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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 22
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Diez, Ernst: Buddhistische Bronzeköpfe aus Siam
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#1072

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Periode kommt es zu einer nationalen Kunftblüte im Reiche Sukotßai-Savankolok (750
bis 1100 n. Ct)r.). Die vierte Periode fällt mit dem Reiche Pitfanulok-Lopburi (1100
bis 1350 n. Chr.) zufammen, die fünfte und lebte wird nach der Refidenz Ayuthia
genannt und dauert 1350 bis 1750 n. Ct)r.
Die beiden erften Perioden kommen für uns nicht in Betracht. Dagegen verkörpern
Äbb. 1 bis 3 den Sukottjaiftil und die beiden erften Exemplare zeigen deutlich
den ünterfdjied, der in diefer 3eit zwifd)en Nord- und Südfiam herrfd)te. Der Äbb. 1
wiedergegebene Kopf zeigt den Einfluß der Plaftik der der malaiifcßen gegen-
überliegenden füdindifd)en ßalbinfel, wie wir fie vornehmlich vom üempeldiftrikt in
Cridjinopolg und von Mamalapuram ßer kennen. Diefe felbft wieder von der nörd-
lichen älteren Guptakunft beeinflußte füdindifcße Plaftik konzentriert noch reiches Leben
im Äntlitj und fpiegelt mehr die lebensfrohe Richtung des Buddhismus wieder oder
die dramatifd) belebte des Iflnduiftifchen Darftellungskreifes als die afketifch-abftra-
hierende. Der Kopf kann nur ganz ungefähr um 1000 n. Cl)r. angefetjt werden.
Stark im Gegenfatje zu diefer füdfiamefifchen erft von der Guptakunft direkt dann
von Südindien her beeinflußten Plaftik, deren Mittelpunkt Prapatom war, ftand die
nordfiamefifd)e, eigentlich nationale Kunft mit den 3entren Chiengmai, Pitfanulok, Alt-
Sukothai, Ayuthia, Lopburi, Savankolok u. a. Aus der Schule von Chiengmai flammt
der Abb. 2 wiedergegebene Kopf, der mit dem Kopfe einer Buddhaftatue aus Chieng-
mai, die fleh heute im GCIat Pentfchamapopitr in Bangkok befindet, auffallend überein-
flimmt (O 3- VI, Äbb- 21). Der kleine, Abb. 3 wiedergegebene Kopf dagegen kann
auf Grund feiner Ähnlichkeit mit O 3 VI, Äbb. 19c, nach Alt-Sukothai lokalifiert
werden. Die von Vorebflh publizierten Chiengmaiköpfe pnd durch ihre mehr rund-
ovale Form und ihren durch die breiten Nafen befonders gekennzeichneten Raffen-
charakter ausgezeichnet, wogegen die Köpfe aus Alt-Sukothai ein edleres Gefidflsoval
mit mäßigerer Polfterung und fcßmalrückigen Nafen zeigen (vergl. auch Abb. 8). Ihre
Datierung innerhalb der Spanne 750—1100 n. CI)r. enger einzugrenzen, ift auf Grund
des fpärlich publizierten Materials kaum möglich-
Der in Abb. 4 gegebene Kopf gehört fchon der nächflen Periode, der Kunft des
Reiches Pitfanulok-Lopburi (1100 — 1350), an und dürfte auf Grund feiner Ähnlichkeit
mit O. 3. VI, Abb. 22 a, aus Lopburi flammen. Die abflrahierende Stilifierung ift vor-
gefchritten, hat aber nod) nicht jenen Fjöhepunkt erreicht, den Abb. 5 zeigt, deffen
Original wiederum einige Jahrhunderte jünger in die fünfte und lebte Kunftperiode
von Ältfiam, die Periode des Reiches Ayuthia (1350—1750 n. Chr.) gehört und in
O. 3. VI, Abb. 22 b, ein Ebenbild hat. Man wird ihn allerdings in die Frühzeit diefer
Periode, alfo in das 14. bis 15. Jahrhundert einftellen müffen, deren Spätzeit durch
den Parvatikopf, Äbb. 6, der etwas früher als O. 3- VI, Abb. 33, etwa ins 17. Jahr-
hundert angefeßt werden kann, vertreten ift.
Die übliche Kritik, die Köpfe von der Art der beiden lebten erfahren, ift die Feft-
flellung der Erftarrung. Catfächlid) fcheint ja auch für den europäifchen Betrachter
die Entwicklung von Abb. 1 bis Abb. 6 in gleichmäßig abfleigender Richtung zu
führen. Änderfeits wird aber mancher den Kopf, Äbb. 5, in feiner konfequenten Äb-
flraktheit vollendet finden und ihn vielleicht, Abb. 1, vorziehen. Mit ihm ift ein Ideal
erreicht, deffen Cendenz fiel) in der nordfiamefifchen Plaftik fchon um das Jahr 1000
n. Chr- in den Köpfen, Abb. 2 und Abb. 3, bemerkbar macht und das eben im Gegen-
fab zum helleniftifcben, fo tief in die indifch-buddhiflifche Plaftik und Malerei ein-
greifenden Schönheitsideal die möglichfle Abftraktion von der Naturform anftrebt, in-
dem er immer mehr mit Proportionen, die auf fpekulativem ÜJege gefunden wurden,
mit Kugelflächen, Kurven und abftrakten Linien arbeitet. Fjier macht fleh alfo ein be-
wußter 3ug zur Abftraktion geltend, den wir auch in anderen Provinzen der buddflL
flifchen Kunft, z. B. in Japan bemerken und der nicht als Verfallserfcheinung, fondern
vielmehr als zielbewußte Geftaltung eines beftimmten Kunftwollens gewertet werden

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