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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Januar bis Juni)

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Nr. 101 - 125 (1. Mai 1901 - 31. Mai 1901)
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Freitag, 17. Mai 1901.

Grstes Blatt.

43. Jahrgang. — kr. 114.

Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. frei in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40Psg. Durch die Post br-
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum- Für hiesige Geschäfts-und Privatanzeigen ermäßigt. — Anschlag der Inserate aus den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung

Chronik.
(Vom 28. April bis zum 11. Mai.)
April 28.: In Wien findet ein demonstrativer Kirchgang von
Frauen zur Rettung Oesterreichs von der „Los von
Rom"-Bewegung statt.
„ 29.: Die „KarlSr. Ztg." erklärt gegenüber einem anders
lautenden Bericht, der Großherzog habe zu einer
von ihm empfangenen Abordnung gesagt, der Ent-
schluß der Regierung, den Karlsruher Bahn-
hof zu verlegen, sei definitiv.
, 90.: Der Kaiser trifft wieder in Berlin ein.
Mai 1.: Die Maifeier der Sozialdemokratie macht sich nur
wenig bemerkbar.
, 2.: Die Lage in Südafrika erscheint nach Berichten
englischer Offiziere für England nicht günstig. Die
Beendigung des Guerillakriegs ist nicht abzusehen.
, 3.: Der preußische Landtag wird geschlossen,
da die Regierung sich von der Kanalkommission nicht
länger an der Nase hcrumführen lassen will. Die
Minister v. Miguel, v. Hammerstein und
Brefeld treten zurück.
„ 4.: Die Kaiserin trifft in Karlsruhe ein und begiebt
sich von da nach Baden-Baden.
„ 6.: Der Kaiser trifft in Karlsruhe ein und begiebt sich
von da nach Donaueschingen.
. 6.: Zum preußischen Ftnanzminister wird der bisherige
Minister des Innern v. Rheinbaben, zum Mi-
nister des Innern der bisherige Bezirkspräsident in
Metz v. Hammer st ein, zum Landwirtschafts-
minister der bisherige Staatssekretär der Post Pod-
bielski, zum Handclsmintster der nationalliberale
Abgeordnete Möller ernannt. Direktor Krätke
wird Staatssekretär der Reichspost.
» tz.: Die türkische Regierung führt einen Gewalt-
streich gegen die fremden Postanstalten
aus. Sie beschlagnahmt die Postsendungen von aus-
wärts und beansprucht, dieselben durch ihre Post ver-
teilen zu lassen. Die Botschafter erheben energischen
Einspruch.
, 7.: Der Engere Ausschuß der n a ti on a llib e rale n
Partei Badens richtet an die Bezirksveretne eine
programmatische Ansprache.
„ 8.: Der Reichstag nimmt das Weingesetz in
dritter Lesung an.
, 8.: Dem Prinzregenten von Bayern wird ein Urenkel,
ein Repräsentant der vierten Generation in
gerader männlicher Linie, geboren.
, 8.: In Barcelona wird wegen der dort herrschenden
großen Unruhen der Belagerungszustand ver-
kündigt.
» 9.: Der Reichskanzler beantragt die Vertagung des
Reichstags vom 15. Mai bis zum 26. November.
, 10.: Die Prinzessin Luise von Preußen, geschiedene
Landgrästn von Hessen, stirbt.
„ 10.: Der Kaiser reist von Donaueschingen ins Reichsland.
» 11.: Nach viertägiger Debatte nimmt die württember-
gische Abgeordnetenkammer einen Antrag auf den
Erlaß eines Retckseisenbahngesetzes an, das dem Reich
gesteigerten Einfluß auf den Betrieb der Bahnen
einräumt. Minister v. Soden hatte durchblicken
lassen, daß ihm der Reichseisenbahn-Gedanke nicht
unsympathisch sei.

Der Kronprinz und der Bierkomment.
. Ein Berliner Blatt läßt sich aus Bonn berichten, daß
Ar Kronprinz seinen Magen erst allmählich an die
Anforderungen gewöhnen müsse, die die Kneipe auf offi-
Zellen und offiziösen Gelegenheiten an den Korpsangehöri-
stellt. Auf die Gefahr hin, als Philister angesehen
werden, gibt der „Schwab. Merk." dem Wunsche Aus-

Eröffnung der Darmstädter Künstler-Kolonie.
(Frkf. Ztg.)
Darmstadt, 15. Mai.
br; große Tag, der die Lösung des spannenden Rätsels
rügen soll das die vielbesprochenen und vielgepriesenen,
denn-^"soviel bespötteltenDarmstädter Sieben auf derMathil-
»."hohe Darmstadt aufgaben, mit ihrem „Dokument
desscher Kun st", ist gekommen. Der fürstliche Mäcen
tz Unternehmens, Großherzog Ernst L u d w i g.chat heute
das „Sesam" gesprochen und liegt nun' frei dem
der « Er Welt die Schöpfung künstlerischer Eigenart, die
Kunstentwicklnng neue Bahnen anweisen soll,
die A?Elich, zur festgesetzten Zeit, um 11 Uhr fanden sich
Geladenen auf dem Festplatz ein. Von Fanfarenbläsern,
wo die Dächer der einzelnen Kolonistenhäuser verteilt
^fen, wurde der Großherzog und seine Gemahlin,
rm/r .öoren Gefolge sich Prinz Franz Joseph von Battenberg
tr„L Wraer Gemahlin und deren Schwester befanden, beim We-
der Festplatzes begrüßt. Der Platz liegt herrlich auf
»en, . fchöhe im Hintergrund das Ernst Ludwig-Haus, das
rawAÄ^rne Arbeits- und Festhaus der Kolonisten. In ter-
jw^Ermiger Abstufung senkt sich die Szene allmählich
str»7> ore „Dorfstratze" (so haben die Kolonisten ihre Haupt-
ftäck staust) zum Ausstellungsgcbäude herab, von Rasen-
durchsetzt mit vielfarbigen Stiefmütherchenbeeten.
tz^^echten erheben sich die in strengen Linien und einfacherem
SUr n-rgehaltenen Wohnhäuser von Olbrich und Habich,
»Ast. der farbenfreudige Bau Christiansens und das
seier Muckers. Das war der Schauplatz der Eröffnungs-
k>eo»?^ald nach der Ankunft des großherzoglichen Paares
st.Asso die von Peter Behrens, Willem de Ham: und Georg
A-stAAorfaßte und komponierte festliche Handlung „Das
- Ein in langwallenden, hellfarbigen Phantasie-

Astü

>Men gekleideter Chor, die Männer mit Blätterkrämpen,

druck, daß der Kronprinz von den Vorrechten seines
Ranges dem Bierkomment gegenüber den weitestgehenden
Gebrauch machen möge. Der mit diesem Komment ver-
knüpfte Trinkzwang sei an sich der blutigste Hohn auf die
akademische Freiheit. Da aber eben dieser Komment nicht
bloß für dte akademische Jugend, sondern auch für die
breite Masse des Volkes insofern von großem Einfluß ist,
als er das Trinken, die Trunkenheit und die Trunksucht
befördert, dürfte man mit Recht von einer sozialen That
sprechen, wenn der Kronprinz des deutschen Reichs und
von Preußen es grundsätzlich ablehnte, sich dem Bier-
komment zu unterwerfen. Das Beispiel, das er in dieser
Beziehung gäbe, könnte nur von den heilsamsten Folgen
für die Gesamtheit begleitet sein.

Deutsches Reich.
— Wie der Reichstag gelebt hat, so ist er auch
gestorben: beschlußunfähig. Allerdings ist in der
letzten Sitzung vor der langen Vertagung die Beschluß-
unfähigkeit künstlich herbeigeführt worden. Die Linke,
welche mit Recht tadelte, daß am letzten Tage im Galopp
eine Veränderung des Branntweinsteuer-Gesetzes durch-
gedrückt werden solle, streikte. Die Rechte hat zwar an
sich die absolute Mehrheit, allein sie hatte sich doch nicht
dazu aufraffen können, die nötigen 199 Mann zu der
letzten Sitzung zu stellen. ES erschienen nur 198, also
einer zu wenig, und so fiel das Gesetz. Es handelt sich
bei demselben einmal um andere Kontingentsbestimmungen
und dann um eine kleine Erhöhung bei der Verlängerung
der Brennsteuer, deren Erträgnisse die Mittel für die
Ausfuhr- und Denaturierungs-Prämien gewähren. Die
Brennsteuer läuft nur bis zum Oktober; da keine weitere
Bestimmung zustande gekommen ist, läuft sie zu diesem
Termin ab und die Prämien werden vom 1. Oktober an nicht
gezahlt werden können. Bemerkt sei, daß nach der „Kreuz-
zeitung" noch drei weitere Herren von der Mehrheit im
Reichstag anwesend waren. Sic verpaßten aber die nament-
liche Abstimmung.
Deutscher Reichstag. Berlin, 15. Mai. Das Haus
ist zu Anfang mäßig stark besetzt, namentlich sind auf der
Linken viele Lücken. Das Haus erledigt zunächst in drit-
ter Lesung mehrere kleinere Vorlagen, darunter das
Handclsprovisorium mit England und die Zoll-
repressalien gegen Haiti durch debattelose Annahme.
Es berät alsdann das Gesetz betreffend dte Acnderung
des Branntweinsteuergesetzes ebenfalls in 3.
Lesung.
Hierzu ist ein Aenderungsantrag Fischbeck-Richtcr Ange-
gangen, wonach dieBeschlüssezwciterLesung bezüglich der Herabsetzung
der Kontingentsziffer und der Erhöhung der Brennsteuer um 50 pCt.
wieder aufgehoben werden sollen. Ferner hat Abg. Nicht er über die
Herabsetzung der Kontingentsziffer namentliche Abstimmung beantragt,
lieber diesen Antrag cntspinntsich eine ausgedehnteGeschäftsordnungs-
debatte, da das Zentrum verlangt, es müßten die zur Unter-
stützung des Antrags auf namentliche Abstimmung nötigen 50
Mitglieder auch im Hause anwesend sein.
Die Abgg. Richter und Singer bestreiten, daß die persön-
liche Anwesenheit der 60 Mitglieder erforderlich ist und daß dies
Erfordernis der Gepflogenheit des Hauses entspreche. Die Unter -

die Frauen mit Blütenbüscheln im Haar, erscheint in male-
rischer Gruppierung zu beiden Seiten der Treppe, die zum
Ernst Ludwig-Haus hinaufführt. An der Spitze des Chors,
dem Zuschauer zugewendet, auf einer tieferen Abstufung der
Terrasse, stehen der Mann (Kammersänger Weber) in blauer
und die Frau (Frau Hofopernsängerin Kaschcwska von der
Darmstädter Hosoper) in gelber Gewandung. Die Wirkung
der Ausführung, die unter der Leitung des von anderen hie-
sigen Dirigenten unterstützten Hofkapellmeisters de Haan stand
und unter freiem Himmel stattfand, war eine höchst eindrucks-
volle. Die Solisten, zu denen man allerdings die stimm-
gewaltigsten und sichersten Mitglieder unserer Hofoper gewon-
nen hatte, kamen zur vollsten Geltung. Auch der Chor, den
ebenfalls die Hofoper gestellt hatte, sowie das Orchester, das
aus der durch eine Militärkapelle verstärkten Hofmusik be-
stand, leistete Ausgezeichnetes.
Die Spiele begegneten anfangs großer Zurückhaltung
und Befremdung des Publikums, das den gewohnten szenischen
Apparat, die Farbenpracht mannigfaltiger Kostüme, die
dramatische Bewegung aus der Bühne vermißte. Nach und
nach brachte man der symbolischen Dichtung, der einfachen
plastischen Gebärde und Mimik, der stimmungsvoll wirkenden
Farbeneinhcit in Ausstattung des Hauses, der Bühne und Ge-
wänder größeres Verständnis entgegen und zeichnete nament-
lich die von Hugo Wolf komponierte Gocthe'sche Dichtung
„Anacreons Grab", Holzamers Szene „In der Thür" und das
Spiel „Die Krone des Lebens" von demselben Dichter mit
Musik von Stix durch Beifall aus.
Nach Beendigung des Festspiels trat unter Führung von
Mitgliedern der Kolonie das grohherzogliche Paar einen
Rundgang durch die einzelnen Gebäude an. Der Frem-
dcnzustrom in der festlich beflaggten Stadt ist schon heute ein
starker und die bereits vorliegenden Wohnungsnachfragen
lassen auf wachsenden Zufluß schließen.
Um 6 Uhr füllte sich allmählich der obere große Saal des
Hauptsteueramts, dessen Hauptschmuck in Kunstglasgemälden

schriften der 50 Mitglieder seien ausreichend. Der Präsident
Gras Ballestrem konstatiert, daß die Geschäftsordnung keine
positiven Bestimmungen enthält, die die persönliche Anwesenheit
der Unterzeichner eines Antrages auf namentliche Abstimmung ver-
langt, und daß es bisher nicht Praxis des Reichstags gewesen
sei, eine Kontrolle darüber auszuüben, ob die 50 Mitglieder ftm
Hause anwesend waren oder nicht. Der Präsident läßt schließlich
die Namen der 50 Unterzeichner des Antrags durch den Schrift-
führer verlesen, womit die Debatte erledigt ist.
Das Haus tritt darauf in die Generaldiskussion des Gesetzes
ein, in welcher die Abgg. Lucke (B. d. L.), Wurm (Soz.), von
Kardorff (Np.), Richter und Holtz (Rp.) noch einmal den
Standpunkt ihrer Parteien zu dem Gesetz darlegen.
In namentlicher Abstimmung wird der Beschluß zweiter Lesung
betreffend die Beschränkung des Kontingents für neue Brennereien,
mit 178 gegen 25 Stimmen bei zwei Stimmenthaltungen ange-
nommen.
Es entspinnt sich dann vor teilnahmlosen Bänken eine Debatte
über die Brennsteuer. Abg. Fisch Heck (sreis. Volksp.) bekämpft
die 50prozent. Erhöhung und die Abgg. Wurm und Stadt-
hagen schließen sich den Inständigen Ausführungen an. Bet
der dann unter der konfusen Leitung des Vizepräsidenten v. Frege
vorgenommenen Abstimmung wird der Antrag Fischbeck auf Bei-
behaltung der geltenden Brennstenersätze um ein Jahr gegen die
Stimmen der Linken abgelehnt. Die Abstimmung über die
"50proz. Erhöhung ist eine namentliche und ergiebt, da die
Sozialdemokraten und Freisinnigen bis auf wenige Abgeordnete
den Saal verlassen, die Beschluhunfiihigkeit des Hauses. Es sind
nur 198 Mitglieder anwesend (199 müssen es zur Beschlußfähig-
keit sein), von denen 179 für den Antrag auf Erhöhung und 17
dagegen stimmen und zwei sich der Stimmen enthalten. Das
Notgesetz ist also gescheitert.
Abg. Bachem verlangt das Wort zur Geschäftsordnung, was
der Präsident verweigert, weil er in einem geschäftsunfähigen
Hause das Wort nicht erteilen könne. Der Präsident erklärt, daß
er Tag und Tagesordnung der nächsten Sitzung den Mitgliedern
brieflich Mitteilen werde und erteilt dann das Wort dem Reichs-
kanzler Grafen Bülow, der die kaiserliche Ordre verliest, auf
Grund deren der Reichstag bis zum 26. November ver-
tagt wird. ' Mt einem Hoch auf den Kaiser schließt die Sitzung.
Schluß 1 Uhr.
Baden.
— In Mannheim hat Herr Liebermann von
Sonnend erg am Dienstag den gleichen Vortrag ge-
halten, wie am Sonntag vorher in Heidelberg. Während
hier eme Diskussion ausblicb, ist es in Mannheim sehr
lebhaft zugegangen. Das „Mannh. Tageblatt" berichtet
darüber:
Angesichts der vorgeschrittenen Zeit ließ ein Angehöriger der
sozialdemokratischen Partei, Arbeitersckretär Kayenstein. einen
Zettel an den Vorstandstisch lanzieren, in dem die Vermutung
ausgesprochen wurde, daß der Redner die zugestandene Diskus-
sion durch Hinausziebung seines Vortrags vereiteln wolle. Der
Redner schloß darauf seine Ausführungen und Herr Katzenstein
kam zum Wort. Leider ließ sich derselbe im Laufe seiner kurzen
Ausführungen zu Aeunerungen yinreißen, welche den Referenten
persönlich treffen mußten und einen Tumult heroorriefen, der
Herrn Katzenslein zwang, auf das Wort zu verzichten. Herr
Liebermann von Sonnenberg ergriff das Wort wieder und seine
nunmehrigen Ausführungen fielen allerdings so teutonisch derb
aus, daß sie schwerlich vor einem parlamentarischen Forum mög-
lich gewesen wären; zugestandcn muß werden, daß er schwer
provoziert worden war. Mehr Glück als Herr Katzenslein hatte
der Parteigenosse desselben, Herr Redakteur Eichhorn, der ebenso
wie der Letztere auf Einz-lheiten in den Beweisführungen des
Referenten und namentlich auf das antisemitische Ostsrum oonsso
abhob, dem es aber doch gelang, die auch gegen ihn anslürmendcn
Wogen des Unwillens zu übertönen und mit seinen Ausführungen
zu Ende zu kommen. — Geschlossen wurde die Versammlung nach
vorhergegangener polizeilicher Intervention um 12 Uhr mit drei-
maligem Heilruf auf Deutschland und dec Absingung des ersten
Veries „Deutschland, Deutschland über alles."

nach Christiansen besteht. Als kurz nach 6 Uhr der Gro si-
ch erzog mit seinem Gefolge eintraf, begann alsbald das
Mahl, an dem nur Herren teilnahmen. Nach dem dritten
Gange erhob sich der Grotzherzog zu folgendem Toast:
Meine Herren! Das Werk, welches wir heute nach flei-
ßiger und hingehender Arbeit in der Hauptsache vollendet vor
uns sehen, zeigt uns das ernste und erfolgreiche Streben einer
künstlerischen Schöpfung. Es soll eine Anregung zu neuer
herrlicher Entfaltung der Kunst sein. Groß und weit sind die
Ziele, die die junge Künstlerschaft sich gesteckt hat. Dessen
sind sie sich wohl bewußt. Möge dieser erste Versuch ein An-
sporn sein für alle diejenigen, welche die echte Kunst Mitem-
pfinden, sowie diese That die Künstlerkolonie anfeuern möge,
mit derselben frischen Kraft weiter zu arbeiten wie sie es bis-
her gcthan hat. Mit demselben Wunsche leere ich mein Glas
ans das Wohl der Darmstädter Künstlerkolonie!
Alsbald erwiderte Professor Christians en:
Der Samen, den wir einst vor Jahren erwartungsvoll in
die Erde gelegt, ist aufgegangen und der erstandene Baum
steht heute mit Blüten beladen im Frühlingssonnenschein vor
Ihnen. Wir Gärtner, die wir das Reislein mit unserem
Herzblut getränkt, wir geben heute den jungen hoffnungs-
vollen Schützling zur weiteren, liebevollen Pflege in Ihre
Hände, damit er wachse'und gedeihe und reiche Früchte trage
von köstlicher Art. Ihnen allen, die Sie dazu beigetragen,
diesen Baum zur Blüte zu bringen, rufen wir unseren inni-
gen Dank zu. Ich gedenke der nimmer erlahmenden Hand des
Arbeitsmannes, der unseren Sprötzling täglich begossen und
die Erde und seine Wurzeln sorgsam gelockert, des Handwerkers,
der mit Verständnis den schwankenden Stamm gestützt und
festgebunden, des Künstlers, der trinkend am Urquell eigner
Gestaltung seinem Wachstum neue wunderbare Formen auf-
gcpfropft und seinem Kleide frische Farben verliehen, der wohl-
wollenden Herren aus Stadt und Land, die die zarte Knospe
unter ihre goldene Obhut genommen, der lieben Bürger, die
Sonntags an seine Stelle gekommen sind, sich seines Wachs-
 
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