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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 (2. Januar 1901 - 31. Januar 1901)
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Erstes Blatt.

UMontag, 7. Januar 1901.

XXXXUl. Jahrgang. — Air. 5.


Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich SO Pfg. in's Hans gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch dieZPost.be-
zogen vierteljährlich 1.3S Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzcigcn ermäßigt. — Anschlag der Inserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung
und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Großherzog Karl Alexander von Sachsen-
Weimar -si.
Weimar, 5. Jan. 8 Uhr morgens. Nachdem der
gestrige Tag im ganzen gut verlaufen, hatte der Großherzog
gegen 4 Uhr morgens einen neuen schweren Anfall
von Herzschwäche mit aufgehobenem Bewußtsein,
woraus er sich bis jetzt nicht wieder erholt hat.
Weimar, 5. Jan. Der Großherzog ist um
6*/^ Uhr abends entschlafen. Seit Mittag wurde der
Atem des Großherzogs schwächer. Der Tod war sanft.
Im Sterbezimmer befanden sich u. A. der Erbgroßherzog,
der Herzog-Regent und die Herzog-Regentin von Mecklen-
burg, Staatsminister Rothe, Flügeladjutant Graf Palszieux,
die Leibärzte und Obcrhofprediger Spinner.
Wir haben die Nachricht von dem Ableben des Groß-
herzogs gestern hier vurch Aushang bekannt gemacht.
Der verstorbene Großherzog hat ein Alter von
82 Jahren erreicht. Er war ein Enkel des Freundes
Goethes. Im Jahre 1853 gelangte er zur Regierung und
hat sonach über 47 Jahre das Regiment in Sachsen-Weimar
geführt. Die großen künstlerischen und freiheitlichen Ucber-
lieferungen seines Landes hat er als weiser und aufge-
klärter Fürst gepflegt. Seine Regierung war eine gesegnete
und mit Liebe werden seine Unterthanen seiner gedenken.
Auch als deutscher Fürst hat sich der Verblichene jeder-
zeit bewährt. Großhcrzog Karl Alexander ist in seinen
letzten Lebensjahren von schweren Schicksalsschlägen ge-
troffen worden. Sein einziger Sohn, Erbgroßherzog Karl
August, starb im Jahre 1894, und drei Jahre später ver-
lor der greise Fürst seine Gattin, mit der er im Jahre
1892 die goldene Hochzeit gefeiert hatte. In diesem Jahre
wurde der jüngste Enkel des Großherzogs, Prinz Bernhard
Heinrich, im Alter von 22 Jahren jäh dahingerafft. Dessen
älterer Bruder, Erbgroßherzog Wilhelm Ernst, ge-
boren am 10. Juni 1876, folgt jetzt seinem Großvater
auf dem Thron. Es leben außerdem noch zwei Töchter
des Verstorbenen, Prinzessin Marie, vermählt mit Prinz
Heinrich VII. von Reuß j. L., und Prinzessin Elisabeth,
vermählt mit Herzog Johann Albrccht zu Mecklenburg.
Der neue Großherzog ist der letzte männliche Sproß
des gegenwärtig in Weimar herrschenden Zweiges des groß-
herzoglichen Hauses. Sollte er, ohne männliche Leibeserbeu
zu hinterlassen, abberufen werden, so würde die Thronfolge
auf die Linie des Prinzen Hermann übergehen, dessen ältester
Sohn der in Heidelberg wohnende Prinz Wilhelm ist.
Unser Großherzogliches Haus wird durch das Ableben des
Großherzogs Karl Alexander direkt berührt, denn der ver-
storbene Grobherzog war ein Bruder der Mutter unserer
Großherzogin.

Vom Krieg i« Südafrika.
Nach Telegrammen, die aus Kapstadt in Berlin ein-
getroffen sind, stehen Burenkommandos nur noch
vier Tagemärsche von Kapstadt. Charakteristisch
für die Situation in Südafrika ist die Erklärung Lord
Kitcheners, daß er nicht in der Lage sei, die Minen zu
schützen, und dies den Eigentümern überlassen müßte.
Im Lichte dieser Nachricht erscheint die Lage der Eng-
länder in Südafrika als äußerst ungemütlich. Wer hätte
gedacht, daß die Bu"en noch eine solche Angriffskraft ent-
falten würden! Zwar sind ihre Scharen sehr klein, dafür
haben sie um so größere Beweglichkeit. Alles wird nun
davon abhängen, ob die Kapburen sich ihren Brüdern an-
schließen. Geschieht dies nicht, dann können die Buren
auf einen durchschlagenden Erfolg trotz alledem nicht zäh-
len. Geschieht es aber, dann kann die englische Herrschaft
in Südafrika böse ins Wanken geraten. — Nachstehend
einige Telegramme mit Einzelnachrichten:
London, 5. Jan. Bezüglich der Lage in der Kap-
kolonie und auf dem eigentlichen Kriegsschauplätze tritt hier
neuerdings eine gewisse Beruhigung ein. Lord
Kitchener hat Befehl erteilt, jeden in der Kapkolonie ver-
fügbaren Mann gegen die jüngst eingefallenen Buren-
scharen vorzusenden. Die Einschiffung von zweitausend
kriegsgefangenen Buren bezweckt zunächst, das mit deren
Bewachung bisher beauftragte Bataillon frei zu machen,
dann natürlich auch Sicherung gegen die Möglichkeit eines
Handstreiches zu schaffen. Neben der Nachricht von ein
paar Scharmützeln mit den Eindringlingen und dem Rück-
zug einer kleinen Burenschar nach dem Oranjegebiet wirkt
auch zur Beruhigung mit, daß Roberts die Geschäfte
im hiesigen Generalkommando übernommen hat, da
man ihm allgemein das Vertrauen entgegenbringt, daß
unter seiner und des neuen Kriegsministers Amtsführung
in der nächstenIZeit nichts für die wirksame Beendigung
des südafrikanischen Krieges versäumt werden dürfte.
London, 5. Jan. Lord Kitchener meldet aus
Pretoria vom 4.: Der westliche Teil der Buren scheint

sich nach Talvinia zu begeben, der östliche dagegen scheint
sich in kleinere Truppenabtcilungen aufgelöst zu haben.
Gestern hat wieder eine kleine Burenabteilung westlich von
Alivaal-North den Oranjefluß überschritten. Die
Buren zeigen sich an der Bahnlinie bei Rhenoster, doch ist
es zweifelhaft, ob sich Dewet bei ihnen befindet.
London, 5. Jan. Der Kapstadter Korrespondent der
„Daily Mail" will aus zuverlässigster Quelle wissen, daß
Dewet beabsichtige, in die Kapkolo nie einzufallen,
nachdem die vorausgeschickten Kommandos ihre Stellungen
gesichert hätten. — Kitchener bot 5000 Mann zur Be-
wachung der Rand-Minen auf.
London, 5. Jan. Der „Evening Standard" meldet:
Die von den Buren bei Helvetia gefangen genommenen
Engländer seien frei gelassen worden.
Kapstadt, 5. Jan. Wie das Reutersche Bureau
meldet, sollen seit mehreren Tagen zahlreiche Kap-
Holländer heimlich aus dem Westen der Kapkolonie nach
dem Norden aufgebrochen sein, vermutlich um sich den in
die Kapkolonie eingedrungenen Buren anzuschließen.
Kapstadt, 5. Jan. Das Reutersche Bureau meldet:
Der Premierminister der Kapkolonie und Sir Alfred Milner
hatten heute früh eine lange Unterredung, deren Ergebnis
die sofortige Einberufung eines besonderen Kabinetsrates
war. Es wird eine wichtige Bekanntmachung erwartet.

Die Vorgänge in China.
Berlin, 5. Jan. Der Oberbefehlshaber in Ost-
asien, Generalfeldmarschall Graf Waldersee, meldet
aus Peking vom 3. Januar: Strcifwachen erhielten Feuer
bei Mafangtschwang. Die Colon ne Madai marschierte
von Fungtschou auf dem linken Peihoufer nach dem
Norden, die unterem 31. Dezember gemeldete Kolonne
unter Hauptmann Hering über Tschituntschwang auf Zjang-
hotschwang, die Kolonne Grüber von neuem über
Sanhohschien auf Pingkuhsien.
Paris, 5. Jan. Aus Singanfu wird gemeldet:
Auch sien wurde am 8. Dezember auf Befehl des Kaisers
hin gerichtet. In Singanfu sind 30000 Chinesen
konzentriert.
Washington, 5. Jan. Der Gesandte Conger
hat der amerikanischen Regierung angezeigt daß eine V er«
ständig ung zwischen den Gesandten in Peking absolut
unmöglich ist, soweit es sich um die zu verlangende Ent-
schädigung handelt. Infolge dessen hat die amerika-
nische Regierung direkt Unterhandlungen mit den beteiligten
Mächten angeknüpft, um eine Lösung der Frage herbei-
zuführen.

Deutsches Reich.
— Dem Bundesrat ging der Entwurf eines
Schaumweinsteuergesetzes zu. Danach soll ab 1.
Oktober 1901 inländischer Schaumwein aus Traubenwein,
Fruchtwein oder weinhaltigen Stoffen einer Verbrauchs-
abgabe unterliegen. Die Abgabe beträgt 20 Pfg. für die
Flasche Schaumwein, der unter Verwendung von Frucht-
wein hergestellt ist, 60 Pfg. für andere Schaumweine,
falls mittelst Flaschengährung hergestellt. 40 Pfg., falls
ohne Flaschengährung hergestellt. Halbe Flaschen zahlen
die Hälfte, kleinere den Viertelbetrag. Schaumwein,
der ausgeführt wird, bleibt frei. Die Begründung
betont, die Vorlage entspreche der Resolution des Reichs-
tags vom 9. Juni, worin gefordert wird die Heranziehung
des Schaumweins zu den Flottenkosten und der Deklarations-
zwang für den Schaumweinhaudel.
Baden. Die Redaktion des Militär-Vereinsbl attes
hat an Stelle des Herrn Oostlt. Platz mit dem 1. Januar
Herr Obstlt. a. D. Herrsch übernommen.
* Heidelberg, 7. Jan. Gegenüberden in der letzten
Zeit von verschiedenen Preßorganen des Zentrums und der
Demokratie aufgestellten Behauptung, der in diesem Blatte
erschienene Artikel, welcher in der Amtsverkündiger-Frage
an das Vorgehen des früheren Ministers von Stösser erin-
nert, rühre von dem hiesigen Landtagsabgeordneten Dr.
Wilckens her, stellen wir fest, daß dies nicht der Fall ist
und daß derselbe mit diesem Artikel überhaupt nicht das
Geringste zu thun hat. Wenn wir uns zu dieser Fest-
stellung entgegen den sonst bei der Presse üblichen Gepflo-
genheiten veranlaßt sehen, so geschieht dies im Hinblick
auf die häßlichen persönlichen Angriffe, die gegen den ver-
meintlichen Verfasser jenes Artikels gerichtet worden sind.
Oldenburg. Oldenburg, 5. Jan. Der Leibarzt
des Großherzogs, Theobald, gibt folgenden Krank-
heitsbericht: Das Leiden des Großherzogs ist, wie
alsbald nach der Rückkehr aus Holstein festgestellt wurde,
ein Klappenfehler des linken Herzens. Zudem hat
sich durch momentane Ueberanstrengung eine bedeutende Er-
weiterung des Herzens in akuter Weise herausgebildet,
welche neben gänzlicher Enthaltung von den Geschäften die

strengste Kur gebot. Diese ist mit Aussicht auf guten Er«
folg von Dr. Reyher in Dresden durch mechanische Be«
Handlung schon eingeleitet, wird jedoch viele Wochen er-
fordern.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Badischen Kammerjunker Wirklichen Legationsrat und Vortragenden
Rat im Auswärtigen Amt des Deutschen Reichs Dr. Rudolf
Goebel von Harrant das Ritterkreuz 1. Klasse mit Eichen»
laub des Ordens vom Zähringer Löwen verliehen, den Registrator
Jakob Riebcl beim Ministerium des Innern, den Landwirt-
schaftsinspektor Franz Fuhrmann in Heidelberg, sowie den
Bezirkstierarzt Wilhelm Fl um in Eberbach landesherrlich an-
gestellt, sowie den Kreisschulrat Peter Schenk in Offenbnrg auf
sein unterthänigstes Ansuchen aus dem Staatsdienst entlassen.
Karlsruhe, 5. Januar. Der Großherzog nahm
heute Vormittag einen längeren Vortrag des Präsidenten
Dr. Nicolai entgegen. Darnach verabschiedete sich bei den
Höchsten Herrschaften der Graf Rhena vor seiner Rückreise
nach Leipzig. Nachmittags hörte Seine Königliche Hoyeit
die Vorträge des Majors von Schwerin und später des
Legationsrats Dr. Seyb. Abends 8 Uhr war größere
Hoftafel, zu welcher zahlreiche Einladungen ergangen sind.
. A ii s t u n d ""
Belgien. ^Antwerpen, 5. Jan. Seit gestern
fühlt sich die ganze Stadt wie von einem bösen Drucke
befreit. Der unglückselige Aus stand der Hafenarbeiter
ist nämlich seit gestern faktisch beendet, und damit
werden auch die verderblichen Zustände, unter denen der
Handel und Wandel in Antwerpen seit beinahe drei Wochen
zu leiden gehabt hat, endlich eiu Ende nehmen.
Holland. Haag, 5. Jan. Die Krankheit des Bure n-
präs identen Krüger nimmt einen günstigen Verlauf,
obgleich der Kranke über Herzschwäche klagt.
Rußland. Die „Polit. Korresp." meldet aus Peters-
burg: An hiesigen unterrichteten Stellen trägt man kein
Bedenken, den Abschluß eines russisch-chinesischen
Uebcreinkommens bezüglich der Mantschurei zu be-
stätigen. Was den Inhalt der Abmachung betrifft, so be-
steht sie wesentlich in dem Rußland von China eingeräum-
ten Recht, die mantschurische Provinz Fengtien zeitweilig
zu besetzen. Der Zweck, den das Petersburger Kabinet
mit dieser Vereinbarung verfolgt, ist die Möglichkeit, durch
eine derartige Besetzung inbezug auf die Vorgänge in
China sowohl hinsichtlich des Gcbahrens dieser Macht selbst
wie des Verhaltens der anderen auf dem ostasiatischen
Schauplatz beteiligten Staaten eine den Interessen Ruß-
lands in vollem Maße genügende Aufmerksamkeit entwickeln
zu können.
Spanien. Madrid, 4. Jan. Mit Rücksicht auf die
Haltung der Einwohner von Malaga bei dem Schiff-
bruch des „Gneisenau" erließ die Königin ein
Dekret, wodurch der Stadt der Beiname „Die sehr
Gastfreundliche" beigclegt wird.
Afrika. Die „Times" meldet aus Peking, 3. Jan.:
Es ist wahrscheinlich, daß die Wahl des kaiserlichen
Prinzen, der nach Deutschland gehen soll, um dem
deutschen Kaiser das Bedauern des chinesischen Kaisers zu
übermitteln, auf den Prinzen Su fallen wird. Dieser
Prinz steht im Range höher als Prinz Tsching. Er nimmt
in Abwesenheit des Kaisers die Zeremonien im Tempel der
Vorfahren vor. Die „Times" hält diese Wahl für aus-
gezeichnet. (Prinz Su ist fremdenfreundlich; in seinem der
englischen Gesandtschaft gegenüber gelegenen Palast waren
während der Belagerung der Ausländer in Peking ein
großer Teil der eingeborenen Christen untergcbracht worden,
die sich unter dem Schutze japanischer Truppen der chine-
sischen Angreifer tapfer erwehrten).

Die Einweihung des städtischen Elektrizitäts-
Werks.
/s, Heidelberg, 7. Jan.
Am letzten Samstag nachmittags 3 Uhr versammelten sich
die Mitglieder des Stadtrats und des Stadtverordnete-Kollegiums
mit den Spitzen der Lokalbehörden und den Vertretern der Presse
im Neubau des städtischen Elektrizitätswerkes zur festlichen Ein-
weihung dieses nun seit einiger Zeit im Betrieb befindlichen
städtischen Unternehmens. Auch der Landeskommissär Ministerial-
rath Pfisterer aus Mannheim wohnte dem Akt bei.
Das Gebäude des Elektrizitätswerkes präsentierte sich im
Fahnenschmuck. , Man hat auf die hübsche äußere Ausgestaltung
desselben mit Recht Wert gelegt. Der stattliche Bau zeichnet sich
durch hübsche Formen aus. Er erinnert ein wenig an eine Kirche,
nur der hohe runde Kamin deutet an, daß das Werk einem in-
dustriellen Unternehmen dient. Auch der innere Hauptraum, in
dem die beiden Maschinen stehen, mutet durch seine Größe und
Höhe kirchenmäßig an. Er ist gleich so angelegt, daß weitere
Maschinen darin aufgestellt werden können. Der noch zur Ver-
fügung stehende Raum bot der Versammlung vollauf Unterkunft.
Eröffnet wurde die Feier durch folgende Ansprache des Ober-
bürgermeisters Dr. Wilckens: , ,
Geehnesre Herren! EUauvcu Sie, daß >a> sie in die,ein
Raume aufrichtig willkommen heiße und insbesondere unsere »er-
eh-len Gäste, denen wir für ihr Kommen sehr üu.ckbar sind,
 
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