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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 7
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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0385

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Äusftellungen

jahrsfezefpon zeigt, diefer zwangsweifen Ein-
engung bewußt wäre, fo würde vielleicht ein
Einweis auf das künßlerifche Hamburg im An-
fang des 19. Jahrhunderts genügen, um das vor-
iäupg nur angekündigte „Neue „Hamburg* zu
einem wirklichen „Neuen Eamburg“ zu machen.
Damals verbanden es in einer 3eit wirtfdjaft-
lichen Niedergangs und Abgefchloßenfeins (Krieg,
Franzofenherrfchaft, Vermögenskonßskationen)
Künßler wie Runge (geft. 1810), Oldach (geß.
1830), Erwin Speckter (geft. 1835) u. a. die lokale
Kunftentwidklung als mitbeherrfchend in die große
Strömung der deutfchen Romantik einmünden zu
laffen. Der Einweis gilt dabei lediglich der
künßlerifchen Cat und nicht der formalen Seite,
obfchon auch hier Berührungspunkte wohl ge-
geben fein könnten.
Aber zu dem Bewußtfein diefer Einengung ift
die FJamburgifche Künftlerfchaft bisher noch nicht
gekommen, es gelingt ihr daher auch noch nicht,
eine fcharf pointierte lokale Note herauszu-
arbeiten, die geeignet wäre, erobernd und wer-
bend über die heimatlichen Grenzen hinaus-
zugehen. Die nachimprefponiftifchen Anregungen
pnd nur dort wirklich verarbeitet, wo pe aktiv
erlebt pnd. Aber die Gruppe derjenigen, die in
Paris vor 1914 diefe nachimprefponiftifche Kunft
in pch aufgenommen haben, iß nach dem allzu-
frühen Code des begabten Nölken klein ge-
worden, pe wird meines Klißens eigentlich nur
noch vertreten durch Ahlers - Fjeftermann und
A. Povorina-Fjeßermann. Bei den übrigen Künß-
lern iß die Beziehung zu impofanteren Erfchei-
nungen oft fehr äußerlich. Beim erßen ßüchtigen
Durchgang der Ausftellung treten dem Befucher
vor allem die Geifter einer Paula Moderfohn,
eines Franz Marc und einiger Rußen entgegen.
Gerade weil Ahlers-Eeßermann noch mit
beiden Füßen in der internationalen Bewegung
drinßeht, wird man es bedauern, daß er nicht
feiner künßlerifchen Bedeutung entfprechend ver-
treten ift — er zeigt nur zwei farbig und formal
ßotte Landfcpaften. Gut vertreten ift dagegen
A. Povorina - E^ßermann, deren Frauen-
bildnis in grünem Kleid und blauem timhang
wohl den Eöhepunkt der Ausßellung bedeutet,
farbig ßark und leuchtend zeigt pch die Künß-
lerin im Aufbau diszipliniert (ein Kinderkopf
fchmeichelt ein wenig füßlid) dem Modell).
Daneben fallen die füdländifchen Köpfe von
Anita Ree vorteilhaft auf, auch Alma del
Banco bringt ein fkizzenfjaft ßott gezeichnetes
ausdrucksvolles Damenbildnis. Otto Cügels
Bilder pnd Manier der Cecbnik, die fich in ßei-
ßiger Lafurmalerei gefällt, farbig fchließt pch
ihnen in manchen Punkten — wohl unbewußt
— KurtLöwengardan, deßen tüchtiges Stadt-
bild in Eochformat viel von fpanifcher Malerei
mitbekommen zu haben fcheint. Franz Breeß
dagegen ßeht an einem gefährlichen Punkt feines
Schaffens: aus feinen Pferden Spricht allzufehr

das Vorbild von Franz Marc, das man früher
nur leife bei ihm mitklingen fühlte. Ebenfo ßark
wird man bei Mädels irdenfarbigen Kinder-
typen allzufehr an Paula Moderfohn erinnert.
Martin Schwemers Aquarelle „Eüljner* haben
zwar farbigen Schmiß, aber im übrigen iß
Schwemer doch ohne Difziplin, fein künßlerifches
Gepcht wandelt pch allzufehr fchon in den etwa
fünf Beifpielen, die die Ausßellung zeigt. Franz
Radzivill kam in feiner Kollektivausftellung
des Kunßvereins (Frühjahr 1922) beßer zur Gel-
tung, die beiden Bilder, die er diefes Mal her-
gegeben hat, waren damals fchon zu fehen, pe
zeigen ihn noch befangen in rufpfchen Vorbil-
dern. Das Spielzeug von Kling zeigt gemüt-
volles Verfenken in die Kielt des Kindes. Boll-
manns „Geßalt“ iß anfprechend. Unter den
wenigen Plaßiken fallen Opfermanns beide
Eolzplaftiken befonders auf. Alfred Rohde.
JaErEundertausftellung belgifdjer
Kunft in Paris
Die feit langem vorbereitete Jahrhundertaus-
ftellung belgifcher Kunft in Paris iß nunmehr
gepchert. Sie wird in den Räumen der Salle
du jeu de Paume ßattpnden, in der erßen
Mail)älfte eröffnet werden und eine Überpcht
der Jahre 1830—1923 bieten. Aus dem Beptje
öffentlicher und privater Sammlungen wird eine
Sonderkollektion von primitiven ßämifchen Bil-
dern hinzugefügt werden. Van Eycks „Lamm
Gottes“ nach Paris zu überführen, wurde von der
Abtei St. Bavo, Gent, abgelehnt. Dagegen iß
durch die Gräpn Jeanne de Merode das Crip-
tydjon des wallonifchen Malers Jacques Daret,
der bis vor zwanzig Jahren „Der Meißer von
Merode“ hieß, als Leihgabe hergegeben worden;
das Bild wurde bisher nur ein einziges Mal
öffentlich gezeigt. Durch den belgifchen und
den franzöpfchen Staat wurden für die Abhaltung
der Ausßellung je 50000 Frs. bewilligt; der Reß
der benötigten Gelder iß durch private 3ei<h-
nungen bereits zum größten Ceile aufgebracht E-
Ämfterdam
Die vom Kommißariat für Volksfortfchritt ein-
gerichtete, gegenwärtig in Berlin gezeigte Aus-
ßellung rußifcher Kunft wird im Mai nach Amßer-
dam gefchafft und hier im ßädtifchen Mufeum
gezeigt werden. Die Einkünfte pnd für die Beße-
rung der 3ußände im rußifchen Eangergebiet
beßimmt. E-
Rom
Den 4.November 1923 wird die zweite inter-
nationale Kunßausftellung in Rom er-
öffnet. A. C.
3ürid)
Eindrudcvoll wie feiten eine Schau und un-
gemein wichtig fpeziell für die Freunde oß-
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