbnitjtem und bemaltem Hol-
stein, Metall, Elfenbein fowie Email älterer und
neuerer Herkunft. Befonderes Intereffe verdienen
die Arbeiten in Email aus dem 18. jahrhundert,
als diefer Kunftzweig, oft auch als Hausinduftrie,
in Rußland ßorierte und feine Heiügeubüdchen
fowie fehr dekorative Cifcßgeräte und Schreib-
zeuge zutage förderte. Endlich iß die letzte
Abteilung zu nennen, welche eine fehr reiche
Sammlung von Kirchenleuchtern und -ßänge-
lampen enthält fowie ferner noch ein impofanter
Ofen aus farbigen rufpfeben Kacheln aus dem
Ende des 17. Jahrhunderts, der den Ikonenfaal
fchmückt.
Es bleibt nur die Frage offen, wie follen Be-
fueber ln einen folcb fernen Provinzwinkel ge-
langen, und werden pd) viele ßnden, welche
die langwierige und koftfpielige Reife nicht
feßeuen, um das Mufeum in Rjutino zu be-
pchtigen? p £
152

B u d a p 2 ft
Über die Gemäldegalerie des Mufeums für bil-
dende Künfte in Budapeß iß bereits 1916 der
erfte Band eines vorbildlich gearbeiteten und
reich illußrierten Kataloges erfebienen (Gerlag
Julius Bard, Berlin), der unter Beigabe von
372 Abbildungen die Abteilung byzantinifeber,
italienifcßer, fpanifeber, portugießfeber und fran-
zößfeber Meißer nach dem Mufter der bekannten
Kataloge des Kaifer Friedricb-Mufeums grund-
legend behandelt. Gabriel von Cerey, der
diefen Katalog bearbeitet hat, gibt damit der
tüißenfcßaft ein Fundament kunßgefcbicbtlicber
Catfachen, für das man ihm nicht genug danken
kann. Gerade uns Deutfcbe, die wir durch die
unglücklichen Ereigniße der lebten Jahre ein
wenig zu fehr die Fühlung mitüngarn eingebüßt
haben, erinnert die Arbeit des anerkannten Ge-
lehrten nicht nur an die Catfacße, daß Budapeß
über eine der fcßönßen und wertvollßen Galerien
in Europa verfügt, fondern mehr noch daran,
daß diefe Hauptßadt des durch eine unpnnige
und kurzpeßtige Politik bis auf ein Minimum
zufammengefebrumpften ßolzen Landes der Ma-
gyaren einmal berufen gewefen iß, auf künß-
lerifcßem Gebiet durchaus führend in Europa zu
werden. Sind heute durch die Not der Seit
unfere Beziehungen leider zu Ungarn ßark ge-
lockert, fo beweift gerade Cereys ftille und empge
Gelehrtenarbeit, daß pcb trotjdem — ganz im
Gegenfatj zu der allgemeinen europäifeßen Situa-
tion — ein Gelehrter deutfeßer Schule auf einem,
wie uns feßeinen will, heute befonders feßwierigen
Poften feiner Mifpon durchaus bewußt geblieben
ift. — Auch die Ausgeßaltung des Cer6y unter-
ftellten Mufeums bat inzwifeßen weitere Fort-
feßritte gemacht und zum Ceil eine grundlegende
Neuordnung erfahren. Gelingt es diefem Manne —
wie wir hoffen — fein großes Katalogwerk in
abfeßbarer 3eit zum Abfcßluß zu bringen, dann
ßat er uns und feinem Heimatlande einen Dienß
von nießt alltäglicher Bedeutung erwiefen. B.
Cljriftiania
Hans Dedekam, Direktor des Mufeums für Kunß
und Gewerbe zu Cßrißiania, bietet in feinem feßön
ausgeftatteten neuen Berichte von 53 Seiten 4°
mit 12 Abbildungen1 einen Blick in die Arbeiten
des vergangenen Jahres. Befonders erfreut iß
man dort über die 3uwendung eines fcßön ge-
feßmiedeten Oberlicßtgitters aus Rßodius’ Apo-
theke zu iüürzburg, gefertigt 1767 von Johann
Georg Oegg. Neben Vermehrungen der kera-
mifeßen Sammlungen ßat weiter der überwie-
gende 3wei9 des norwegifeßen Kunftgewerbes,
die Herßellung von gläfernen Gefäßen, feßr er-
wün|cßte Bereicherungen erfahren. CInter andern
Erwerbungen werden 20 alte norwegifeße plberne
Ringe vorgefüßrt, die man einem befonderen
1 Beretning om Kriftiania ftunfUnduflrimu[eums Virk-
fombet 1921—1922.
 
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