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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Januar bis Juni)

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Nr. 101 - 125 (1. Mai 1901 - 31. Mai 1901)
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Westes Wlatt.


Samstag, 25.


Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. frei in'S Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-
zogen vierteljährlich 1.85 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Anschlag der Inserate aus den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung
__ und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

NV Des Pfingstfestes wegen erscheint die
Zachste Nummer am Dienstag.



Wer jetzt für den Monat Juni die

eitklberger Leitung



bestellt, erhält dieses bestunterrichtctc, außerordentlich
Reichhaltige Blatt bis zmn 1. Juni unentgeltlich ge-
"esert. Der Bezugspreis für Juni beträgt nur 40 Pfg.
"usschl. Bestellgeld und Trügerlohn.


Gine Unterredung mit dem General Direktor
der Hamburg-Amerika-Linie.
, Hamburg, 24. Mai. In einer Unterredung, die
Korrespondent der „Frkf. Ztg." mit dem soeben aus
«hina und Amerika zurückgekehrten Generaldirektor der
Hamburg-Amerika-Linie Herrn Ballin hatte, erfuhr
^r, daß die Meldung von einer geplanten Dmmpfer-
^erbindung zwischen San Francisco und
^0 st asie n auf Wahrheit beruht. Es schweben darüber
Uoch Verhandlungen mit den großen amerikanischen Bah-
nen, die im Anschlüsse an diese, Schiffs-Verbindung die
Beförderung von Passagieren und Gütern über den
Pnerikanischen Kontinent übernehmen und andererseits
jn New - Dork einen Anschluß an die beiden großen
Zutschen Dampserlinien Herstellen sollen. Die bisher
c>us der großen Verkehrsstraße des Stillen Oceans noch
üar nicht vertretene deutsche Flagge nimmt damit
koch dort den Wettbewerb mit der englischen, amerika-
nischen und stark subventionierten japanischen Rhederei
nuf. Das Zustandekommen dieser pacifischen Linie wird
den die Erde um spann enden Gürtel der
4mcketfahrt schließen.
? Von seinen Eindrücken in China teilte Herr Ballin
Nut, daß er nach dem Ende der Unruhen eine große Ent-
nickelung des Geschäfts drüben erwarte. Die Kriegs-
entschädigung von der die Rede sei, könne China
Nhr wohl leisten. Uebrigens seien die hohen Manda-
rinen, die er gesprochen habe, ersichtlich friedensbedürftig.
Emch mit dem Reformwerk werde man schließlich
doch vorankommen. Den Grafen Wälder ses hat
Herr Ballin in Tsingtau getroffen. Er ist der Ansicht,
daß Waldersee's Thätigkeit gar nicht hoch genug cmzu-
lchlagen sei, darüber herrsche in Ostasien in kompetenten
Preisen, z. B. auch in französischen nur eine Stimme,
daß Graf Waldersee durch seine Persönlichkeit und mehr
^och durch seine außerordentliche Gewandtheit ein Zu-
sammenwirken der verschiedenen Heerführer erst ermög-


licht habe. Man sei drüben einig darüber, daß ohne
Oberkommando und ohne einen Mann wie Waldersee die
ganze Aktion einen viel ungünstigeren Verlauf genom-
men hätte. _

Deutsches Reich.
— Die Königin Wilhelmina mit ihrem Ge-
mahl, dem Prinzen Heinrich der Niederlande, werden
am 30. d. M., abends, aus der Station Wildpark ein-
tresfen, um dem Kaiserpaarim Neuen Palais ihren
ersten Besuch abzustatten. Auf dem Bahnhof wird offi-
zieller, großer Empfang stattfinden. Ueber die Dauer
des Aufenthaltes des hohen Paares im Neuen Palais
ist etwas Bestimmtes noch nicht bekannt, jedoch dürften
die Königin und ihr Gemahl einige Tage in der Kai-
serlichen Sommc-rresidenz verweilen und auch den Pa-
raden des Gardekorps in Berlin und Potsdam bei-
wohnen.
— Die Rückbeförderung der ausgedien-
ten Mannschaften der Marineinfan-
terie von Ostasicn findet mit dem Dampfer „Arcadia"
der Hamburg-Amerika-Linie statt. Der Dampfer geht
am 18. Juni vor Taku vor Anker, am 27. Juni vor
Hongkong, am 13. Juli in Singapore, am 24. Juli in
Port-Said und soll am 8. August in Hamburg ein-
tresfen.
-— Daß die Wahl in Greifswald-Grimmen
in unleugbarer Weise einen Rückgang der konser-
vativen Stimmen gezeigt hat, wird auch von der
agrarischen Presse offen zugestanden, die sich indessen da-
mit tröstet, daß Nachwahlen keine politische Bedeutung
hätten. Wäre diese Wahl freilich zu ihren Gunsten aus-
gefallen, so würden' sie sich zweifelsohne zu einer ganz
anderen Beurteilung entschlossen haben. Unter allen
Umständen ist es bezeichnend, daß nicht nur die Städte,
sondern auch eine ganze Anzahl Bauerndörfer
eine sehr starke Mehrheit zu gunsten der liberalen
Kandidaten ergeben haben. In vielen Dörfern, wo die
Agrarier noch die Mehrheit hatten, vermehrten sich die
Minderheiten der Liberalen beträchtlich« De2 starke
Rückgang der sozialdemokratischen Stimmen, die 700
verloren, wird daraus zurückgesührt, daß die Sozial-
demokraten keine große Agitation entfaltet haben und
daß manche auch gleich im ersten Wahlgange für Gothein
stimmten.
Bonn, 24. Mai. Die Kaiserin ist vormittags
hier eingetrosfen. Auf dem Bahnhofe wurde sie vom
Kronprinzen und von den prinzlich schaumburgischen
Herrschaften empfangen. Nach herzlicher Begrüßung
fuhr die Kaiserin mit dem Kronprinzen im offenen
Zweispänner zur kronprinzlichen Villa, überall von der
Menschenmenge begeistert begrüßt. Kurz nach ihrer
Ankunst besichtigte die Kaiserin das Haus des Korps
„Borussia" und machte dann eine längere Spazierfahrt.
Darauf nahm sie mit dem Kronprinzen, der Prinzessin
und dem Prinzen Adolf von Schaumburg in der Villa
des Kronprinzen das Frühstück ein. Um 4 Uhr nach-
mittags stattete die Kaiserin in der Villa Schaumburg
einen Besuch ab und reiste dann um 4 Uhr 40 Min. ab.
Der Kronprinz reist morgen früh nach Potsdam.
Baden.
LO Karl s r uhe, 24. Mai. Die w i r t s ch a s t-
licheDepression zeigt sich ganz besonders im Nach-
lassen des Verkehrs. Für Baden gibt eine Zusammen-

stellung der Einnahmen aller badischen Privatbah -
neu im Monat April ein klassisches Bild des wirt-
schaftlichen Rückgangs. Die Zusammenstellung umfaßt
16 Privatbahnen; davon haben 14 im April dieses
Jahres eine Mindereinnahme ans dem Pers o-
nenverkehr gegen den April vorigen Jahres. Die
Mindereinnahme ist zum Teil recht bedeutend, sie geht
hier und da bis über 10 Prozent hinaus. Auch im
Güterverkehr zeigen sich bei 6 Bahnen recht be-
deutende Mindereinnahmen. Im Ganzen, Personen-
und Güterverkehr zusammen, weisen 9 von den 16
Bahnen einen absoluten Rückgang der Einnahmen auf.
Im Verhältnis zur Bevölkerung ist der Rückgang na-
türlich noch größer als der absolute. Die Ursache, ist bei
der Allgemeinheit der Erscheinung in erster Linie in der
wirtschaftlichen Krise zu suchen.
Württemberg.
Stuttgart, 24. Mai. Im württembergischen
Landtage teilte bei Beratung der Matrikularbei-
träge Finanzminister Zeyer mit, es seien nunmehr
innerhalb der Regierungen die Hindernisse be-
seitigt, welche bisher der Reichsfinanzreform ent-
gegen st a n d sn. Die Regierungen seien entschlos-
sen, die Reform mit allen Mitteln zu betreiben und hof-
fen, daß auch der Reichstag den Reichsfinanzen die nö-
tige Mündigkeit und Sicherheit geben werde. Von einem
neuen Reichssteuerprojekt wisse er nichts.
Bayern.
— Zur Nachricht der „Franks. Ztg.", daß die Ein-
führung von Kilo Meter heften für die pfälzischen und
die reichsländischen Bahnen bevorstehe, wird von zustän-
diger Seite erklärt, daß die Notiz in dieser bestimmten
Fassung nicht zutreffend sei. Die Verhandlungen mit
den Reichseisenbahnen seien bis heute noch nicht zum
Abschluß gebracht worden. Zugegeben wird also, daß
Verhandlungen im Gange sind, das ist immerhin Etwas
und mehr als bisher erwartet werden konnte.
Preuße«.
— Die Gerüchte über die Auslösung des Ab-
geordnetenhauses stammen wie dem „Hamb.
Korresp." „scheinen" will, „zum Teil" daher, „daß ein
bekannter Oberpräsident die N i ch t a u f l ö s u n g des
Abgeordnetenhauses zur Bedingung seines Eintritts in
die preußische Regierung machen zu sollen glaubte und
daß Graf Bülow abgelehnt hat, auf diese Be-
dingungen sich einzulassen." — Jedenfalls handelt es
sich um den Oberpräsidsnten v. Bethmann-Hollweg,
dessen Ernennung als Minister des Innern in Frage
kam, dessen Berufung sich aber, zerschlug, weil er Be-
dingungen an seinen Eintritt in dasMinisterium knüpfte.
Der „Hamb. Korresp." meint sehr richtig, es beweise noch
keineswegs, daß Graf Bülow das Abgeordnetenhaus
auflösen will, wenn er es abgelehnt hat, sich die Hände
zu binden.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
Vorstand der Gewerbeschule Emmendingen, Gewerbelehrer Karl
Duffner, sowie den Gewerbelehrer Anton Engler an der Ge-
werbeschule in Villingen landesherrlich angestellt und den Bezirks-
arzt Reinhard Becker in Engen in gleicher Eigenschaft nach
Offenburg versetzt.

Kleine Zeitung.
^ Dresden, 24. Mai. Die G e!n e r a I v e r s a m m-
jung des deutschen Bühneuvereins faßte
Beschlüsse, die auf die Herbeiführung eines deutschen
Jcheatergesetzes abzielen. Die Versammlung verbesserte
k^rner die Paragraphen über den Vertragsbruch. Beim
Festessen gab der sächsische Kultusminister der Erwartung
Ausdruck, daß die Bemühungen des Bühnenvereins um
^ie Hebung der Kunst und des Künstlerstandes auch bei
^n Bühnenmitgliedern immer größere Mitwirkung fin-
den werden.
^ Berlin, 24. Mai. Die Berliner Barbier- und
i s eur g e h i l f e n haben einstimmig beschlossen,
Novaen in den Ausstand zu treten.
. Kiel, 22. Mai. Auf Anordnung des Kaisers wurden
boute, wie die Blätter melden, sämtliche Mannschaften
D.r Jacht „H o h ein z o l l e r n", vom Obermaat ab-
wärts, mit Strohhüten nach englischem Muster aus-
E^üstet. Die Hüte sind im Nacken derart zu tragen,
^ß das Stirnhaar sichtbar bleibt.
. .— Cardiff, 24. Mai. Heute früh erfolgte in der
Aniversal-Kohtengrube in der Nähe von Caerphilly eine
sturchtbare Explosion. Nach den letzten, mittags
^getroffenen Meldungen, befanden sich, als die Ex-
xlosion erfolgte, 100 Bergleute darin. Wie viele umge-
^onnnen sind, konnte noch nicht festgestellt werden.
New-Iork, 23. Mai. Edison hat einem Tele-
D'ainm der „Frkf. Ztg." zufolge, eine n eue hochwichtige
^ sindung gemacht, indem er eine Akkumula-
jv.ren-Batterie konstruierte, die Zweieinhalbmal
°odwl als die gegenwärtigen Batterieen auszunehmen

vermag, mithin um soviel leichter und Raum sparen-
der ist.
Drei Jahre ununterbrochen i« einem Krankcnhansc
Angebracht hatte eine Patientin, dereü seltsame Leidens-
geschichte Professor Stadelmann in der gestrigen Sitzung
der Berliner medizinischen Gesellschaft vortrug. Die
32jährige Patientin nahm, ehe sie Ausnahme in das
Krankenhaus fand, drei Jahre lang ungewöhnlich viel
Spirituosen zu sich; sie trank täglich einen halben Liter
Schnaps, eine Unmenge Porter und Wein und acht
Flaschen Selters mit reichlicheim Rumzusatz. Sie litt
infolge dessen ein Hallunzinationen und einer schweren
Nervenentzündung, die zu Lähmungen an Armen und
Beinen führte. Es dauerte ein volles Jahr, bis ihr
Leiden sich besserte und ihre UeLersiedelung auf die
chirurgische Station zur Ausführung einer Operation
an den gelähmten Beinen möglich war. Auch hier ver-
blieb sie ein volles Jahr; innerhalb dieser Zeit stieg ihr
Körpergewicht, infolge reichlicher Nahrungsaufnahme
und ständiger Bettruhe, von 140 auf 290 Pfund. Ein
drittes Jahr war erforderlich, um die Patientin durch
eine systematische Entfettungskur von ihrem Körperballast
so weit zu befreien, daß sie aus dem Krankenhause ent-
lassen werden konnte. Die Entfettung gelang ausschließ-
lich durch rationelle Einschränkung der Nahrung.
— Zinktapetcn. In besseren Häusern Nordamerikas
bürgert sich mehr und mehr eine neue Art von Tapete
ein, die aus papierdünn gewalzten Zinktafeln besteht. Diese
Wandverkleidung wird dort nach einem patentierten Ver-
fahren hergestellt und durch einen besonder» Cement dauer-
haft befestigt. Vor den bis jetzt üblichen Wandbekleidungcn

hat sie mehrere sehr wesentliche Vorzüge, zunächst den der
fast unbegrenzten Haltbarkeit, der leichten Art und Weise
der Reinigung durch Abwaschen und des absoluten Schutzes
vor Feuchtigkeit. Die bis jetzt weiß hergestellten Ztnk-
tapeten zeigen Marmormuster in außerordentlich täuschender
Art und sind emailliert. Dieselben können auf jeder Fläche
angebracht werden und sind ebenso einfach und leicht auf-
znkleben wie unsere gewöhnlichen Papiertapeten.

Neckarsteinach.*)
Ms sei er stolz, daß solche Pracht ihn kröne,
Rauscht murmelnd froh der Neckarstrom zu Thal,
Da übermüt'ger Sang mit einemmal
Aus frischen Kehlen, daß der Felshang dröhne.
In leichten Kähnen schwenken Musensöhne
Dir Burg der Burschcnmiitzen bunte Zahl,
Allwo erklungen einst im Rittersaal
Zum Minnelled Herrn BliggarS Harfentöne.
Vorüber nun! — Noch muß dem Sang ich lauschen .....
So flieht die Zeit bei Jubel und bei Thränen,
Und was die Zukunft bringt: wer hat's erfahren? —
Gleich bleibt sich nur des treuen Waldes Rauschen,
Nur in der Brust das ungestillte Sehnen
Heut und in Zukunft wie vor tausend Jahren!
Heinrich St oll.

*) Vor Kurzem ist bei E. Pierson's Verlag in Dresden und
Leipzig unter dem Titel „Meine Lieder" eine GedichtesammlML
von dem Verfasser des vorstehenden Sonetts erschienen.
 
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