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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 9
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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0459

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Neue Bücher

Neue Bücher
Belgi[d)e Kunftdenkmäler
Belgische Kunstdenkmäler. — In Verbin-
dung mit Julius Baum, Max Creutz, Hermann
Flesche, Max J. Friedländer, Gustav Glück,
Adolph Goldschmidt, Richard Graul, August
Grisebach, Richard Hamann, Erwin Hensler,
Fritz Hoeber, Hugo Kehrer, Wilhelm Köhler,
Martin Konrad, Hermann Mylius, Rudolf Olden-
bourg, Ludwig Paffendorf, Grete Ring, Max
Schmidt-Burgk, Hermann Schmitz, Hans Vogts,
Karl Wach, Friedrich Winkler herausgegeben
von Paul Clemen. In 2 Bänden.
I. Bd.: Vom neunten bis zum Ende des fünf-
zehnten Jahrhunderts. Mit 44 Tafeln in Mezzo-
tintogravure und 333 Abbildungen im Texte.
II. Bd.: Vom Anfang des sechzehnten bis zum
Ende des achtzehnten Jahrhunderts. Mit 39 Ta-
feln in Mezzotintogravure und 236 Abbildungen
im Texte. Verlag F. Brackmann A.-G,,
München 1923.
Nach jahrelanger Vorbereitung liegt nunmehr
in einer buchtechnifd) kaum noch zu übertref-
fenden Form ein Dokument deutfcher Wiffen-
fchaft vor, das feine Entftehung den Kriegsjahren
1914—18 verdankt. In diefen beiden Bänden
haben [ich 24 deutfche Kunftgelehrte und Archi-
tekten zu einer Gemeinfamkeit zufammengefun-
den, die das letzte Ergebnis emfiger Forfcher-
arbeit in jenen vier Jahren der belgifchen Be-
fe^ung darftellt. Diefe Publikation ift nicht nur
ein großartiges Dokument der niederländifchen
Kunft, fondern mutet heute ihrem geheimften
Sinne nach zugleich wie eine politifche Mani-
feftation an, die nad) beendetem Völkeringen
dem Gegner von vorgeftern den Beweis höchfter
Reverenz vor den herrlichen Schäden feines
kunftgefegneten Landes darbringen möchte. Sie
ift endlich nicht nur Refultat wiffenfd)aftlid)er
For[d)ung auf einem Gebiet, das die deutfche
Kunftgefd)id)te von jeher befonders anziehen
mußte, fondern zugleich 3eugnis deutfcher Ge-
finnung und nicht minder aud) des hohen Ver-
antwortungsgefühls jener Verwaltung, die in
den fchweren Jahren des Krieges die kunft-
gefd)id)tlid)en Denkmale nicht nur behutfam fo
weit als möglich konfervierte, fondern and) der
Forfchung erfchloß. Seele diefes großzügig an-
gelegten ünternehmens war Paul Clemen, der
im Kriege die wiffenfchaftliche Organifation der
Hrbeit durchgeführt und mit der ihm eigenen
Energie zum Äbfchluß gebracht hat. Mit Recht
betont der Herausgeber an einer Stelle feines
fchönen Vorworts, daß die Hufgaben der wiffen-
fchaftlichen Forfchung aller diefer Männer, die
pd) hier zur Mitarbeit zufammengefunden, von
vornherein über dem trennenden der äußeren
Zeitumftände ftanden und daß fich ihr inneres
Verhältnis zu der niederländifchen Kunft unab-
hängig von den Ereigniffen rein im Sinne der

internationalen Republik des Geiftes und der
Wiffenfdjaft erhalten durfte.
Diefes Vorwort des Herausgebers gibt ferner
Huskunft darüber, wie fich langfam aus allen
Sonderftudien der an der Hrbeit beteiligten Ge-
lehrten die Idee des Gefamtwerkes entwickelte,
das naturgemäß durchaus keine fogenannte bel-
gifd)e Kunftgefd)id)te werden konnte, das aber
dennoch die wertvollften Baufteine für die Be-
tätigung niederländifchen Geiftes auf künftle-
rifchem Gebiet zufammengetragen hat. Hier
unter diefer grundfätjlichen Einfchränkung das
hier vereinigte Material überprüft, muß aller-
dings zu der Überzeugung kommen, daß im Kranz
der hier vereinigten einzelnen Beiträge fich
folche von höchfter Bedeutfamkeit für die euro-
päifche Kunftgefchichte herausheben. Gleich-
mäßig find Hrchitektur, Plaftik und Malerei be-
rückfid)tigt; daneben die für Belgien fo wichtige
Gefcßichte der Bildteppiche, der Goldfchmiede-
kunft und der Glasgemälde. So fehr vielleicht
der 3ufall das Chematifche in der 3ufammen-
ftellung auch beftimmt haben mag, im Großen
hat dies Werk für Belgiens Kunftgefchichte eine
fundamentale Grundlage gefcßaffen, die hoffent-
lich auch bei den Gelehrten von drüben dank-
bare Anerkennung findet. Beiträge wie der von
Wilhelm Köhler über „Die Denkmäler der karo-
lingifchen Kunft in Belgien“ oder der von Hdolph
Goldfchmidt über „Die belgifche Monumental-
plaftik des 12. Jahrhunderts“ oder der hervor-
ragende Äuffatj von Hamann über „Die fpät-
gotifchen Skulpturen der Wallfahrtskirche in
Hai“, nicht auch zu vergeffen die Artikel von
Friedrich Winkler („Die nordfranzöfifche Malerei
im 15. Jahrhundert und ihr Verhältnis zur alt—
niederländifchen Malerei“) und von Max J. Fried-
länder über „Die Brüffeler Cafelmalerei gegen
den Ausgang des 15. Jahrhunderts“, die einen
Ceil des erften Bandes ausmachen, find im beften
Sinne Ausweis deutfcher kunftwiffenfchaftlicher
Arbeit, die — wenn jene Republik des Geiftes
wirklich befteht — auch drüben mit ungeteilter
Sympathie begrüßt werden müffen. Nicht anders
(um aus der Fülle des Materials nur einiges
namhaft zu machen) jene Beiträge des zweiten
Bandes, unter denen pch als befonders bedeu-
tungsvoll der Auffatj von Paul Clemen über
„Lancelot Blondeei und die Anfänge der Renaif-
fance in Brügge“, der von Richard Graul über
„Die Glasmalereien in St. Gudula in Brüffel“,
von Hermann Schmiß über „Die belgifchen Bild-
wirkereien von der Gotik bis zum Barock“,
herausheben. Diefe hier kurz genannten Bei-
träge follen und können an diefer Stelle ledig-
lich nur das Programm diefer monumentalen
Publikation andeuten, da es unmöglich ift, im
Rahmen des Referates den ganzen Reichtum
deffen zu erfchöpfen, was deutfche Kunftwiffen-
fchaft hier zufammengefügt hat.
Ob man drüben den Sinn diefer mit einem
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