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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 13
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Basler, Adolphe: Pariser Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0631

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wert fd)ön eingerahmten Kitfch im Rathausbazar kaufen und damit it>r Heim „fd)mücken“.
Es ift doch ein wenig kühn, einem Käufer moderner Bilder zu verfprechen, er werde
den doppelten Preis beim Kliederverkauf erzielen; der VerfaJJer vergißt dabei, wie
launifd) die Mode ift; auch ift die Qualität moderner Klerke nicht ol)ne weiteres ab-
zufcßä^en, fo daß feßr ßäufig Qualität und Preis eines modernen Bildes in ftärkftem
Mißverhältnis fteßen. Der Ruf eines Malers, feine Beliebtheit ift durchaus nicht immer
gerechtfertigt; vielmehr wage ich Behauptung, daß die Eßrenpreife, welche gewiffe
Malergrößen des 19. Jahrhunderts erzielten, ebenfo der Qualität ihrer Klerke, als der
Qualität der Käufer zuzufdjreiben find. So wußten Männer wie Rouart, wie Denys
Cod)in oder Fjaviland, die zu il)rem Privatvergnügen und nicht um der Spekulalion willen
fammelten, die Bewunderung der ganzen Kielt beffer auf ihre Lieblingsmaler zu lenken,
als das die Pfeudoamateure verftehen, die fid) nur fklavifd) an die Mode halten. Und
noch immer fcheint mir zuzutreffen, was ich einmal einem Sammler antwortete, als er
mich fragte, was er kaufen folle: „Kaufen Sie nur, was Ihnen gefällt!“ — Ein ge-
bildeter Menfch wird ftets nur anftändige Klerke kaufen, während dem Snob eben nur
die hohle Kunft zufagen wird.
Die junge franzößfdße Malerfchule fetjt fiel) aus einer Gruppe von Malern zufammen,
die die neuen Eheorien in der Kunft propagieren; doch fehen wir in der Äusftellung
bei Barbazanges nid)t alle diefe neuen Richtungen vertreten; es fehlen Braque und die
Kubiften, ferner Derain und andere gute Künftler wie Gromaire und Frelaut; immerhin
gewinnen wir aus diefer Äusftellung eine gewiffe Orientierung über die Entwicklung
der Malerei feit einiger 3eit. Sehr bezeichnend in diefer F)infid)t ift der Äkt von Friesz;
der Maler, unftreitig einer der Begabteften feiner Generation, befcl)ränkt ßd) darauf,
eine zwar fchlid)te, aber doch fehr beredte Studie zu malen; die Naturbeobachtung ift
gewiffenhaft, die Modellierung einfach, aber kräftig — ein fehr fympatl)ifches Stück, das
einem blutjungen Maler wie Fournier als Vorbild dienen könnte. In dem Beftreben,
fid) vor jugendlichem Überfcßwang zu hüten, hat Fournier den Ehrgeiz, gleich ein
Meifterwerk zu fdßaffen, erreicht aber nur etwas, das fid) als fertiges Klerk ausgibt!
Da zeigt fein Kamerad Corneau bei aller Unbeholfenheit weit mehr Vertiefung und
Erfaffung des formal Schönen. Berthold Mahn wiederum zeigt fid) als guter malerifcher
Könner: feine Landfdjaft ift von köftlid)er Erdfrifche.
Die Maler im Älter von 40 bis 50 Jahren befcheiden ßd) wahrhaftig mehr. Klie ein-
fach und dod) wie bedeutend wirken das kleine Interieur von Matiffe, die Cafel von
Vuillard, das Blumenftück von Segonzac! Matiffe und Segonzac ßnd in ihrer Mal-
weife fehr verfdrjieden, ße repräfentieren zwei grundverfd)iedene Epochen, aber beide
fd)öpfen ihre Kraft und ihren Charme aus ihrem eigenften Innern. Darum entzückt
mich eben ein Künftler wie Matiffe trofe feiner fd)einbar ßüd)tigen Malweife; feine Ab-
klärung bereitet uns hohen Genuß, während die tiefen Farbenklänge den Blumenftücken
Segonzacs faßt etwas Feierliches verleihen.
Unter den jungen franzöfifd)en Künftlern finden wir viele gute Künftler; befonders fällt
Defpiau auf; in ihm fteckt etwas von der Raffigkeit eines Matiffe und Segonzac; er
hat das gleiche Naturell wie die beiden, und er kann ebenfo graziös fein wie feierlich
werden. Seine Büfte der Frau Derain ift eine Meifterfkulptur. Defpiau liebt die große
Form, aber feine Klerke wirken ftets lebendig und ecßt.
Durch reichbewegte und mannigfach belebte Kompofition feffelt Dufrefne, durch ihre
Ehrlichkeit fordern unfere Hochachtung Luc Älbert Moreau, Bouffingault, Marcßand.
Immer jugendlich bleiben Bonnard, Suzanne Valadon, Marie Laurencin, freilich andere —
altern rafd). Dann gibt es aber auch Maler, die nie jung waren oder — die fehr
fd)nell altern werden. — Ein Meifterwerk in der ganzen Auffaffung und Haltung ift
die Landfdjaft von de la Fresnaye. Diefe Landfd)aft ftammt von einem autl)entifd)en
Klafßker feiner Art, ße ift nicht im mindeften langweilig, und ihre Kompoßtion zeigt
ein heutzutage wahrlich fehr feltenes Können.

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