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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 8
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Böttiger, John: Zu H. Göbels Aufsatz über Holländische Wandteppich-Manufakturen
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0413

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Belag über die Enthebung der Stockholmer Dido- und Äneasfolge einwandfreien Äuffchluß ge-
währt. Die fraglichen Kartons find fowobl in den Brüffeler als auch in den Ämfterdamer Rteliers,
wohl auch in den ttlerkftätten von Delft wiederholt verwertet worden. Die Gründe, die für mich
die Möglichkeit der 3ufchreibung an de Craecbt rechtfertigen, find kurz folgende: Nach dem Ver-
trage vom 3. Juli 1646, den Pieter de Crad)t mit dem Brüffeler de Raet abfchließt, der eine ver-
hältnismäßig ausführliche Befchreibung der einzelnen Behänge enthält, kann es kaum einem 3weifel
unterliegen, daß die von de Raet zur Verfügung geteilten Patronen den Bilddarftellungen der
Stockholmer Serie entfprechen. Die Bordüren der de Raetfchen Folge weifen ebenfowenig das
Säulenmotiv auf wie die Reihe in fchwedifchem Staatsbefitj, es handelt fiel) um einen mit Grotesken
und Crophäen gedeckten Grund. Die Vorfchrift, den Fond in Karmoifin — dem koftbarften Seiden-
material — durchzuführen, fpricht unzweideutig für eine derartige Löfung. Ich habe diefe Vor-
fchrift kaum bei Bordüren gefunden, die fich des billigeren, weil einfacher herzuftellenden Säulen-
motivs bedienen, dagegen ift der Karmefin- bzw. Goldgrund des öfteren fowohl in den zeit-
genöffifchen Verträgen als auch in noch vorhandenen Folgen mit Grotesken und Crophäenlöfung
anzutreffen. Die Verbindung der Dido- und Äneasfolge mit der Cüildfchweins- und Bärenjagd
beruht auf der ftarken Verwandtfchaft der Bordüren der Bärenjagd. Die Jagdteppiche find keines-
falls Brüffeler Erzeugnis, die Änficht Qerrn Dr. Böttigers, daß Delfter Manufakturen in Frage
kommen, ift nicht von der 5and zu weifen. Daß die beiden Behänge in den Patronen älter find,
ift ohne fonderliche Bedeutung. Gängige Kartons find 30 und mehr Jahre verwertet worden. Von
ttlert ift dagegen die Farbenftimmung, fofern fie eine befondere Eigenart aufweift, die von dem
Brüffeler Farbenzirkel — Rot löft fich in ttleiß oder Gelb, Grün in Gelb, Blau in tüeiß ufw.— ab-
weicht, d. h- wenn eine Manufaktur in Frage kommt, die infolge des örtlichen Färbereibetriebes,
wie z. B. Oudenarde, an gewiffe Cönungen gebunden war. nieder für Brüffel, noch für Ämfter-
dam, noch für Delft trifft diefe Befchränkung zu. Den drei Äteliers ftand infolge der Leiftungs-
fähigkeit der heimifchen Färbereiinduftrie jeder erwünfd)te Con zur Verfügung. Crotjdem laffen
fich gewiffe Eigenarten — Vorliebe für braune, gelbe, gelbgrüne Nuancen bei den Manufakturen
von Hmfterdam und Delft feftftellen. Einzelheiten führen zu weit. Kurz, die Dido- und Äneas-
ferie zu Stockholm ift und bleibt aufs engfte mit der niildfchwein- und Bärenjagd verknüpft.
Kommt für die Jagdfolge die Delfter Manufaktur der Spierincx in Frage, fo trifft dies aller Vor-
ausficht nach auch für die Äneasfolge zu. Eine Entfcheidung ift zur 3eit nicht möglich, weil jeder
dokumentarifche Belag fehlt, dlie wenig einheitlich felbft zufammengehörige Folgen entftanden,
zeigt mit befonderer Deutlichkeit der Erwerb der für die Krönungsfeierlichkeiten der Königin
Kriftina 1647 von dem fchwedifchen Refidenten Pieter Spiering (Silfercrona) in Auftrag gegebenen
46 Ceppiche, die zum Ceil die Signatur des Delfter tüirkers Maximiliaen van der Gud)t bzw. das
Delfter Stadtzeichen tragen, zum Geil unfigniert find. Vielleicht ift nachftehende Notiz für Fjerrn
Dr. Böttiger von Intereffe. Äus einem nicht näher erfichtlichen Grunde verlangt Johann Philipp
Silvercrona eine nachträgliche notarielle Befcheinigung über den Änkaufswert der vor „de Co-
ninginne van Sweden“ verfertigten „5 kamers tapisserie“. Äm 11. Juli 1663 „verklären Maximiliaen
van der Gud)t en Cornelis Coppens te Delft en Äbraham Gosensons te Gouda, allen meesters
tapitsiers ,daß die erwähnte Behänge' synde allen landschappen, zeer goedkoop waren, tegen
8 gülden elke eile brabants of Qollandts in het Vierkant, terwijl ze gewoon waren er hier te lande
f. 9 voor te krijen ....“. Die Befprechung der Manufaktur des Cornelis Coppens und des be-
deutenden Goudaer ttlirkers Äbraham Ädriansz Goofonfoon muß ich mir in dem erften Geile meiner
„fllandteppiche“ (Niederlande) Vorbehalten. Es wird mir eine Freude fein, in abfehbarer 3eit die
ftrittige Frage der Äneasfolge mit Fjerrn or> John Böttiger nach eingehender Befichtigung der Be-
hänge zu klären und das Ergebnis der gegenfeitigen Äusfprache zur Mitteilung zu bringen.

Der Cicerone, XV. Jal)rg., Ijeft 8

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