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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Januar bis Juni)

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Nr. 101 - 125 (1. Mai 1901 - 31. Mai 1901)
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Erstes Blatt.

43. Jahrgang. — Ir. IIS.

Donnastag, 23. Mai MI.



sch eint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich SV Pfg. frei in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

^zeigen Preis: 20 Pfg. für die Ifpaltige Petitzeile oder deren Raum. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt.
und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Anschlag der Inserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung



Wer jetzt für den Monat Juni die

Melberger Leitung




bestellt, erhält dieses bestunterrichtcte, außerordentlich
^ichhaltige Blatt bis zum 1. Juni unentgeltlich ge-
feiert. Der Bezugspreis für Juni beträgt nur 4V Pfg.
^sschx. Bestellgeld und Trägerlohn.


nvb. Deutschland und Rußland.
Zwei Momente sind es, welche es nahe legen, das ge-
Mwärtige Verhältnis Deutschlands zum Zarenreiche
.wer Begutachtung zu unterziehen: einmal der Trink-

Äa

uch Kaiser Wilhelms in Metz am Geburtstage des
reu und sodann die günstigen Auslassungen des Pe-
Zw'brrrger „Swjet" über Deutschland. Während der
^wiser die traditionelle Freundschaft zwischen Preußen
kB?. Rußland feierte, nimmt der „Swjet" Veranlassung,
uMrauen gegen Deutschland zu säen und die angeb-
Mchr Abmachungen der Könige von Rumänien und
n^wchenland als eine große Gefahr für Rußlands Ein-
jwß auf dem Balkan hinzustellen, die lediglich Deutsch-
heraufbeschworen habe. Dieses verfolge selb-
Bchtige Ziele auf der Balkanhalbinsel, weshalb es das
Banste Interesse Rußlands erfordere, auf diese deutsche
Zvegung ein wachsames Auge zu haben. Was der
siMjet" hier sagt, ist natürlich purer Unsinn und wird
^.wglich von den guten Freunden an der Seine mit
Magen ausgenommen werden. Aus dem Trinkspruch
^.deutschen Kaisers ist zu erschein daß die Beziehungen
sBsicheir den Höfen Berlin und Petersburg ungetrübt
xj W und die maßgebenden Petersburger Kreise sollten
-Mntlich wissen, daß es auf internationalem Gebiete
siche Rivalität zwischen Rußland nnd Deutschland in Po-
t '>cher Beziehung geben kann. Die beiderseitigen Jn-
Msien kreuzen sich nirgends und insbesondere gilt dies
stZ ^m Balkan. Uns liegt nur daran, daß dort fried-
siim geordnete Zustände herrschen, daß Leben und Eigen-
^ch. unserer Landsleute gesichert sind und daß unsere
not Köstlichen Beziehungen zu dön Balkanstaaten un-
iMubt bleiben. Viel weiter geht unser Ehrgeiz nicht,
MLar dem russischen Einflüsse im Südosten Europas
ItziMein stellen, das fällt deir deutschen Diplomatie bei-
ein, dazu vermag sie sogar unser intimes Ver-
tz^chws zu Oesterreich-Ungarn nicht zu bewegen. Dieses
tzchwre steht ja natürlich den Ereignissen auf dem
hchsion viel näher und hat thatsächlich ein Interesse
yhPn, ob dort der Einfluß Rußlands fällt oder steigt,
^^Deutschland hat in dieser Hinsicht keine Jnteressen-

Kleirre Zeitung.
Ichx'Zsi dlus Mainz wird der „Pfalz. Rundschau" ge-
Äe-N hiesiger Gymnasiast sandte vor einiger
ein Schreiben au den deutschen Gesandten von
dm, m China, in welchem er denselben um Zusen-
Dünger Briefmarken zur Bereicherung seiner
tznNulung bat. Vor einigen Tagen erhielt nun ver
geller eins Postkarte, datiert Peking, den 22. Fe-
sr, w 1901, mit folgenden Zeilen: „Ja, mein Junge,
ipogj Briefmarken, wie ihr Bengels von mir haben
Mtzw giebts ja in ganz China nicht. Dafür sollst Du
»„Mlnnsweise sine Ansichtspostkarte haben. Sage den
Tjx /g w der Klasse nichts, sonst kommen die auch noch."
wo,. 'E .Wiende Karte trägt sichtlich Brandspnren an sich,
deßhgfg in einen Briefumschlag gehüllt und mit
y ^Sleitschrciben versehen, welches folgenden Wc»rt-
Ete: „Beim Brande des Deutschen Postamtes
Mghai, am 28. Februar zerstört. von Mumm.
a„ Die unter der Beschuldigung der Mitwisseuschaft
"wn, "si.Emübcscheu Verbrechen verhaftete Frau Helene
„ "^streitet entschieden, etwas von der geplantenUn-
siejy^E'iviißt zu haben. Sie hat einen förmlichen Alibi-
W ^getreten und will Nachweisen, daß sie zur Zeit,
der sis., .as Verbrechen vor sich gegangen sein muß, bei
Ms BMwu des Bobbe gewesen ist. An diese hat sie
?eu, Gefängnis heraus ein Schreiben gerichtet, aus
miMssiwfge Stellen hier wiedergegeben seiän: „Du
r be'Msi ^ch bezeugen, daß ich von 9 Uhr früh bis
^ Dir war, also an dem fluchwürdigen Verbrechen
Hast -st .E Mbe. Wußtest Du etwas von der Grube?
w etwas Verdächtiges an Deinem Mann be-
' Meb mir einen Teil Deines Gottvertrauens!

gemeinschaft mit seinem Verbündeten. Ebenso wie auf
dem Balkan, liegt es uns fern, die russischen Ziele in
Ostasien zn hemmen. Ob nach dem Friedensschlüsse mit
China Rußalnd seine Hand auf die Mantschurei legen
will, ist seine Sache, unsere politischen Interessen werden
dadurch in keiner Weise berührt. Daß wir uns in
unseren eigenen Angelegenheiten nicht dreinreden lassen
werden, daß wir für unfern Handel und unsere Industrie
dieselbe Bewegungsfreiheit in Ostasien fordern, wie sie
dort andere Staten für sich in Anspruch nehmen, erscheint
selbstverständlich. Alles in Allem, unsere Wege kreuzen
sich nirgends mit den russischen/und das bisherige Ne-
beneinandergehen der beiden Staaten kann ohne Gefahr
für den einen oder den anderen fortdauern. Welchen
Zweck der „Swjet" mit seinem Hetzartikel verfolgt, läßt
sich schwer beurteilen — er wollte vielleicht nur den fran-
zösischen Alliirten eine kleine Freude bereiten und sie
zur Aufnahme der russischen Millionen-Anleihe gefügiger
machen!
Deutsches Reich.
— Das Präsidium des deutschen Flottenvcreins hat
an Stelle des bisherigen Kanzlers, Frhrn. v. Beaulieu-
Mareonnay, der zurückgetreten ist, den Generalmajor z.
D. Meng es zum Geschäftsführer gewählt.
Der Kanzlertitel soll für diesen Posten nicht mehr in
Anwendung kommen.
— Unter dem Vorsitze des Herzogs Adolf Friedrich
von Mecklenburg fand am 22. ds. in Berlin im Reichs-
tagsgebäude die diesjährige Hauptversammlung des
Hauptverbandes der Deutschen Flotten-
Vdrei ne im Auslande statt. Der Herzog er-
öffnete die Sitzung mit einer Ansprache, welche mit einem
begeistert aufgenommenen Hoch auf Se. Majestät den
Kaiser schloß, durch dessen Bestimmung dem Hauptver-
bande nunmehr ein bestimmtes Ziel in der Erbauung
von Flußkanonenbooten gesetzt sei. Die Haupt-
versammlung beschloß die Absendung eines Ergeben-
heitstelegrammes an den Kaiser, sowie an den Protektor
des Hauptverbandes, Herzog Johann Albrecht von
Mecklenburg. Der Jahresbericht läßt eine erfreuliche
Entwickelung der ausländischen Flotten-Vereine er-
kennen. Das Vermögen des Hauptverbandes beläuft
sich auf 360 000 Mk. Unter anderem wurde ein allge-
meines Vereinsabzeichen angenommen.
— lieber das in Bremen verübte Attentat auf den
Kaiser hat sich am Montag in Osnabrück auf einem dort
abgehaltenen Kriegertage der bekannte Vorsitzende des
Deutschen Kriegerbundcs, General der Infanterie v. Spitz
aus Berlin, in höchst bemerkenswerter Weise ge-
äußert. Der General führte in seinem Kaisertoast u. a.
Folgendes aus: „Wenn da erzählt wird, daß nur eine
kleine Beschädigung der Allerhöchsten Person stattgefunden
habe, so ist das nicht wahr. Wir selber haben gesehen,
wie diese Narbe auf dem Knochen festsitzt, die unser Kaiser
und König für sein Leben tragen wird. Sein Leibarzt,
Professor Dr. von Leuthold, sowie andere Herren
sagten: Es hätte eines Viertelzolles Brette nur bedurft,
und dem Kaiser wäre rettungslos der Schädel zer-
trümmert worden. Das sind authentische Nachrichten.
Das Instrument, mit welchem geworfen worden ist, wurde
mit solch unerklärlicher Gewalt geschleudert, daß,

Bete, daß ich nicht wahnsinnig werde! Muß ich noch
lange hier bleiben, dann gehe ich zu meinen Kindern.
Ich sehe sie noch vor mir in blühender Gesundheit. Gott
im Himmel mag ihm, der sich so gut stellte, verzeihen.
Warum mordete er mich nicht auch? Was thaten ihm
die unschuldigen Würmer? Hebe mir die Mützen nnd
Schulmappen meiner unschuldigen Kinder auf! Du
weißt, ich lehrte meine Kinder beten: „Breit aus die
Flüglein beide!" Die Engel aber schützten'sie nicht vor
Mörderhand. Bete für mich, Du, der Du selbst Trost
findast im Gebet, bete für eine unglückliche Mutter! Ich
bin unglücklich und trostlos. Hilf mir und sage den
Richtern, daß ich unschuldig bin." Die Ehefrau des
Bobbe, eine schon ältere Frau, befindet sich in ihrer Woh-
nung Belle Alliancestraße 88 in sehr bedrängten Ver-
hältnissen. Die Mitteilung, daß sie! den Leichnam des
Mannes an die Anatomie verkauft habe, bestätigt sich
nicht. Das wenige Geld, das sich hei dem Mörder fand,
ist zur Deckung der Begräbniskosten 2c. von der Behörde
beschlagnahmt worden. — Der Modellsteher und Haus-
besitzer Heinrich Hemling aus Mariendorf, der bekannt-
lich von Bobbe durch zwei Revolverschüsse verwundet
wurde, mußte sich im Krankenhaus am Urban einem
ärztlichen Eingriff unterziehen. Aus dem linken
Schulterblatt wurde ihm die vier Zentimeter tief einge-
drungene Kugel ohne Anwendung von Betäubungs-
mitteln heransgeschnitten. Die ganz unverändert ge-
bliebene Kugel (Kaliber 9) nahm der Verletzte als An-
denken mit. Die Kopfwunde Hemlings ist bereits ver-
heilt, aber zur Schonung noch mit einem Pflaster ver-
sehen.
— Der verschwundene Goldbarrenfinder vom „Kaiser

wie mir Dr. Leuthold sagte, ein Herr, der weit davon
stand und einen dicken Winterpelz anhatte, noch eine be-
deutende Kontusion an dem Arm davongetragen hat. Wir
können also der Wahrheit gemäß und ohne irgendwie et-
was bemänteln zu wollen, sagen, daß Gott der Herr
unfern Kaiser aus wirklicher Lebensgefahr gerettet
hat!" (Bewegung.)
— In der Versammlung des Kreisverbandes Düren
des rheinischen Bauern-Vereins erfolgte eine
scharfe Absage an die Zentrums - Partei. Auf Diplo-
matisiecen, so führte Redakteur Bauer unter allgemeinem
Beifall aus, wollen sich die rheimschen Bauern nicht mehr
einlassen. Wenn das Zentrum sich der agrarischen Inter-
essen nicht annehme, dann solle der Bauern - Verein sich
vom Zentrum lossagen. Es solle ein freundschaft-
liches Verhältnis mit dem Bund der Landwirte
angebahnt und dieser gebeten werden, einem Kartell christ-
licher Bauernvereine beizutreten. Die Versammlung erklärte,
daß man dem Zentrum, dessen Wähler zu 85 Prozent dem
Bauernstände angehören, keinen Dank schulde. Es wurde
beschlossen, den Zusammenschluß aller landwirtschaftlichen
Bauern-Bereine herbeizuführen und gemeinsam selbständig
vorzugehen.
— In Schlesien nimmt man lebhaft Sellung zu den
jüngsten Maßregeln Rußlands. In Kattowitz fand eins
Konferenz der Beteiligten statt, woran auch der Regie-
rungspräsident in Oppeln sowie der Landrat teilnahmen.
An verschiedenen Orten Schlesiens sind Versammlungen
geplant, in denen geeignete Maßregeln gegen das rus-
sische Vorgehen in der Patzfrage beraten werden sollen.
Greifswald, 22. Mai. Die Reichstags Nachwahl
im Wahlkreis Greifswald-Grimmen ergab bisher für Behr
(kons.) 6142 Stimmen, für Gothein (freis. Ver.) 5434
Stimmen. Der sozialistische Kandidat erhielt 1796
Stimmen. 100 Bezirke stehen noch aus. Es ist Stich-
wahl erforderlich. Der Bezirk war bisher von dem
konservaüven Grafen Bismarck-Bohlen vertreten.
Baden.
Karlsruhe, 21. Mai. In einer Versammlung
des Eisenbahnreformvereins wurde heute
das Thema behandelt: „Die Eisenbahnfragen und die
Landtagswahlen" und nach langer Debatte, an der sich
die Herren Frühauf, Vöhtlingk und andere be-
teiligten, eine Resolution angenommen, der wir folgen-
des entnehmen: Obgleich, die beiden letzten Landtage
einstimmig die Regierung aufgefordert haben, auf dem
Wege der Tarifermäßigung für den Verkehr sortzuschrei-
ten und insbesondere die Kilometerhefte für 3. Klasse zu
20 Mk., sowie halbe zu 10 Mk. auszugeben, und die
Negierung zugesagt habe, sei es bis zum heutigen Tags
nicht geschehen. Die für den 1. Juni in Aussicht gestell-
ten Hefte zu 12 Mk. 60 Pfg., obgleich als eine Erleich-
terung zu begrüßen, bekundeten vielmehr den Entschluß,
es bei dem Preise von 25 Mk. zu belassen. Wenn zur
Zeit von einer Tarifermäßigung abgesehen werden solle,
weil ohnehin die Einnahmen aus den Eisenbahnen in-
folge, des allgemeinen wirtschaftlichen Niederganges ^b-
zunehmen begonnen haben, so könne dieser verkehrten
Auffassung, welche die elementarsten Gesetze geradezu
auf den Kops stelle, nicht energisch genug entgegen ge-
treten werden. Wenn Landwirtschaft, Handel und Jn-

Wilhelm der Große" wieder eingetroffen. Aus Bremer-
hafen wird geschrieben: Der verschwundene Goidbarren-
finder, der Kapellmeister Wägers vom Lloyddampfer
„Kaiser Wilhelm der Große", hat sich wieder eingcfunden.
lieber seine Exkursion erzählt er eine abenteuerlich klingende
Geschichte. Beim Verlassen des Dampfers will er auf
dem Wege zu seiner Braut von einem ihm unbekannten
Manne angesprochen worden sein und seitdem sein klares
Bewußtsein eingebüßt haben. Erst zwei Tage später will
er durch einen Sturz ins Wasser wieder zu sich gekommen
sein und, gerettet, festgestellt haben, daß er sich in Amster-
dam befinde. Der ziemlich bedeutende Geldbetrag, den er
bei sich geführt Hube, sei verschwunden gewesen, ein Mono-
gramm aus seinem Ueberzieher entfernt worden; auch sei
versucht worden, ihn durch Verschneiden des Bartes un-
kenntlich zu machen. Da ihm alle Mittel fehlten, will er
sich zu Fuß von Holland nach Bremerhaven durchgeschlagen
haben. Magers. behauptet steif und fest, das Opfer eines
Hypnotiseurs geworden zu sein. Was Wahrheit und was
Dichtung an der merkwürdigen Geschichte ist, läßt sich
schwer feststellen.

—l Eine Wienerin sollte Französisch lernen. Entrüstet
rief sie: „Nur nit Französisch, do müßt i 'o zum Voatern Bär
sagen und zu Muttern Mähr und dös könnt i nit über mei
christlich Herz bringen."
— Der höfliche Landwirt. Vor eingen Tagen — so
erzählt das „Wiener Extrablatt" — erschien in einer Klinik
in Wien ein Patient, ein Landwirt, der über Schmerzen in
der Brust klagte. Er wurde sorgfältig untersucht und erhielt
dann ein Rezept. Dem Professor sowohl, als den Hörern war
 
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