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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Januar bis Juni)

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Nr. 126 - 149 (1. Juni 1901 - 29. Juni 1901)
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Montag, 24. Juni IM.

Erstes Blatt

43. Jahrgang. — Ir. 144.





--ich eint täglich. Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich so Pfg. frei in's Haus gebracht, bei der Expeditton und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg.8 Durch die Post be.
^ zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum- Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Anschlag der Inserate auf den Plakattaseln der Heidelberger Zeitung
^_und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

^Ur Frage der Vereinheitlichung des deutschen
Eisenbahnwesens.
Ueber die Eisenb ahngemeinsch aft wird gegen-
wärtig in württembergischen wie in badischen Blättern
^eder viel geschrieben. Eine Anzahl badischer Blätter
^ckt dabet in unschöner persönlicher Weise auf dem Karls-
!^er Korrespondenten des „Schwäb. Merkur" herum, der
A Anschluß an die preußisch-hessische Gemeinschaft ist
^ gegen die Eisenbahnreform eifrig zu Felde zieht, ob-
?'Eich er doch schon manches anerkannt hat, was er früher
Dämpfte, so z. B. die Forderung, daß der Schnellzugs-
Mchlag fortfalle. Wenn die Eisenbahnfrage jetzt auf die
^gesordnung gekommen ist, so ist ein Hauptverdienst
dem Eisenbahnreform-Verein zuzuschreiben, der an-
^gend auch nach Württemberg gewirkt hat. Durch die
Schlüsse der beiden württembergischen Landstände ist nun
^ Sache aus dem Gebiet der Preßdiskussion auf den
reiche,, Weg gelangt. Die württembergische Regierung
^ den Auftrag erhalten, wegen Ausführung des Ar-
Als 42 beim Bundesrat vorstellig zu werden. Es ist also
^ neues Stadium der Entwickelung erreicht. Die
Schwierigkeiten werden nun allerdings erst recht beginnen. In
putzen ist man bis jetzt dem Reichseisenbahngedanken
geneigt, weder der Reichsbesitzgemeinschaft noch der
^fchsbetriebsgemeinschaft. Man sagt dort, man könne die
^"bahnen, die einen großen Teil der Erfordernisse des
chatsbudgets aufbringen, nicht ans Reich abtreten; da-
g,ürde man Angliederungen nach dem Beispiel
Essens gerne sehen. Gesetzt nun, es würden sämtliche
Ätsche Staaten in die Gemeinschaft mit Preußen treten,
i>°^. hätten wir dann? Dann hätten wir eine Reichs-
. riebsgemeinschaft unter preußischer Leitung und unter
'^ Kontrolle des preußischen Abgeordnetenhauses. In finan-
Lis^r Beziehung würde es ganz gleich sein, ob eine preu-
y Ar oder eine Reichsvcrwaltung den einzelnen Teil-
h?wern an der Gemeinschaft die auf sie entfallenden Be-
z^3e ousbezahlt; dagegen ist der politische Unterschied
Elchen diesen beiden Arten von Gemeinschaft sehr groß.
der einen sind die an Preußen sich anschließenden
^/>aten mundtot, bei der anderen bleiben sie durch
Aesrat und Reichstag zur Verwaltung milberufen und
mitbeteiligt. Dieser Unterschied ist für alle in Frage
H^Mende Staaten ein fundamentaler und man sollte in
s,?^en gerecht genug sein, um sein Vorhandensein wenig-
.zuzugestehen. Den § 42 der Reichsverfassung kann
km ^»de auch Preußen nicht ableugnen. In der Be-
g^f ihn ist der Weg bezeichnet, der allein zur
l^Mheitlichung des deutschen Eisenbahnwesens führen

Deutsches Kelch.
Die Rede, die Fürst Herbert Bismarck im Sach-
dyx Ade bei der Grundsteinlegung einer Bismarcksäule
Studenten gehalten hat, liest sich an einigen Stellen
htzgAn Protest gegen die Rede Vülows bei der Ent-
chuWg hgs Bismarck-Denkmals. So heißt es darin:
sihA^e Herren, wenn heute Leute anderer Meinung
der alte Bismarck und glauben, sie könnten an>

Bon der Kieler Woche.
h^„Kaiser, der am 21. ds. zum ersten Male
D Persönlich an der Kieler Regatta beteiligte, legte
'Sei "om Rennen einen Protest ein, der sich
istn -iKomet" richtete, aber vom Regattakomitee zu-
^PMiesen wurde. Der Kaiser führte selbst das Ru?
isst50. „Iduna", die als dritter hinter „Komet" das
^sstassstrte. Auch sonst wurden in dieser äußerst in-
hj^Äen, aber auch ebenso wechselreichen Regatta der-
:h^Ne Proteste eingelegt, die hauptsächlich darauf be-
e,A' daß in der unglückseligen Flaute am Schlüsse des
^Sed » Äe Dachten massenhaft nebeneinander und in-
tzAien ganz unübersichtlich die Ziellinie passierten,
näheren Bericht bietet das nachstehende Tele-
des „Berl. Lok.-Anz."
st tyst zweite Tag der Kieler Regatten, sportlich einer
'Miasten während der aarnen Kieler Woche, hätte


Donnerstag. " Die Fahrt beschränkte sich nicht

Ad?? ^nnenföhrde, sondern ging mit flottem Süd-
E hinaus, fast bis zur Mitte der großen Mee-
Nostwe, die von Holstein und den dänischen Inseln um-
k da? Aird. Der hellste Sonnenschein lag über Labö,
stkschwader in breiter Front und endloser Reihe
A est Ang, die großen Dachten weit voran, während
Äp ?Pvdel Ponies die kleinen und kleinsten in der
wlgten. Der Kaiser segelte auf der schweren
st>>d b , der auch heute ebenso wie in CuxhavLn der
istbipstswer noch nicht voll genug in den Segeln lag.
Pde .Pst hielt sich die große Dacht beständig in guter
^SeÄZhren Gegnern, und als „Iduna" mit einem
Nchneten Schlußeffekt am Ziele vorbeiflog —

dere Maximen aufstellen, so wollen wir uns das nicht
anfechten lassen. Wir wollen festhalten an den Traditio-
nen und Prinzipien, nach welchen Bismarck das Reich
geschaffen hat. Es waren wahrlich nicht .Künste, aber
eine Kunst, mit der das Reich aufgerichtet worden ist
gegen Legionen von Feinden im Innern und Aeußern.
Eine wohlerwogene Staatskunst ist das gewesen. Halten
wir daran fest!"
— Die „Nordd. Allg. Ztg." meldet: Der Entwurf des
Zolltarifgesetzes nebst dem Zolltarif ist nunmehr dem
Bundesrat zugegangen.
— Aus Berlin, 22. Juni, wird berichtet: Zu Ehren
des hier weilenden Großh. Badischen Ministers v. Brauer
fand gestern beim Reichskanzler und Gemahlin ein
Diner statt, zu dem außer dem Herrn v. Brauer und
Gemahlin u. a. auch der Badische Gesandte v. Jagemann
nebst Gemahlin, sowie Staatssekretär Krätkc und verschie-
dene hervorragende Personen geladen waren.
Kiel, 21. Juni. Das Kriegsgericht verurteilte
den Kapitänleutnant Frlirn. v. d. Goltz wegen Fahr-
lässigkeit bei der Strömung des Kreuzers Cormoran
auf dem Wirbclwindriff in der Südsee zu vierwöchigem
Stubenarrest. Die Mitangeklagten, Kommandant
Fregattenkapitän Emsmann und der wachhabende Offizier
Oberleutnant Reiche, wurden freigesvrocheu.
Kiel, 22. Juni. DerStapellauf des großen Kreu-
zers „B" fand heute auf der Kaiserlichen Werst statt.
Das Kaiserpaar landete, begleitet von dem Groß-
herzog von Sachsen-Weimar sowie dem Prinzen Ernst
von Sachsen-Altenburg um 9 Uhr an der Werft. Der
Kaiser schritt die Front der vom Seebataillon gestellten
Ehrenkompagnie ab, worauf Prinz und Prinzessin Hein-
rich, begleitet von Admiral Tirpitz die Taufkanzel be-
stiegen. Prinz .Heinrich hielt sodann die Taufrede,
in der er auf die Verdienste des Prinzen Adalbert von
Preußen um die Marine hinwies und mit einem drei-
fachen „Hurrah" auf L-eine Majestät den Kaiser schloß.
Prinzessin Heinrich als Großnichte des Prinzen Adalbert
taufte sodann das Schiff auf den Namen „Prinz Ad-
albert". Der Stapellauf ging glücklich von statten
und die Majestäten kehrten auf die „Hohenzollern" zu-
rück.
Kiel, 22. Juni. Der russische Kreuzer „Sweil ana"
mit dem Großherzog von Mecklenburg-Schwerin
und der Großherzogin-Mutter ist nach Petersburg abgegan-
gen. Die Großherzogin-Mutter ist eine russische Prinzessin.
Hamburg, 23.Juni. Der „Hamburger Korre-
spondent" ist zu der Erklärung ermächtigt, daß die von
verschiedenen Zeitungen verbreiteten Gerüchte über das
Gespräch des Kaisers mit dem Generaldirektor Ballin be-
züglich der Uebernahme des Ministerportefeuilles unbe-
gründet sind; ebenso seien die Aeußerungen des Kaisers
über die Religionszugehörigkeit nicht gefallen.
Baden.
Karlsruhe, 23. Juni. Nachdem am 1. Juni
d. Js. im Landgerichtsbezirk Karlsruhe (also in dem
Amtsgerichtsbezirken Baden, Rastatt, Gernsbach, Ett-
lingen, Karlsruhe, Durlach, Breiten, Bruchsal, Philipps-
burg, Pforzheim) das reichsgesetzliche Grund-
buchrecht in Kraft getreten ist, wird dieselbe Maß-
nahme auf 1. August auch für die Landgerichtsbezirke
Mannheim, Heidelberg und Offenburg beabsich-

eigentlich die einzige von 70 Dachten, die topspeed ein-
kam — erscholl von allen Dampfern ein brausendes
Hurra. „Komet" bestätigte die ausgezeichnete Cux-
havener Form und passierte vor Kommerzienrat
Guilleaumes „Clara" als erste das Ziel. Aber auch
„Lasca" lief die 50 Kilometer Weg in dem guten Tempo,
das etwa der mittleren Geschwindigkeit eines Radfahrers
entsprach. Die Regatta, welche, wie gesagt, mit sehr
befriedigendem Winde eingesetzt hatte, fand in dem
Augenblicke einen tragikomischen Abschluß, als die Boote,
von See zurückkehrend, die Höhe von Labö passierten.
Unter Land war der Wind abgeschnitten, und während
die Nachzügler vom Meere her in flottem Tempo heran-
kamen, lagen die vorderen wie tot, so allen Vorteil wie-
der einbüßend, den sie während drei Stunden mit Scharf-
sinn und Mühe und Aufwendung aller Geschicklichkeit
errungen hatten. In dieser unglückseligen Flaute stauten
sich die Dachten schließlich Bord an Bord dutzendweis,
die eine der andern den schmalen Rest Wind auch noch
fortdeckend, und dabei war das Ziel nach einer Fahrt
von 20 Seemeilen nur noch wenige hundert Schritt ent-
fernt. Die Zuschauer lachten, aber schließlich wurde auch
deren Geduld auf eine harte Probe gestellt. Man weiß,
wie weit auseinandergezogen die einzelnen Boote bei
den Segelregatten das Ziel passieren. Hier kamen sie in
breiter Front, zwanzig, dreißig, vierzig nebeneinander.
Es war schließlich nicht mehr als ein mühsames Kriechen,
Zoll üm Zoll. Dann gleich darauf setzte der schönste
Wind von neuen: ein und die Kaiserliche Dacht flog eine
Viertelstunde später durchs Ziel wie ein Vogel. —- Der
Protest des Kaisers gegen den „Komet" wurde zurückge-
wiesen. „Komet erhielt den ersten Preis,
„Clara" den zweiten, „Lasca" den dritten: „Iduna"

tigt. Damit wäre dann erst in diesem von Triberg—
Lahr bis Sinsheim reichenden Teile des badischen Landes
das bürgerliche Gesetzbuch voll in Kraft getreten. Ms
wann die übrigen Bezirke Nachfolgen können, steht zur
Zeit noch nicht fest. Es hängt dies von dem Stande der
Vorarbeiten und dem verfügbaren Personal ab.
BO KarIsruh e, 23. Juni. Zur Zeit findet in
den Räumen des Ständehauses der mündliche Teil der
zweiten juristischen Staatsprüfung (Refe-
rendärprüfung) statt. Vorsitzender der Prüfungskom-
mission ist Landgerichtsprästdent Dr. D 0 rner, außer-
dem prüfen noch die Herren Oberstaatsanwalt Geh.
Oberregierungsrat Frhr. v. Dusch (Strafrecht undi
Strafprozeß), Oberlandesgerichtsrat Eller (Zivilrecht),
Oberlandesgerichtsrat Buch (Zivilprozeß) und Mini-
sterialrat Schlusser (Verwaltungsrecht). An der Prü-
fung nehmen 66 Rechtspraktikanten teil. Diese im
ersten Augenblick recht hoch erscheinende Zahl deckt aber,
wie wir hören, doch nicht den Bedarf, da insbesondere
der Juftizdienst sowohl hinsichtlich der freiwilligen als
der streitigen Gerichtsbarkeit zahlreiche Referendäre be-
nötigt. Thatsächlich sind auch die Anstellungsverhältnisse
günstig, indem im Richterdienst und besonders im Nota-
riat schon zahlreiche Referendäre aus dem Jahre 1899
zu Amtsrichtern bezw. Notaren ernannt sind.
ö.6. Karlsruhe, 23. Juni. In parlamentarischen
Kreisen erwartet man die Eröffnung des Landtags
im laufenden Jahre zu einem früheren als dem bisher üb-
lichen Zeitpunkte, d. h. anstatt Ende etwa Anfang Novem-
ber. Diese Maßnahme der Regierung wäre zu begrüßen,
weil cs dadurch ermöglicht würde, einen erheblichen Teil
des Budgets schon vor Weihnachten fertig zu stellen, auch
würde sich dann die Tagung nicht allzuweit in die wär-
mere Jahreszeit ausdehnen. Die Ursache dieser Verschie-
bung ist wohl in der Absicht der maßgebenden Kreise zu
erblicken, das Budget bis zum 50jährigen Regierungs-
jubiläum des Großherzogs (24. April 1902) vollständig
erledigt zu sehen.
— Das Zentrum hat in Offenburg seine volle Ein-
mütigkeit bekundet. Trotzdem behauptet der sozialdemo-
kratische „Volksfreund", zwischen der Politik Wackers
und der Zeh nte rs bestehe ein Riß; die Richtung Zehnter-
Gießler strebe nach der „Reg 1 er ungs fähigkeit".
Demgegenüber wird es, wie die „Stratzb. Post" hervor-
hebt, gut sein, sich vor jeder Täuschung zu hüten. Wir
zweifeln, sagt sie, nicht daran, daß den Herren Zehnter, Gießler
und den anderen Juristen der Zentrumsfraktion die schärfere
Wacker'sche Tonart manchmal nicht angenehm sein mag,
worüber ja schon allerlei Aeußerungen gefallen sein sollen,
allein es handelt sich dabei immer nur um die Form, in
dem Katonischen Fundamentalsatz: „Die Nalionalliberalen
müssen vernichtet werden", sind sie alle einig. Auch wissen
jene Herren Juristen, daß es bedenklich ist, gegen den
Stachel zu löcken, Geistlicher Rat Lender hat damit
üble Erfahrungen gemacht. -
— Der „Volksfreund" hofft nur „mit ziemlicher
Sicherheit" auf einen abermaligen Sieg der Sozial-
demokratie und der Demokratie bei den Landtagswahlen
in Karlsruhe. Von den Zentrums-Arbeitern nimmt ec
an, daß dieselben für die sozialdemokratischen Kandidaten

wurde als vierte plaziert. Der Grund des Protestes war
der, daß der „Komet" eine Boje falsch umsegelt habe,
aber es stellte sich nachträglich heraus, daß die im offi-
ziellen Rennprogramm enthaltene Karte falsch gedruckt
war. Aus diesem Grunde wurde des Kaisers scheinbar
richtiger Protest zurückgewiesen.

Kleine Zeitung.
— Hochschnlnachrichtcn. Auf die durch den Rück-
tritt von Professor Dr. Hermann v. Seeger an der
Jüristenfakultät in Tübingen erledigten Professur
für Strafrecht ist Professor Dr. Richard Schmidt in
Freiburg i. B. berufen worden.
— Bonn, 22. Juni. Die Bonner Studentenschaft
veranstaltete gestern als am Tage der Sonnenwende zu
Ehren des Andenkens an Fürst Bismarck einen
Fackelzug, den auch der Kronprinz in der Pekesche
der Borussen mitmachte.
— Berlin, 22. Juni. Am 21. Juni wurde im
H a u p t f e rn s p r e ch a m t e Berlin eine neue Be-
triebs form eingeführt. Diese ermöglicht die tele-
phonische Verbindung durch die Vermittlung Berlins
auch zwischen den Orten herzustellen, die zwar bisher an
das Berliner Fernsprechnetz angeschlossen waren, jedoch
unter einander nicht in telephonischen Verkehr treten
konnten. An den Vorteilen dieser Einrichtung, die nach
einem neuen, von der Aktiengesellschaft Mix u. Genest
herrührenden Apparatsystem gebaut ist, partizipieren
nicht weniger als 1700 Orte Deutschlands, die mittelst
130 Leitungen mit Berlin in Verbindung stehen.
— Dresden, 20.'Juni. Der bekannte Antisemiten-
töter GrafPückler ist nun doch mit einer Geldstrafe
 
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