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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 22
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Diez, Ernst: Buddhistische Bronzeköpfe aus Siam
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#1071

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der unteren Gefld)tspartie ab. Die Fettringe des Dalfes pind mehr fd)on durch Kon-
turen als plaftifd) getrennt.
Abb. 3 gibt einen kleinen lang-ovalen, nur 23 cm hohen, ftark patinierten Bronze-
kopf mit Reften von Vergoldung wieder, deffen Flammenbüfdjel und Ohrlappen intakt
find. Die Nafe gleicht der von Abb. 2, die Gefamtanlage der Äugen ebenfalls, docit
find die Öffnungen nod) fd)mäler, die Übergänge vom Stirnbein zu den Augäpfeln
nid)t fo fd)arf gefdjnitten, aud) der Mund nicht fo ornamental gebildet, kurz alles
natürlicher und mehr verinnerlicht als bei den anderen Köpfen.
Abb. 4 gibt einen lebensgroßen ovalen, 26 cm hohen, grün patinierten Bronzekopf
wieder, deffen Schädelauswuchs ausgebrochen ift. Die Fjaarlöckchen find knopfartig
fchematifiert. Der Fjaarboden ift durch eine wulftige Kurve von Stirne und Schläfen
abgefeßt. Die Nafe hat einen fchmalen Rücken mit Schrägwänden, die in gleicher
Breite die Augenkugeln umranden. Die Augenlider find durch eingeri^te Striche an-
gedeutet. Der Mund ift in einem Doppelkontur umrändert und gleicht im Schema
Abb. 2. Die Ohrlappen find abgebrochen. Die ßalswülfte find nur durd) eingeri^te
Linien getrennt.
Abb. 5 gibt einen überlebensgroßen, lang-ovalen 56 cm hohen Bronzekopf wieder,
deffen Schädelflamme fehlt. Die Gepchtsformen unterfd)eiden fid) von den früheren
durd) die nunmehr konfequent durchgeführten geometrifierenden Formen. Kugelformen
wechfeln mit Sd)rägfläd)en. Der Nafenrücken ift ein mefferklingendünner Kontur ge-
worden. Die Nafenwände bilden mit den Stirnbeinwänden ein Syftem. Letztere über-
fchneiden die Stirne. Die Nafenflügel find felbftändige, hackenförmige Anfätje. Die
fchmalen Äugenöffnungen biegen fid) außen fchnabelförmig nach abwärts, die Mund-
winkel ebenfo nad) aufwärts. Das Kinn verliert pd) im vollen, plaftifd) kaum diffe-
renzierten Geßd)tsei. Die ßaarlöckchen bilden einen Stachelpanzer. Die gut erhaltenen
Ohren bilden kontraftierende Kurven zum Kopf, die Kurven der Fjalsringe endlich
einen abebbenden Äusklang des ganzen Kurvenfyftems.
Abb. 6 gibt den Kopf einer Parvati aus goldbrauner Bronze wieder, der mit dem
fünfgeteilten Flammenauswuchs 37 cm mißt. Die kubifche Geftaltung von Abb. 5 iß
noch abftrakter geworden. Krone, Flamme und Ohrlappen mit 3äpfd)en bilden eine
rein ornamentale Umrahmung des Gefid)tsfd)emas.
Sämtliche Köpfe, mit Ausnahme des lebten, pnd Buddhaköpfe und bildeten die Krö-
nung ptjender Bronzebuddhas, die in Cempeln verehrt wurden. Durd) diefe fd)on
durd) den Sd)ädelauswud)s gekennzeichnete 3weckbeftimmung war aud) ihre Ge-
ftaltung bis zu einem gewiffen Grade vorgefd)rieben. Die Künftler mußten pd) an
den Schönheitskanon halten, der 32 große und 80 kleine Sd)önheitszeid)en verzeichnet1.
Die wid)tigften auf die Kopfbildung bezüglichen pnd: Der Sd)ädelauswud)s, das kurz-
gelockte Fjaar, deffen einzelne Locken von links nach rechts laufen, die breite und
ßad)e Stirne, das urna zwifchen den Augenbrauen (das nur der Kopf, Abb. 2, als
Pünktchen zeigt), die vollen Klangen ausgeglichen ohne Entftellung, ohne Spur
von Daß und 3°rn und die völlige ßarmonie von Gepd)t und Stirne. Diefe
äußere Bindung ließ jedoch den Bildnern, wie nicht nur diefe Reihe, fondern die ge-
famte buddhiftifd)e Plaftik Indiens und Oftapens zeigt, noch immer fehr viele Variations-
möglichkeiten übrig.
Die zeitliche Einordnung unferer Köpfe in die Entwicklungsgefd)id)te der fiamepfdjen
Plaftik ift durch die Studie von E. Ä. Voretßd), die als Ergebnis einer Studienreife
durd) Siam zum 3wecke der Erforfd)ung der buddhiftifd)en Kunft in der Oftapatifchen
3eitfd)riß 1916—18, Bd. V und VI, erfd)ienen ift, ermöglicht. Voretßd) teilt den Ab-
lauf der buddhiftifchen Kunft in Siam in fünf Perioden ein, deren erfte und zweite
unter nordindifchen Einflüßen von 250 v. Cl)r. bis 750 n. Ct)r. dauerte. In der dritten

1 cf. fl. Grünwedel, Buddbißifdbe Kunß in Indien, S. 138 f.
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