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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (1. Februar 1901 - 28. Februar 1901)
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Mittwoch, 20. Februar 1901.

s43. Jahrgang. — Ar. 43


Erscheint täglich,

ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. frei in'S Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigitellenvabgeholt 40 Pfg-L'Durch die Post be-
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr. ^
Anzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Abschlag der Inserate! auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung
und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Unserer heutigen Nummer liegt für die
Abonnenten auf dem Lande wiederum unsere
Beilage
„txndmrlschaftWr IritgeiS"
bei, worauf wir hierdurch nochmals besonders
Hinweisen.
Bertas der Heidelberger Zeitung.

Die Vorgänge in China.
Was Graf Waldersee in China vorhat, scheint nir-
gends genau bekannt zu sein; denn man ergeht sich darüber
'n Vermutungen. In deutschen Blättern hieß es, er wolle
iUm Frühjahr die Provinz Petscheli völlig säubern; fremd-
ländische Blätter erzählen von einem Plan, tiefer ins In-
nere von China einzudringen. In Deutschland darf man
Su dem als Soldat und Diplomat erprobten
Grafen Waldersee das Zutrauen haben, daß er
lveder eine politische noch eine militärische
Thorheit begehen wird. Man darf also mit Ruhe ab-
lvarten, was er eigentlich unternehmen wird. Den andern
Kationen wäre ein wenig mehr Vertrauen zu Waldersee
"ringend zu empfehlen. Wenn man das aufgeregte Ge-
fahren des Auslandes sieht, so möchte man lachen, wenn
"ie Sache nicht so ernst wäre.
Besonders thut sich Amerika hervor. So berichtet
fie „Times" aus Washington vom 18. ds. Mts.:
Man ist der Meinung, daß die Vereinigten Staaten sich
?U diesem Augenblick gegenüber der geplanten Expedition
fez Grafen Waldersee in einer äußerst ernsten Lage
^finden. General Chaffee meldet, daß diese Expedition die
bedeutendste sein werde, die seit dem Marsch auf Peking
Ersucht wurde. Man fürchtet, daß die Lage eine un-
mittelbare Entscheidung der Vereinigten Staaten verlangt
M bezug auf ihre allgemeine chinesische Politik. Man
klaubt, Chaffee werde die Weisung erhalten, an einer der-
artigen Expedition keinen Anteil zu nehmen.
Aehnlich berichtet der Pariser „Fransais" aus
Washington, daß die Regierung der Vereinigten Staaten
aller Form bei den Mächten gegen die geplante
Expedition des Grafen Waldersee Einspruch
Erhoben und dem General Chaffee befohlen habe, an
"er Expedition sich nicht zu beteiligen.
In London scheint man etwas vernünftiger zu sein.
Emst glaube dort Niemand, daß Graf Waldersee
fsabstchtige, einen großen Zug in das Herz Chinas über
ffe Grenze seines Wirkungskreises hinaus zn unternehmen,
^ach einer Meldung der „Morning Post" aus Peking
Mstrde die geplante Expedition nächsten Samstag von
Peking aufbrechen unter Beteiligung der Truppen sämt-
"cher Mächte, mit Ausnahme Rußlands und der Ver-
einigten Staaten.
Wenn wirklich schon die Mächte nicht einer Meinung
Uber die Expedition sein sollten, so wäre es doch im
Interesse Aller geboten gewesen, daß sie mit ihrer ab-
weichenden Ansicht zurückhielten. Den listigen Chinesen ist

ein solcher Zwiespalt unter den Mächten Wasser auf ihre
Mühle.

Aus der Pfalz, 18. Febr. In Sachen der I^ttsr
Lox«8 wird der „Franks. Ztg." geschrieben, daß nicht nur
in Württemberg, sondern auch in Bayern verschließ-
bare Ab holfäcker schon längst existieren und zwar
zur Annehmlichkeit des Publikums, nicht minder aber zur
Bequemlichkeit und zum Nutzen der Post, die dadurch
wesentlich an Arbeit und Personal erspart. In der Pfalz
allein erfreuen sich dieser zeitgemäßen Einrichtung u. A. die
Städte Ludwigshafen, Neustadt, Kaiserslautern
und Pirmasens. Die Gebühr beträgt für ein gewöhn-
liches, auch dem Bedarf größerer Geschäfte genügendes
Gefach 20 Mk., für ein kleines 10 Mk. Mit dieser ein-
maligen Zahlung sind nicht nur die thatsüchlichen An-
schaffungskosten gedeckt, sondern es ist hierbei auch der Um-
stand in Rechnung gestellt, daß vielleicht zeitweise nur ein
Teil der Fächer vermietet wird. Es ist daher unverständ-
lich, daß die Reichspost, nachdem sie beabsichtigt, die
Abholfächer einzuführen, 18 und 12 Mk. Jahresmiete
erheben und diese Einrichtung zur Quelle einer weiteren
fiskalischen Steuer machen will.

Deutsches Reich.
— König Eduard von England reist laut Meldung
des Reuterschen Bureaus, am Samstag nach Deutsch-
l an d.
— Nachdem die Stelle eines Militärattaches bei
der deutschen Botschaft in Paris seit der Zurückberufung
des Oberstleutnants Frhrn. v. Süßkind erledigt war, ist
jetzt der Major v. Hugo vom Generalstabe des 7. Ar-
meekorps in Münster zum Militärattache in Paris ernannt
worden. Er wird sich bereits in den ällernächsten Tagen
auf seinen neuen Posten begeben.
— Eine zweite Feldbriefpost nach China geht diese
Woche von Berlin am Freitag, den 22. Februar ab.
Schlußzeit für Berlin Freitag früh 10 Uhr. Es werden
nur Briefe und Postkarten befördert.
Homburg v. d. H., 19. Febr. Gestern Nachmittag
stattete das Kaiserpaar der Kaiserin Friedrich einen
kurzen Besuch ab. Im Laufe des heutigen Vormittags
machte das Kaiserpaar den gewöhnlichen Spaziergang.
Nachmittags 3 Uhr fuhr es wieder zur Kaiserin Friedrich
und kehrte um 5 Uhr nach Homburg zurück. Die Kaiserin
reist heute Abend nach Berlin.
Deutscher Reichstag. Berlin, 19. Febr. Präsident
Graf Ballestrem gedenkt des Ablebens des Abg. Grafen
Bismarck-Bohlen. Die Abgeordneten erheben sich von den
Plätzen.
Erste Beratung des Beschlusses des Bundesrates be-
treffend Abänderung des Verzeichnisses der beson-
derer Genehmigung bedürfenden gewerblichen
Anlagen.
Aba. Gamp (Reichst,.): In weiten Kreisen sei Beunruhi-


Gentiane.
Roman von I. Wege.
(Forlletznng.)
3.
. In der Mühle drunten herrschten Angst und Sorge, als
«den Abend Heinrich dahinkam. um dem Müller leibst den
der Muhme anzuzeigen und zu fragen, wie es Juliane
°w«e. die in der schweren Stunde zugegen gewesen, sie sei
gar nicht zu Haus', da sie sich nicht sehen ließe. „Ja.
n? die heute immer steckt, mag der liebe Gott wissen, tch
Zfw es nicht," seufzte die Müllerin. „Erst um die Vesper-
" kam sie nach Hause, dann ist sie bald wieder weggegangen.
xZsch den Knecht hat sie uns sagen lassen, sie würde wohl
das E nach Hauie kommen. Sie hat auch den Karo mit,
ist wenigstens noch eine Beruhigung. Hier steht jetzt das
UdSe Haus auf dem Kopfe durch Doktor Lültenows Krank-
hat doch Doktor Randolt gesagt, er könnte schwerlich
tviv"c "leiben, wenn er nicht Eisumschläae kriegte. Nu haben
schon überall herumgeschickt und können kein Eis aus-
d°n Ich glaube, die Juliane ist auch deswegen gegangen,
sie muß die Wasserkannen mitgenommen haben, die sind
^ der Küche verschwunden."
-Eis will sie holen?" sagte Heinrich. .
Wen will sie das aber in jetziger Zeit herkriegen,
üicn?-^ "ieht oben in den Schneegruben ist? Sie wird doch
Er stockte, wie erschreckt durch seine eigenen Worte,
»da« wüßte sie doch rein toll sein", polterte der Müller,
Imf? Et ja gar nicht menschenmöglich für ein Frauenvolk, bei
ch^i Wetter."
bin Müllerin war ganz blaß geworden, und sagte, wie
^tonÄ ö" beruhigen: „Ich denk' mir, sie wird nach
"°dorf in die Brauerei gegangen sein."
-Und")!?' da werdet Ihr auch recht haben," meinte Heinrich,
vb es" ick gerade dahin zu gehen Hab', will ich zusehen,
ne treffe und ihr kann tragen Helsen."

„Las ist brav von Dir, und sie irnrd's Dir gewiß danken,"
! sagte tue Müllerin. „Aber erst iß schnell Mit uns Abendbrot,
Du wirst heut den ganzen Tag nicht recht was Gescheites
gehabt habe»."
„Ich dank Euch schön, aber ich Hab' keine Zeit, die Anne-
marie hat mir, eh' ich wegging, eine gute Kartoffelsuppe ge-
kocht, und ich Hab' auch noch ein paar tüchtige Butterschnitten
bei mir. Darum macht Euch keine Sorgen."
Er ging, aber nicht nach Stonsdorf zu. sondern in ent-
gegengesetzter Richtung, bergan, geradewegs nach den Schnee-
gruben zu. ES war schon dunkel geworden, kwch seine genaue
Kenntnis des Weges ließ ihn nicht irren. Bon Zeit zu Zeit
blieb er stehen, rief „Julchen" I und horchte dann eine Weile,
aber keine Antwort kam. Plötzlich blieb er wieder stehen,
denn hoch oben, wo keine menschlichen Wohnungen in der
Nähe waren, hörte er das klägliche Heulen eines Hundes.
Dem Schall nach mußte sich derselbe in der Gegend der
Korallensteine befinden. Dahin nun richtete Henuich seine
Schritte. Er horchte nun öfter, aber der Hund war still ge-
worden. Nach einer ganzen Weile hörte er ihn wieder
winseln in größerer Nähe. Nun ries er, so laut er konnte:
„Julchen I Karo!" Diesmal antwortete ihm ein frohes, kurzes
Bellen. Es dauerte auch nicht lange, io hörte er. wie der
treue Karo keuchend den steilen Berg herunlergesprungen kam,
sich hinkauernd, fing er ihn in seinen Armen auf, und mit
stürmischer Freude begrüßten sich Mensch und Hund in der
dunklen Wildnis. „Wo ist Julchen? Führ' mich zu ihr,"
sagte Heinrich, und laut bellend sprang daS treue Tier wieder
hinan, immer aber wieder zurückkehrend, um sich zu ver-
sichern, ob der Retter auch folge, den er so bald zu seiner
Herrin brachte.
Diese war vor Uebermüdung hingesunken und an einen
Baum gelehnt, eingeschlummert. Als Heinrich mit dem
jubelnden Karo nahte, erwachte sie, sprang auf, und ging ihm
schwankenden Schrittes entgegen. Er faßte ihre beiden Hände
und sagte: „Armes Kind, Du bist ja ganz von Kräften, und
wie naß Deine Kleider sind. Das durchweichte Tuch darfst

gung entstanden, ob nicht durch die Vorlage die Konzesstonspflicht
für Ziegeleien ungebührlich erweitert werde.
Geh.-Rat Werner: Die als landwirtschaftliche Neben-
betriebe betriebenen Ziegeleien fielen nicht unter den Bundesrats-
beschluß.
Abg. Hofmeister (freis. Ver.) hat Bedenken wegen Aus-
dehnung des Bundesratsbeschlusses auf die kleinen Töpfereien.
Geh.-Rat Werner: Es empfehle sich, grade die kleinen
Töpfereien mit einzubeziehen.
Damit schließt die Beratung; die zweite Lesung wird von
der Tagesordnung abgesetzt.
In der Weiterberatung des Postetats verbreitet sich Abg.
Eickhoff (freis. Volksp) über die Lage derjenigen höheren
Postbeamten, die in die 5. Klasse der höheren Beamten aufzu-
rücken wünschten.
Staatssekretär v. Podbielski giebt zu, daß sich eine große
Zahl der höheren Postbeamten in nicht günstigen Verhältnissen
befindet. Es sei aber eine Reorganisation der gesamten höheren
Postlaufbahn in Bearbeitung. Zu dem Titel „Postassistenten
u. s. w." liegt eine Resolution der Budgetkommission vor, den
Reichskanzler zu ersuchen: a durch einen Nachtragsetat für 1901
die Gehaltsstufen für die Assistenten und Postverwalter aufzu-
bessern, b. auf die Abkürzung des diätarischen Dienstes der nicht
etatsmäßigen angesteüten Post- und Telegraphenassistenten hin-
zuwtrken.
Abg. Paasche (natl.) als Referent empfiehlt die Resolution.
Abg. Singer (Soz.) bemerkt, daß der deutsche Flotten-
verein an viele Postdirektionen Rundschreiben gerichtet habe, mit
der Bitte, den Flottenverein zu unterstützen und die Zeitschrift
überall zu abonnieren. Das Zirkular enthält eine direkte Beein-
flussung. Die Diätariatsperiode dürfe fünf Jahre nicht über-
schreiten. Der Wohnungsgeldzuschuß für die kleineren und
mittleren Beamten in Berlin reiche nicht aus. Die Sozial-
demokraten würden für beide Resolutionen eintreten.
Abg. Müller-Sagan (freis) tritt für die Resolution ein
und bringt eine Reihe von Einzelheiten vor, darunter die Klage
der Postassistenten über die Konkurrenz der weiblichen An-
gestellten.
Abg. Müller-Duisburg (natl.) erklärt: Wir kamen i«
der Kommission zu der Annahme der beiden Resolutionen, weil
wir keinen offenen Konflikt herbeiführen wollten, denn sonst hätten
wir den Etat in der Budgetkommission erhöht.
Staatssekretär v. Podbielski bemerkt, erhübe jederzeit die
Unterstützung des Reichsschitzamtes gefunden, auch in Sachen der
Assistenten. Die Anomalien in der Skala der Dienstaltersstufen
seien vom Reichstage hervorgerufen worden. Um nicht wette
Kreise anderer Beamten unzufrieden zu machen, sei es not-
wendig, mit dieser Aufbesserung gleichmäßig bet allen Ressorts
vorzugehen.
Nach längerer Diskussion werden die beiden Resolutionen und
eine Reihe Titel angenommen.
Ein Vertagungsantrag wird angenommen.
Morgen 1 Uhr: Theatercensur; Antrag Gröber betreffend
Prüfungsgelder; freie Eisenbahnfahrt.
Badm.
Karlsruhe, 19. Febr. Der „Südd. Reichskorresp."
zufolge beabsichtigt die bayerische Regierung, die
den Staatskommissaren bei Hypothekenbanken
erteilten Weisungen zwecks weiterer Pfandbriefsicherstellung
zu erweitern.
L.O. Karlsruhe, 19. Febr. Die Einnahmen der Bad.
Staatsbahnen betrugen im Monat Januar 4 898 900 „k.
dH. 108460 weniger als tm gleichen Zeitraum des
Vorjahrs.

Ausland.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 19. Febr. Der polnisch-radikale Abg. Breiter
erzählt in seinem Lemberger Blatte „Monitor", daß der
Du nicht umdehaUen. So, nun Wickel Dich fest in meinen
Mantel, daß Tn Dich wieder erwärmst."
Sie ließ diese Umwechseluna ruhig geschehen, nachher
sagte sie mit einem schwachen Versuche zu lächeln: „Ich
glaub', ich bin bloß vor Hunger schwach geworden. Wenn
Du mir ein Stückei Brot geben könntest."
Freudig erfüllte er diese Bitte und empfahl ihr auch, ein
Schlückchen aus seiner Flasche zu nehmen, die er aus alter
Führergewohnheir immer bei sich trug. Sie genoß das Dar-
gedoiene hastig und fühlte sich dadurch bald so gekräftcgt, daß
sie sagte: „So, nun können wir heimgehen." Aber er meinte:
„Auf Deinen Füßen wirst Du wohl heut nicht mehr weit
kommen."
„Ja, wie sollte ich aber sonst binunterkommen?" -
„Wie Du schon einmal hier heruntergekommen bist vor
langen Jahren. Denke, Du wärst wieder ein Kind, und Dein
Spielkamerad trüge Dich auf seinen Armen hinunter."
Sie schüttelte den Kopf: „Wir müssen hier ja die Kannen
mitnebmen."
„Die Kannen müssen hier bleiben. Ich will sie Dir
morgen früh herunterholen."
„Nein, nein, das möchte zu spät sein. Jede Stunde Ver-
zögerung kann ihm den Tod bringen. Ach, lieber, guter
Heinrich, nimm Du die Kannen, ich komme schon nach, und
wenn's nickt geht, bleibe ich mit Karo hier oben. Wenn Du
mir Deinen warmen Mantel läßt, halte ich's schon aus bis
die Sonne kommt."
Davon wollte nun Heinrich gar nichts hören, aber sie
bat und schmeichelte so lange, bis er Joch und Kanne nahm
und ihr dafür seinen festen Bergstock zur Slütze gab- „So,
nu Hali' Dich fest an meinem Arm," sagte er. „und sei recht
vorsichtig, daß Du keinen Fehltritt thust, denn die scharfen
Schatten beim Mondsnschein irren einen leicht. Nu hcls' uns
der gnädige Gott glücklich hinunterl"
(Fortsetzung folgt.)
 
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