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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 6
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Neue Literatur zur asiatischen Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0322

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Neue Literatur zur afiatifcfyen Kauft

lid) auseinanderfefeen muß, um fo mehr, als ihre
Dokumente durchaus nicht mindere Provinzial-
kunft find, vielmehr den Blick in eine ebenfo reiche
wie vielfeitige tüelt plaftifcber Schönheit öffnen,
die ihrerfeits zweifellos eine nahe Verwandt-
fchaft mit der hellenifch-antiken Kultur offen-
bart. Sicher iß, daß diefe Gandbara-Kultur
fortan als eine neue Catfache afiatifcber Kunß-
entwicklung beßehen wird, einerlei ob die For-
Tchung die im erßen Äugenblick mehr ver-
blüffende als überzeugende Beweisführung des
Berliner Gelehrten anerkennt oder nicht. Ällein
die Catfache diefer neu entdeckten Kunßprovinz
rechtfertigt den ünternebmungsgeift deutfcber
GCIißenfchaft und fo darf man auf die Fort-
fetjung diefes als verlegerifche Leißung unbe-
dingt einwandfreien tüerkes erwartungsvoll ge-
fpannt fein. Bier mann.
Neue Literatur über Farbendruck
und Farbeni?olzfct)nitt
Julius Kurth, Sharaku. Mit 102Abbildungen.
2. Auflage. Verlag R. Piper & Co. Mün-
chen 1922.
Derselbe, Der chinesische Farbendruck.
Mit 6 farbigen und 30 schwarzen Tafeln und
12 Abbildungen im Text. Verlag C. F. Schulz.
Plauen 1922.
Ludwig Bachofer, Die Kunst der japa-
nischen Holzschnittmeister. Mit 69Bild-
wiedergaben. Verlag Kurt Wolff. München.
Diefe drei faß gleichzeitig erfcbienenen und
— wie fcbon hier bemerkt werden foll — vor-
züglich gedruckten und mit koßbaren Farben-
tafeln ausgeßatteten ttlerke zeigen, daß das
Intereffe am Farbendruck keineswegs zurückge-
treten iß, fondern pd) ais allmähliche Frucht
entbufiaßifcher Sammlerfreude und wiffenfcbaft-
licber Entdeckungsarbeit wefentlicb vertieft und
erweitert hat. Gerade weil wir heute auch über
die ältere Kunß Oftapens klarer zu feben be-
ginnen, hat pd) auch das Verßändnis für den
Farbenholzfchnitt, für feine ihm befondere Be-
deutung und feinen tüert geklärt; als eine Kunß
der volkstümlichen Gefellfchaftlicbkeit, die als
folche zu einer der drei großen Richtungen oß-
apatifcher Kunß gehört und für pd) genommen
und gewertet werden will, nicht aber gegen
andere Kunßäußerungen ausgefpielt werden kann
und darf. 3umal gerade das ttlefen der oß-
apatifd)en Kunß und Kultur zufolge einer uni-
verfellen Anteilnahme aller Volksfchichten an
der Kulturbildung und einer dem Volkskörper
in hohem Maße innewohnenden Mannigfaltig-
keit der Kräfte und der Veranlagungen auf einer
ausgefprodjenen Vielgeßaltigkeit beruht. Jener
Snobismus aber, der je nach Laune und Genuß-
fudjt nur einzelne Elemente einfeitig gelten läßt,
greift darum gerade am Sinn des Ganzen vorbei.
Kurths fachlich grundlegende Monographie
über Sharaku iß im wefentlidjen ein unver-

änderter Abdruck der 1910 erfcbienenen erßen
Auflage. Es iß unnötig, den Lüert diefer Arbeit
im einzelnen nochmals vor Äugen zu führen.
Kurth kann mit berechtigtem Stolze von fid)
febreiben, „dem Vielgefcbmäbten in der Kunß-
gefd)id)te einen hervorragenden Plat} erkämpft
zu haben“. Sharaku, am Ende einer längeren
Entwicklung ßehend.hat dem japanifeben Farben-
holzfchnitt ein neues Element eingefügt; fo re-
volutionär und ßbonungslos, daß ihm das tra-
gifebe Los der Mißachtung und Vereinfamung
nicht erfpart geblieben iß. Ein Künftler von
großem Kaliber. Ein grimmiger ßbarfer Geiß,
voll beißender Satire und galligem Spott, der
hinter Maske und hinter der Konvention das
menfeblicb Ällzumenfcblicbe der Leidenfcbaft und
der niedrigen Inßinkte erkennt und bloßlegt.
Eine graupge Klarheit liegt in feinen Gepchtern,
unter deren Mimenmasken pd) die ganze Eitel-
keit, Boshaftigkeit und Dummheit unterdrückter
Menfcben fpiegelt. Etwas Maßlofes beberrßbt
den 3ug feiner Linien, die nicht mehr kühle
Hieroglyphen pnd, fondern mit fcbonungslofer
Offenheit die menfd)lid)en Hintergründe frei-
legen, find dennoch bleibt er von jeder Bana-
lität frei, denn er zielt auf die „Quinteffenz
des pfyd)ifd)en Ausdrucks“ und fteigert andrer-
feits nod) die farbige Delikateffe der Oberßäche,
vor allem in feinen berühmten Glimmerbildern,
mit der filbernen Cönung des Hintergrundes. —
Die enge Verbindung des japanifeben Holz-
febnitts — wenigßens eines feiner Hauptthemen
— mit der japanifeben Schaufpielkunft, die fcbon
durd) Eorii 1 Kyonobu 1, dejfen Vater ja Sd)au-
fpieler war, gekennzeichnet iß, erreicht in Sha-
raku eine befondere Bedeutung. So zeichnet
auch Kurth nicht nur die Entwicklung des Sha-
raku und gibt dabei einen großzügigen Oeuvre-
katalog, fondern geht aud) auf das fd)aufpie-
lerifcbe Problem ein, auf das No, das Kabuki,
die Sd)aufpielerfippen und die Literatur, foweit
alles das in Verbindung mit Sbarakus Leben
und GCIerk ßebt.
Auch das noch wenig beachtete Cbema des
'Cbeaterplakates wird geßreift. Leider fehlt ja
immer noch eine würdige Behandlung der japa-
nifchen Bühnenkunß und ihrer Entwicklung; und
id) möchte an diefer Stelle erneut den tüunfd)
äußern, daß man Fritj Rumpf als dem beßen
Kenner diefes Gebietes, die Gelegenheit zu einer
folchen Arbeit fchaffe. Im einzelnen fei nod)
vermerkt, daß das Oeuvreverzeichnis bei Kurth,
vor allem auf Grund des Äusftellungskataloges
von Vignier und Imada (Paris 1911) um neun
Nummern bereichert worden iß und mancherlei
Ergänzungen zu den Blättern beigefügt pnd.
Aud) ein Namenverzeichnis, der von Sharaku
dargeßellten Scbaufpieler iß eine nützliche Be-
reicherung. Äusgefcbieden pnd in der Neuauf-
lage die beiden im Bep& von Rex bepndlichen
unpgnierten Aquarelle, die Kurth glaubte, dem

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